Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen des Verlustabzugs eines stillen Gesellschafters; kein Abzug von Refinanzierungszinsen für eine stille Beteiligung als nachträgliche Werbungskosten
Leitsatz (NV)
1. Ist über eine Rechtsfrage bereits entschieden worden, so ist zusätzlich zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache vorzutragen, weshalb eine erneute Entscheidung des BFH für erforderlich gehalten wird. Eine weitere bzw. erneute Klärung der Rechtsfrage kann z.B. geboten sein, wenn gegen die bisherige Rechtsprechung gewichtige Einwendungen erhoben worden sind, mit denen sich der BFH bislang noch nicht auseinander gesetzt hat.
2. Negative Einkünfte aus Kapitalvermögen aus einer Beteiligung an einem Handelsgewerbe als stiller Gesellschafter sind bis zur Höhe der Einlage als Werbungskosten berücksichtigungsfähig. Die Verrechnung eines anteiligen Verlustes eines stillen Gesellschafters kann aber erst nach Feststellung des Jahresabschlusses und der Berechnung des Verlustanteils des stillen Gesellschafters erfolgen.
3. Hinzukommen muss im Regelfall, dass die Verlustanteile von der Einlage des stillen Gesellschafters auch abgebucht worden sind. Ausnahmsweise kann die vom FA vorgenommene Schätzung des laufenden Verlustes ausreichen, wenn der Inhaber des Handelsgewerbes keinen Jahresabschluss mehr erstellt oder erstellen kann.
4. Auf diese Voraussetzungen ist auch dann nicht zu verzichten, wenn ein Insolvenzverfahren eröffnet oder die Eröffnung mangels Masse abgelehnt wird. Die verbleibende Einlage ist im Insolvenzverfahren als Insolvenzforderung anzumelden.
5. Grds. sind Schuldzinsen für ein Darlehen zur Finanzierung einer stillen Beteiligung als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abziehbar. Dieser Grundsatz gilt aber nur so lange, als noch ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit den Einnahmen aus der Überlassung des Kapitals zur Nutzung besteht.
6. Der wirtschaftliche Zusammenhang entfällt, wenn die Kapitalanlage veräußert wird oder die stille Beteiligung infolge Eröffnung des Insolvenzverfahrens zwangsweise endet.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, § 11 Abs. 2, § 20 Abs. 1 Nr. 4; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, § 116 Abs. 3 S. 3; HGB § 232 Abs. 1, § 236 Abs. 1
Verfahrensgang
FG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 06.06.2006; Aktenzeichen 2 K 1440/04) |
Gründe
I. Der Senat sieht von der Darstellung des Tatbestandes gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ab.
II.
Die Beschwerde ist unzulässig und durch Beschluss zu verwerfen (§ 132 FGO).
Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) haben innerhalb der Begründungsfrist (vgl. § 116 Abs. 3 Satz 1 FGO) keinen Zulassungsgrund entsprechend den gesetzlichen Anforderungen dargelegt (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).
a) Die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache verlangt substantiierte Ausführungen insbesondere zur Klärungsbedürftigkeit einer hinreichend bestimmten Rechtsfrage, die im konkreten Streitfall voraussichtlich auch klärbar ist und deren Beurteilung von der Klärung einer zweifelhaften oder umstrittenen Rechtslage abhängig ist. Hierzu muss sich die Beschwerde insbesondere mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), den Äußerungen im Schrifttum sowie mit den ggf. veröffentlichten Verwaltungsmeinungen auseinandersetzen.
Ist über die Rechtsfrage bereits entschieden worden, so ist zusätzlich darzulegen, weshalb eine erneute Entscheidung des BFH für erforderlich gehalten wird. Eine weitere bzw. erneute Klärung der Rechtsfrage kann z.B. geboten sein, wenn gegen die bisherige Rechtsprechung gewichtige Einwendungen erhoben worden sind, mit denen sich der BFH bislang noch nicht auseinandergesetzt hat. Darüber hinaus ist auf die Bedeutung der Klärung der konkreten Rechtsfrage für die Allgemeinheit einzugehen. Allein das Fehlen einer Entscheidung des BFH zu der konkreten Fallgestaltung begründet weder einen Klärungsbedarf noch erst recht das erforderliche Allgemeininteresse (BFH-Beschluss vom 19. Januar 2006 VIII B 114/05, BFH/NV 2006, 709, m.w.N.). Ebenso fehlt es an einer grundsätzlichen Bedeutung bei einer lediglich einzelfallbezogenen Beurteilung eines Streitfalls (BFH-Beschluss vom 15. Februar 2006 I B 168/05, BFH/NV 2006, 1121). Mit der Behauptung, die vom Finanzgericht (FG) vertretene Rechtsauffassung sei unrichtig, wird ebenso wenig ein Zulassungsgrund dargetan (BFH-Beschluss vom 27. März 2006 VIII B 21/05, BFH/NV 2006, 1256).
b) Nach ständiger Rechtsprechung des BFH sind negative Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes --EStG-- (Beteiligung an einem Handelsgewerbe als stiller Gesellschafter) bis zur Höhe der Einlage (vgl. § 232 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs --HGB--) als Werbungskosten berücksichtigungsfähig. Für deren Ermittlung ist das Zu- und Abflussprinzip nach § 11 EStG maßgebend. Die Verrechnung eines anteiligen Verlustes eines stillen Gesellschafters kann erst nach Feststellung des Jahresabschlusses und der Berechnung des Verlustanteils des stillen Gesellschafters erfolgen (BFH-Urteil vom 10. November 1987 VIII R 53/84, BFHE 151, 434, BStBl II 1988, 186, 188). Hinzukommen muss im Regelfall, dass die Verlustanteile von der Einlage des stillen Gesellschafters auch abgebucht worden sind (BFH-Urteil vom 28. Mai 1997 VIII R 25/96, BFHE 183, 407, BStBl II 1997, 724; bestätigt durch BFH-Urteile vom 22. Juli 1997 VIII R 73/95, BFH/NV 1998, 300, und vom 23. Juli 2002 VIII R 36/01, BFHE 199, 477, BStBl II 2002, 858). Ausnahmsweise kann die vom FA vorgenommene Schätzung des laufenden Verlustes ausreichen, wenn der Inhaber des Handelsgewerbes keinen Jahresabschluss mehr erstellt oder erstellen kann (BFH-Urteil in BFHE 183, 407, BStBl II 1997, 724).
Auf diese Voraussetzungen ist auch dann nicht zu verzichten, wenn ein Insolvenzverfahren eröffnet wird (vgl. § 236 Abs. 1 HGB) oder die Eröffnung mangels Masse abgelehnt wird (BFH-Urteile in BFHE 183, 407, BStBl II 1997, 724; in BFH/NV 1998, 300).
Wird die Einlage durch einen Verlustanteil gemindert, so kann der stille Gesellschafter diesen Betrag als Werbungskosten geltend machen. Die verbleibende Einlage ist im Insolvenzverfahren nach § 236 Abs. 1 HGB als Insolvenzforderung anzumelden (BFH-Urteil in BFHE 183, 407, BStBl II 1997, 724; ferner zum Ganzen auch Weber-Grellet in Schmidt, EStG, 25. Aufl., § 20 Rz 143, m.w.N.).
c) Ebenso ist in ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung geklärt, dass Schuldzinsen für ein Darlehen zur Finanzierung einer stillen Beteiligung grundsätzlich als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abziehbar sind. Dieser Grundsatz gilt indes nur solange, als noch ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit den Einnahmen aus der Überlassung des Kapitals zur Nutzung besteht (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG). Der wirtschaftliche Zusammenhang entfällt, wenn die Kapitalanlage veräußert wird oder die stille Beteiligung z.B. infolge Eröffnung des Insolvenzverfahrens zwangsweise endet; denn die für den anschließenden Zeitraum anfallenden Schuldzinsen stellen dann keine Gegenleistung mehr für die Überlassung eines Kapitals dar, das der Erzielung von Einnahmen aus Kapitalvermögen dient (BFH-Urteile in BFHE 183, 407, BStBl II 1997, 724; vom 10. November 1992 VIII R 98/90, BFH/NV 1993, 468; vom 5. Oktober 2004 VIII R 64/02, BFH/NV 2005, 54; vom 19. April 2005 VIII R 45/04, BFH/NV 2005, 1545; BFH-Beschluss vom 18. Mai 2005 VIII B 141/04, BFH/NV 2005, 1783).
Die Kläger haben sich mit der vom FG zudem teilweise sogar zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung und dem Schrifttum inhaltlich nicht auseinandergesetzt und keinen entsprechenden Meinungsstreit herausgearbeitet, der einen über den konkreten Streitfall hinausgehenden weiteren Klärungsbedarf bezüglich einer bestimmten Rechtsfrage verdeutlichen würde. Vielmehr haben sie lediglich behauptet, die vom FG vertretene Rechtsauffassung sei unrichtig.
Fundstellen
Haufe-Index 1718318 |
BFH/NV 2007, 1118 |