Entscheidungsstichwort (Thema)
Teilweise Verfassungswidrigkeit des Abzugsverbots für Geldbußen
Leitsatz (NV)
Zur Verfassungswidrigkeit des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 EStG i.d.F. des Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes vom 25. Juli 1984 (BGBl I 1984, 1006), soweit er den auf die Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils (§ 17 Abs. 4 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten) entfallenden Teil der Geldbuße vom Abzug als Betriebsausgaben ausschließt (Vorlage an das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 GG).
Normenkette
EStG 1984 § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8, § 12 Nr. 4, § 52 Abs. 3a; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3, Art. 100 Abs. 1
Tatbestand
I. Gegenstand der Vorlage ist die Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 des Einkommensteuergesetzes i.d.F. des Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes vom 25. Juli 1984 (BGBl I 1984, 1006, BStBl I 1984, 401) - EStG -.
1. Die Frage, ob Geldstrafen und Geldbußen für betrieblich oder beruflich veranlaßte Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten als Betriebsausgaben (Werbungskosten) abgezogen werden können, war bis zum Inkrafttreten des Gesetzes vom 25. Juli 1984 weder im Einkommensteuer- noch im Körperschaftsteuerrecht geregelt. Die steuerrechtliche Behandlung derartiger Aufwendungen war seit Jahrzehnten umstritten. Bis zum Jahre 1939 waren Geldbußen für beruflich oder betrieblich veranlaßte Verstöße gegen Vorschriften des Ordnungswidrigkeitenrechts nach der Rechtsprechung des RFH abziehbare Betriebsausgaben oder Werbungskosten (vgl. die Nachweise im Beschluß des BFH vom 21. November 1983 GrS 2/82, BFHE 140, 50, BStBl II 1984, 160).
Im Jahre 1939 änderte der RFH seine Rechtsprechung. Vorausgegangen war ein Erlaß des Reichsministers der Finanzen vom 4. Februar 1939 (RStBl 1939, 251), in dem dieser anordnete, daß Ordnungsstrafen künftig nicht mehr abziehbar sein sollten. Der RFH entschied nunmehr, Ordnungsstrafen, die wegen Zuwiderhandlungen gegen Wirtschaftsgesetze verhängt worden seien, könnten bei der Gewinnermittlung nicht abgezogen werden (vgl. die Nachweise in BFHE 140, 50, BStBl II 1984, 160). Der OFH und der BFH haben an der geänderten Rechtsprechung des RFH festgehalten (vgl. die Nachweise in BFHE 140, 50, BStBl II 1984 160).
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Dagegen behandelte die Rechtsprechung die Einziehung von Gegenständen oder die Abführung des Mehrerlöses nach § 8 des Wirtschaftstrafgesetzes (WiStG) als abziehbare Betriebsausgaben, weil es sich dabei um eine Maßnahme ohne Strafcharakter handele (BFH-Urteile vom 20. Januar 1959 I 135/58, Steuerrechtsprechung in Karteiform - StRK - Einkommensteuergesetz, § 4, Rechtsspruch 298; vom 14. Januar 1965 IV 49/63 U, BFHE 82, 85, BStBl 1965, 585).
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2. Aufgrund eines Vorlagebeschlusses des I. Senats des BFH vom 28. April 1982 I R 89/77 (BFHE 135, 531, BStBl II 1982, 556) gab der Große Senat des BFH seine bisherige Rechtsprechung zum Betriebsausgabenabzug von Geldbußen auf (BFHE 140, 50, 61, BStBl II 1984, 160, 166). Er vertrat nunmehr die Auffassung, Geldbußen, die wegen Verstößen gegen das GWB verhängt worden seien, könnten als Betriebsausgaben abgezogen werden. Weder Vorschriften des Steuerrechts, noch solche des Straf- oder Ordnungswidrigkeitenrechts enthielten ein Abzugsverbot für Geldbußen. Auch der Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung stehe dem Abzug von Geldbußen nicht entgegen. . . .
3. Die Beschlüsse des BFH vom 21. November 1983 GrS 2/82 (BFHE 140, 50, BStBl II 1984, 160) und GrS 3/82 (BFHE 140, 62, BStBl II 1984, 166) veranlaßten die Bundesregierung, dem Bundesrat am 16. März 1984 einen Gesetzesentwurf zur Änderung des EStG und des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) zuzuleiten (BR-Drucks 117/84). Am 27. März 1984 brachten alle Fraktionen des Deutschen Bundestages einen inhaltsgleichen Entwurf ein (BTDrucks 10/1189). Diese interfraktionelle Vorlage wurde in der 62. Sitzung des Deutschen Bundestages am 30. März 1984 an den Finanzausschuß federführend und an den Rechtsausschuß mitberatend überwiesen.
Nach Beratungen im Rechtsausschuß und im Finanzausschuß verabschiedete der Finanzausschuß des Bundestages am 12. Juni 1984 eine Beschlußempfehlung (BT-Drucks 10/1634). Der Bundestag hat den Gesetzentwurf mit den vom Finanzausschuß beschlossenen Änderungen in zweiter und dritter Lesung am 27. Juni 1984 beschlossen. Der Bundesrat hat dem Gesetzentwurf in seiner Sitzung vom 13. Juli 1984 (BR-Drucks 311/84) zugestimmt.
Das Gesetz wurde am 25. Juli 1984 ausgefertigt und am 31. Juli 1984 im Bundesgesetzblatt verkündet. Gemäß seinem Art. 4 trat es am folgenden Tag in Kraft.
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II. Dem Rechtsstreit liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) betreibt in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG ein Bauunternehmen. Durch Bußgeldbescheid vom Mai 1975 setzte das Bundeskartellamt gegen die Klägerin, ihre Kommanditisten und gegen den früheren Geschäftsführer wegen der Teilnahme an wettbewerbsbeschränkenden Absprachen im Zusammenhang mit der Vergabe von Bauleistungen Geldbußen nach § 38 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 4 i.V.m. § 1 GWB, §§ 130, 30, 14 OWiG fest; gegen die Klägerin wurde eine Geldbuße in Höhe von 250 000 DM verhängt. Aus den Gründen des Bußgeldbescheides geht hervor, daß bei der Bemessung der gegen die Klägerin als Nebenbetroffene festgesetzten Geldbuße die Zahl der abgesprochenen Bauvorhaben sowie deren wirtschaftliche Bedeutung, der durch die Zuwiderhandlung erzielte Mehrerlös und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Unternehmens berücksichtigt wurden. Der aus der Ordnungswidrigkeit erzielte Mehrerlös wurde bei der Bemessung der Geldbuße mit 2 v. H. vom Umsatz aus den Absprachefällen (= 190 000 DM) angesetzt.
Die Klägerin zahlte einen Teilbetrag der Geldbuße im Jahre 1977. Den Restbetrag entrichtete sie im Jahre 1978. Von diesem Betrag machte sie 150 000 DM als Betriebsausgabe geltend, weil es sich dabei um die Abschöpfung des Mehrerlöses handele.
Bei der einheitlichen und gesonderten Feststellung des Gewinns 1978 erkannte das beklagte FA den Betrag von 150 000 DM nicht als Betriebsausgabe an.
Einspruch und Klage blieben erfolglos.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin, das Finanzgericht (FG) habe seine Entscheidung zu Unrecht auf § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8, § 52 a Abs. 3 a EStG gestützt. Diese Vorschriften seien mit der Verfassung nicht vereinbar. Sie verletzten Art. 3 Abs. 1, 20 Abs. 3 und 103 Abs. 2 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (GG).
Die Klägerin beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und den Gewinnfeststellungsbescheid 1978 dahingehend zu ändern, daß der streitige Betrag von 150 000 DM als Betriebsausgabe berücksichtigt wird.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Der Bundesminister der Finanzen (BMF) ist dem Verfahren gemäß § 122 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - beigetreten. Er hat ausgeführt:
Die Regelung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 EStG bezwecke, der Geldbuße ihre volle Sanktionswirkung zu erhalten. Der Gesetzgeber habe durch das Abzugsverbot für betrieblich (beruflich) veranlaßte Geldbußen bewußt eine Ausnahme vom einkommensteuerrechtlichen Nettoprinzip geschaffen. Er habe verhindern wollen, daß die Sanktion durch ihren Abzug bei der steuerlichen Gewinnermittlung abgemildert werde. Außerdem solle es durch die Regelung vermieden werden, daß Sanktionen im Vergleich untereinander durch eine mögliche Berücksichtigung bei der Besteuerung mittelbar modifiziert werden. Durch § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 EStG werde erreicht, daß gleiche Sanktionen die Betroffenen in gleicher Weise belasten.
Eine Differenzierung danach, in welchem Verhältnis die Sanktion vom Zweck der Wertabschöpfung bestimmt sei, sei nicht geboten. Eine Gleichstellung der Wertabschöpfung als Bestandteil der Geldbuße mit der Abführung des Mehrerlöses nach § 8 WiStG könne nicht gefordert werden. Denn bei der Maßnahme nach § 8 WiStG handele es sich im Gegensatz zur Geldbuße um eine wertungsfreie Gewinnabschöpfung, die deshalb als Betriebsausgabe abgezogen werden könne.
Entscheidungsgründe
III.
Das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 EStG erfaßt auch die vom Bundeskartellamt gegen die Klägerin festgesetzte Geldbuße (wird ausgeführt).
Der Senat hält § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 EStG für unvereinbar mit dem Grundgesetz, soweit er vom Betriebsausgabenabzug auch den Teil der Geldbuße ausschließt, durch den der aus der Tat erzielte Mehrerlös abgeschöpft werden soll.
Von der Verfassungsmäßigkeit dieser Vorschrift hängt die Entscheidung des Rechtsstreits ab (wird ausgeführt).
IV.
1. Nach Ansicht des Senats verstößt § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 EStG gegen den aus Art. 3 Abs. 1 GG herzuleitenden Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung, soweit er das Abzugsverbot auch auf den Teil der Geldbuße erstreckt, der der Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils (§ 17 Abs. 4 OWiG) oder des Mehrerlöses (§ 38 Abs. 4 GWB) dient.
Eine Verletzung des Gleichheitssatzes sieht der Senat in der unterschiedlichen steuerrechtlichen Behandlung der Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils (des Mehrerlöses) im Rahmen der Bemessung der Geldbuße (§ 17 Abs. 4 OWiG, § 38 Abs. 4 GWB) einerseits und der Abschöpfung des aus der Tat erlangten Vermögensvorteils durch Maßnahmen ohne Sanktionscharakter andererseits, wie z. B. durch die Anordnung des Verfalls (vgl. §§ 73 ff. StGB; § 29 a OWiG i.d.F. des 2. Gesetzes zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität vom 15. Mai 1986, BGBl I 1986, 721) oder die Abführung des Mehrerlöses nach §§ 8, 10 Abs. 2 WiStG.
Wird die Abführung des wirtschaftlichen Vorteils durch eine Maßnahme ohne Sanktionscharakter angeordnet, so kann der abgeführte Betrag als Betriebsausgabe abgezogen werden, wenn diese Maßnahme wegen einer Tat angeordnet wurde, die betrieblich veranlaßt war, d. h. die objektiv im Zusammenhang mit dem Betrieb steht und subjektiv zur Förderung des Betriebs gemacht wurde (BFH-Urteil vom 28. November 1980 VI R 193/77, BFHE 132, 431, BStBl II 1981, 368). Das ergibt sich zum einen aus dem Wortlaut des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 EStG, der als nicht abziehbare Betriebsausgaben nur Geldbußen, Ordnungsgelder und Verwarnungsgelder aufführt und zum anderen aus § 12 Nr. 4 EStG. Da es diese Vorschrift nur ausschließt, in einem Strafverfahren festgesetzte Geldstrafen und ,,sonstige Rechtsfolgen vermögensrechtlicher Art, bei denen der Strafcharakter überwiegt", steuermindernd zu berücksichtigen, ergibt der Umkehrschluß aus dieser Regelung, daß finanzielle Einbußen, die auf Maßnahmen ohne Sanktionscharakter beruhen, wie z. B. der Verfall nach § 29 a OWiG oder §§ 73 ff. StGB oder die Abführung des Mehrerlöses nach § 8 WiStG, weiterhin als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden können, wenn die zugrunde liegende Tat betrieblich oder beruflich veranlaßt war (allg. Ansicht, vgl. Amtliche Begründung zu Art. 1 Nr. 1 und 1 Nr. 3 des Gesetzentwurfs, BTDrucks 10/1314; Blümich/Falk, Einkommensteuergesetz, § 12 Rdnr. 143, Bordewin in Finanz-Rundschau - FR - 1984, 405, 407; Dankmeyer in Der Betrieb - DB - 1984, 2108 ff.).
2. Die Bindung des Gesetzgebers an den Grundsatz der Steuergerechtigkeit bedeutet einmal, daß bei der Auswahl der Tatbestände, für die eine gesetzliche Regelung getroffen wird, sachgemäß, d. h. nach Gesichtspunkten, die sich aus der Art der zu regelnden Lebensverhältnisse ergeben, verfahren wird, und zum anderen, daß die vom Gesetz geregelten Tatbestände in sich gleichartig geregelt werden (Beschluß des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 21. Juli 1955 1 BvL 33/51, BVerfGE 4, 219, 243). (wird ausgeführt)
Besondere Anforderungen sind an die Beachtung des Gleichheitssatzes dann zu stellen, wenn der Gesetzgeber von einem im Gesetz selbst angelegten Ordnungsprinzip abweichen will (BVerfG- Entscheidungen vom 24. Juli 1968 1 BvR 537/65, BVerfGE 24, 75, 100; vom 7. November 1972 1 BvR 338/68, BVerfGE 34, 103, 115; vom 19. Oktober 1982 1 BvL 39/80, BVerfGE 61, 138, 148) . . . (wird ausgeführt).
3. Nach diesen Grundsätzen kann das in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 EStG angeordnete uneingeschränkte Abzugsverbot für Geldbußen vor dem Gleichheitssatz keinen Bestand haben, weil es ohne zureichenden sachlichen Grund das steuerrechtliche Nettoprinzip verletzt.
a) Das Nettoprinzip gehört zu den grundlegenden Ordnungsprinzipien des geltenden Einkommensteuerrechts (BFHE 140, 50, 58 f., BStBl II 1984, 160; v. Bornhaupt in Kirchhof/Söhn, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 9 Rdnr. A 15 ff. m.w.N. in Fußn. 1-6; Lang in Steuer und Wirtschaft - StuW 1985, 10, 16 f. m.w.N. in Fußn. 65; Mößner in Osnabrücker Rechtswissenschaftliche Abhandlungen, Bd 1, 1984/85, 37, 41; Offerhaus in Die Information 1984, 313, 314; Tanzer in wistra 1984, 159, 163) . . . (wird ausgeführt).
b) Geldbußen, die nach den Vorschriften des OWiG verhängt werden, sind Betriebsausgaben, wenn die Straftat oder Ordnungswidrigkeit im Zusammenhang mit einem Gewerbebetrieb begangen wurde. Derartige Aufwendungen sind deshalb nach dem Nettoprinzip grundsätzlich bei der Ermittlung des Gewinns abzuziehen, es sei denn, daß das Gesetz selbst ihren Abzug als Betriebsausgaben ausschließt (BFHE 140, 50, BStBl II 1984, 160).
Das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 EStG durchbricht das Nettoprinzip.
Dieser Systembruch ist im Grundsatz nicht zu beanstanden. Den einzelnen Vorschriften des Gesetzes vom 25. Juli 1984 liegt die Erwägung zugrunde, daß staatliche Sanktionen ihren Zweck, den Verstoß gegen die Rechtsordnung zu ahnden, die Einhaltung der Rechtsordnung zu sichern und unlauteres Gewinnstreben zu bekämpfen, nur dann erfüllen, wenn sie den Täter oder das Unternehmen, für das der Täter gehandelt hat, in der vollen Höhe, die von dem Gericht oder der Behörde festgesetzt ist, treffen. Dieser Zweck wird nach Ansicht des Gesetzgebers verfehlt, wenn die finanzielle Einbuße, die mit einer Geldbuße oder einem Ordnungsgeld verbunden ist, durch Abzug als Betriebsausgabe gemildert wird (vgl. Allgemeine Begründung des Gesetzentwurfs, BTDrucks 10/1314, S. 5.; vgl. auch Bordewin in FR 1984, 405 ff.). Durch die Einführung eines steuerrechtlichen Abzugsverbots für betrieblich oder beruflich veranlaßte Geldbußen oder vergleichbare geldliche Sanktionen wegen schuldhafter Verstöße gegen die Rechtsordnung wollte der Gesetzgeber den Widerspruch zwischen dem steuerrechtlichen Nettoprinzip, das den Abzug betrieblich (beruflich) veranlaßter Aufwendungen gebietet, und dem strafrechtlichen Zweck der Geldbuße, der einem solchen Abzug entgegensteht, auflösen. Die Beseitigung von Wertungswidersprüchen innerhalb der Rechtsordnung dient der Rechtssicherheit und damit dem Interesse der Allgemeinheit. Die Einführung eines steuerrechtlichen Abzugsverbots für Geldbußen war deshalb grundsätzlich durch sachliche Gründe gerechtfertigt.
c) Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen indessen gegen die Ausdehnung des Abzugsverbots auf den Teil der Geldbuße, der der Abschöpfung des aus der Tat erlangten wirtschaftlichen Vorteils oder Mehrerlöses dient.
aa) Die oben dargestellten Gründe, die den Gesetzgeber bewogen haben, ein Abzugsverbot für Geldstrafen und Geldbußen einzuführen, rechtfertigen es nicht, die Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils im Sinne von § 17 Abs. 4 OWiG vom Betriebsausgabenabzug auszuschließen.
Zwar trifft es zu, daß der wirtschaftliche Vorteil, der nach § 17 Abs. 4 OWiG bei der Festsetzung der Geldbuße berücksichtigt werden soll, nur ein unselbständiger Bemessungsfaktor für die Höhe der Geldbuße ist und damit die Rechtsnatur der Geldbuße als einer staatlichen Unrechtsfolge für eine tatbestandsmäßige, rechtswidrige und schuldhafte Handlung teilt (Göhler, Kommentar zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten, 7. Aufl., vor § 1 Rdnr. 9 f.). Gleiches gilt für die Abschöpfung des Mehrerlöses nach § 38 Abs. 4 GWB, da diese Vorschrift keine besonderen von § 17 OWiG abweichenden Strafzumessungsgründe enthält, sondern nur den Bußgeldrahmen auf das Dreifache des durch die Zuwiderhandlung erlangten Mehrerlöses ausdehnt (Beschluß des Bundesgerichtshofs - BGH - vom 19. September 1974 KRB 2/74 (KG), Neue Juristische Wochenschrift - NJW - 1975, 269).
Die Geldbuße ist jedoch, soweit sie auf die Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils oder des Mehrerlöses entfällt, nur der Form nach Sanktion. Dem sachlichen Gehalt nach hat sie insoweit keinen repressiven Charakter, sondern ist nur darauf ausgerichtet, dem Täter oder einem Dritten den rechtswidrig erlangten Vermögensvorteil wieder zu entziehen (vgl. Tanzer, Die Abzugsfähigkeit von Geldstrafen und Geldbußen im Einkommensteuerrecht, 1983, S. 121 ff.). Die Geldbuße hat nach geltendem Recht eine doppelte Funktion. Sie ist zum einen ,,Strafe" im Sinne einer finanziellen Einbuße, die als Sanktion für ein vorwerfbares Verhalten verhängt wird; zum anderen ermöglicht sie die Abschöpfung des aus der Tat erlangten wirtschaftlichen Vorteils und übernimmt damit die Funktionen des Verfalls (§§ 73 ff. StGB, § 29 a OWiG) oder der Abführung des Mehrerlöses nach § 8 WiStG. Der Verfall ist nach allgemeiner Ansicht - ebenso wie die Abführung des Mehrerlöses nach § 8 WiStG - eine Maßnahme eigener Art ohne Sanktionscharakter (BTDrucks 10/318, S. 37; Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, 22. Aufl., vor § 73 Rdnr. 19; Leipziger Kommentar zum Strafgesetzbuch, 10. Aufl., vor § 73 Rdnr. 11).
(1) Die Nähe der Wertabschöpfung nach § 17 Abs. 4 OWiG zum Verfall wird aus der Entstehungsgeschichte dieses Rechtsinstituts deutlich.
Bis zum Inkrafttreten des Zweiten Gesetzes zur Reform des Strafrechts (1. Januar 1975) kannte das Strafrecht - von Einzelvorschriften wie § 8 WiStG abgesehen - nur eine mittelbare Gewinnabschöpfung auf dem Wege der Bemessung der Geldstrafe. In § 27 b Abs. 1 StGB a. F. war - ähnlich wie in § 17 Abs. 4 OWiG - bestimmt, daß die Geldstrafe das Entgelt, das der Täter für die Tat empfangen hat, und den Gewinn, den er aus der Tat gezogen hat, übersteigen soll. Nach Einführung des Tagessatz-Systems durch das Zweite Gesetz zur Reform des Strafrechts war dieser Weg nicht mehr gangbar. Da in diesem System die Geldstrafe nach dem Maß des Verschuldens zu bemessen ist, mußte die Geldstrafe von der ihr wesensfremden Aufgabe, den Tatgewinn abzuschöpfen, befreit werden; diese Funktion wurde dem neu geschaffenen Rechtsinstitut des Verfalls zugewiesen (zur Entstehungsgeschichte dieses Instituts vgl. Leipziger Kommentar zum Strafgesetzbuch, Rdnr. 11 vor § 73 und Rdnr. 12 vor § 40).
Das Rechtsinstitut des Verfalls ist bei der Anpassung des OWiG an das Zweite Gesetz zur Reform des Strafrechts nicht in das Ordnungswidrigkeitenrecht übernommen worden, weil für die Geldbuße eine dem Tagessatz-System vergleichbare Regelung nicht eingeführt worden ist. Der Gesetzgeber hielt eine Bemessung der Geldbuße nach Tagessätzen nicht für sachgerecht, weil die Geldbuße mit der Geldstrafe nicht vergleichbar sei. Ihr fehle das mit der Kriminalstrafe notwendig verbundene Unwerturteil; auch kenne das Ordnungswidrigkeitenrecht keine Ersatzfreiheitsstrafe, wie sie § 43 StGB im Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe vorsehe. Die Geldbuße könne deshalb weiterhin auch die Funktion der Gewinnabschöpfung wahrnehmen. Diese Regelung habe überdies den Vorteil, eine genaue Aufspaltung zwischen dem Ausmaß der notwendigen Repression der geldlichen Einbuße einerseits und der Höhe der erzielten und abzuschöpfenden Gewinne andererseits zu ersparen (vgl. BTDrucks V/1269, S. 52 und 10/318, S. 36).
Durch das Zweite Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität vom 15. Mai 1986 (BGBl I, 721) hat der Gesetzgeber das Institut des Verfalls in das Ordnungswidrigkeitenrecht übernommen (vgl. § 29 a OWiG). Die neue Vorschrift des § 29 a OWiG greift nur dann ein, wenn gegen den Täter einer mit Geldbuße bedrohten Handlung - aus welchen Gründen auch immer - keine Geldbuße festgesetzt wird. Im Grundsatz hat der Gesetzgeber die bisherige Regelung, nach welcher die Geldbuße zugleich die Funktion der Gewinnabschöpfung erfüllt, beibehalten. Die Verbindung der Gewinnabschöpfung mit der Geldbuße diene der Vereinfachung und damit der Praktikabilität der Rechtsanwendung (BTDrucks 10/318, S. 36 und 37).
Sind zugleich die Voraussetzungen für die Festsetzung einer Geldbuße und die Anordnung des Verfalls nach § 29 a OWiG erfüllt, so liegt es wegen des im Ordnungswidrigkeitenrecht herrschenden Opportunitätsgrundsatzes (vgl. § 47 OWiG) im Ermessen der Behörde, ob sie gegen den Täter oder gegen das Unternehmen, für das dieser gehandelt hat, eine Geldbuße verhängt oder ob sie sich auf die Abschöpfung des Gewinns im Wege des Verfalls nach § 29 a OWiG beschränkt.
(2) Daß die Gewinnabschöpfung nach § 17 Abs. 4 OWiG dieselbe Funktion hat wie der Verfall, zeigt auch die Regelung in § 30 Abs. 5 OWiG. Da § 30 OWiG die Geldbuße als Nebenfolge nicht nur einer Ordnungswidrigkeit, sondern auch einer Straftat vorsieht und die Geldbuße nach § 30 OWiG primär bezweckt, der Personenvereinigung die geldwerten Vorteile abzunehmen, die ihr durch vorwerfbare Handlungen ihrer Organe zugeflossen sind (BTDrucks V/1269, S. 59 f.), mußte es der Gesetzgeber ausschließen, daß nach Festsetzung einer Geldbuße wegen derselben Tat auch noch der Verfall angeordnet wird. Die Festsetzung einer Geldbuße nach § 30 OWiG hindert auch eine nachträgliche Abführung des Mehrerlöses (Göhler, a.a.O., § 30 Rdnr. 37). Dagegen schließt die Anordnung des Verfalls oder die Abführung des Mehrerlöses die spätere Festsetzung einer Geldbuße wegen derselben Tat nicht aus. Bei der Bemessung der Geldbuße ist dann aber der Verfall oder die Abführung des Mehrerlöses zu berücksichtigen (Göhler, a.a.O.).
(3) Beide Formen der Gewinnabschöpfung stimmen auch hinsichtlich der Ermittlung des wirtschaftlichen Vorteils oder Mehrerlöses überein. Der Senat nimmt insoweit Bezug auf die Ausführungen des Großen Senats in BFHE 140, 50, BStBl II 1984, 160 unter C. I. 2. b) bb) (2).
bb) Geht man davon aus, daß die mittelbare Gewinnabschöpfung nach § 17 Abs. 4 OWiG dieselbe Funktion wie der Verfall und die Abführung des Mehrerlöses nach § 8 WiStG hat, dann kann eine unterschiedliche steuerrechtliche Behandlung beider Formen der Gewinnabschöpfung nicht mit der Erwägung gerechtfertigt werden, die Abschöpfung des Gewinns werde in dem einen Fall durch eine gesonderte wertungsfreie Maßnahme angeordnet, während sie im anderen Fall nur mittelbar durch entsprechende Bemessung der Geldbuße bewirkt werde. Dieser Unterschied ist nur formaler Natur. In ihrem sachlichen Gehalt gleichen sich beide Formen der Gewinnabschöpfung. In beiden Fällen geht es um die Entziehung eines rechtswidrig erlangten Vermögensvorteils (vgl. auch Tanzer in wistra 1984, 159, 162).
Die Geldbuße erschöpft sich allerdings nicht in der Funktion der Gewinnabschöpfung; sie ist darüber hinaus Sanktion für begangenes Unrecht, mit der die Erzielung rechtswidriger Gewinne bekämpft werden soll. Das ergibt sich schon daraus, daß nach § 38 Abs. 4 GWB Geldbußen bis zur dreifachen Höhe des durch die Zuwiderhandlung erzielten Mehrerlöses verhängt werden können. Die Geldbuße setzt sich somit ihrem sachlichen Gehalt nach aus einem Sanktionsteil und einem (wertungsfreien) Abschöpfungsteil zusammen. Diese unterschiedlichen Funktionen der formal einheitlichen Geldbuße müssen auch bei der Besteuerung berücksichtigt werden.
cc) Auch die vom BMF angeführten Praktikabilitätserwägungen können die unterschiedliche Besteuerung der Abführung des Mehrerlöses nach § 8 WiStG oder des Verfalls einerseits und der Abschöpfung des Gewinns nach § 17 Abs. 4 OWiG andererseits nicht rechtfertigen.
Das BVerfG hat wiederholt ausgesprochen, daß der Gesetzgeber den praktischen Erfordernissen der Verwaltung Rechnung tragen kann (Beschluß vom 19. April 1977 1 BvL 17/75, BVerfGE 44, 283, 288 m.w.N.). Diesem Gesichtspunkt kann insbesondere als Rechtfertigung für eine Ungleichbehandlung bei der Regelung von Massenerscheinungen eine besondere Bedeutung zukommen. Allerdings gilt dies nur mit Einschränkungen. Der Gesichtspunkt der Verwaltungsökonomie darf nur in geringfügigen und besonders gelagerten Fällen zu Ungleichbehandlungen führen, während stärkere Belastungen ganzer Gruppen regelmäßig das Maß des verfassungsrechtlich Zulässigen überschreiten (BVerfGE 44, 283, 288). Wesentlich für die Zulässigkeit einer vereinfachenden Regelung ist auch, ob eine durch sie entstehende Ungerechtigkeit nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wäre (BVerfG-Beschluß vom 8. Februar 1983 1 BvL 28/79, BVerfGE 63, 119, 128).
Die durch § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 EStG verursachte Ungleichbehandlung ist dem Gewicht nach erheblich und betrifft nicht nur einen kleinen Personenkreis. Dabei ist zu berücksichtigen, daß Geldbußen nach § 30 OWiG in erster Linie der Abschöpfung des rechtswidrig erlangten Gewinns dienen, weil die Personenvereinigung als solche nicht schuldfähig ist; die repressive Funktion der Geldbuße tritt hier in aller Regel hinter der Funktion der Gewinnabschöpfung zurück. Hinzu kommt, daß - vor allem bei Zuwiderhandlungen gegen die Kartellgesetze - oft Geldbußen in beträchtlicher Höhe verhängt werden. Kann der durch die Geldbuße abgeschöpfte Gewinn nicht als Betriebsausgabe geltend gemacht werden, so führt das zu einem empfindlichen Eingriff in den Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, weil das Unternehmen und die an ihm beteiligten Personen im Ergebnis einen nicht mehr vorhandenen Gewinn versteuern müssen.
In diesem Zusammenhang ist es nicht überzeugend, wenn der BMF zur Rechtfertigung der Regelung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 EStG ausführt, daß in der Praxis häufig Geldbußen festgesetzt würden, die nicht einmal den aus der Tat erzielten wirtschaftlichen Vorteil erreichten. Wenn die für die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten zuständigen Behörden - entgegen der Regelung in § 17 Abs. 4 OWiG - Geldbußen festsetzen, die den aus der Zuwiderhandlung erzielten Gewinn unterschreiten, so kann diese Praxis den Eingriff des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 EStG in das Gebot der Gleichmäßigkeit der Besteuerung nicht rechtfertigen.
Der Verstoß gegen den Gleichheitssatz wiegt im vorliegenden Fall besonders schwer, weil nach der derzeit geltenden Rechtslage der Straftäter gegenüber dem nur ordnungswidrig handelnden Täter begünstigt wird: Hat beispielsweise ein Einzelunternehmer eine Wirtschaftsstraftat begangen, aus der er einen Gewinn von 100 000 DM erlangt hat, so kann ihm dieser Betrag nur nach den Vorschriften über den Verfall (§ 73 ff. StGB) oder die Abführung des Mehrerlöses (§ 8 WiStG) entzogen werden. Den aufgrund dieser Vorschriften abgeführten Betrag kann er als Betriebsausgabe abziehen (s. oben unter IV. 1.). Hat dagegen ein Einzelunternehmer eine mit Geldbuße bedrohte Handlung begangen und daraus einen Mehrerlös in Höhe von 100 000 DM erzielt, so wird dieser Mehrerlös im Regelfall nach § 17 Abs. 4 OWiG abgeschöpft. In diesem Fall kann der Täter die Abführung des Mehrerlöses gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 EStG nicht steuermindernd geltend machen, muß im Ergebnis also eine Vermögensmehrung versteuern, die ihm wieder weggenommen worden ist. Für diese Ungleichbehandlung können weder steuerrechtliche noch strafrechtliche oder ordnungspolitische Gründe angeführt werden. Die (steuerrechtliche) Privilegierung des Straftäters steht vielmehr in Widerspruch zu den Wertungen des Strafrechts. Diese Ungleichbehandlung ist um so weniger hinzunehmen, als eine Aufteilung der Geldbuße in einen (abziehbaren) Abschöpfungsteil und einen (nicht abziehbaren) Sanktionsteil die Finanzverwaltung keineswegs vor unlösbare praktische Schwierigkeiten stellen muß. Zwar ist es richtig, daß das OWiG in seiner derzeit geltenden Fassung die Bußgeldbehörde nicht verpflichtet, im Bußgeldbescheid Angaben darüber zu machen, inwieweit die festgesetzte Geldbuße auf die Abschöpfung des Mehrerlöses entfällt (Göhler, a.a.O., § 66 Rdnr. 29). Diese Schwierigkeiten könnten jedoch durch eine Ergänzung der in § 66 Abs. 1 OWiG aufgeführten notwendigen Angaben des Bußgeldbescheids vermieden werden. Eine Verpflichtung, den ,,Gewinnabschöpfungsanteil" der Geldbuße im Bescheid kenntlich zu machen, ist für die Behörde kaum mit unzumutbaren Belastungen verbunden, da sie ohnehin wegen der Regelung des § 17 Abs. 4 OWiG eine Entscheidung darüber treffen muß, ob und in welcher Höhe ein wirtschaftlicher Vorteil abgeschöpft werden soll. Dabei ist auch zu beachten, daß der wirtschaftliche Vorteil geschätzt werden darf (Göhler, a.a.O., § 17 Rdnr. 43 m.w.N.).
4. Bedenken bestehen gegen die Regelung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 EStG auch im Hinblick auf das aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) herzuleitende Übermaßverbot.
Der rechtsstaatliche Grundsatz der Verhältnismäßigkeit fordert, daß der Einzelne vor unnötigen Eingriffen der öffentlichen Gewalt bewahrt bleibt. Das bedeutet auch, daß die Mittel des Eingriffs zur Erreichung des gesetzgeberischen Ziels geeignet sein müssen (BVerfG-Beschluß vom 7. April 1964 1 BvL 12/63, BVerfGE 17, 306, 313; Maunz/Dürig/Herzog, Kommentar zum Grundgesetz, Art. 20 Abschn. VII Anm. 71). Der Eingriff darf den Betroffenen auch nicht übermäßig belasten, er muß diesem also zumutbar sein (BVerfG-Beschluß vom 19. Oktober 1982 1 BvL 34, 55/80, BVerfGE 61, 126, 134 m.w.N.).
Durch die Einbeziehung der Gewinnabschöpfung nach § 17 Abs. 4 OWiG in das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 EStG wird das Gebot der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit verletzt, ohne daß für die Abweichung vom einkommensteuerrechtlichen Nettoprinzip überzeugende sachliche Gründe angeführt werden können. Auch unter Berücksichtigung des mit dieser Regelung angestrebten Ziels, eine Beeinträchtigung der Sanktionswirkung der Geldbuße zu vermeiden, ist eine Ausdehnung des Abzugsverbots auf die Gewinnabschöpfung nach § 17 Abs. 4 OWiG nicht erforderlich. Da die Geldbuße - wie oben dargelegt - insoweit keinen Sanktionscharakter hat, führt das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 EStG, soweit es sich auf die Gewinnabschöpfung nach § 17 Abs. 4 OWiG bezieht, zu einem sachfremden, weil nicht durch unabweisbare ordnungspolitische oder strafrechtliche Notwendigkeiten geforderten Eingriff in das einkommensteuerrechtliche Nettoprinzip und damit zu einer Art ,,Strafsteuer".
5. Eine verfassungskonforme Auslegung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 EStG dahingehend, daß Geldbußen nur insoweit vom Betriebsausgabenabzug ausgeschlossen werden, als sie Repressionscharakter haben, ist nicht möglich. Einer restriktiven Auslegung der Vorschrift steht nicht nur der klare Wortlaut des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 EStG entgegen, sondern auch der aus der Entstehungsgeschichte zu erschließende Wille des Gesetzgebers (zu den Grenzen einer verfassungskonformen Auslegung vgl. Entscheidungen des BVerfG vom 7. Mai 1953 1 BvL 104/52, BVerfGE 2, 266, 282; vom 14. Dezember 1965 1 BvR 586/58, BVerfGE 19, 248, 253; vom 3. Juli 1974 1 BvL 18/73, BVerfGE 38, 41, 49).
Fundstellen
Haufe-Index 414810 |
BFH/NV 1987, 152 |
BFHE 1987, 271 |
BB 1987, 387 |