Entscheidungsstichwort (Thema)
Richterablehnung
Leitsatz (NV)
Das Richterablehnungsverfahren richtet sich weder gegen (angeblich) unrichtige Rechtsansichten des Richters noch gegen (angeblich) unzutreffende oder unzureichende Ermittlung des Sachverhalts durch den Richter. In solchen Fällen kann nur bei leicht feststellbarer und gravierender Fehlerhaftigkeit, die den Schluß auf unsachliche Erwägungen oder eine unsachliche Einstellung des Richters erlaubt, ausnahmsweise die Besorgnis der Befangenheit gerechtfertigt sein.
Normenkette
FGO §§ 51, 113 Abs. 2 S. 3
Tatbestand
Im vorliegenden Verfahren der Aufhebung (hilfsweise: Aussetzung) der Vollziehung der gegen ihn gerichteten Pfändungs- und Einziehungsverfügung des Antragsgegners und Beschwerdegegners (Finanzamt --FA--) sowie der Aussetzung der Vollziehung der Abrechnungsbescheide des FA vom 7. September 1998 über die verwirkten und nicht getilgten Säumniszuschläge zu den Einkommensteuer-Vorauszahlungen ... bis ... und ... bis ... und vom 8. September 1998 über die verwirkten und nicht getilgten Säumniszuschläge zu den Einkommensteuernachzahlungen 1989 und 1990 hat der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) mit Schreiben vom ... vorab alle drei zur Entscheidung berufenen Richter des Spruchkörpers des Finanzgerichts (FG) wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Zur Begründung brachte er vor, diese Richter hätten in dem vorausgegangenen Verfahren wegen Aussetzung der Vollziehung des Abrechnungsbescheids vom 7. September 1998 seinen Aussetzungsantrag mit Beschluß vom 30. November 1998 zurückgewiesen und in diesem Beschluß eine "klar auf der Hand liegende" Zuvielberechnung von Säumniszuschlägen hinsichtlich der Einkommensteuer-Vorauszahlungen ... und ... nicht erkannt und dadurch gegen die Rechtmäßigkeit des Abrechnungsbescheids sprechende Tatsachen ignoriert. Die Richter hätten die summarische Prüfung offenbar nur auf das erstreckt, was zugunsten des FA spreche. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens wird auf die Ausführungen des Antragstellers in seinem Schriftsatz vom 31. Januar 1999 und auf die des FG in dem angefochtenen Beschluß (S. 3) verwiesen.
Das FG wies in anderer Besetzung, also ohne die drei abgelehnten Richter, das Ablehnungsgesuch als unbegründet ab. Dabei führte es im wesentlichen aus, tatsächliche oder vermeintliche Rechtsfehler, die einem Richter in einem früheren Verfahrensabschnitt oder in einem Parallelverfahren unterlaufen seien, könnten nur ausnahmsweise die Besorgnis der Befangenheit rechtfertigen, wenn nämlich Gründe dargetan würden, die dafür sprächen, daß die Fehlerhaftigkeit auf einer unsachlichen Einstellung des Richters gegenüber dem Beteiligten oder auf Willkür beruhe. Die Fehlerhaftigkeit müsse ohne weiteres feststellbar und gravierend sein sowie auf unsachliche Erwägungen schließen lassen. Diese Voraussetzungen lägen im Streitfall nicht vor. Die tatsächliche oder vermeintliche Fehlerhaftigkeit sei nicht offenkundig, weil sie bei isolierter Betrachtung des betreffenden streitgegenständlichen Abrechnungsbescheids im Aussetzungsverfahren bei summarischer Prüfung nicht erkennbar gewesen sei. Selbst bei Hinzunahme des nicht zur Prüfung gestellten Abrechnungsbescheids vom 8. September 1998 betreffend die Säumniszuschläge zu den Einkommensteuernachzahlungen hätten sich keine Zweifel nach Aktenlage aufdrängen müssen. Da die vom FA angerechneten Zahlungen des Antragstellers ferner vom FA wie gewünscht auf die Einkommensteuer 1992 umgebucht worden seien, sei die Abrechnung in ihren Einzelheiten zwar nicht ganz korrekt, im Gesamtergebnis aber auch hinsichtlich der Berechnung der Säumniszuschläge augenscheinlich zutreffend. Schließlich habe auch der Antragsteller den nach seiner Auffassung offenkundigen Fehler erst jetzt aufgespürt und in dem betreffenden Verfahren in keiner Weise angesprochen. Anhaltspunkte für unsachliche Erwägungen oder gar für Willkür der abgelehnten Richter gebe es nicht, selbst wenn ihnen trotz der im Aussetzungsverfahren lediglich gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage ein als fahrlässig einzuordnendes Versehen oder Übersehen unterlaufen sein sollte.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers, mit der er sein Vorbringen aufrechterhält. Er ist der Auffassung, die Fehlerhaftigkeit, die er bezüglich der Berechnung von Säumniszuschlägen für den Einkommensteuerveranlagungszeitraum 1990 geltend gemacht habe, sei entgegen den Ausführungen in dem angefochtenen Beschluß offenkundig. Die abgelehnten Richter hätten in ihren Feststellungen auf S. 5 des Beschlusses die streitigen Säumniszuschläge für die Vorauszahlungsraten ... und ..., die vom FA falsch berechnet worden seien, ausdrücklich und absichtlich ausgenommen. Dafür sei kein sachlicher Grund ersichtlich, so daß dies nur auf unsachlichen Erwägungen beruhen könne.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist nicht begründet.
Das FG hat zutreffend ausgeführt, daß das Richterablehnungsverfahren nicht gegen (angeblich) unrichtige Rechtsansichten des Richters und im übrigen auch nicht gegen (angeblich) unzutreffende oder unzureichende Ermittlung des Sachverhalts durch den Richter schützt. Nur bei leicht feststellbarer und gravierender Fehlerhaftigkeit, die den Schluß auf unsachliche Erwägungen oder unsachliche Einstellung des Richters erlaubt, kann ausnahmsweise die Besorgnis der Befangenheit gerechtfertigt sein (Bundesfinanzhof, Beschluß vom 27. Juli 1992 VIII B 59/91, BFH/NV 1993, 112). Das FG hat überzeugend dargelegt, daß diese Voraussetzungen im Streitfall nicht vorliegen. Das Beschwerdevorbringen des Antragstellers gibt keine Veranlassung zu einer anderweitigen Beurteilung. Der Senat sieht daher gemäß § 113 Abs. 2 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) von einer weiteren Begründung seiner Entscheidung ab.
Fundstellen
Haufe-Index 422648 |
BFH/NV 2000, 335 |