Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeld; Aussetzung der Vollziehung gegen Sicherheitsleistung
Leitsatz (NV)
Hebt die Familienkasse einen Kindergeldbescheid auf, weil sie davon ausgeht, die Berechtigte habe ihren Wohnsitz im Ausland, handelt sie nicht ermessenswidrig, wenn sie die Vollziehung des Aufhebungsbescheides nur gegen Sicherheitsleistung in Form einer Bankbürgschaft aussetzt.
Normenkette
FGO § 69 Abs. 2 S. 3; EStG § 62 Abs. 1 Nr. 1
Tatbestand
Der Antragsgegner, das Arbeitsamt -Familienkasse- (Familienkasse) hat mit Bescheid vom 16. Juli 1996 die Kindergeldfestsetzung gegenüber der Antragstellerin mit Wirkung ab April 1996 aufgehoben. Wegen der Rechtmäßigkeit des Aufhebungsbescheides ist beim Senat unter dem Az. VI R 64/98 ein Revisionsverfahren anhängig. Die Familienkasse hat die Vollziehung des Aufhebungsbescheides für den Zeitraum vom April 1996 bis Dezember 1997 ausgesetzt, jedoch in dem Aussetzungsbescheid eine Sicherheitsleistung in Form einer Bankbürgschaft in Höhe von 15 180 DM verlangt. In dem Aussetzungsbescheid ist darauf hingewiesen, dass die Auszahlung des Kindergeldes für die Zeit vom April 1996 bis Dezember 1997 nach Eingang der Bankbürgschaft erfolgen kann.
Die Antragstellerin beantragt, die Vollziehung ohne Sicherheitsleistung auszusetzen.
Entscheidungsgründe
Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet.
Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. Danach ist der Bundesfinanzhof (BFH) für die Entscheidung über den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) ohne Sicherheitsleistung als Gericht der Hauptsache zuständig, weil der Antragsgegner gegen das stattgebende Urteil des Finanzgerichts (FG) Revision eingelegt hat, über die noch nicht entschieden ist (vgl. BFH-Beschluss vom 11. Februar 1999 XI S 14/98, BFH/NV 1999, 926). Die AdV nur gegen Sicherheitsleistung ist eine teilweise Ablehnung i.S. des § 69 Abs. 4 Satz 1 FGO (BFH-Beschluss vom 28. Oktober 1981 I B 69/80, BFHE 134, 239, BStBl II 1982, 135; vgl. auch Beschluss des Senats vom 12. Mai 2000 VI B 266/98, BFHE 192, 1, BStBl II 2000, 536, Abschn. 10). Die Familienkasse ist zudem zutreffend davon ausgegangen, dass vorläufiger Rechtsschutz bei Aufhebung eines Kindergeldfestsetzungsbescheides nicht durch einstweilige Anordnung (§ 114 FGO), sondern durch AdV des Aufhebungsbescheides zu gewähren ist (BFH-Beschlüsse vom 20. Februar 1998 VI B 205/97, BFH/NV 1998, 963, und vom 26. Mai 1998 VI B 36/98, BFH/NV 1999, 30).
Der Antrag auf AdV ohne Sicherheitsleistung ist jedoch unbegründet.
Nach § 69 Abs. 2 Satz 3 FGO kann die AdV von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden. Durch die Verknüpfung mit einer Sicherheitsleistung sollen Steuerausfälle bei einem für die Steuerpflichtigen ungünstigen Verfahrensausgang vermieden werden. Die AdV ohne Sicherheitsleistung kann im Einzelfall gerechtfertigt sein, wenn der Steuerbescheid ―bzw. die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung― mit Sicherheit oder großer Wahrscheinlichkeit rechtswidrig ist oder der Antragsteller im Rahmen zumutbarer Anstrengungen nicht in der Lage ist, Sicherheit zu leisten. Es ist Sache des Antragstellers, die Umstände glaubhaft zu machen, die dem Sicherungsbedürfnis der Behörde genügen oder es als unangemessen erscheinen lassen (vgl. BFH-Beschluss vom 17. Januar 1996 V B 100/95, BFH/NV 1996, 491, m.w.N.). Danach ist die AdV gegen Sicherheitsleistung im Streitfall nicht zu beanstanden. Die Familienkasse hat ohne Rechtsverstoß dargelegt, dass die wirtschaftliche Lage der Antragstellerin und ihr Auslandswohnsitz im Falle eines Obsiegens der Familienkasse die Realisierung der Rückforderung des Kindergeldes gefährdet erscheinen lassen. Die Höhe der Kindergeldforderung (rd. 15 000 DM) ist so beträchtlich, dass schon aus diesem Grunde eine Gefährdung des Rückzahlungsanspruchs nicht auszuschließen ist. Es ist außerdem zu berücksichtigen, dass die Familienkasse nur Sicherheit in Form einer Bankbürgschaft verlangt. Die Antragstellerin hat nicht dargelegt, dass es ihr unmöglich ist, eine solche Bankbürgschaft beizubringen.
Die Aufhebung des Kindergeldbescheides ist auch nicht mit Sicherheit oder großer Wahrscheinlichkeit rechtswidrig. Das FG hat zwar der Klage der Antragstellerin stattgegeben und die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung für rechtswidrig erklärt. Die Entscheidung über die von der Familienkasse eingelegte Revision steht jedoch noch aus. Der Ausgang des Revisionsverfahrens ist bei summarischer Beurteilung ungewiss.
Fundstellen
Haufe-Index 519092 |
BFH/NV 2001, 637 |
DStRE 2001, 277 |