Entscheidungsstichwort (Thema)
Verlust des Rügerechts in Bezug auf einen nicht vernommenen Zeugen
Leitsatz (NV)
Die Rüge unzureichender Sachaufklärung wegen Nichterhebung angebotener Beweise kann im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde nicht mehr geltend gemacht werden, wenn die Nichterhebung der Beweise (hier: keine Anhörung eines benannten Zeugen) vor dem FG in der mündlichen Verhandlung nicht gerügt worden ist und schon aus der Ladung zur mündlichen Verhandlung zu ersehen war, dass das FG den benannten Zeugen nicht zu hören beabsichtigte.
Normenkette
FGO § 76 Abs. 1, § 79 Abs. 1 S. 1, § 115 Abs. 2 Nr. 3; ZPO § 295
Gründe
Der Antrag auf Prozesskostenhilfe (PKH) für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde vor dem Bundesfinanzhof (BFH) ist abzulehnen.
Nach § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 142 der Finanzgerichtsordnung (FGO) setzt die Gewährung von PKH unter anderem voraus, dass die Rechtsverteidigung oder Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Diese Voraussetzung ist hier nicht gegeben. Die Revision ist nicht gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO wegen eines Verfahrensfehlers zuzulassen.
a) Ein Verfahrensfehler kann nämlich später nicht mehr gerügt werden, wenn der betroffene Verfahrensbeteiligte diesen Fehler in der mündlichen Verhandlung nicht gerügt hat, obgleich er ihm bekannt war oder bekannt sein musste (§ 295 ZPO i.V.m. § 155 FGO). Danach kann die Rüge unzureichender Sachaufklärung nach § 76 Abs. 1 FGO wegen Nichterhebung angebotener Beweise auch im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde nicht mehr geltend gemacht werden, wenn die Nichterhebung der Beweise vor dem Finanzgericht (FG) in der mündlichen Verhandlung nicht gerügt worden ist und auch nicht erkennbar ist, aus welchen Gründen eine entsprechende Rüge unmöglich war (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 14. September 1993 VIII R 84/90, BFHE 174, 233, BStBl II 1994, 764; Beschlüsse des BFH vom 2. Februar 1999 I B 40/98, BFH/NV 1999, 1105; vom 14. April 2004 IX B 106/03, BFH/NV 2004, 1392).
b) Im Streitfall ist in der mündlichen Verhandlung vor dem FG ausweislich des Sitzungsprotokolls nicht gerügt worden, dass das FG den schriftsätzlich benannten Zeugen A nicht gehört hat. Diese Rüge wäre indes geboten gewesen, denn das FG hatte die von der Klägerin ebenfalls benannte Zeugin B geladen und vernommen. Schon aus der Ladung zur mündlichen Verhandlung war zu ersehen, dass das FG lediglich diese Zeugin, nicht aber den Zeugen A zu hören beabsichtigte. Deshalb war es auch nicht überraschend, dass nach der mündlichen Verhandlung, die den Rechtsstreit in der Regel abschließt (vgl. § 79 Abs. 1 Satz 1 FGO) keine weitere Beweisaufnahme nachfolgte.
Bei dieser Sachlage ist der Senat gehindert, zu prüfen, ob dem FG ein Verfahrensfehler in Form einer vorweggenommenen Beweiswürdigung unterlaufen ist.
Fundstellen
Haufe-Index 1606166 |
BFH/NV 2006, 2302 |