Entscheidungsstichwort (Thema)
Unanfechtbarkeit der Kostenentscheidung des FG nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache; „Außerordentliche Beschwerde“ bei „greifbarer Gesetzwidrigkeit“
Normenkette
FGO § 128 Abs. 4 S. 1, § 138
Tatbestand
I. Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) beantragte beim Finanzgericht (FG) die Aussetzung der Vollziehung (AdV) eines Steuerbescheids. Im Verlauf des gerichtlichen Verfahrens setzte der Antragsgegner und Beschwerdegegner ―das Finanzamt (FA)― die Vollziehung des angefochtenen Bescheids gegen Sicherheitsleistung aus. Daraufhin erklärten beide Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt.
Das FG erlegte die Kosten des erledigten Rechtsstreits dem Antragsteller auf. In den Gründen seines dahingehenden Beschlusses ist ausgeführt, dass der Antrag auf AdV unzulässig gewesen sei, da der Antragsteller sich nicht zunächst an das FA gewandt habe. Der Beschluss enthält eine Rechtsmittelbelehrung des Inhalts, dass gegen ihn die Beschwerde nicht gegeben sei.
Gleichwohl legte der Antragsteller gegen den Beschluss Beschwerde ein. Hierzu führte er aus, das Rechtsmittel sei wegen greifbarer Gesetzwidrigkeit des angefochtenen Beschlusses im konkreten Fall zulässig. Die Ansicht des FG, dass es im Streitfall an einer vorherigen Ablehnung des AdV-Antrags durch das FA fehle, widerspreche der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH).
Der Antragsteller beantragt sinngemäß, den Beschluss des FG aufzuheben und die Kosten des Rechtsstreits dem FA aufzuerlegen. Das FA beantragt Verwerfung der Beschwerde.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist unzulässig.
1. Nach § 128 Abs. 4 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist in Streitigkeiten über Kosten die Beschwerde nicht gegeben. Zu den hiernach unanfechtbaren Entscheidungen zählt insbesondere die nach § 138 FGO zu treffende Kostenentscheidung des FG nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache (BFH-Beschluss vom 28. September 1998 VII B 155/98, BFH/NV 1999, 341; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 128 Rz. 9, m.w.N.). Um eine solche geht es im Streitfall.
2. Eine von Gesetzes wegen ausgeschlossene Beschwerdemöglichkeit kann nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung gleichwohl ausnahmsweise unter dem Gesichtspunkt der "greifbaren Gesetzwidrigkeit" der angefochtenen Entscheidung eröffnet sein. Das ist dann der Fall, wenn die Entscheidung mit der geltenden Rechtsordnung schlechthin unvereinbar ist, weil sie jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt und inhaltlich dem Gesetz fremd ist (BFH-Beschluss vom 27. Juni 1996 IV B 168/95, BFH/NV 1997, 57; Beschluss des Bundesgerichtshofs ―BGH― vom 8. Oktober 1992 VII ZB 3/92, Neue Juristische Wochenschrift ―NJW― 1993, 135, 136, m.w.N.). Dafür reicht es indessen nicht aus, dass die Entscheidung rechtsfehlerhaft ist (BGH-Beschluss vom 14. November 1991 I ZB 15/91, NJW 1992, 983, 984; Offerhaus in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl., § 128 FGO Anm. 80, m.w.N.) oder sogar auf einer eindeutig unrichtigen Rechtsanwendung beruht (BGH-Beschluss vom 14. Dezember 1989 IX ZB 40/89, NJW 1990, 1794, 1795). Erforderlich ist vielmehr, dass sie entweder schon ihrer Art nach nicht vorgesehen (BGH in NJW 1990, 1794, 1795) oder unter schwerwiegender Verletzung von Verfahrensvorschriften zustande gekommen ist (BFH-Beschluss vom 8. April 1997 IX B 4/97, BFH/NV 1997, 699; Gräber/Ruban, a.a.O., § 128 Rz. 3 a, m.w.N.) oder dass sie zu einer Gesetzesanwendung führt, die der Gesetzgeber ersichtlich ausschließen wollte (BFH-Beschluss vom 22. November 1994 VII B 144/94, BFH/NV 1995, 791; BGH in NJW 1993, 135, 136). Keine dieser Gestaltungen liegt im Streitfall vor:
Dass das FG nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache durch Beschluss über die Verfahrenskosten entscheidet, ist vom Gesetz vorgegeben (§ 138 Abs. 1 FGO). Die im Streitfall vom FG getroffene Entscheidung ist deshalb nicht schon ihrer Art nach gesetzwidrig. Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften durch das FG ist weder vom Antragsteller geltend gemacht worden noch sonst erkennbar. Der Antragsteller beanstandet lediglich den Inhalt der Entscheidung, und dieser ist gerade kein geeigneter Anknüpfungspunkt für eine außerordentliche Beschwerde: Selbst wenn man dem Antragsteller dahin folgen wollte, dass das FG die Sach- und Rechtslage unzutreffend beurteilt hat, läge doch letztlich nur ein schlichter Fehler der angefochtenen Entscheidung vor, der nach dem Willen des Gesetzgebers nicht in einem Rechtsmittelverfahren korrigiert werden kann. Im übrigen hat auch der Antragsteller selbst nicht dargetan, inwieweit im Streitfall eine besonders schwerwiegende Unrichtigkeit der FG-Entscheidung vorliegen könnte; sein Hinweis, dass das FG von der Rechtsprechung des BFH abgewichen sei, reicht hierfür jedenfalls nicht aus.
Fundstellen