Entscheidungsstichwort (Thema)
Nicht ordnungsgemäße Vertretung vor Gericht
Leitsatz (NV)
Ein Verfahrensmangel i. S. des § 116 Abs. 1 Nr. 3 FGO wird nur schlüssig gerügt, wenn die zu seiner Begründung vorgetragenen Tatsachen -- ihre Richtigkeit unterstellt -- den bezeichneten Mangel ergeben. Die zur Begründung vorgetragenen Tatsachen müssen lückenlos vorgetragen werden. Es muß sich aus der Revisionsbegründung ausdrücklich oder durch den substantiierten Vortrag geeigneter Umstände ableiten lassen, daß der Beteiligte in gesetzwidriger Weise vor dem FG nicht ordnungsgemäß vertreten war (Anschluß an BFH-Beschluß vom 11. Mai 1994 V R 12/94, BFH/NV 1995, 399).
Aus dem bloßen Vortrag, daß der dem Kläger beigeordnete Vertreter in der münd lichen Verhandlung nicht anwesend war, ergibt sich nicht, daß dem Kläger durch Verursachung des Gerichts -- in gesetzwidriger Weise -- die Möglichkeit, seine Rechte in der mündlichen Verhandlung wahrzunehmen, versagt wurde. Ein Verfahrensmangel kann nur bei einer Beeinträchtigung durch das Gericht, nicht aber dann angenommen werden, wenn der Kläger und/oder sein Vertreter von den ihnen eingeräumten Möglichkeiten keinen Gebrauch machen (Anschluß an BFH-Beschluß vom 7. März 1995 X R 195/93, BFH/NV 1995, 713).
Normenkette
FGO § 116 Abs. 1 Nr. 3
Tatbestand
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage aufgrund mündlicher Verhandlung zum Teil abgewiesen. Es hat die Revision nicht zugelassen.
Mit der Revision rügt der Kläger und Revisionskläger (Kläger) Verletzung des Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG) und des § 116 Abs. 1 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Das FG habe seinen Antrag auf Aufhebung des Termins zur mündlichen Verhandlung nicht verbeschieden. Er selbst sei in der mündlichen Verhandlung zwar anwesend, aber nicht verhandlungsfähig gewesen. Dies sei dem Gericht bekannt gewesen. Er habe hierzu zwei ärztliche Gutachten eingereicht. Der ihm vom Gericht beigeordnete Bevollmächtigte sei in der mündlichen Verhandlung nicht anwesend gewesen. Da er (der Kläger) verhandlungsunfähig gewesen sei, sei er in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten gewesen.
Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteile und die Einkommensteuer- und Umsatzsteuer-Bescheide 1984 bis 1987 in Form der Einspruchsentscheidung aufzuheben.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unzulässig.
Nach § 116 Abs. 1 Nr. 3 FGO ist die zulassungsfreie Revision eröffnet, wenn ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war. Die Vorschrift soll gewährleisten, daß der Beteiligte Gelegenheit erhält, entweder in eigener Person oder vertreten durch seinen Bevollmächtigten seinen Standpunkt darzulegen (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 25. Oktober 1995 III R 31/95, BFH/NV 1996, 412). Ein Verfahrensmangel i. S. des § 116 Abs. 1 Nr. 3 FGO wird nur schlüssig gerügt, wenn die zu seiner Begründung vorgetragenen Tatsachen -- ihre Richtigkeit unterstellt -- den bezeichneten Mangel ergeben. Die zur Begründung vorgetragenen Tatsachen müssen lückenlos vorgetragen werden. Es muß sich aus der Revisionsbegründung ausdrücklich oder durch den substantiierten Vortrag geeigneter Umstände ableiten lassen, daß der Beteiligte in gesetzwidriger Weise vor dem FG nicht ordnungsgemäß vertreten war (vgl. BFH-Beschluß vom 11. Mai 1994 V R 12/94, BFH/NV 1995, 399).
Die Revisionsbegründung des Klägers läßt einen solchen Mangel nicht erkennen. Der Senat kann offenlassen, ob die Verhandlungsunfähigkeit des Klägers schlüssig dargelegt ist. Selbst wenn man hiervon ausgeht, so sind die weiteren Ausführungen des Klägers nicht geeignet, einen Vertretungsmangel i. S. des § 116 Abs. 1 Nr. 3 FGO darzutun. Aus dem bloßen Vortrag, daß sein beigeordneter Vertreter in der mündlichen Verhandlung nicht anwesend war, ergibt sich nicht, daß diesem das Gericht -- in gesetzwidriger Weise -- die Möglichkeit, die Rechte des Klägers in der mündlichen Verhandlung wahrzunehmen, nicht eingeräumt hätte. Ein Verfahrensmangel kann nur bei einer Beeinträchtigung durch das Gericht, nicht aber dann angenommen werden, wenn der Kläger und/oder sein Vertreter von den ihnen eingeräumten Möglichkeiten keinen Gebrauch machen (vgl. BFH-Beschluß vom 7. März 1995 X R 195/93, BFH/NV 1995, 713).
Im Falle eines Verstoßes gegen die Vorschriften über die Aufhebung und Ver legung eines Verhandlungstermins ist die zulassungsfreie Revision nicht gegeben (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschluß vom 7. September 1995 III R 86/90, BFH/NV 1996, 230).
Fundstellen
Haufe-Index 423820 |
BFH/NV 1997, 686 |