Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe; rechtliches Gehör und Antrag auf Terminsverlegung; Aussetzung des Bewilligungsverfahrens
Leitsatz (NV)
1. Bezeichnet die Antragstellerin ihren Antrag auf Prozesskostenhilfe selbst als derzeit absolut unbegründbar, so bietet die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
2. Das Vorbringen, zur Führung des Rechtsstreits erforderliche Unterlagen seien nicht zugänglich, begründet jedenfalls dann weder eine Terminsverlegung noch ein Hinausschieben der Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag, wenn Akteneinsicht beim Finanzgericht umfassende Kenntnis über die Verfahrenslage ermöglicht.
Normenkette
FGO § 96 Abs. 2, § 142 Abs. 1; ZPO § 114
Tatbestand
I. Die Antragstellerin hatte am 13. Juli 2000 unter dem Aktenzeichen A des Finanzgerichts (FG) des Landes Sachsen-Anhalt Nichtigkeits- und Restitutionsklage wegen der beim FG unter den Aktenzeichen B und I 191/95 geführten Verfahren erhoben. Die Nichtigkeitsklage hat das FG abgewiesen, die Restitutionsklage ist dagegen abgetrennt worden und unter dem Aktenzeichen C weitergeführt und bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Verfahrens A ausgesetzt worden. Das Verfahren A ist durch Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde als unbegründet abgeschlossen worden.
Im Verfahren C hat das FG die Restitutionsklage aufgrund mündlicher Verhandlung als unzulässig abgewiesen, ohne die Revision zuzulassen. Den Antrag der Antragstellerin, die mündliche Verhandlung zu vertagen, weil sie aufgrund eines Zivilrechtsstreits mit einem Umzugsunternehmen keinen Zugang zu ihren dort eingelagerten Unterlagen habe, lehnte das FG ab.
Innerhalb der Frist zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde hat die Antragstellerin durch ihren beim BFH nicht vertretungsberechtigten Ehemann Antrag auf Prozesskostenhilfe (PKH) "zwecks postulierter Erhebung der Revisionsnichtzulassungsbeschwerde" gestellt. Wegen fehlenden Zugriffs "sowohl auf eigenen Klagevortrag als auch ggf. argumentativ weiter relevanter Dokumente anderer Verfahren" bezeichnet er das PKH-Gesuch derzeit als "absolut unbegründbar"; er begehrt, die "Aussetzung des Bewilligungsverfahrens bis zur Anzeige vorliegenden Aktenzugriffs auf den Verfahrenskomplex" mit elf Aktenzeichen beim FG. Im Übrigen hält er dem FG entgegen, durch Ablehnung des Antrags der Antragstellerin auf Vertagung der mündlichen Verhandlung, ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt zu haben.
Entscheidungsgründe
II. Der Antrag ist unbegründet.
Nach § 142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
1. Die vorliegend beabsichtigte Rechtsverfolgung durch nachfolgende Erhebung der Nichtzulassungsbeschwerde bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Dies folgt zwar noch nicht allein daraus, dass die Nichtzulassungsbeschwerde nicht innerhalb der Monatsfrist des § 116 Abs. 2 Satz 1 FGO durch eine vor dem BFH vertretungsbefugte Person oder Gesellschaft i.S. des § 62a FGO erhoben worden ist. Denn einem Beteiligten, der wegen Mittellosigkeit nicht in der Lage ist, ein Rechtsmittel, das dem Vertretungszwang unterliegt, wirksam zu erheben, kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 FGO) gewährt werden.
Dies erfordert allerdings, dass der Rechtsmittelführer innerhalb der Rechtsmittelfrist alles Zumutbare unternimmt, um das --hier in seiner Mittellosigkeit liegende-- Hindernis zu beheben. Er muss innerhalb dieser Frist alle Voraussetzungen für die Bewilligung der PKH zur Einlegung des Rechtsmittels schaffen (vgl. Senatsbeschluss vom 17. September 2002 X S 4/02 (PKH), BFH/NV 2003, 73).
2. Der Senat kann dahingestellt sein lassen, ob die Antragstellerin, um diese Anforderungen für die Gewährung von Wiedereinsetzung zu erfüllen, bereits innerhalb der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels wenigstens in laienhafter Weise ihr Rechtsmittelbegehren so substantiieren muss, dass ihre Ausführungen die Beurteilung ermöglichen, ob ein Grund für die Zulassung der Revision gegeben sein könnte (Senatsbeschluss vom 14. Februar 2003 X S 8/02 (PKH), BFH/NV 2003, 653), oder ob die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels von Amts wegen anhand der Vorentscheidung und des Protokolls über die mündliche Verhandlung zu prüfen sind (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 14. Oktober 2003 X S 9/03 (PKH),BFH/NV 2004, 221).
3. Denn zum einen hat der Ehemann der Antragstellerin nicht einmal in laienhafter Weise Gründe angeführt, die eine Beurteilung der Erfolgsaussichten einer Nichtzulassungsbeschwerde ermöglichen. Er hat vielmehr unter Berufung darauf, dass der Antragstellerin erforderliche Unterlagen nicht zugänglich seien, den Antrag auf Bewilligung der PKH ausdrücklich als derzeit absolut unbegründbar bezeichnet. Zum anderen führt auch eine von Amts wegen vorzunehmende Prüfung der in § 115 Abs. 2 FGO genannten Gründe für die Zulassung der Revision hier zu dem Ergebnis, dass keiner dieser Gründe vorliegt.
Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH. Das angefochtene Urteil stützt sich auf vorhandene Rechtsprechung und würdigt die Umstände des konkreten Einzelfalls. Zutreffend hat das FG im seiner Auffassung nach nicht nachvollziehbaren Vorbringen der Antragstellerin keine bedeutsamen Gründe für eine Wiederaufnahme des Verfahrens erkannt. Schließlich ist aus den Akten auch kein Verfahrensfehler des FG ersichtlich. Insbesondere hat das FG den Anspruch der Antragstellerin auf rechtliches Gehör (§ 96 Abs. 2 FGO) nicht dadurch verletzt, dass es eine Vertagung der mündlichen Verhandlung, zu der die Antragstellerin ordnungsgemäß geladen war, abgelehnt hat. Das Vorbringen der Antragstellerin, zur Führung des Rechtsstreits erforderliche Unterlagen seien ihr nicht zugänglich gewesen, begründete keine Terminsverlegung. Durch Akteneinsicht beim FG hätte sich die Antragstellerin umfassende Kenntnis über die Verfahrenslage verschaffen können, die sie in die Lage versetzt hätte, ihr Begehren zu verfolgen.
Diese Möglichkeit steht auch dem Verlangen der Antragstellerin entgegen, die Entscheidung über den Antrag auf Bewilligung von PKH zurückzustellen, bis sie auf Akten über eine Vielzahl von Verfahren zugreifen kann, worunter sie --zu Unrecht-- offensichtlich ausschließlich den Zugriff auf ihre eigenen Unterlagen versteht.
Fundstellen
Haufe-Index 1445680 |
BFH/NV 2005, 2242 |