Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Divergenz bei fehlender Identität des Sachverhalts; keine Zulassung der Revision wegen materieller Fehler des Urteils; grundsätzliche Bedeutung; Ansparrücklage während einer Betriebsunterbrechung
Leitsatz (NV)
1. Die schlüssige Darlegung einer Divergenzrüge erfordert u.a. neben der Gegenüberstellung tragender, abstrakter Rechtssätze insbesondere auch, dass es sich im Streitfall um einen vergleichbaren Sachverhalt und um eine identische Rechtsfrage handelt.
2. Es reichen weder eine Divergenz in der Würdigung von Tatsachen noch die angeblich fehlerhafte Anwendung von Rechtsprechungsgrundsätzen auf die Besonderheiten des Einzelfalles noch schlichte Subsumtionsfehler des FG aus. Erforderlich ist vielmehr die Darlegung der Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen.
3. Wird in der Art einer Revisionsbegründung eine unrichtige Rechtsanwendung beziehungsweise eine unzulängliche Beweiswürdigung gerügt, so führt dies ‐ abgesehen von einem nur ausnahmsweise anzunehmenden qualifizierten Rechtsanwendungsfehler ‐ grundsätzlich nicht zur Zulassung der Revision.
4. Die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage, ob bei einem lediglich unterbrochenen Betrieb eine Ansparrücklage gebildet werden darf, erfordert die Darstellung eines Meinungsstreits unter Einbeziehung der höchstrichterlichen Rechtsprechung, des Schrifttums sowie der gegebenenfalls veröffentlichten Verwaltungsauffassung.
5. In der finanzgerichtlichen Rechtsprechung wird aus dem in § 7g Abs. 1 EStG enthaltenen Betriebsbegriff nach Sinn und Zweck des Fördertatbestandes eine aktive Teilnahme am wirtschaftlichen Verkehr sowie die Ausübung einer werbenden Tätigkeit gefordert und kein sachlicher Grund für eine Differenzierung zwischen der Sonderabschreibung einerseits und der Ansparrücklage andererseits gesehen.
Normenkette
EStG § 7g Abs. 1, 3; FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1-2, § 116 Abs. 3 S. 3
Verfahrensgang
FG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 28.02.2007; Aktenzeichen 2 K 2657/04) |
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig und durch Beschluss zu verwerfen (§ 132 FGO).
Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) haben die behaupteten Zulassungsgründe nach § 115 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 2. Alternative FGO nicht entsprechend den gesetzlichen Anforderungen dargetan (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).
1. a) Zur schlüssigen Darlegung einer Divergenzrüge i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO gehört u.a. eine hinreichend genaue Bezeichnung der vermeintlichen Divergenzentscheidung sowie die Gegenüberstellung tragender, abstrakter Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil des Finanzgerichts (FG) einerseits und aus der behaupteten Divergenzentscheidung andererseits, um eine Abweichung erkennbar zu machen. Des Weiteren ist insbesondere auszuführen, dass es sich im Streitfall um einen vergleichbaren Sachverhalt und um eine identische Rechtsfrage handelt (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 17. Januar 2006 VIII B 172/05, BFH/NV 2006, 799, m.w.N.).
Indes reichen weder eine Divergenz in der Würdigung von Tatsachen noch die angeblich fehlerhafte Anwendung von Rechtsprechungsgrundsätzen auf die Besonderheiten des Einzelfalles noch schlichte Subsumtionsfehler des FG aus. Erforderlich ist vielmehr die Darlegung der Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen (BFH-Beschlüsse vom 17. Februar 2005 X B 185/03, BFH/NV 2005, 1060; vom 25. September 2002 IX B 14/02, BFH/NV 2003, 191).
b) Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.
Die Kläger bezeichnen bereits keinen dem angefochtenen Urteil zugrunde liegenden abstrakten tragenden Rechtssatz, der von den vermeintlichen Divergenzentscheidungen vom 20. Dezember 2006 X R 31/03 (BFHE 216, 288) und vom 29. November 2006 I R 16/05 (BFHE 216, 144) abweichen soll.
Die vermeintliche Divergenzentscheidung in BFHE 216, 288 betrifft zudem einen mit dem Streitfall nicht identischen Sachverhalt, nämlich eine Betriebsveräußerung und nicht einen Fall der Betriebsunterbrechung im engeren Sinne (vgl. dazu BFH-Urteile vom 28. September 1995 IV R 39/94, BFHE 179, 75, BStBl II 1996, 276; vom 14. März 2006 VIII R 80/03, BFHE 212, 541, BStBl II 2006, 591; Beschluss vom 24. März 2006 VIII B 98/01, BFH/NV 2006, 1287).
Im Kern beanstanden die Kläger insoweit in der Art einer Revisionsbegründung eine unrichtige Rechtsanwendung bzw. eine unzulängliche Beweiswürdigung, die indes --abgesehen von dem im Streitfall weder gerügten noch sonst erkennbaren Fall eines qualifizierten Rechtsanwendungsfehlers-- grundsätzlich nicht zur Zulassung der Revision führen (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2006, 799, m.w.N.).
Dies wird deutlich durch die Beanstandung, durch Beweisaufnahme sei festgestellt worden, eine Absicht, die Praxis aufzugeben, sei nicht nachweisbar und ebenso wenig habe das FG Indizien benannt, die dafür sprächen, dass eine Investition innerhalb des maßgebenden Zwei-Jahres-Zeitraums nicht mehr habe realisiert werden können. Gleichermaßen habe das FG zu Unrecht eine werbende Tätigkeit verneint.
Auch das BFH-Urteil in BFHE 216, 144 betrifft eine im Streitfall nicht einschlägige Rechtsnorm, so dass es besonderer Ausführungen bedurft hätte, weshalb die dort getroffenen rechtlichen Wertungen auf den Streitfall übertragbar seien. Jene Entscheidung betrifft nämlich die Voraussetzungen in § 12 Abs. 3 Satz 2 des Umwandlungssteuergesetzes 1995, unter denen ein Geschäftsbetrieb der übertragenden Körperschaft als eingestellt anzusehen ist.
2. a) Die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache verlangt substantiierte Ausführungen insbesondere zur Klärungsbedürftigkeit einer hinreichend bestimmten Rechtsfrage, die im konkreten Streitfall voraussichtlich auch klärbar ist und deren Beurteilung von der Klärung einer zweifelhaften oder umstrittenen Rechtslage abhängig ist. Hierzu muss sich die Beschwerde insbesondere mit der Rechtsprechung des BFH, den Äußerungen im Schrifttum sowie mit den ggf. veröffentlichten Verwaltungsmeinungen auseinandersetzen.
Ist über die Rechtsfrage bereits entschieden worden, so ist zusätzlich darzulegen, weshalb eine erneute Entscheidung des BFH für erforderlich gehalten wird. Eine weitere bzw. erneute Klärung der Rechtsfrage kann z.B. geboten sein, wenn gegen die bisherige Rechtsprechung gewichtige Einwendungen erhoben worden sind, mit denen sich der BFH bislang noch nicht auseinandergesetzt hat. Darüber hinaus ist auf die Bedeutung der Klärung der konkreten Rechtsfrage für die Allgemeinheit einzugehen. Allein das Fehlen einer Entscheidung des BFH zu der konkreten Fallgestaltung begründet weder einen Klärungsbedarf noch erst recht das erforderliche Allgemeininteresse (vgl. BFH-Beschluss vom 19. Januar 2006 VIII B 114/05, BFH/NV 2006, 709, m.w.N.).
Ebenso fehlt es an einer grundsätzlichen Bedeutung bei einer lediglich einzelfallbezogenen Beurteilung eines Streitfalles (vgl. BFH-Beschluss vom 15. Februar 2006 I B 168/05, BFH/NV 2006, 1121).
b) Die Kläger halten die Frage, ob bei einem lediglich unterbrochenen Betrieb eine Ansparrücklage gebildet werden könne, für klärungsbedürftig.
Sie wenden sich gegen die ihrer Meinung nach vom FG entgegen ihrem "unstreitigen Tatsachenvortrag" zu Unrecht bejahte Betriebsunterbrechung. Damit ziehen sie indes bereits selbst die Klärungsfähigkeit der von ihnen als klärungsbedürftig bezeichneten Rechtsfrage, ob eine Ansparrücklage nach § 7g Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der im Streitjahr 1998 geltenden Fassung im Falle einer bloßen Betriebsunterbrechung versagt werden dürfe, in Zweifel.
Darüber hinaus halten sie diese Rechtsansicht des FG für unzutreffend und ebenso eine Bezugnahme auf das Urteil des BFH vom 27. September 2001 X R 4/99 (BFHE 196, 563, BStBl II 2002, 136), weil gerade im Falle einer Betriebsunterbrechung die Möglichkeit der Bildung einer Ansparrücklage bestehen müsse, um den Betrieb ggf. später wieder aufnehmen zu können und entsprechende Investitionen zu realisieren.
Es kann dahingestellt bleiben, ob der BFH nicht in diesem Urteil bereits durch seine Bezugnahme auf die Rechtsprechung zum sog. ruhenden Betrieb, nicht lediglich die Alternative der Verpachtung und die einer Gewährung der Sonderabschreibung nach § 7g Abs. 1 EStG entgegenstehende fehlende aktive Teilnahme am Wirtschaftsleben, sondern in dieser Entscheidung bereits insgesamt den ruhenden Betrieb in seine rechtliche Würdigung einbezogen hat. Jedenfalls haben die Kläger keinen Meinungsstreit herausgestellt, der eine höchstrichterliche Entscheidung erforderte.
Insbesondere das vom FG zitierte Urteil des Niedersächsischen FG vom 9. November 2005 1 K 201/03 (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2006, 726) hebt hervor, dass der im Gesetz enthaltene Betriebsbegriff nach Sinn und Zweck der Förderung in § 7g Abs. 1 EStG eine aktive Teilnahme am wirtschaftlichen Verkehr und die Ausübung einer werbenden Tätigkeit erfordere und ein sachlicher Grund, zwischen der Sonderabschreibung einerseits und der Ansparrücklage nach § 7g Abs. 3 EStG andererseits insoweit zu differenzieren, nicht bestehe. Diese Auslegung werde auch durch die geänderte Fassung durch das Steuerbereinigungsgesetz 1999, durch welches nunmehr in Abs. 2 Nr. 3 dieser Vorschrift die Sonderabschreibung nach Abs. 1 von der Bildung einer Rücklage nach Abs. 3 abhängig gemacht werde, bestätigt.
Eine Auseinandersetzung mit dem Schrifttum fehlt vollständig (z.B. für eine Gleichbehandlung von Sonderabschreibung und Ansparrücklage ebenfalls Handzik in Littmann/Bitz/Pust, Das Ein-kommensteuerrecht, Kommentar, § 7g Rz 11).
Fundstellen
Haufe-Index 1855217 |
BFH/NV 2008, 380 |