Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Revisionszulassung zur Rechtsfortbildung bei eindeutiger Gesetzesnorm
Leitsatz (NV)
1. Die eindeutige Anwendungsregelung zum zeitlichen Geltungsbereich einer Steuernorm (§ 32a KStG) schließt eine analoge Anwendung der Vorschrift für die davor liegende Zeit aus.
2. Eine Zulassung der Revision zur Fortbildung des Rechts ist nicht erforderlich, wenn sich der BFH noch nicht zu einer Rechtsfrage geäußert hat, die jedoch eindeutig aus dem Gesetz zu beantworten ist.
Normenkette
KStG §§ 32a, 34 Abs. 13b, 13c; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2
Verfahrensgang
FG Düsseldorf (Urteil vom 15.11.2007; Aktenzeichen 15 K 4438/06 E) |
Tatbestand
I. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) begehren in der Sache die Änderung von Einkommensteuerbescheiden für mehrere Jahre durch erstmalige Hinzurechnung von verdeckten Gewinnausschüttungen als Einkünfte aus Kapitalvermögen bei gleichzeitiger Anrechnung der hierauf lastenden Körperschaftsteuer. Entsprechende Körperschaftsteuerbescheide waren nach zwei Außenprüfungen bei der GmbH ergangen, deren Gesellschafter der Kläger ist. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) entsprach dem Änderungsbegehren nicht wegen eingetretener Festsetzungsverjährung, soweit es die Einkommensteuerfestsetzungen für 1992 bis 1999 betraf. Das Finanzgericht wies die hiergegen gerichtete Klage ab.
Als Grund für die Zulassung der Revision machen die Kläger einzig das Erfordernis einer höchstrichterlichen Entscheidung zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative der Finanzgerichtsordnung --FGO--) geltend. Sie halten eine analoge Anwendung des § 32a des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) auf den Streitfall für geboten.
Entscheidungsgründe
II. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Beschwerde den Anforderungen an die schlüssige Darlegung eines Grundes für die Revisionszulassung gem. § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügt. Denn jedenfalls ist die Beschwerde nicht begründet.
Eine Zulassung zur Fortbildung des Rechts ist nur erforderlich, wenn über bisher ungeklärte abstrakte Rechtsfragen zu entscheiden ist (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 41, m.w.N.). Hingegen genügt es nicht, dass der Bundesfinanzhof (BFH) sich noch nicht zu einer bestimmten Rechtsfrage geäußert hat (Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 41). An dem Erfordernis der Klärung fehlt es, wenn die Rechtsfrage eindeutig in einem bestimmten Sinn zu beantworten ist (Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 41). So liegt es im Streitfall: in § 34 Abs. 13b KStG i.d.F. vom 13. Dezember 2006 bzw. Abs. 13c ab der Fassung vom 10. Oktober 2007 ist eindeutig bestimmt, dass § 32a KStG i.d.F. des Art. 4 des Gesetzes vom 13. Dezember 2006 (BGBl I 2878) erstmals anzuwenden ist, wenn nach dem 18. Dezember 2006 ein (Körperschaft-)Steuerbescheid erlassen, aufgehoben oder geändert wird. Nur in den Fällen eines nach diesem Datum ergangenen Bescheides zur Körperschaftsteuer kann also die einzelgesetzliche Änderungsvorschrift des § 32a KStG Anwendung finden (s. Frotscher in Frotscher/Maas, KStG, 7. Aufl., § 32a Rz 5; Streck, KStG § 32a Rz 2; Lang in Dötsch/Jost/Pung/Witt, Kommentar zum KStG und EStG, § 32a KStG, Rz 3, 4), die eine korrespondierende Regelung (Erlass, Aufhebung oder Änderung) auf der Ebene des Gesellschafters ermöglicht, dem die zugrundeliegende verdeckte Gewinnausschüttung zuzurechnen ist.
Mit dieser Regelung des zeitlichen Anwendungsbereichs hat der Gesetzgeber zugleich unzweideutig entschieden, dass § 32a KStG nicht anzuwenden ist in Fällen zuvor --vor dem 19. Dezember 2006-- ergangener Körperschaftsteuerbescheide. Das Wortverständnis lässt keinen Raum für eine gegenläufige Auslegung. Entgegen der Auffassung des Klägers kommt auch keine gesetzesanaloge Anwendung des § 32a KStG für den Zeitraum vor dem 19. Dezember 2006 in Betracht, weil es schon an der hierfür erforderlichen Voraussetzung einer planwidrigen Gesetzeslücke fehlt. Erst mit § 32a KStG ist das Korrespondenzprinzip für verdeckte Gewinnausschüttungen eingeführt worden; zuvor bestand keine rechtliche Bindung zwischen Einkommensteuerbescheid und Körperschaftsteuerbescheid, vielmehr musste bei Streitigkeiten über Grund und Höhe einer Gewinnausschüttung im jeweiligen Besteuerungsverfahren selbstständig entschieden werden (BFH-Urteil vom 22. September 2004 III R 9/03, BFHE 207, 549, BStBl II 2005, 160, m.w.N.; vgl. ferner zur Entstehungsgeschichte Lang in Dötsch/Jost/Pung/Witt, a.a.O., § 32a Rz 4 ff.; Becker/Kempf/ Schwarz, Der Betrieb --DB-- 2008, 370).
Ob es sinnvoll und zweckmäßig gewesen wäre, wenn die der Schließung von Besteuerungslücken und der Verhinderung von Überbesteuerung dienende gesetzliche Regelung in § 32a KStG (vgl. BRDrucks 622/06, 119 ff., 122; Becker/Kempf/Schwarz, DB 2008, 370) bereits früher eingeführt worden wäre, steht hier nicht zur Beurteilung an.
Im Ergebnis begehren die Kläger mithin die Nichtbeachtung des § 34 Abs. 13c KStG n.F., für die jedoch keine Rechtsgrundlage gegeben ist.
Fundstellen