Entscheidungsstichwort (Thema)
Außergewöhnliche Belastung; grundsätzliche Bedeutung; Fortbildung des Rechts; Verfahrensmangel
Leitsatz (NV)
Nur darlehensweise überlassene Mittel begründen grundsätzlich keine als außergewöhnliche Belastung zur berücksichtigenden Aufwendungen.
Normenkette
FGO §§ 76, 115 Abs. 2 Nrn. 1-3; EStG §§ 33, 33a
Verfahrensgang
FG Baden-Württemberg (Urteil vom 01.10.2008; Aktenzeichen 5 K 2505/07) |
Tatbestand
I. Im finanzgerichtlichen Verfahren war im Wesentlichen streitig, ob Zinsaufwendungen für einen Kredit bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit als Werbungskosten sowie ob an die Schwiegermutter des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) geleistete Zahlungen als außergewöhnliche Belastungen jeweils einkommensteuerrechtlich zu berücksichtigen sind.
Das Finanzgericht (FG) ließ die Zinsaufwendungen nicht zum Abzug als Werbungskosten zu, weil nicht habe aufgeklärt werden können, ob tatsächlich die aufgenommenen Kredite, wie vom Kläger behauptet, konkret für Schadensersatzzahlungen verwendet worden seien. Die an die Schwiegermutter geleisteten Beträge ließ das FG als außergewöhnliche Belastungen i.S. der §§ 33, 33a des Einkommensteuergesetzes (EStG) unberücksichtigt, weil vom Kläger erbrachte Zahlungen lediglich als zinslose Darlehen zur Verfügung gestellt worden seien; zudem könne nicht angenommen werden, dass die Schwiegermutter krankheitsbedingt in der Seniorenresidenz untergebracht worden sei.
Gegen die Nichtzulassung der Revision wendet sich der Kläger mit der Nichtzulassungsbeschwerde und macht als Revisionszulassungsgründe die grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), die Notwendigkeit der Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO) sowie Verfahrensmängel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) geltend.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe sind ungeachtet der Frage ihrer hinreichenden Darlegung jedenfalls nicht gegeben.
1. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig sein (ständige Rechtsprechung, vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 12. Oktober 2007 VI B 161/06, BFH/NV 2008, 45, m.w.N.). Beruht eine Entscheidung kumulativ auf mehreren Gründen, von denen jeder für sich das Ergebnis trägt, muss hinsichtlich jeder dieser Begründungen ein Zulassungsgrund i.S. von § 115 Abs. 2 FGO geltend gemacht werden (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 116 Rz 28, m.w.N.). Daran fehlt es im Streitfall. Denn die vom Kläger als grundsätzlich bedeutsam angesehene Rechtsfrage, ob mit Beginn einer betreuungsbedürftigen Demenz die dadurch erforderlich werdende Unterbringung eine krankheitsbedingte Unterbringung sei, deren Kosten als außergewöhnliche Belastung i.S. des § 33 EStG berücksichtigt werden müssten, ist im Streitfall nicht klärungsfähig, weil sie sich hier nicht stellt. Denn mit der auf den tatsächlichen Feststellungen des FG beruhenden Begründung, dass dem Kläger selbst angesichts der nur darlehensweise an die Schwiegermutter überlassenen Mittel keine Aufwendungen entstanden seien, scheidet die Berücksichtigung von Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen mangels eigener finanzieller Belastung des Klägers schon von vornherein aus.
2. Nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO ist die Revision zuzulassen, wenn die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des BFH erfordert. Davon ist auszugehen, wenn im Einzelfall Veranlassung besteht, Grundsätze und Leitlinien für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts aufzustellen oder Gesetzeslücken rechtsschöpferisch auszufüllen (vgl. BFH-Beschluss vom 22. Mai 2007 VI B 143/06, BFH/NV 2007, 1658; Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 41; jeweils m.w.N.).
a) Nachdem das FG in revisionsrechtlich bindender Weise (§ 118 Abs. 2 FGO) festgestellt hatte, dass dem Kläger keine eigenen Aufwendungen entstanden waren, wäre die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage, ob die Unterbringung von Demenzkranken als krankheitsbedingt gelten müsse, auch wenn eine körperliche Pflege nicht erforderlich sei, auch unter dem Aspekt der Rechtsfortbildung nicht entscheidungserheblich, so dass auch eine Revisionszulassung zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO) nicht in Betracht kommt.
b) Soweit der Kläger geltend macht, dass die Revision zur Fortbildung des Rechts zuzulassen sei, weil das FG die Frage, ob die Darlehenszinsen als Werbungskosten zu berücksichtigen seien, formal entschieden habe und dies der Fortentwicklung durch die Rechtsprechung bedürfe, ist damit eine bisher ungeklärte abstrakte Rechtsfrage schon nicht dargelegt. Darüber hinaus ist mit dem sich darin erschöpfenden Vorbringen des Klägers aber auch nicht dargetan, inwieweit diese Frage in einem möglichen Revisionsverfahren entscheidungserheblich sein könnte. Denn das FG hatte die Berücksichtigung der Schuldzinsen schon aus tatsächlichen Gründen verneint, weil es sich nicht feststellen lasse, dass die Darlehensvaluta zur Bezahlung der beruflichen Schadensersatzverpflichtung verwendet worden war.
3. Der vom Kläger geltend gemachte Zulassungsgrund des Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) liegt nicht vor.
a) Soweit der Kläger sinngemäß rügt, dass das FG durch Beweiserhebung den näheren Inhalt der ärztlichen Empfehlungen zur Unterbringung seiner Schwiegermutter im Seniorenheim hätte ermitteln müssen, ist damit kein Verfahrensmangel geltend gemacht, auf dem die Entscheidung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO beruhen kann. Denn diese Frage ist angesichts der Feststellungen und Würdigungen des FG, dass der Kläger keine Aufwendungen für seine Schwiegermutter getragen hatte, wie vorstehend schon ausgeführt, im Streitfall unerheblich.
b) Auch die Rüge des Klägers, dass das FG durch Einvernahme von Zeugen Beweis zu der Frage hätte erheben müssen, dass die von ihm an die Schwiegermutter erbrachten Zahlungen Unterhaltszahlungen gewesen seien, begründet im Ergebnis keinen Verfahrensfehler. Das FG hat dadurch weder gegen seine Verpflichtung zur Sachaufklärung nach § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO verstoßen noch hat es einen ordnungsgemäß gestellten Beweisantrag zu Unrecht unberücksichtigt gelassen.
Das Gericht hat nach § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen und den Sachverhalt unter Ausschöpfung aller verfügbaren Beweismittel bis zur Grenze des Zumutbaren so vollständig wie möglich aufzuklären (vgl. BFH-Urteil vom 29. November 2006 VI R 70/05, BFH/NV 2007, 732, m.w.N.). Aufklärungsmaßnahmen muss das Gericht jedoch nur dann ergreifen, wenn ein Anlass hierzu besteht, der sich aus den beigezogenen Akten, dem Beteiligtenvorbringen oder sonstigen Umständen ergeben kann (BFH-Beschluss vom 3. August 2005 I B 9/05, BFH/NV 2005, 2227). Angesichts des Umstandes, dass nach den Feststellungen des FG sämtliche Zahlungen des Klägers an seine Schwiegermutter mit dem Verwendungszweck Darlehen versehen waren, haben sich insoweit zunächst keine weiteren Aufklärungsmaßnahmen aufgedrängt.
Das FG hat auch keinen ordnungsgemäß gestellten Beweisantrag unberücksichtigt gelassen. Denn ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung hat der Kläger keinen weiteren Beweisantrag gestellt; solches wird vom Kläger auch nicht vorgetragen. Angesichts dessen kommt es nicht mehr darauf an, dass die Rüge, das FG habe einen Beweisantrag übergangen, ebenso wie die der Verletzung der Sachaufklärungspflicht zu den verzichtbaren Verfahrensrügen gehören (BFH-Beschlüsse vom 30. Juli 2003 I B 38/03, BFH/NV 2004, 60; vom 9. September 2005 I B 40/05, BFH/NV 2006, 101).
Fundstellen
Haufe-Index 2204540 |
BFH/NV 2009, 1631 |