Entscheidungsstichwort (Thema)
„Verzinsung“ eines Kaufpreises bei aufschiebend bedingtem Kaufvertrag
Leitsatz (NV)
- Die BFH-Rechtsprechung, nach der langfristig gestundete Entgelte in einen steuerbaren Zinsanteil und einen nicht steuerbaren Tilgungsanteil aufzuteilen sind, setzt bereits bestehende Ansprüche voraus, deren Erfüllung langfristig gestundet ist. Von dieser Rechtsprechung weicht das FG nicht i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO ab, wenn es den entscheidungserheblichen Unterschied im Sachverhalt darin sieht, dass der Kaufpreisanspruch und der Anspruch auf die vereinbarten "Zinsen" vor Eintritt der aufschiebenden Bedingung noch nicht entstanden waren.
- Aus demselben Grund liegt auch keine Abweichung zum Urteil des BFH vom 26. April 1977 VIII R 2/75 (BFHE 122, 271, BStBl II 1977, 631) vor, nach dem das Entgelt für ein bindendes Kaufangebot eine Einnahme i.S. von § 22 Nr. 3 EStG darstellt.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2; EStG §§ 20, 22 Nr. 3
Tatbestand
Die Kläger und Beschwerdegegner (Kläger) veräußerten ein Grundstück unter der aufschiebenden Bedingung, dass der maßgebliche Bebauungsplan in Kraft trat. Die Übergabe des Grundstücks sollte sofort erfolgen. Der Kaufpreis sollte erst nach In-Kraft-Treten des Bebauungsplans fällig sein und bis dahin mit 7,75 v.H. jährlich verzinst werden. Der Beklagte und Beschwerdeführer (das Finanzamt ―FA―) erfasste die sogenannten "Zinsen" als sonstige Einkünfte gemäß § 22 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Die dagegen erhobene Klage hatte Erfolg.
Mit der Nichtzulassungsbeschwerde beantragt das FA, die Revision wegen Divergenz gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zuzulassen.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist unbegründet. Die Vorentscheidung weicht nicht von den in der Beschwerdebegründung bezeichneten Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH) ab. Eine Abweichung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO setzt voraus, dass das Finanzgericht (FG) bei gleichem oder vergleichbarem Sachverhalt eine andere Rechtsauffassung vertritt als der BFH (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl. 1997, § 115 Anm. 17, m.w.N.). Diese Voraussetzung ist im Streitfall nicht erfüllt, weil es sich nicht um vergleichbare Sachverhalte handelt.
1. Das FG hat die strittigen Zahlungen nicht als Einnahmen aus Kapitalvermögen gemäß § 20 EStG beurteilt, weil der Kaufpreis aufgrund des aufschiebend bedingten Kaufvertrags nicht vor Eintritt der Bedingung entstanden war. Der Kaufpreis sei nicht gestundet und nicht abzuzinsen gewesen. Die Kläger hätten kein Kapital zur Verfügung gestellt, für das sie hätten Zinsen verlangen können.
Damit ist das FG nicht von der BFH-Rechtsprechung abgewichen, nach der langfristig gestundete Entgelte selbst bei einem ausdrücklichen Ausschluß einer Verzinsung durch die Vertragsparteien in einen steuerbaren Zinsanteil und einen nicht steuerbaren Tilgungsanteil aufzuteilen sind (BFH-Urteile vom 11. Dezember 1986 IV R 222/84, BFHE 149, 149, BStBl II 1987, 553; vom 26. November 1992 X R 187/87, BFHE 170, 98, BStBl II 1993, 298; vom 28. Oktober 1998 X R 96/96, BFHE 187, 450, BStBl II 1999, 217). Diese Rechtsprechung setzt bereits bestehende Ansprüche voraus, deren Erfüllung langfristig gestundet ist. Im Streitfall hat das FG hingegen den entscheidungserheblichen Unterschied im Sachverhalt darin gesehen, dass der Kaufpreisanspruch vor Eintritt der aufschiebenden Bedingung noch nicht entstanden war.
2. Das FG hat die strittigen "Zinsen" auch nicht als Einnahmen aus Leistungen gemäß § 22 Nr. 3 EStG beurteilt. Dadurch ist es nicht von dem Urteil des BFH vom 26. April 1977 VIII R 2/75 (BFHE 122, 271, BStBl II 1977, 631) abgewichen, nach dem das Entgelt, das ein Grundstückseigentümer dafür erhält, dass er ein für eine gewisse Zeit bindendes Kaufangebot über ein Grundstück abgibt, eine Einnahme i.S. von § 22 Nr. 3 EStG darstellt. In jenem Fall waren die strittigen neben dem vereinbarten Kaufpreis zu leistenden Zahlungen unabhängig von einer Grundstücksübertragung zu erbringen und dem Kläger auch dann zu belassen, wenn es nicht zu einer Grundstücksveräußerung gekommen wäre.
Im Streitfall waren hingegen nach dem vom FG festgestellten Vertragsinhalt die neben dem Kaufpreis vereinbarten sogenannten "Zinsen" nur zu zahlen, wenn der aufschiebend bedingte Kaufvertrag wirksam wurde. Auf diese Besonderheit des Sachverhalts hat das FG seine Auffassung gegründet, die "Zinsen" seien eng mit der Übertragung des Grundstücks und der Zahlung des Kaufpreises verknüpft und könnten nicht losgelöst davon beurteilt werden.
Fundstellen