Entscheidungsstichwort (Thema)
Zwischenvermietung einer Eigentumswohnung
Leitsatz (NV)
Die Sicherung des Mietvertrags und die Überwälzung der mit einer Vermietung verbundenen Risiken rechtfertigen eine Zwischenvermietung einer Eigentumswohnung an einen gewerblichen Zwischenmieter nicht, wenn der Eigentümer nicht dargetan und glaubhaft gemacht hat, daß er ein ernsthaft erwartetes Mietausfallrisiko hat abwenden wollen. Dazu muß er konkrete Gründe nachweisen, nach denen er bei vernünftiger Vorausschau mit einem Mietausfall hat rechnen müssen.
Normenkette
UStG 1980 § 4 Nr. 12a, §§ 9, 15 Abs. 2 Nr. 1; AO 1977 § 42
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Antragsteller und Beschwerdegegner (Antragsteller) beteiligte sich an der Bauherrengemeinschaft A und errichtete in der aus . . . Gebäuden mit . . . Wohnungen (überwiegend möblierte Ein- und Zweizimmerwohnungen) bestehende Wohnanlage eine Eigentumswohnung (Haus . . ., Wohnung Nr. . . . mit Tiefgaragenplatz).
Er vermietete seine Wohnung an die S-GmbH, nachdem er - vertreten durch den Treuhänder - mit der Firma V einen Mietvermittlungsvertrag geschlossen und diese ihm die S-GmbH als Zwischenmieterin empfohlen hatte. Die S-GmbH vermietete die Wohnung an einen privaten Endmieter.
Der Antragsteller verzichtete auf die Steuerfreiheit der Mietumsätze und machte in den Umsatzsteuererklärungen für 1983 bis 1985 Vorsteuerbeträge aus Rechnungen von Unternehmern über Bauleistungen zur Herstellung der Eigentumswohnung geltend. Der Antragsgegner und Beschwerdeführer (das Finanzamt - FA -) setzte die Umsatzsteuer in den unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Umsatzsteuerbescheiden für 1983 bis 1985 erklärungsgemäß fest.
Im August 1986 wurde das Konkursverfahren über das Vermögen der S-GmbH eröffnet. Nach Feststellungen im Rahmen einer darauf durchgeführten Steuerfahndungsprüfung stellte die prüfende Finanzbehörde fest, daß die Zahlungsfähigkeit der S-GmbH ab 1983 nur durch von den Gesellschaftern der Initiatorengruppe abgesicherte Kredite aufrechterhalten worden sei. Die S-GmbH habe nur . . . v. H., die Initiatorengruppe das restliche Ausfallrisiko bei Mietausfällen übernommen.
Das FA machte sich darauf die Beurteilung zu eigen, daß die S-GmbH wirtschaftlich nicht eigenständig und nicht auf eigenens Risiko tätig geworden, sondern künstlich am Leben erhalten worden sei. Das Zwischenmietverhältnis stelle einen Mißbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts dar (§ 42 der Abgabenordnung - AO 1977 -) und dürfe umsatzsteuerrechtlich nicht berücksichtigt werden. In Umsatzsteueränderungsbescheiden für 1983 bis 1985 vom 22. Dezember 1988 berücksichtigte das FA die bezeichneten Vorsteuerabzugsbeträge nicht mehr. Der Antragsteller legte dagegen Einspruch ein, über den noch nicht entschieden worden ist. Außerdem beantragte er am 16. März 1989 bei dem Finanzgericht (FG) Aussetzung der Vollziehung der erwähnten Umsatzsteueränderungsbescheide.
Der Antrag hatte Erfolg.
Das FG hat ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Umsatzsteueränderungsbescheide gegen den Antragsteller für 1983 bis 1985, weil dieser die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug erfüllt, insbesondere seine Wohnung nicht abzugsschädlich verwendet habe. Der Antragsteller habe, so führte das FG zur Begründung weiter aus, wirksam auf die Steuerfreiheit der Umsätze über die Vermietung seiner Wohnung an die S-GmbH verzichtet (§ 9 Satz 1 i. V. m. § 4 Nr. 12 a des Umsatzsteuergesetzes - UStG 1980 -). Der Zwischenmietvertrag sei durch wirtschaftlich vernünftige Gründe für die Einschaltung des Zwischenmieters gerechtfertigt und nicht wegen Rechtsmißbrauchs gemäß § 42 AO 1977 unbeachtlich. Aufgrund des Zuschnitts, der Größe der Wohnung und ihrer Lage habe der Antragsteller mit einem über das übliche hinausgehenden Wechsel von Mietern rechnen müssen. Es sei deshalb wirtschaftlich sinnvoll gewesen, den dadurch auftretenden Verwaltungsaufwand und das erhöhte Leerstandsrisiko auf einen Zwischenmieter abzuwälzen.
Mit der Beschwerde macht das FA geltend, daß die Vorentscheidung nicht der höchstrichterlichen Rechtsprechung entspreche.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückweisung des Antrags, die Vollziehung der Umsatzsteueränderungsbescheide für 1983 bis 1985 vom 22. Dezember 1988 auszusetzen.
Entgegen der Auffassung des FG bestehen keine ernstlichen Zweifel i. S. von § 69 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) daran, daß der Antragsteller die anläßlich der Errichtung der Eigentumswohnung angefallenen Umsatzsteuern nicht nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1980 als Vorsteuer abziehen kann. Dem Begehren des Antragstellers steht entgegen, daß die für den Vorsteuerabzug maßgebliche erstmalige Verwendung der Wohnung durch eine den Vorsteuerabzug ausschließende steuerfreie Vermietung erfolgt ist (§ 15 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 4 Nr. 12 a UStG 1980). Die im Verfahren nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 2 FGO erforderliche, aber auch ausreichende summarische Prüfung der Rechts- und Tatfragen ergibt keine ernstlichen Zweifel, daß die Einschaltung der S-GmbH als Zwischenmieter rechtsmißbräuchlich war (§ 42 Satz 1 AO 1977), so daß nicht die Vermietung an die S-GmbH, sondern die Vermietung an die Endmieter für die steuerliche Beurteilung der Vermietungsumsätze des Antragstellers maßgebend ist.
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats erfüllt die Einschaltung von sog. Zwischenmietern, d. h. von Personen, die das Mietverhältnis eingehen, um die gemieteten Wohnräume an Dritte zur Nutzung weiterzuvermieten, den Tatbestand des Rechtsmißbrauchs i. S. von § 42 AO 1977, wenn für die Einschaltung - abgesehen vom Ziel der Vorsteuererstattung - wirtschaftliche oder sonst beachtliche Gründe fehlen (z. B. Beschlüsse vom 22. Januar 1988 VB 124/87, BFH/NV 1989, 53, m. w. N.; vom 29. Oktober 1987 V B 110/86, BFH/NV 1989, 203). Dem Steuerpflichtigen obliegt es (§ 90 AO 1977, § 76 Abs. 1 Satz 2 FGO), beachtliche Gründe substantiiert darzulegen und nachzuweisen. Sind solche Gründe nicht feststellbar oder erweisen sich die geltend gemachten Gründe als nicht bedeutsam, so hat der Steuerpflichtige die Vermutung, daß die vorgenommene Gestaltung der Rechtsverhältnisse der Umgehung des Vorsteuerabzugsverbots diente, nicht widerlegt.
Der Antragsteller hat vorgetragen, sich zum Abschluß des Zwischenmietvertrages mit der S-GmbH entschlossen zu haben, weil
a) ein langfristiges unkündbares Mietverhältnis habe begründet werden können,
b) langfristig feststehende Mieteinnahmen vereinbart worden seien,
c) die S-GmbH sämtliche Risiken aus der Vermietung, insbesondere Mietausfall und Leerstandsrisiken übernommen habe,
d) die S-GmbH die Arbeiten der Wohnungsverwaltung erledigt habe.
Hierzu nimmt der Senat in Übereinstimmung mit seiner bisherigen Rechtsprechung, an der er festhält, wie folgt Stellung:
Der Sicherung des Mietvertrages und der Überwälzung der mit der Vermietung verbundenen Risiken (Gründe zu b und c) kommt so lange keine Bedeutung zu, wie der Antragsteller nicht dargetan und glaubhaft gemacht hat, daß er ein ernsthaft erwartetes Mietausfallrisiko durch Zwischenvermietung hat abwenden wollen. Dazu muß der Antragsteller konkrete Gründe nachweisen, nach denen er bei vernünftiger Vorausschau mit einem Mietausfall hatte rechnen müssen (ständige Rechtsprechung, vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 29. Oktober 1987 V B 109/86, BFHE 151, 247, BStBl II 1988, 96).
Das FG hat verkannt, daß der Antragsteller keine konkreten Gründe dargetan und glaubhaft gemacht hat. Es reicht nicht aus, daß er sich auf eine allgemeine Erfahrung beruft, daß bei kleinen möblierten Wohnungen in einer Appartement-Wohnanlage mit einem stärkeren Mieterwechsel und deswegen mit einem Wohnungsleerstand und einem Mietausfall gerechnet werden müsse. Einer solchen Erfahrung stünde eine andere Erfahrung nach einer besonders starken Nachfrage nach derartigen Wohnungen gegenüber. Im Streitfall ist durch die Lage der Wohnung in der Nähe zur . . . ein Angebot von Mietern in gesicherten wirtschaftlichen Verhältnissen für längerfristige Mietverhältnisse gegeben. Das FA hat eine schriftliche Auskunft der . . .verwaltung vorgelegt, nach der bei Appartements in . . .nähe in den Jahren 1983 bis 1986 keine Vermietungsschwierigkeiten aufgetreten seien und ein Leerstandsrisiko nicht bestanden habe. Es hat - unwidersprochen - auf das Werbeprospekt für das Bauherrenmodell hingewiesen, in dem von den vorgetragenen Vermietungsrisiken nicht die Rede ist.
Unter diesen Umständen reicht der Hinweis auf Mieterrisiken nach der allgemeinen Lebenserfahrung nicht aus. Bei den übrigen Gründen (a und d) handelt es sich im wesentlichen um Maßnahmen der Verwaltung der Mietsache, die die Einschaltung eines Zwischenmieters nicht rechtfertigen können, solange keine konkreten Gründe dargelegt und glaubhaft gemacht werden, daß ernsthaft mit Belastungen durch die Verwaltung der Mietsache infolge der Vermietung an einen Endmieter gerechnet werden muß. Die vorgetragenen Gründe gehen aber über die üblichen mit der Verwaltung einer Mietwohnung verbundenen Belastungen nicht hinaus und werden bei der im Wirtschaftsleben üblichen Gestaltung von dem Verwalter der Eigentumswohnung oder durch einen fachkundigen weiteren Beauftragten (Hausverwalter) erledigt (ständige Rechtsprechung des BFH in BFHE 151, 247, BStBl II 1988, 96, m. w. N.).
Die Sicherung eines längerfristigen Mietvertrages mit nur einem Mieter sowie die Überwälzung der Unterhaltungs- und Reparaturkosten hängt von der Ausgestaltung des Mietvertrages, nicht aber von der Einschaltung eines Zwischenmieters ab. Das gilt insbesondere, wenn nur eine Wohnung vermietet wird, bei der der Eigentümer-Vermieter durch die Vermietung an den Zwischenmieter keine nennenswert andere Betätigung als bei einer Vermietung an einen Endmieter übernimmt (ständige Rechtsprechung des BFH, z. B. Urteil vom 22. Juni 1989 V R 34/87, BFHE 158, 152, BStBl II 1989, 1007, m. w. N.).
Fundstellen
Haufe-Index 417035 |
BFH/NV 1991, 275 |