Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrensmangel, mangelnde Sachaufklärung
Leitsatz (NV)
Zu den Anforderungen an die Rüge mangelnder Sachaufklärung als Verfahrensmangel; Verlust des Rügerechts.
Normenkette
FGO § 76 Abs. 1, § 115 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3 S. 3
Tatbestand
Die Klage der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) wurde mit der Begründung abgewiesen, daß der Einspruch gegen den angefochtenen Bescheid verspätet eingelegt worden sei. Auch ein angeblich zuvor von einem anderen Rechtsanwalt eingelegter Einspruch, der sich aber nicht in den Akten des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt -- FA --) befinde, wäre nach den vorgetragenen Daten verspätet erfolgt.
Mit der auf Verfahrensmangel gestützten Nichtzulassungsbeschwerde beruft sich die Klägerin auf einen angeblichen Schriftsatz ihrer Prozeßbevollmächtigten an das Finanzgericht (FG), wonach ein Bekannter der Klägerin den Einspruch "unmittelbar nach Zugang des Bescheides" selbst zum FA gebracht haben soll. Das FG hätte diesem Sachvortrag nachgehen und den benannten Zeugen zum Termin laden und vernehmen müssen.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist unzulässig.
Das angebliche Schreiben an das FG befindet sich nicht in den FG-Akten. Nach dem Vorbringen des FA ist es nicht in den Prozeß eingeführt worden und war auch nicht Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Es bestehen demnach erheblich Zweifel, ob dieses Schreiben (als nunmehr dritte Version der Einspruchseinlegung) dem FG übermittelt worden ist.
Der geltend gemachte Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --) -- hier: mangelnde Sachaufklärung (§ 76 Abs. 1 FGO) -- ist aber jedenfalls nicht in der nach § 115 Abs. 3 Satz 3 i. V. m. § 120 Abs. 2 Satz 2 FGO gebotenen Form bezeichnet worden.
Die Klägerin war in der mündlichen Verhandlung sachkundig vertreten durch einen Assessor in Untervollmacht ihrer Prozeß bevollmächtigten. Es war ihrem Vertreter erkennbar, daß das FG das angebliche Schreiben nicht zum Anlaß genommen hatte, den darin benannten Zeugen zu laden. Dies hätte der Vertreter der Klägerin in der mündlichen Verhandlung rügen müssen, was er ausweislich des Sitzungsprotokolls nicht getan hat. Jedenfalls für die schlüssige Darlegung der unterlassenen Zeugenvernehmung als Verfahrensmangel in der Nichtzulassungsbeschwerde hätte es der Angabe bedurft, daß der Verfahrensmangel in der mündlichen Verhandlung gerügt worden ist oder warum dies nicht habe geschehen können, denn das Übergehen eines Beweisantrages stellt einen verzichtbaren Verfahrensmangel dar, bei dem das Rügerecht durch das bloße Unterlassen einer rechtzeitigen Rüge verlorengeht (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs vom 31. Januar 1989 VII B 162/88, BFHE 155, 498, BStBl II 1989, 372, und vom 4. Oktober 1991 VII B 98/91, BFH/NV 1992, 603, m. w. N.).
Fundstellen
Haufe-Index 423629 |
BFH/NV 1996, 769 |