Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an Darlegung eines "Büroversehens"
Leitsatz (NV)
Beruft sich ein Angehöriger der rechts- und steuerberatenden Berufe zur Begründung eines Wiedereinsetzungsantrags auf ein "Büroversehen", so muss er u.a. darlegen und glaubhaft machen, durch wessen Verschulden die Frist versäumt worden ist. Hierzu genügt nicht der Vortrag, es handle sich um einen Fehler des "Sekretariats".
Normenkette
FGO § 56 Abs. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage der Kläger und Revisionskläger (Kläger) als unbegründet abgewiesen. Die Revision gegen sein Urteil ließ es zu. Das finanzgerichtliche Urteil wurde der Prozessbevollmächtigten der Kläger am 15. Januar 2004 zugestellt. Die Revision ging am 12. Februar 2004 beim Bundesfinanzhof (BFH) ein. Die Revisionsbegründung sollte bis Ablauf der Revisionsbegründungsfrist am 15. März 2004 nachgereicht werden. Am 16. März 2004 wurde dem BFH per Telefax ein mit dem Datum vom 15. März 2004 versehener Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten der Kläger übermittelt, in dem sie um Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist bat. Mit Verfügung vom 18. März 2004, zugestellt am 22. März 2004, machte der Senatsvorsitzende die Prozessbevollmächtigte darauf aufmerksam, dass die Revision nicht begründet worden und der Fristverlängerungsantrag verspätet eingegangen sei.
Daraufhin beantragte die Prozessbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 29. März 2004 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Gleichzeitig begründete sie die Revision. Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags trug sie vor, im Fristenbuch des mit dem Rechtsstreit betrauten Steuerberaters sei die Revisionsbegründung mit der Frist vom 26. Februar 2004 vorterminiert worden. Gleichzeitig sei als Fristablauf der 15. März 2004 notiert worden. Krankheitsbedingt sei der Sachbearbeiter erst am 15. März 2004 wieder in der Kanzlei gewesen und habe den Antrag auf Fristverlängerung zur Begründung der Revision gestellt. Dieser Antrag sei per Telefax vorab versandt worden. Der Sachbearbeiter habe das Sekretariat angewiesen, dass der Antrag auf Fristverlängerung unbedingt noch am 15. März 2004 per Telefax übersandt werden müsse. Auf Grund eines Versehens im Sekretariat sei das Telefax jedoch erst am 16. März 2004 versandt worden.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unzulässig.
Nach § 120 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Frist ist im Streitfall versäumt worden.
Den Klägern kann wegen der Versäumung der Revisionsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 FGO) nicht gewährt werden. Sie haben innerhalb der Zweiwochenfrist des § 56 Abs. 2 FGO keine Tatsachen vorgetragen, die den ausreichend sicheren Schluss zuließen, dass ihre Prozessbevollmächtigte an der Fristversäumnis kein Verschulden trifft. Beruft sich ein Angehöriger der rechts- und steuerberatenden Berufe --wie im Streitfall-- auf ein "Büroversehen", so muss er u.a. darlegen und glaubhaft machen, durch wessen Verschulden die Frist versäumt worden ist (Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 56 Rz. 36; Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 110 AO 1977 Rz. 92a unter Hinweis auf BFH-Beschlüsse vom 1. März 1989 X R 198/87, BFH/NV 1989, 711, und vom 14. Dezember 1994 X R 176/93, BFH/NV 1995, 798). Das ist im Streitfall nicht geschehen. Die Prozessbevollmächtigte hat lediglich vorgetragen, es handle sich um einen Fehler des "Sekretariats" bzw. (im Schriftsatz vom 17. Juni 2004) der Sekretärin des Sachbearbeiters. Damit ist die Person, der der Fehler unterlaufen ist, nicht benannt. Erst Recht fehlt es an der in § 56 Abs. 2 Satz 2 FGO geforderten Glaubhaftmachung des vorgetragenen Sachverhalts - etwa in Form einer eidesstattlichen Versicherung der betreffenden Mitarbeiterin. Gegenüber den wenig konkreten Behauptungen der Prozessbevollmächtigten lassen sich mehrere sehr viel wahrscheinlichere Geschehenshergänge denken, die auf ein Verschulden des Sachbearbeiters zurückzuführen wären. So kommt u.a. in Betracht, dass der Fristverlängerungsantrag das Sekretariat erst am 16. März 2004 erreichte oder dass er das Sekretariat zwar rechtzeitig erreichte, dass aber für die Mitarbeiterin die Notwendigkeit der Versendung per Telefax am 15. März 2004 nicht erkennbar war. Hätte es sich hingegen so zugetragen, wie die Prozessbevollmächtigte der Kläger behauptet, hätte der Mitarbeiterin bei Versendung des Telefax am 16. März 2004 auffallen müssen, dass sie dem Auftrag zur sofortigen Versendung am Vortag versehentlich nicht nachgekommen war. Es hätte dann nahegelegen, sofort einen Antrag auf Wiedereinsetzung zu stellen.
Bleibt die Verschuldensfrage offen, ist das Wiedereinsetzungsbegehren abzulehnen (BFH-Beschluss vom 19. Januar 1993 X R 82/92, BFH/NV 1993, 611).
Fundstellen