Entscheidungsstichwort (Thema)
Benennung von Gläubigern und Zahlungsempfängern
Leitsatz (NV)
Zur Frage einer ordnungsgemäßen Benennung von Lieferanten, wenn das FA Zweifel an deren Identität hegt.
Normenkette
AO 1977 § 160; FGO § 69 Abs. 2-3
Tatbestand
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob der Antragsgegner (das Finanzamt -- FA --) Zahlungen der Antragsteller für in der Buchführung nicht erfaßte Wareneinkäufe zu Recht nicht zum Abzug als Betriebsausgaben zugelassen hat.
Die Antragsteller sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Die Antragstellerin hat in A einen Einzelhandel mit Möbeln betrieben; seit dem Jahre 1990 betrieb sie zudem eine Filiale in B. Der Antragsteller war als Geschäftsführer angestellt.
Anläßlich einer Steuerfahndungsprüfung wurde festgestellt, daß die Kassenaufzeichnungen für die Streitjahre 1989 bis 1991 sowohl für den Hauptbetrieb in A wie auch für die Filiale in B erhebliche materielle und formelle Mängel aufwiesen. Zahlreiche Geschäftsvorfälle -- Barverkäufe und bar bezahlte Wareneinkäufe -- waren nicht erfaßt worden. Die Antragsteller behaupten, den wesentlichen Teil der nicht verbuchten Erlöse dazu verwendet zu haben, Waren "schwarz" eingekauft zu haben. Auf die Aufforderung, Namen und Anschriften dieser Lieferanten sowie die Höhe der jeweils für die erhaltenen "Schwarzlieferungen" gezahlten Beträge mitzuteilen, legten sie eine Liste mit den Namen von acht Möbellieferanten und entsprechender Lieferungen mit geschätzten Beträgen vor. Der Aufforderung der Steuerfahndung, nähere Angaben dazu zu machen, "wann im einzelnen welche Möbel zu welchem Preis eingekauft wurden, wie die einzelnen Einkäufe bezahlt wurden und wer im einzelnen die Zahlungsempfänger waren", sind die Antragsteller nach der Feststellung des Finanzgerichts (FG) nicht nachgekommen. Der Antragsteller hat hierzu erklärt, Unterlagen über diese Einkäufe könne er nicht vorlegen, weil er die Waren wegen der günstigeren Einkaufspreise ohne Rechnung gegen sofortige Bezahlung bezogen habe.
Die Steuerfahndung konnte bei den benannten Lieferfirmen, von denen sich sechs mittlerweile im Konkursverfahren befanden, auch durch Befragungen von Auskunftspersonen -- bis auf einen Fall -- keine Lieferungen an das Unternehmen der Antragstellerin feststellen, die nicht in der Buchführung der Antragstellerin erfaßt waren. In dem einen Fall gab der Lieferant an, an die Antragstellerin im Jahre 1989 Waren im Wert von 30 000 DM bis 40 000 DM, nicht jedoch wie von dieser in der Aufstellung angegeben, jährlich im Wert von 400 000 DM ohne Rechnung geliefert zu haben.
In einer zwischen den Beteiligten getroffenen tatsächlichen Verständigung gingen diese davon aus, daß die Antragstellerin in den Streitjahren Wareneinkäufe in folgender Höhe nicht verbucht und mit einem Rohgewinn von 17,7 v. H. verkauft hatte: 493 800 DM (1989), 1 858 902 DM (1990), 1 671 216 DM (1991) und 1 296 230 DM (1992).
Das FA vertrat in Übereinstimmung mit der Steuerfahndung die Auffassung, die Antragstellerin habe die Empfänger der von ihr nunmehr als Betriebsausgaben geltend gemachten Zahlungen für diese Wareneinkäufe -- mit Ausnahme eines Betrages in Höhe von 30 000 DM -- nicht hinreichend benannt. Die gegen die entsprechend geänderten Bescheide nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klagen hat das FG abgewiesen, ohne die Revision zuzulassen.
Gegen die Nichtzulassung der Revision richtet sich die unter dem Az.: ... anhängige Beschwerde, über die der Senat noch nicht entschieden hat.
Im vorliegenden Verfahren beantragen die Antragsteller unter Bezugnahme auf die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde sinngemäß,
die Vollziehung der angefochtenen Einkommensteuerbescheide 1989 bis 1991 und der angefochtenen Gewerbesteuermeßbescheide 1989 bis 1992 auszusetzen.
Das FA, das die Anträge der Antragsteller auf Aussetzung der Vollziehung am 7. August 1997 abgelehnt hatte, beantragt, den Antrag abzuweisen.
Entscheidungsgründe
Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ist nicht begründet.
1. Der Bundesfinanzhof (BFH) ist nach Einlegung der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision als Gericht der Haupt sache für die Entscheidung über den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung zuständig (§69 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).
Nach §69 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 FGO kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, richtet sich bei Bescheiden, derentwegen ein Rechtsstreit in der Revisionsinstanz anhängig ist, nach revisionsrechtlichen Grundsätzen. Ist eine Nichtzulassungsbeschwerde anhängig, ist zu prüfen, ob gemäß §115 FGO mit der Zulassung der Revision zu rechnen ist. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen jedenfalls dann nicht, wenn die Nichtzulassungsbeschwerde keine Aussicht auf Erfolg hat und demnach die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids nicht Gegenstand eines Hauptverfahrens beim BFH werden kann. Entsprechendes gilt für die Aussetzung der Vollziehung wegen unbilliger Härte: Hat ein Rechtsbehelf in der Hauptsache keine Aussicht auf Erfolg, ist die Aussetzung der Vollziehung selbst dann zu versagen, wenn die Vollziehung eine unbillige Härte zur Folge hätte (vgl. BFH-Beschluß vom 29. Oktober 1991 IX S 1/91, BFH/NV 1992, 259, sowie Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., §69 Rz. 97, m. w. N. der Rechtsprechung).
2. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel daran, daß die im Verfahren ... erhobene Nichtzulassungsbeschwerde keinen Erfolg haben wird.
Die Antragsteller machen geltend, das FA sei nicht berechtigt gewesen, ein "weiteres Benennungsverlangen" auf der Rechtsgrund lage des §160 der Abgabenordnung (AO 1977) auf die "Einzelheiten jedes Liefervorgangs, insbesondere (auf) die Nennung von Einzelbeträgen unter Vorlage von Nachweisen" zu erstrecken; ein derart weitgehendes Benennungsverlangen sei unverhältnismäßig, unzumutbar und damit ermessensfehlerhaft. Auch habe festgestanden, daß Steueransprüche "gegen die Empfänger der Zahlungen" wegen der Insolvenz nicht durchsetzbar gewesen seien. Die Rechtsfragen, ob
-- über die Benennung des Empfängers von Betriebsausgaben und des jeweiligen Jahresbetrages hinaus weitere Angaben gefordert werden können und ob hierüber Nachweise zu erbringen sind,
-- eine Versagung des Betriebsausgaben abzugs zulässig ist, wenn und soweit die Empfänger zwischenzeitlich in Konkurs gefallen sind und schon aus diesem Grunde bei ihnen eine Einkommensteuer nicht erhoben werden kann, sind nach Auffassung der Antragsteller höchstrichterlich noch nicht geklärt und in Anbetracht divergierender Entscheidungen von Finanzgerichten klärungsbedürftig.
Dieses Vorbringen hat keinen Erfolg. Die Frage, ob das Benennungsverlangen "hinsichtlich der Einzelheiten der jeweiligen Lieferungen" unberechtigt war, ist nicht entscheidungserheblich. Zwar mag zutreffen, daß Steuerfahndungsstelle und FA solche weitgehende Angaben verlangt haben. Das FG hat indes seine Entscheidung nicht darauf gestützt, daß die Antragsteller weitergehende Angaben zu Inhalt und Umfang der einzelnen Leistungen verweigert hätten. Das mit der Nichtzulassungsbeschwerde angefochtene Urteil beruht vielmehr auf der Erwägung, es habe sich nicht feststellen lassen, daß die als Lieferanten benannten Personen tatsächlich die Antragstellerin "schwarz" beliefert hätten. Auch könne die von den Antragstellern vorgelegte Aufstellung von Lieferanten "nicht zutreffen". Aus diesem Grunde sei die Herkunft der Waren ungewiß. Das FG hat mithin festgestellt, daß die "wahren Verkäufer" nicht benannt worden sind. Es kam daher auf das inhaltlich "überschießende", durch §160 Abs. 1 AO 1977 möglicherweise nicht gedeckte Benennungsverlangen nicht an. Waren die als Lieferanten und Zahlungsempfänger benannten Personen nach den Feststellungen des FG nicht die "wahren Verkäufer", war es für die Anwendung des §160 Abs. 1 AO 1977 unerheblich, daß sie zwischenzeitlich zahlungsunfähig geworden sind. Schon aus diesem Grund liegt auch die gerügte Abweichung von dem BFH-Urteil vom 9. August 1989 I R 66/86 (BFHE 158, 7, BStBl II 1989, 995) nicht vor, denn der Kreis der Zahlungsempfänger steht hier nach den Feststellungen des FG gerade nicht fest. Fehl geht des weiteren die -- gegen die Sachverhaltswürdigung des FG gerichtete -- Darlegung der Antragsteller, sie hätten dem FA bereits diejenigen Informationen gegeben, die notwendig gewesen seien, befürchtete Steuerausfälle zu verhindern.
Fundstellen
Haufe-Index 66664 |
BFH/NV 1998, 279 |