Leitsatz (amtlich)
In Verfahren vor den FG erhält der Rechtsanwalt Gebühren nach § 11 Abs. 1 Satz 1 BRAGebO.
Normenkette
GG Art. 3; FGO §§ 2, 4 Abs. 2-3, § 161; BRAGO § 11 Abs. 1, § 114 Abs. 2
Tatbestand
In dem Antrag auf Kostenfestsetzung vom 30. Juni 1966 bat die Steuerpflichtige insbesondere um Festsetzung der zu erstattenden Gebühren für den Prozeßbevollmächtigten in Höhe von 13/10 der jeweiligen Gebühr, wobei sie auch eine Erledigungsgebühr nach § 24 der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte (BRAGebO) aufführte. Mit Kostenfestsetzungsbeschluß vom 9. Januar 1967 lehnte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die Festsetzung einer Erledigungsgebühr ab und setzte die anderen Gebühren nur nach § 11 Abs. 1 Satz 1 BRAGebO fest. Auf die Erinnerung der Steuerpflichtigen änderte das FG den Kostenfestsetzungsbeschluß durch den Beschluß vom 21. September 1967 hinsichtlich der Gebühren und der anteiligen Umsatzsteuer entsprechend dem Antrag der Steuerpflichtigen ab. Zur Begründung führte es aus, § 114 Abs. 2 BRAGebO sei insoweit gegenstandslos geworden, als darin die FGe angesprochen seien. Damit seien die FGe alter Art gemeint gewesen. Diese existierten nicht mehr. Die FGe neuer Art seien auf Grund ihres Ranges nach § 2 FGO und auf Grund ihrer Verfassung nach § 4 Abs. 2 Satz 1 FGO den Oberverwaltungsgerichten (OVG) gleichgestellt. Deshalb müßten die Gebühren auf Grund von § 2 BRAGebO gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 BRAGebO festgesetzt werden.
Gegen den Beschluß ließ das FG die Beschwerde zu.
Mit der Beschwerde vom 6. Oktober 1967 wendet sich das HZA dagegen, daß § 114 Abs. 2 BRAGebO für erstinstanzliche Verfahren vor den FGn nicht anzuwenden sei.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Beschwerde ist zulässig (§§ 148 Abs. 3, 149 Satz 2 FGO) und begründet.
Erhöhte Gebühren nach § 11 Abs. 1 Satz 2 BRAGebO können nicht festgesetzt werden, da den Prozeßbevollmächtigten auf Grund ausdrücklicher gesetzlicher Regelung in § 114 Abs. 2 BRAGebO nur Gebühren nach § 11 Abs. 1 Satz 1 BRAGebO zustehen. Entgegen der Auffassung des FG ist § 114 Abs. 2 BRAGebO auch auf FGe weiterhin anwendbar, da diese Vorschrift von der Neuordnung der FGe, gleichgültig, ob damit eine Neuerrichtung verbunden war oder nicht, nicht betroffen worden ist. Das FG führt zutreffend aus, daß die Neuordnung der FGe darin bestanden hat, diesen einen anderen Rang (§ 2 FGO) und eine andere Verfassung (§ 4 Abs. 2 und 3 FGO) zu verleihen. Diese Eigenschaften sind für die Anwendung des § 114 Abs 2 BRAGebO aber nicht maßgebend. Diese Vorschrift stellt vielmehr erkennbar auf die Bedeutung des Verfahrens ab. Das ergibt sich insbesondere daraus, daß die in ihr erwähnten erstinstanzlichen Verfahren vor dem BVerwG, dem BFH und den OVG besonders bedeutsam sind (vgl. Lauterbach, Kostengesetze, 15. Aufl., § 114 BRAGebO Anm. 3; Gerold-Schmidt, Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte, 3. Aufl., § 114 Anm. 8) und Ausnahmecharakter haben (vgl. Riedel-Corves-Sußbauer, Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte, 2. Aufl., § 114, Rdnr. 6). Da das für die Verfahren vor den FGn nicht zutrifft, und da sich die Verhältnisse insoweit durch die FGO nicht geändert haben, ist § 114 Abs. 2 BRAGebO hinsichtlich der FGe nicht gegenstandslos geworden. Die Frage, ob die Verfahren vor den FGn gleichwohl den Verfahren vor anderen oberen Gerichten gleichzustellen (vgl. Lauterbach, a. a. O., § 114 BRAGebO Anm. 3) und demgemäß die Gebühren zu erhöhen sind, kann allenfalls für die künftige Gesetzgebung Bedeutung haben.
Auch § 161 FGO führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Danach sind solche Vorschriften früherer Gesetze und Verordnungen aufgehoben, die denselben Gegenstand regeln und bis zum Inkrafttreten der FGO noch nicht außer Kraft getreten waren. § 114 Abs. 2 BRAGebO gehört nicht zu diesen Vorschriften. Er ist weder vor Inkrafttreten der FGO noch durch § 161 FGO aufgehoben worden. Darin ist auch nicht derselbe Gegenstand geregelt wie in der FGO. § 114 Abs. 2 BRAGebO regelt die Höhe der Gebühren, die in der FGO nicht geregelt ist. Rang und Verfassung der FGe, die in der FGO geregelt sind, werden dagegen von § 114 Abs. 2 BRAGebO nicht berührt.
Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 GG kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil für die Regelung in § 114 Abs. 2 BRAGebO, wie oben dargelegt, die Bedeutung der Verfahren und nicht Rang und Verfassung der Gerichte maßgebend sind. Wie oben weiter ausgeführt worden ist, sind die erstinstanzlichen Verfahren vor den in § 114 Abs. 2 BRAGebO genannten Gerichten stets von besonderer Art, so daß auch eine besondere Regelung hinsichtlich der Höhe der Gebühren gerechtfertigt ist.
Fundstellen
Haufe-Index 557319 |
BStBl II 1968, 745 |
BFHE 1968, 228 |