Entscheidungsstichwort (Thema)
Bedarfsbewertung: Mindestwert, Bewertung unbebauter Grundstücke, Bodenrichtwerte
Leitsatz (NV)
1. Die Regelung in § 138 Abs. 4 und § 145 Abs. 3 Satz 2 BewG, wonach bei der Ermittlung des Mindestwerts gemäß § 146 Abs. 6 i.V. mit § 145 Abs. 3 BewG zur Feststellung des Grundstückswerts bebauter Grundstücke Bodenrichtwerte zu Grunde zu legen sind, die auf den 1. Januar 1996 ermittelt sind, ist (streitgegenständlich für Erwerbszeitpunkte vor dem 1. Januar 2002) verfassungsgemäß.
2. Der Steuerpflichtige wird nicht durch die von den Gutachterausschüssen gemäß § 196 BauGB ermittelten Bodenrichtwerte, sondern durch die festgestellten Grundstückswerte belastet. Diese müssen nach Art. 19 Abs. 4 GG einer wirksamen gerichtlichen Kontrolle zugänglich sein.
Normenkette
BewG § 138 Abs. 4, § 145 Abs. 3, § 146 Abs. 6; GG Art. 19 Abs. 4
Verfahrensgang
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet.
Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung.
1. Für Erwerbszeitpunkte vor dem 1. Januar 2002 ist bereits höchstrichterlich geklärt, dass die Regelung in § 138 Abs. 4 und § 145 Abs. 3 Satz 2 des Bewertungsgesetzes (BewG), wonach bei der Ermittlung des Mindestwerts gemäß § 146 Abs. 6 i.V.m. § 145 Abs. 3 BewG zur Feststellung des Grundstückswerts bebauter Grundstücke Bodenrichtwerte zu Grunde zu legen sind, die auf den 1. Januar 1996 ermittelt sind, verfassungsgemäß ist. Streitgegenständlich ist die Feststellung von Grundstückswerten auf den 30. Oktober 2000. Für diese ist § 138 Abs. 4 BewG noch in seiner ursprünglichen Fassung des Jahressteuergesetzes 1997 (JStG 1997) vom 20. Dezember 1996 (BGBl I 1996, 2049) anzuwenden.
Der Senat ist in seinem Vorlagebeschluss vom 22. Mai 2002 II R 61/99 (BFHE 198, 342, BStBl II 2002, 598, unter Teil B. II. 3. c) davon ausgegangen, dass das Bewertungsverfahren für unbebaute Grundstücke (§ 145 BewG) in verfassungsrechtlicher Hinsicht unbedenklich ist. Diese Auffassung liegt auch weiteren Entscheidungen zu Grunde (vgl. etwa Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 27. Oktober 2004 II B 129/03, BFH/NV 2005, 507). Die gesetzgeberische Einschätzung, dass der durchschnittliche Preisanstieg auf dem Grundstücksmarkt in dem auf den 1. Januar 1996 folgenden Sechsjahreszeitraum weder zu inakzeptablen Wertverzerrungen innerhalb des Grundbesitzes noch im Vergleich zu anderen Vermögensarten führen wird (vgl. Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bewertungsgesetzes, BTDrucks 14/6718, 6), begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Beschwerdeschrift enthält keine neuen Gesichtspunkte, die eine erneute Prüfung und Entscheidung dieser Frage durch den BFH erforderlich machen (vgl. BFH-Beschluss vom 15. März 2005 II B 23/04, BFH/NV 2005, 1404, m.w.N.). Vielmehr geht aus der Beschwerdebegründung hervor, dass die vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) geltend gemachte Differenz der Bodenrichtwerte erheblich niedriger ist als der vom Gesetzgeber auf den Bodenrichtwert vorgesehene Abschlag von 20 v.H. (§ 145 Abs. 3 Satz 1 BewG).
2. Soweit sich die Beschwerde gegen die "Art und Weise der Ermittlung der Bodenrichtwerte" richtet, ist die Frage eines ausreichenden Rechtsschutzes ebenfalls bereits höchstrichterlich geklärt. Belastet wird der Steuerpflichtige nicht durch die von den Gutachterausschüssen gemäß § 196 des Baugesetzbuchs ermittelten Bodenrichtwerte, sondern durch die festgestellten Grundstückswerte. Diese müssen nach Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) einer wirksamen gerichtlichen Kontrolle zugänglich sein (BFH in BFH/NV 2005, 507).
Keine Frage der gerichtlichen Kontrolle, sondern eine Frage des materiellen Steuerrechts ist es aber, ob sich der Steuergesetzgeber für bestimmte Regelungsbereiche einer zulässigen Typisierung bedient hat. Dies ist für die Bedarfsbewertung tatsächlich oder fiktiv unbebauter Grundstücke nach § 145 Abs. 3 Satz 1 BewG der Fall. Die nach dieser Vorschrift mit einer Ermäßigung um 20 v.H. maßgeblichen Bodenrichtwerte dienen --so ausdrücklich § 138 Abs. 3 Satz 1 BewG-- der Typisierung der Bedarfsbewertung. Der mit der Typisierung vom Gesetzgeber angestrebte Vereinfachungseffekt ginge aber verloren, wenn bei der gerichtlichen Kontrolle der nach § 145 Abs. 3 Satz 1 BewG ergangenen Feststellungsbescheide über die richtige Höhe der Bodenrichtwerte gestritten werden könnte. Der Steuerpflichtige hat nach § 145 Abs. 3 Satz 1 BewG nur Anspruch auf eine Wertermittlung, die dem typisierenden Verfahren entspricht, nicht jedoch auf den Ansatz eines anderen, von ihm für richtiger gehaltenen Bodenrichtwerts. Unter dem Gesichtspunkt des Art. 19 Abs. 4 GG hinnehmbar ist dies, weil der Steuerpflichtige gemäß § 145 Abs. 3 Satz 3 BewG gegenüber dem auf der Grundlage der Bodenrichtwerte festgestellten Grundstückswert einwenden kann, der gemeine Wert des Grundstücks sei niedriger. Damit unterliegt die Feststellung der Grundstückswerte, die die Belastung i.S. des Art. 19 Abs. 4 GG darstellt, einer ausreichenden gerichtlichen Kontrolle. Der Steuerpflichtige kann im Rechtsmittelweg der Typisierung in Gestalt der Bodenrichtwerte entgehen und die (individuelle) Bewertung seines Grundstücks nach den anerkannten Bewertungsmethoden verlangen. Dass ihm dabei die Nachweislast für den niedrigeren gemeinen Wert aufgebürdet wird, ist vor dem Hintergrund der jeder Grundstücksbewertung innewohnenden Unsicherheit und der Tatsache, dass mit den Bodenrichtwerten auf der Basis von Verkaufsfällen eine anerkannt objektive Bewertungsgrundlage vorgegeben wird, nicht zu beanstanden (BFH-Beschluss in BFH/NV 2005, 507; BFH-Urteil vom 11. Mai 2005 II R 21/02, BFHE 210, 48, BFH/NV 2005, 1908).
Fundstellen
Haufe-Index 1468130 |
BFH/NV 2006, 499 |