Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur gesetzlichen Vertretungsbefugnis einer im Handelsregister gelöschten GmbH

 

Leitsatz (NV)

Stellt der Geschäftsführer einer GmbH nach deren Löschung wegen Vermögenslosigkeit im Handelsregister in deren Namen einen Antrag auf Prozeßkostenhilfe, ohne daß zuvor ein Liquidator durch das Registergericht bestellt wurde, so ist der Antrag (als unzulässig) abzulehnen.

 

Normenkette

FGO § 58; LöschG § 2 Abs. 3

 

Tatbestand

Die Antragstellerin erhob am 1. April 1986, vertreten durch ihren damaligen Geschäftsführer R, Klage vor dem Finanzgericht (FG) gegen das Finanzamt (FA) wegen diverser Steuerbescheide 1983. Die Klägerin wurde am 16. April 1986 wegen Vermögenslosigkeit im Handelsregister von Amts wegen gelöscht. Deshalb hat das FG am 21. September 1987 durch Beschluß festgestellt, daß das bei ihm anhängige Klageverfahren gemäß § 155 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i. V. m. § 241 der Zivilprozeßordnung (ZPO) unterbrochen sei.

Gegen diesen Beschluß, der dem früheren Geschäftsführer der Klägerin am 7. Oktober 1987 zugestellt wurde, legte dieser persönlich am 9. Oktober 1987 Beschwerde beim FG ein, der das FG nicht abgeholfen hat. Gleichzeitig beantragte er Prozeßkostenhilfe (PKH) sowie die Beiordnung eines Rechtsbeistandes.

 

Entscheidungsgründe

Der Antrag der Antragstellerin auf Gewährung von PKH ist in unzulässiger Weise gestellt. Er war deshalb abzulehnen.

Die Antragstellerin besitzt zwar unbeschadet ihrer Löschung im Handelsregister weiterhin die Fähigkeit, Beteiligte eines Verfahrens vor dem FG zu sein. Sie kann deshalb auch beim Bundesfinanzhof (BFH) einen Antrag auf PKH stellen. Sie muß sich jedoch bei ihrer Antragstellung von ihrem gesetzlichen Vertreter oder aber von einem rechtswirksam bestellten Prozeßbevollmächtigten vertreten lassen. Daran fehlt es im Streitfall. Der Antrag auf Gewährung von PKH wurde im Namen der Antragstellerin von deren früherem Geschäftsführer R gestellt. Dessen gesetzliche Vertretungsbefugnis ist jedoch seit dem 16. April 1986 erloschen. Die Löschung der Antragstellerin im Handelsregister wegen Vermögenslosigkeit hat nämlich zur Folge, daß die Vertretungsmacht des bisherigen Geschäftsführers endete. Für die Antragstellerin kann zwar nunmehr ein Liquidator durch das Registergericht bestellt werden. Solange es jedoch an einer solchen Bestellung fehlt, ist die Antragstellerin eine juristische Person ohne gesetzlichen Vertreter, die ihre Prozeßfähigkeit verloren hat. Prozeßerklärungen, die in diesem Stadium für die Antragstellerin abgegeben werden, sind solche eines vollmachtlosen Vertreters. Sie sind unwirksam, wenn sie nicht nachträglich durch den gesetzlichen Vertreter der Antragstellerin genehmigt werden.

Im Streitfall ist ein Antrag auf Bestellung eines Liquidators für die Antragstellerin gemäß § 2 Abs. 3 2. Halbsatz des Löschungsgesetzes bislang nicht gestellt worden. Damit ist nicht zu erwarten, daß es zu einer Genehmigung des Antrags auf Gewährung von PKH durch den Liquidator kommen wird. Der Antrag vom 9. Oktober 1987 ist daher als von einem vollmachtlosen Vertreter gestellt zu behandeln. Als solcher ist er unwirksam und deshalb abzulehnen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 423956

BFH/NV 1988, 508

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