Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage an das BverfG: Verfassungsmäßigkeit der Tarifspreizung zwischen gewerblichen Einkünften und anderen Einkunftsarten
Leitsatz (amtlich)
Es wird die Entscheidung des BVerfG darüber eingeholt, ob § 32c EStG mit Art. 3 Abs. 1 GG insoweit vereinbar ist, als diese Vorschrift
1.
die Tarifbegrenzung nach näherer Maßgabe des § 32c Abs. 2 EStG nur für gewerbliche Einkünfte gewährt, die beim Bezieher der Gewerbesteuer unterlegen haben;
2.
bei Gewinnen, die von einer Körperschaft --hier: im Rahmen einer Schachtelbeteiligung-- ausgeschüttet werden, die Tarifbegrenzung versagt(§ 32c Abs. 2 Satz 2 EStG i.V.m. § 9 Nr. 2 a GewStG), obwohl diese Gewinnebei der Körperschaft der Gewerbesteuer unterlegen haben;
3.
die Tarifbegrenzung für gewerbliche Einkünfte insoweit ausschließt, als deren Anteil am zu versteuernden Einkommen unterhalb des die Entlastung auslösenden Grenzbetrages (§ 32c Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 und 5 EStG) bleibt.
Orientierungssatz
1. Ausführungen und BVerfG-Rechtsprechung zu den Grenzen des Gesetzgebers aus dem allgemeinen Gleichheitssatz, zur steuerlichen Lastengleichheit in ihren Komponenten, dem Grundsatz der Gleichbehandlung der Einkunftsarten als bereichsspezifische Ausprägung des Gebots der Folgerichtigkeit, zur Abweichung vom Ordnungsprinzip der synthetischen Einkommensteuer, der gemeinwohlbezogenen Rechtfertigung von steuerrechtlichen Fördertatbeständen, der Prüfung rechtsformabhängiger Steuerfolgen am Maßstab des Gleichheitssatzes und zum objektiven Nettoprinzip sowie zum Gebot der vertikalen Gleichheit im Verhältnis geringerer zu höheren Einkommen.
2. Für die Entscheidungserheblichkeit einer Vorlagefrage an das BVerfG genügt es, daß eine Beanstandung der zur Prüfung gestellten Norm dem Kläger des Ausgangsverfahrens die Chance offenhält, an einer Erweiterung der begünstigenden Regelung teilzuhaben (zur Zulässigkeit einer Vorlage an das BVerfG).
3. Für den Fall, daß sich die Vorlage insbesondere wegen ersatzloser Streichung der zur Prüfung gestellten Norm (hier: Vereinbarkeit des § 32c EStG mit Art. 3 Abs. 1 GG) auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des BVerfG zur Zulässigkeit von Richtervorlagen als unzulässig erweisen sollte, hält der Senat die vom VI. Senat des BFH in dessen Vorlagebeschluß vom 21. Oktober 1994 VI R 15/94 geäußerten Bedenken für zutreffend: Die gleichheitswidrige Privilegierung einer Gruppe stellt sich als Benachteiligung der übrigen Steuerzahler dar. Solange eine Vorschrift, die eine verfassungswidrige steuerliche Privilegierung einer bestimmten Gruppe bewirkt, weiterhin anzuwenden ist, verwirklicht sich die zwangsläufig aus der gleichheitswidrigen Begünstigung resultierende Benachteiligung des ausgeschlossenen Personenkreises jedes Jahr bei jeder Veranlagung erneut. Diese regelmäßig in großer Zahl wiederkehrende Benachteiligung rechtfertigt für den Fall des gleichheitswidrigen Begünstigungsausschlusses durch eine Norm des Steuerrechts eine Auslegung des Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG dahingehend, daß es ausnahmsweise nicht nur auf den Tenor der Entscheidung des vorlegenden Gerichts, sondern auch auf die Begründung der Entscheidung ankommt.
4. Gewerbliche Einkünfte i.S. des § 32c EStG , die nach § 7 GewStG der Gewerbesteuer unterliegen, sind auch die --wie im Streitfall-- aufgrund einer Betriebsaufspaltung beim Besitzunternehmen als gewerblich qualifizierten "Gewinne oder Gewinnanteile" des Betriebsunternehmens (hier: einer GmbH).
Normenkette
EStG § 32a; GewStG § 7; EStG § 32c; GewStG §§ 2, 8; KStG § 1; GG Art. 3 Abs. 1; BVerfGG § 80 Abs. 1; EStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 2 Abs. 1; KStG §§ 27, 49 Abs. 1; GG Art. 100, 106 Abs. 3; EStG § 2 Abs. 3, 6, § 20 Abs. 1 Nr. 3; KStG § 3 Abs. 1; GewStG § 9 Nr. 2a
Verfahrensgang
FG Baden-Württemberg (FR 1997, 308) |
Nachgehend
Tatbestand
A. Gegenstand der Vorlage
(Sachverhalt, Entscheidung des Finanzgerichts und Vortrag der Beteiligten)
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die für das Streitjahr 1994 zur Einkommensteuer zusammenveranlagt wurden. Der Kläger ist Alleingesellschafter einer GmbH. Er hat seinen Gewerbebetrieb an die GmbH verpachtet; es besteht eine Betriebsaufspaltung. Er erzielte hieraus im Streitjahr 1994 einen Gewinn in Höhe von ... DM. Außerdem schüttete die GmbH an ihn einen Betrag in Höhe von ... DM aus. Den Betrag der anrechenbaren Körperschaftsteuer bescheinigte die GmbH mit ... DM. Die Summe dieser Beträge erklärten die Kläger in der Einkommensteuererklärung für 1994 als Einkünfte aus Gewerbebetrieb ("Verpachtungsbetrieb"). Sie beanspruchten für diesen Betrag die Tarifbegrenzung des § 32c des Einkommensteuergesetzes (EStG). In seiner Gewerbesteuererklärung für das Streitjahr setzte der Kläger ebenfalls den Gewinn aus Gewerbebetrieb mit ... DM an. Er kürzte diesen Betrag um Gewinne aus Anteilen an nicht steuerbefreiten inländischen Kapitalgesellschaften in Höhe von ... DM.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) folgte zunächst den Angaben der Kläger und gewährte in den gemäß § 164 der Abgabenordnung (AO 1977) unter Nachprüfungsvorbehalt erlassenen Einkommensteuerbescheiden vom 13. Februar und 15. März 1996 den Entlastungsbetrag für gewerbliche Einkünfte (§ 32c EStG). Im Bescheid vom 23. April 1996 ging das FA jedoch davon aus, daß die Gewinnanteile aus nicht steuerbefreiten Kapitalgesellschaften gemäß § 32c Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 EStG nicht tarifbegünstigt seien.
Mit dem Einspruch gegen den Bescheid vom 23. April 1996 machten die Kläger erfolglos geltend, § 32c Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 EStG verstoße gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes --GG--).
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt: Die streitigen Gewinnanteile fielen, worüber zwischen den Beteiligten Einvernehmen bestehe, offensichtlich unter § 32c Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 EStG. Zwar spreche für die Verfassungswidrigkeit dieser Vorschrift, daß die gewerblichen Einkünfte gemäß § 32c EStG grundsätzlich unabhängig davon der Tarifbegrenzung unterlägen, ob sie entnommen würden. Hierzu sei zu bedenken, daß § 32c Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 i.d.F. von Art. 1 Nr. 7 des ursprünglichen Gesetzentwurfs (BTDrucks 12/4487, S. 6) für die streitigen Einkünfte die Tarifbegrenzung vorgesehen habe. Andererseits unterlägen "die Ausschüttungen einer GmbH nach §§ 27 ff. KStG i.V.m. § 20 EStG im übrigen unabhängig davon, ob die GmbH gewerbliche Einkünfte (§ 8 Abs. 2 KStG) erzielt (habe), stets der tariflichen Einkommensteuer". Das Urteil des FG ist veröffentlicht in Finanz-Rundschau (FR) 1997, 308.
Mit der vom FG zugelassenen Revision rügen die Kläger die unzutreffende Auslegung des § 32c Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 EStG i.V.m. § 9 Nr. 2 a des Gewerbesteuergesetzes (GewStG). Sie tragen zur Begründung vor:
Der Gesetzgeber habe beabsichtigt, alle der Gewerbesteuer unterliegenden Einkünfte zu begünstigen. Nur die Gewinnanteile, die beim Anteilseigner Einkünfte aus Kapitalvermögen (Gewinnausschüttungen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG) darstellten, fielen nicht unter § 32c EStG. Da er, der Kläger, zu 100 v.H. an der GmbH beteiligt sei und dieser Geschäftsanteil zum notwendigen Betriebsvermögen seines Einzelunternehmens gehöre, seien diese Beteiligungseinkünfte gewerbliche i.S. des § 32c EStG. Der Gesetzgeber habe eine Tarifbegrenzung auch im Rahmen der Betriebsaufspaltung gewähren wollen. In den Gesetzesmaterialien seien die Gewinnanteile, die ein Betriebsunternehmen an den Verpachtungsbetrieb ausschütte, ausdrücklich als tarifbegünstigt erwähnt. Die Formulierung in § 32c Abs. 2 EStG sei nicht mit der vom Bundestag beabsichtigten Methode zur Berechnung des Entlastungsbetrages identisch. Jedenfalls sei § 32c EStG wegen Verstoßes gegen das Gleichheitsgebot und das Leistungsfähigkeitsprinzip verfassungswidrig.
Die Kläger beantragen,
das angefochtene Urteil aufzuheben und unter Aufhebung der
Einspruchsentscheidung vom 7. Juni 1996 sowie unter Abänderung des
Einkommensteuerbescheides für 1994 vom 23. April 1996 die
Einkommensteuer um ... DM auf ... DM herabzusetzen,
hilfsweise, die Sache nach Art. 100 GG dem Bundesverfassungsgericht
(BVerfG) vorzulegen.
Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Es trägt vor: Der Auffassung des FG sei zuzustimmen. Der Gesetzgeber habe mit der Tarifbegrenzung die gewerblichen Gewinne nicht begünstigen, sondern deren Überbelastung durch die Gewerbesteuer mildern wollen. In der Literatur werde die Frage erörtert, ob es unter dem Gesichtspunkt eines Ausgleichs der Belastung mit Gewerbesteuer sachgerecht wäre, die Tarifbegrenzung auf Gewinnausschüttungen von Kapitalgesellschaften auszudehnen. Denn obwohl diese Gewinne bei der Kapitalgesellschaft mit Gewerbesteuer belastet seien, unterlägen sie bei den Gesellschaftern einer ungemilderten Einkommensteuer. Indes knüpfe der Gesetzgeber im Steuerrecht an die Rechtsform an. Zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern könnten zu betrieblichem Aufwand führende Leistungen ausgetauscht werden; sowohl die Gewinne wie auch die Kapitalausstattung der Kapitalgesellschaft könnten geringgehalten werden. Durch eine Verlagerung von Einkünften und Vermögenswerten auf die Gesellschafterebene könne die Gewerbesteuerbelastung erheblich gemindert werden, was bei Einzelunternehmern ausgeschlossen sei. Durch den Abschluß entsprechender Verträge sei es möglich, das Einkommen auf verschiedene Einkommensarten zu verteilen und die einkunftsspezifischen Freibeträge und Werbungskostenpauschbeträge in Anspruch zu nehmen. Gehe der Gesetzgeber bei der Betriebsaufspaltung von zwei selbständigen Unternehmen aus, müsse steuerrechtlich auch jedes Unternehmen für sich beurteilt werden. Die auf die ausgeschütteten Gewinne bei der Kapitalgesellschaft zu erhebende Körperschaftsteuer liege unter 47 v.H. Beim Besitzunternehmen entstehe keine Belastung mit Gewerbesteuer. Daher sei eine Tarifbegrenzung nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes nicht erforderlich. Dies erkläre auch, warum die ursprünglich im Gesetzgebungsverfahren vorgesehene Tarifbegrenzung für Betriebsaufspaltungen nicht Gesetz geworden sei. Der Steuergesetzgeber sei zum Erlaß wirtschaftslenkender Normen berechtigt. In der BTDrucks 12/5016 (S. 79, 1. Absatz) werde hierzu ausgeführt, die als notwendig erachtete Senkung des Körperschaftsteuersatzes für einbehaltene Gewinne erfordere aus Gründen der Wettbewerbsgleichheit eine entsprechende Verringerung der Einkommensteuerbelastung der gewerblichen Gewinne.
Entscheidungsgründe
B. Entscheidungsgründe
I. Anwendung des § 32c EStG im Streitfall
1. § 32c EStG i.d.F. des Standortsicherungsgesetzes (StandOG) vom 13. September 1993 (BGBl I 1993, 1569, BStBl I 1993, 774) regelt die Tarifbegrenzung bei gewerblichen Einkünften wie folgt:
"(1) Sind in dem zu versteuernden Einkommen gewerbliche Einkünfte im Sinne des Absatzes 2 enthalten, deren Anteil am zu versteuernden Einkommen mindestens 100 278 DM beträgt, ist von der tariflichen Einkommensteuer ein Entlastungsbetrag nach Absatz 4 abzuziehen.
(2)1Gewerbliche Einkünfte im Sinne dieser Vorschrift sind vorbehaltlich des Satzes 2 Gewinne oder Gewinnanteile, die nach § 7 oder § 8 Nr. 4 des Gewerbesteuergesetzes der Gewerbesteuer unterliegen. 2Ausgenommen sind Gewinne und Gewinnanteile, die nach § 9 Nr. 1 Satz 2 und 3, Nr. 2a, 3, 5, 7 und 8 des Gewerbesteuergesetzes zu kürzen sind; ausgenommen sind auch Kürzungsbeträge nach § 9 Nr. 2 des Gewerbesteuergesetzes, soweit sie auf Anteile am Gewinn einer ausländischen Betriebsstätte entfallen, sowie Gewinne, die einer Steuerermäßigung nach § 34 unterliegen."
Im Streitfall ist die Kürzung nach § 9 Nr. 2 a GewStG einschlägig. Diese Vorschrift bestimmt zum sog. gewerbesteuerrechtlichen Schachtelprivileg:
"Die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen wird gekürzt um ...
2a. die Gewinne aus Anteilen an einer nicht steuerbefreiten inländischen Kapitalgesellschaft im Sinne des § 2 Abs. 2, ... wenn die Beteiligung zu Beginn des Erhebungszeitraums mindestens ein Zehntel des Grund- oder Stammkapitals beträgt und die Gewinnanteile bei der Ermittlung des Gewinns (§ 7) angesetzt worden sind. ..."
2. Auf der Grundlage dieser Vorschrift haben FA und FG zutreffend angenommen, daß im Umfang des Kürzungsbetrages nach § 9 Nr. 2 a GewStG eine Tarifbegrenzung nicht in Betracht kommt.
a) Gewerbliche Einkünfte i.S. des § 32c EStG, die nach § 7 GewStG der Gewerbesteuer unterliegen, sind auch die --wie im Streitfall-- aufgrund einer Betriebsaufspaltung beim Besitzunternehmen als gewerblich qualifizierten "Gewinne oder Gewinnanteile" des Betriebsunternehmens (hier: der GmbH). Das BVerfG hat die ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Gewerblichkeit des Besitzunternehmens als verfassungsmäßig anerkannt (BVerfG-Beschluß vom 12. März 1985 1 BvR 571/81 u.a., BVerfGE 69, 188, 202 ff.). Auch wenn wie vorliegend aufgrund sachlicher und personeller Verflechtung der Tatbestand der Betriebsaufspaltung erfüllt ist, sind Besitz- und Betriebsunternehmen rechtlich selbständige Unternehmen, die ihren Gewinn selbständig ermitteln und jeweils mit ihren Gewinnen/Erträgen der Einkommen-/Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuer unterliegen (BFH-Beschluß vom 8. November 1971 GrS 2/71, BFHE 103, 440, BStBl II 1972, 63; BFH-Urteil vom 1. Oktober 1996 VIII R 44/95, BFHE 182, 327, BStBl II 1997, 530, m.w.N. der Rechtsprechung).
b) Ausgenommen von der Tarifbegrenzung sind nach § 32c Abs. 2 Satz 2 EStG auch bei einer Betriebsaufspaltung die bei der Ermittlung des Gewinns nach § 7 GewStG angesetzten, aber unter den Voraussetzungen des Schachtelprivilegs nach § 9 Nr. 2 a GewStG zu kürzenden Gewinne oder Gewinnanteile (Gewinnausschüttungen der Betriebskapitalgesellschaft an das Besitzunternehmen). Dies ist insofern folgerichtig, als diese Beträge beim Besitzunternehmen wegen der Kürzung nach § 9 GewStG nicht der Gewerbesteuer unterliegen. Die verfassungsrechtliche Problematik ergibt sich u.a., wie unter VII. darzulegen sein wird, daraus, daß diese Gewinne bei der Betriebskapitalgesellschaft mit Gewerbesteuer belastet sind.
c) Die Tarifbegrenzung nach § 32c EStG ist auch im Rahmen einer Betriebsaufspaltung anwendbar, etwa für Einkünfte aus Leistungsbeziehungen des Besitzunternehmens mit der Betriebsgesellschaft oder in Fällen, in denen Mitglieder einer "Personengruppe" jeweils weniger als 10 v.H. der (Geschäfts-)Anteile an der Betriebsgesellschaft halten. Dies ist gemessen am Zweck des Gesetzes folgerichtig, weil diese Gewinne (Gewinnanteile) --außerhalb des Anwendungsbereichs des gewerbesteuerrechtlichen Schachtelprivilegs-- beim Besitzunternehmen auch der Gewerbesteuer unterliegen.
Anhaltspunkte dafür, daß von Gesetzes wegen für "die Betriebsaufspaltung" Besonderheiten hinsichtlich der Tarifbegrenzung oder deren Einschränkung gelten würden, ergeben sich weder aus dem Wortlaut der Vorschrift noch aus deren Zweck oder dem Regelungszusammenhang des EStG. Diese Vorschrift ist daher nach einhelliger Auffassung, der sich der Senat anschließt, auch anzuwenden auf Gewinnausschüttungen der Betriebs-Kapitalgesellschaft an das Besitzunternehmen (z. B. Blümich/Gosch, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, § 9 GewStG Rz. 137; dies., § 32c EStG Rz. 43, 74; M. Wendt in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, § 32c EStG, Anm. 33, 40, 57; ders., Deutsche Steuer-Zeitung --DStZ-- 1996, 698, 702; ders., FR 1997, 298; Glanegger/Güroff, Gewerbesteuergesetz, 3. Aufl. 1994, § 2 Rz. 149; Schmidt/Glanegger, Einkommensteuergesetz, 17. Aufl. 1998, § 32c Rz. 28; Autenrieth, Neue Wirtschafts-Briefe --NWB-- Blickpunkt Steuern 4/1997 S. 1 f.).
Entgegen der Auffassung der Kläger ist es ohne rechtliche Bedeutung, daß nach der Begründung zum Regierungsentwurf eines StandOG (BTDrucks 12/4487, S. 6, 34) eine Tarifbegrenzung auch im Rahmen einer Betriebsaufspaltung für die von der Betriebskapitalgesellschaft ausgeschütteten Gewinnanteile gelten sollte. Die ursprüngliche Fassung des Entwurfs ist nicht Gesetz geworden. Der letztlich beschlossene Gesetzeswortlaut beruht auf einem Vorschlag des Finanzausschusses des Deutschen Bundestags, der "weitgehend" sicherstellen wollte, daß die Tarifbegrenzung nur für solche Gewinne gilt, die tatsächlich der Gewerbesteuer unterliegen (BTDrucks 12/5016, S. 88). Dieses Ziel ist jedenfalls für Fälle der Betriebsaufspaltung --bezogen auf die Besteuerung des Besitzunternehmens-- folgerichtig verwirklicht worden.
3. Auf der Grundlage des vorstehenden Auslegungsergebnisses müßte der erkennende Senat, die Verfassungsmäßigkeit des § 32c EStG unterstellt, die Revision als unbegründet zurückweisen. Indes widerspricht diese Bestimmung nach der Überzeugung des Senats dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG; hierzu unten V. bis VIII.).
Eine verfassungskonforme Auslegung (BVerfG-Beschluß vom 26. April 1994 1 BvR 1299/89 und 1 BvL 6/90, BVerfGE 90, 263, 275 ff.), die den nachfolgenden Erwägungen zum Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG Rechnung tragen würde, ist in Anbetracht des klaren und dem Gesetzeszweck entsprechenden Wortlauts nicht möglich (ebenso M. Wendt in Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., § 32c EStG Anm. 7). Selbst wenn man annehmen wollte, es reiche für die Anwendung des § 32c Abs. 1 EStG aus, daß die von einer Kapitalgesellschaft ausgeschütteten Gewinne bei dieser der Gewerbesteuer unterlegen haben (Bornheim, Der Betrieb --DB-- 1999, 352), widerspräche eine solche Auslegung im Anwendungsbereich des § 32c Abs. 2 Satz 2 EStG i.V.m. § 9 Nr. 2 a GewStG dem klaren Gesetzeswortlaut (ebenso FG Münster, Urteil vom 8. Januar 1998 14 K 5268/96 F, Deutsches Steuerrecht-Entscheidungsdienst --DStRE-- 1998, 709). Eine andere Auslegung als die vom Senat befürwortete wäre auch unvereinbar mit dem Willen des historischen Gesetzgebers. Dieser Wille ging dahin, die Tarifbegrenzung bei der im Streitfall gegebenen gewerbesteuerrechtlichen Schachtelbeteiligung (§ 9 Nr. 2 a GewStG) zu versagen. Hieraus ist zu schließen, daß es auf die Belastung mit Gewerbesteuer bei der Betriebsgesellschaft nicht ankommt.
II. Entstehungsgeschichte des § 32c EStG
1. § 32c EStG ist durch das StandOG in das EStG eingefügt worden. Durch dieses Gesetz wurden der Steuersatz für thesaurierte (einbehaltene) Gewinne von Körperschaften auf 45 v.H. und die Ausschüttungsbelastung auf 30 v.H. gesenkt. Mit der Tarifbegrenzung bei gewerblichen Einkünften (§ 32c EStG) soll eine Benachteiligung von Einzelgewerbetreibenden und gewerblich tätigen Personengesellschaften gegenüber Kapitalgesellschaften vermieden werden; denn Einzel- wie Mitunternehmern wird der erzielte Gewinn auch dann im Jahr der Entstehung zugerechnet, wenn er nicht entnommen wird. Mangels finanzpolitischen Spielraums wurde der Grenzsteuersatz der Einkommensteuer von 53 v.H. nicht allgemein gesenkt (Faltlhauser, Die Verlockungen der Schedule, in Festschrift für W. Ritter, 1997, S. 511 ff.; R. Wendt, FR 1993, 1, 3 f.; Blümich/Gosch, a.a.O., § 32c EStG Rz. 3, 71). Die Beschränkung der Neuregelung auf der Gewerbesteuer unterliegende Einkünfte hat --nach dem Willen des historischen Gesetzgebers als Übergangslösung zu einer beabsichtigten Abschaffung der Gewerbesteuer-- den Zweck, die kumulative Steuerbelastung beim Zusammentreffen des Grenzsteuersatzes der Einkommensteuer mit der Gewerbesteuer zu beseitigen. Dieses Zusammentreffen zweier Steuern erachtete der Gesetzgeber als investitionshemmend. Im internationalen Vergleich stelle die Gewerbesteuer eine Sonderbesteuerung von gewerblichen Betrieben dar (BTDrucks 12/4158, S. 23 f.).
Mit dem StandOG sollten die steuerlichen Rahmenbedingungen für Investitionen und die Schaffung von Arbeitsplätzen "weiter verbessert" werden. Eine zu hohe Grenzsteuerbelastung der Einkommen, insbesondere der Gewinne, lähme die Leistungsbereitschaft und hemme die unternehmerische Initiative. Der Gesetzentwurf ziele insbesondere auf die Stärkung der inländischen Wachstumskräfte durch Senkung der Steuersätze bei den Steuern vom Einkommen. Bezweckt sei auch eine Stärkung der Wachstumsimpulse aus dem Ausland. Offenkundig werde der Handlungsbedarf beim Körperschaftsteuersatz für einbehaltene Gewinne, der im internationalen Vergleich mit seinerzeit 50 v.H. zu hoch sei. Auch beim Höchstsatz der Einkommensteuer schneide die Bundesrepublik Deutschland im internationalen Vergleich ungünstig ab. Schon deshalb bestehe Veranlassung, die ertragsteuerliche Grenzbelastung bei solchen Betrieben zu senken, die im Bereich der Grenzsteuersätze belastet seien.
2. Die Entstehungsgeschichte des Gesetzes stellt sich im einzelnen wie folgt dar:
a) Da kurzfristig eine grundlegende Reform der Gewerbesteuer nicht durchführbar sei, sah der Entwurf --als "zweitbeste Lösung" (BTDrucks 12/5016, S. 78; Zeitler, Betriebs-Berater --BB-- 1993, 1704, 1706)-- vor, den Körperschaftsteuersatz für einbehaltene Gewinne von 50 v.H. auf 44 v.H. zu senken und außerdem für eine Übergangszeit bei gewerblichen Einkünften den Höchststeuersatz im Einkommensteuertarif auf 44 v.H. zu begrenzen. Damit sollten zugleich steuerlich bedingte Wettbewerbsverzerrungen zwischen Körperschaften und Personenunternehmen möglichst vermieden und der Einfluß des Steuerrechts auf die Gewinnverwendung zurückgedrängt werden. Eine befristete Teilentlastung gewerblicher Einkünfte von der kumulativen Belastung der Erträge durch Einkommensteuer und Gewerbeertragsteuer sei daher gerechtfertigt. In dem Entwurf heißt es (BTDrucks 12/4487, S. 24):
"Für Steuerzahler mit anderen als gewerblichen Einkünften ist die Tarifbegrenzung und der zeitweilige Verzicht auf eine Rückgabe von sog. heimlichen Steuererhöhungen ein indirekter Solidarbeitrag zur Finanzierung des Aufbaus in den jungen Ländern."
In der gegenwärtigen finanzpolitischen Lage sei eine einheitliche Herabsetzung des Einkommensteuer-Höchstsatzes für alle Einkünfte nicht möglich. Die Herabsetzung der Grenzbelastung für gewerbliche Einkünfte trage der Sonderbelastung von gewerblichen Betrieben durch die Gewerbesteuer Rechnung. Weiterhin führt der Entwurf wörtlich aus (BTDrucks 12/4487, S. 25):
"Besonders drückend und damit investitionshemmend ist die ertragsteuerliche Grenzbelastung in den Fällen, in denen ein hoher Einkommensteuersatz mit der Gewerbesteuerbelastung zusammentrifft. Nur in diesen --gewerbesteuerpflichtigen-- Fällen ist deshalb eine befristete Teilentlastung der gewerblichen Einkünfte vorgesehen. Durch die Tarifbegrenzung auf 44 vom Hundert wird zugleich der Höchstsatz der Einkommensteuer bei gewerblichen Personenunternehmen an den Körperschaftsteuersatz für einbehaltene Gewinne von Kapitalgesellschaften angeglichen."
b) Nach § 32c Abs. 2 Nr. 1 des Entwurfs eines StandOG (a.a.O., S. 6) waren als "gewerbliche Einkünfte begünstigt die Gewinne aus inländischen Betriebsstätten eines Gewerbebetriebs mit Ausnahme von Gewinnen aus der Verpachtung eines Gewerbebetriebs im ganzen oder eines Teilbetriebs, es sei denn, es handelt sich um eine Betriebsaufspaltung". Ausgenommen waren auch Gewinne aus Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn die Beteiligung zu Beginn des Veranlagungszeitraums mindestens ein Zehntel des Nennkapitals beträgt. Damit sollte dem Grundsatz nach nur für solche Einkünfte aus Gewerbebetrieb die Tarifbegrenzung gewährt werden, die der Gewerbesteuer unterliegen; hierbei würden, so der Entwurf, aus Gründen einer einfachen Handhabung der Norm als nicht begünstigte Ausnahmen nur die wichtigsten Bereiche erwähnt, nämlich u.a. die Gewinne aus einer Betriebsverpachtung, die keine Betriebsaufspaltung sei, und aus Schachtelbeteiligungen (§ 9 Nr. 2 a und 7 GewStG; BTDrucks 12/4158, S. 34).
c) Die jetzige Fassung des § 32c EStG beruht auf einem Vorschlag des Finanzausschusses des Deutschen Bundestags. Dieser führte zur Begründung aus, die von ihm vorgeschlagene Formulierung stelle "weitgehend sicher, daß die Tarifbegrenzung nur für solche Gewinne gilt, die tatsächlich der Gewerbesteuer unterliegen" (BTDrucks 12/5016, S. 88). Auch werde nunmehr die Tarifbegrenzung bei der Verpachtung eines Teilbetriebes im Rahmen des Gewerbebetriebes gewährt, weil diese Betätigung der Gewerbesteuer unterliege. Die Erwähnung der Betriebsaufspaltung als Unterausnahme ist ohne Begründung entfallen.
d) Nach Auffassung des Bundesrats sollte eine Spreizung des Einkommensteuertarifs "unter keinen Umständen hingenommen werden" (BTDrucks 12/4487, S. 51 f.). In den stark unterschiedlichen Belastungen der Einkunftsarten liege ein Verstoß gegen das Verfassungsgebot der steuerlichen Gleichbehandlung. Die vorgeschlagene Steuersenkung erstrecke sich auch auf diejenigen gewerblichen Gewinnanteile, die nicht für Investitionen, sondern für den privaten Verbrauch verwendet würden. Die begünstigten Gewinnanteile wären dann um neun Prozentpunkte bessergestellt als andere Einkünfte, die gleichfalls dem Konsum zugeführt würden. Weiterhin formulierte der Bundesrat die folgende "grundlegende steuersystematische Überlegung":
"Die Einkommensteuer bemißt sich allein an der finanziellen Belastbarkeit des Bürgers. Das folgt aus der spezifischen Beschaffenheit des Einkommensteuertarifs. Dieser ist progressiv ausgestaltet, damit die Bezieher niedriger Einkommen geschont werden und andererseits die Zahllast --absolut und prozentual-- mit steigender Leistungsfähigkeit ansteigt. Ein solcher Tarif läßt sich nur rechtfertigen, wenn die Größe, auf die er anzuwenden ist, nämlich das zu versteuernde Einkommen, nach der Leistungsfähigkeit (Belastbarkeit) und nicht nach anderen Wertungen bemessen wird. Daher müssen alle Formen der Einkunftserzielung das gleiche Gewicht haben. Es darf keine 'guten' oder 'schlechten' Einkünfte geben.
Sondertarife für einzelne Einkunftsarten wären mit dem System der Einkommensteuer nicht vereinbar. Solche Sondertarife würden den synthetischen Einkommensbegriff, der die Einkommensteuer auszeichnet, zugunsten einer Schedulenbesteuerung nach früherem Muster aufheben, die durch die Einführung einer modernen Einkommensteuer als endgültig überwunden angesehen wurde."
Demgegenüber falle, so der Bundesrat, eine Spreizung der Steuersätze von Körperschaftsteuer und Einkommensteuer nicht ins Gewicht, weil beide Steuerarten vom systematischen Ansatz her verschieden seien.
Diese Bedenken sind auch Inhalt von Entschließungsanträgen der Bundestagsfraktion der SPD (BTDrucks 12/5036).
e) Hiergegen brachte die Bundesregierung u.a. vor (BTDrucks 12/4487, S. 68): Der einheitliche Tarif des § 32a EStG, der auf das gesamte zu versteuernde Einkommen angewandt werde, sei nicht in Frage gestellt, erst in einem weiteren Schritt werde ein Entlastungsbetrag für gewerbliche Einkünfte abgezogen. Die vom Bundesrat vorgeschlagene Beschränkung der Tarifsenkung auf die Körperschaftsteuer führe außerdem zu einem Ungleichgewicht bei der Einkommensbesteuerung zwischen Kapitalgesellschaften einerseits und Einzelunternehmen sowie Personengesellschaften andererseits. Würde die Senkung des Einkommensteuertarifs für gewerbliche Einkünfte abgelehnt, wäre die Rechtsformneutralität des Steuerrechts verletzt. Der Verzicht auf die Tarifbegrenzung für gewerbliche Einkünfte hätte zur Folge, daß den mittelständischen Unternehmen in der Rechtsform der Personengesellschaft durch die vorhergesehenen Maßnahmen zur Gegenfinanzierung der Tarifsenkung Mittel zur Stärkung ihrer Eigenkapitalausstattung entzogen würden.
f) Anläßlich einer öffentlichen Anhörung durch den Finanzausschuß des Deutschen Bundestags (Protokoll vom 3. März 1993 Nr. 47 Az. 2450) ist von Sachverständigen auf "das erhebliche verfassungsrechtliche Risiko" des Entwurfs hingewiesen worden (J. Lang, S. 47/13 f., 79 ff., 81 f., 357 ff.; L. Osterloh, S. 47/57 ff., 76 f.; R. Wendt, S. 47/60 ff., 75 f.; Oberhauser, S. 47/394 ff.; a.A. Knobbe-Keuk, S. 47/64 f. - typisierende Berücksichtigung der Gewerbesteuerbelastung; Beisse, S. 47/14, 82 f., 339 ff.; G. Söffing, S. 47/342 f.). Der Entwurf sei mittelstandsfeindlich, weil nur diejenigen Mittelständler --das sei nur ein kleiner Teil: "ein paar zehntausend von etwa 2 Millionen Unternehmen"-- entlastet würden, deren Grenzsteuersätze über 44 v.H. lägen, während durch die Maßnahmen der Gegenfinanzierung --vor allem durch die Verschlechterung der Abschreibungsbedingungen-- auch die Mittelstandsunternehmen, deren Grenzsteuersätze 44 v.H. nicht erreichten, belastet würden (Oberhauser, a.a.O., S. 47/15, 22). Es sei im übrigen keineswegs zwingend, daß eine Senkung der Spitzensteuersätze zur Schaffung von Arbeitsplätzen im Inland führe; sie könne ebenso dazu benutzt werden, Investitionen im Ausland zu finanzieren oder um die Verschuldung des Unternehmens zu verringern (Oberhauser, a.a.O., S. 47/22 f.; D. Schneider, a.a.O., S. 47/23 f.; von Loeffelholz, a.a.O., S. 47/54). Der Sachverständige Möckershoff wies darauf hin, daß die Angehörigen der freien Berufe zwischen 1,5 und 2 Mio. Arbeitsplätze bereitstellen (a.a.O., S. 47/100).
g) Auch der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat in einer Stellungnahme vom März 1993 gegen die Sonderbehandlung von Einkünften aus Gewerbebetrieb "schwere Bedenken unter steuersystematischen Aspekten" erhoben (BMF-Dokumentation 2/1993, S. 10 ff.). Mit ihr würde erneut vom Grundsatz einer unterschiedslosen Besteuerung aller Einkunftsarten abgewichen und damit die Demontage der synthetischen Einkommensbesteuerung fortgesetzt. Die bisherigen Eingriffe hätten vor einem einheitlichen Steuertarif als dem konstitutiven Element einer synthetischen Einkommensbesteuerung haltgemacht. Eine gravierende Verletzung der Rechtsformneutralität liege in der deutlichen Begünstigung der gewerblichen Personenunternehmen, die unabhängig davon, ob sie ihre Gewinne im Unternehmen belassen oder entnehmen, in den Genuß der Tarifkappung gelangten. Demgegenüber unterlägen Gewinne von Kapitalgesellschaften im Falle der Ausschüttung --eine solche sei bei mittelständischen Unternehmen im Regelfall anzunehmen-- nach wie vor einer maximalen Grenzbelastung von insgesamt rd. 61 v.H. durch Einkommensteuer (53 v.H.) und Gewerbesteuer (effektiv ca. 8 v.H.). Der Wissenschaftliche Beirat hebt damit darauf ab, daß die Ausschüttungen von Kapitalgesellschaften als Einkünfte aus Kapitalvermögen von der Tarifbegrenzung nicht profitieren (a.a.O., S. 12 ff.). Auch werde der Grundsatz der Gewinnverwendungsneutralität verletzt (a.a.O., S. 13).
h) Die von der Opposition (Entschließungsantrag der Fraktion der SPD im Finanzausschuß des Deutschen Bundestags, BTDrucks 12/5016 S. 114 ff.; Entschließungsantrag der Fraktion der SPD im Deutschen Bundestag, BTDrucks 12/5036) und in der öffentlichen Anhörung vor dem Finanzausschuß vorgebrachte Kritik an der geplanten Neuregelung wies die Bundesregierung aus folgenden Gründen zurück (BTDrucks 12/5016, S. 78 ff.):
- Der Gesetzgeber sei zu wirtschaftslenkenden Maßnahmen berechtigt.
- Es werde lediglich die durch die Gewerbesteuer bedingte Überbelastung der
gewerblichen Gewinne gemildert.
- Die Sonderbelastung durch die Gewerbesteuer werde bei den
Personenunternehmen typisierend berücksichtigt, wobei sichergestellt
sei, daß die Tarifbegrenzung nur für solche Gewinne gelte, die auch
tatsächlich der Gewerbesteuer unterlägen.
- Die Tarifbegrenzung sei als nur vorübergehende Maßnahme konzipiert.
- Der Grundsatz der synthetischen Einkommensteuer sei "kein Wert an sich";
dies sei auch Auffassung des BVerfG, wenn es eine Abgeltungssteuer auf
Zinsen für zulässig halte.
- Der Gewinnverwendungsneutralität des Steuerrechts komme eine hohe
Priorität zu; eine Bevorzugung einbehaltener Gewinne könne die
Mobilität des Kapitals behindern. Investitionen in Risikokapital seien
nur dann attraktiv, wenn der Investor bei Gewinnausschüttungen "nicht
bestraft" werde.
- Dem Vorwurf der sozialen Unausgewogenheit sei mit der Erwägung zu
begegnen, daß kleinen und mittleren Betrieben die Möglichkeit der
Ansparabschreibung eröffnet werde, so daß diese Steuerpflichtigen
dadurch --zusätzlich zu den steuerlichen Verbesserungen durch das
Steueränderungsgesetz 1992-- eine Entlastung erhielten.
i) Ausweislich der Gesetzesmaterialien (BTDrucks 12/4487, S. 28) nahm man an, daß die Tarifentlastung bei der ursprünglich vorgesehenen Senkung des Grenzsteuersatzes auf 44 v.H. zu Steuermindereinnahmen von rund 3 Mrd. DM führt. Das BMF hat die Subventionswirkung für das Jahr 1996 mit 1,7 Mrd. DM beziffert (Einkommensteuer-Kommission zur Steuerfreistellung des Existenzminimums ab 1996 und zur Reform der Einkommensteuer, Schriftenreihe des BMF Heft 155, S. 95).
III. Stellungnahmen zu § 32c EStG
1. Entscheidungen der Finanzgerichtsbarkeit
Der BFH hat in seinem Beschluß vom 3. März 1998 IV B 49/97 (BFHE 185, 418, BStBl II 1998, 608) die Frage der Verfassungsmäßigkeit dahingestellt sein lassen, weil im Verfahren der Aussetzung der Vollziehung (§ 69 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) eine Entscheidung des BVerfG nicht einzuholen ist. Das FG Münster teilt in seinem Urteil vom 15. Mai 1998 4 K 6289/97 E (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1998, 1647), das auf die Klage eines Steuerpflichtigen mit Einkünften aus selbständiger Arbeit ergangen ist, die in der Literatur vorgetragenen Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Tarifbegrenzung des § 32c EStG, durch welche Art. 3 Abs. 1 GG verletzt werde. Es bestünden erhebliche Bedenken, ob der Gesichtspunkt der Belastung von Gewerbetreibenden mit Gewerbesteuer die Begünstigung durch § 32c EStG rechtfertigen könne. Eine über den Abzug der Gewerbesteuer als Betriebsausgabe hinausgehende Berücksichtigung der Gewerbesteuer verstoße gegen das objektive Nettoprinzip. Die Vorschrift sei auch nicht aus den Gründen der Standortsicherung und der Schaffung von Arbeitsplätzen gerechtfertigt. Gleichwohl wäre eine Vorlage an das BVerfG (Art. 100 GG) unzulässig. Selbst bei Bejahung der Gleichheitswidrigkeit des § 32c EStG habe der Kläger keinen Anspruch darauf, ebenfalls gleichheitswidrig begünstigt zu werden.
2. Auffassungen in der Literatur
Die überwiegende Auffassung in der Literatur hält § 32c EStG für verfassungswidrig (z.B. Osterloh in Sachs, Grundgesetz, 2. Aufl. 1999, Art. 3 Rdnr. 167; Blümich/Gosch, a.a.O., § 32c EStG Rz. 13 ff.; Gosch, Deutsches Steuerrecht --DStR-- Beihefter 6/1994, S. 4 ff.; ders., Die steuerliche Betriebsprüfung --StBp-- 1998, 192, 194; ders., DStZ 1998, 327, 329, abschwächend für die Zeit ab Wegfall der Gewerbekapitalsteuer; M. Wendt in Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., § 32c EStG Anm. 7; ders., FR 1997, 298; Gorski, DStZ 1993, 613; Pohmer, DStZ 1993, 580 - "Mißachtung der horizontalen Gerechtigkeit"; Tipke, Steuer und Wirtschaft --StuW-- 1993, 8, 12; Tipke/Lang, Steuerrecht, 16. Aufl. 1998, § 9 Rdnr. 748; J. Lang, Steuerberater-Jahrbuch --StbJb-- 1993/1994, S. 9 ff., 17 ff.; Seer, StuW 1993, 114, 137 f.; Tiedtke, Einkommensteuer- und Bilanzsteuerrecht, 2. Aufl. 1995, S. 627; Ballof in Hartmann/Böttcher/ Nissen/Bordewin, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 32c Rz. 5; Paus, BB 1994, 2389, 2392; Bornheim, DB 1999, 352, 354). Die Bestimmung werde sowohl als Fiskalzwecknorm als auch als Lenkungsnorm den Anforderungen des Gleichheitssatzes nicht gerecht. "Bedenken" gegen die Bestimmung äußern Fitsch in Lademann (Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 32c Rz. 4), Franz/Rupp (BB, Beilage Nr. 20/1993, S. 4 ff.); Lindberg in Frotscher (Einkommensteuergesetz, § 32c Rz. 3) und Kanzler (DStZ 1996, 676, 681). Im einzelnen wird geltend gemacht:
a) Soweit § 32c EStG als Fiskalzwecknorm die Doppelbelastung durch Einkommensteuer und Gewerbesteuer ausgleichen wolle, würden die Bezieher begünstigter gewerblicher Einkünfte im Verhältnis zu den Beziehern nicht begünstigter gewerblicher Einkünfte wie auch zu den Beziehern anderer Einkünfte unter Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz und den Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit bevorzugt:
- Im Verhältnis der begünstigten gewerblichen Einkünfte zu den anderen
Einkunftsarten sei der Gleichheitssatz durch die Anwendung
unterschiedlicher (Höchst-)Steuersätze verletzt. Die Tarifspreizung
widerspreche dem Grundsatz der Besteuerung nach der
Leistungsfähigkeit. Einkünfte aus gewerblicher Betätigung vermittelten
dem Steuerpflichtigen dieselbe wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wie
die anderen Einkünfte (Tipke, StuW 1993, 8, 12 f.; Gorski, DStZ 1993,
613; Freier, Der Tatbestand der freien Berufe als Anknüpfungspunkt für
Steuerrechtsdifferenzierungen, 1996, S. 155 ff.). § 32c EStG
durchbreche ohne hinreichende Rechtfertigung das Prinzip der
synthetischen Gesamteinkommensteuer, alle Einkünfte einem
einheitlichen Steuersatz zu unterwerfen (Tipke/Lang, a.a.O., § 9 Rdnr.
748; J. Lang, StbJb 1993/1994, S. 9, 17 ff.; zur "synthetischen
Einkommensteuer" Tipke, Die Steuerrechtsordnung, 1993, Bd. II, S. 593
ff.). Nach Auffassung von Schmidt/Glanegger (a.a.O., § 32c Rz. 2) ist
die Lastengleichheit nicht allein durch die Senkung des
Spitzensteuersatzes auf 47 v.H. verletzt, sondern dadurch, daß diese
ohne sachgerechte einkommensteuerrechtliche Differenzierung nur den
Beziehern bestimmter gewerblicher Einkünfte zukommt.
- Eine als "Schedulenbesteuerung" --d.h: Besteuerung nicht des Einkommens
ungeachtet seiner einzelnen Einkünftekomponenten, sondern
unterschiedlich je nach der Einkunftsart-- wirkende Ungleichbehandlung
sei auch nicht mit dem Hinweis auf die Belastung mit Gewerbesteuer zu
rechtfertigen. Dem einkommensteuerrechtlichen Nettoprinzip sei bereits
dadurch genügt, daß die Gewerbesteuer als Betriebsausgabe abgezogen
worden sei (Schmidt/Glanegger, a.a.O., § 32c Rz. 2). Dabei verbleibe
zwar unabhängig von der Höhe des individuellen Steuersatzes eine
Mehrbelastung durch Gewerbesteuer; dem könne aber bei Vermeidung eines
Gleichheitsverstoßes nur dadurch begegnet werden, daß --anstelle des
Betriebsausgabenabzugs-- die Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer
angerechnet werde (M. Wendt in Herrmann/Heuer/ Raupach, a.a.O., § 32c
EStG Anm. 7; Tipke/Lang, a.a.O., § 9 Rdnr. 748; Blümich/Gosch, a.a.O.,
§ 32c EStG Rz. 13; Schmidt/Glanegger, a.a.O., § 32c Rz. 2).
- Es verstoße gegen den Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit der
Einkommensbesteuerung, wenn die Gewerbesteuer, die als Objektsteuer
einen anderen Steuergegenstand regele, "mit der Besteuerung der
persönlichen Leistungsfähigkeit nach dem EStG vermengt" werde
(Schmidt/Glanegger, a.a.O., § 32c Rz. 2; Blümich/Gosch, a.a.O., § 32c
EStG Rz. 13). Die Gewerbesteuer sei keine Sondersteuer auf die
Einkünfte aus Gewerbebetrieb, sondern --als sog. Objektsteuer-- eine
anders strukturierte Steuer vom Ertrag. Selbst bei typisierender
Betrachtungsweise fehle es an einer Kongruenz zwischen der
gewerbesteuerlichen Belastung einerseits und der einkommensteuerlichen
Entlastung andererseits, so daß die Tarifbegrenzung bereits innerhalb
der Gruppe der Gewerbetreibenden eine nicht zu rechtfertigende
vertikale Ungleichbehandlung bewirke: Gewerbetreibende, deren Gewinn
mit einem geringeren Grenzsteuersatz als 47 v.H. belastet seien,
könnten ebenso oder gar höher mit Gewerbesteuer belastet sein als ein
Gewerbetreibender, der von der Tarifbegrenzung begünstigt werde
(Wissenschaftlicher Beirat beim BMF, a.a.O., S. 11; Seer, StuW 1993,
114, 137 f.; R. Wendt, FR 1993, 1, 8).
- Ein gewerblicher Grundstücksunternehmer komme auch dann in den Genuß der
Begrenzung, wenn sein Gewerbeertrag bzw. sein Gewerbekapital nach § 9
Nr. 1 Satz 2, § 12 Abs. 3 Nr. 1 GewStG derart gekürzt werde, daß keine
Gewerbesteuer entstehe. Zu bedenken sei auch, daß die Höhe der
Gewerbesteuer örtlich verschieden sei. Insofern sei eine lückenlose
Abstimmung auf die wirkliche Gewerbesteuerbelastung nicht gelungen,
weil die Kürzungen nach § 9 GewStG nicht zum Ausschluß von der
Begünstigung führten und der gegebenenfalls mehrfach in Anspruch
genommene Freibetrag nach § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG nicht
berücksichtigt werde (M. Wendt in Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., §
32c EStG Anm. 7, 25 a.E.; Seer, StuW 1993, 114, 137 f.). Es sei nicht
einzusehen, daß einem Gewerbetreibenden, der Verluste erwirtschafte,
aber infolge der Hinzurechnung von Dauerschulden und
Dauerschuldentgelten (§ 8 Nr. 1, § 12 Abs. 2 Nr. 1 GewStG) dennoch
Gewerbesteuer zu entrichten habe, kein Investitionsanreiz geboten
werde.
- Im Verhältnis zu Beziehern geringer gewerblicher Einkünfte ergebe sich
der Gleichheitsverstoß daraus, daß nur bei Erreichen einer bestimmten
Einkommenshöhe die vom Gesetzgeber angenommene, bei beiden Gruppen
dann aber gleichermaßen vorliegende Doppelbelastung berücksichtigt
werde (M. Wendt in Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., § 32c EStG Anm. 7).
Es sei nicht ersichtlich, warum einkommensschwache Gewerbetreibende
wirtschaftlich weniger von der Doppelbelastung betroffen sein könnten
(M. Wendt, a.a.O., § 32c Anm. 5; Pasch, DB 1993, 2293, 2295 f.; Seer,
StuW 1993, 114, 137 f.). Auch sei es nicht gerechtfertigt,
Steuerpflichtigen mit Einkünften unterhalb des Grenzbetrags von 100
278 DM indirekt einen weiteren Solidarbeitrag zum Aufbau der neuen
Bundesländer aufzuerlegen (Schmidt/Glanegger, a.a.O., § 32c Rz. 3;
Blümich/Gosch, a.a.O., § 32c EStG Rz. 14).
- Es ergebe sich eine Benachteiligung der Kapitalgesellschaft jedenfalls
dann, wenn die Belastung mit dem Körperschaftsteuersatz deswegen nicht
endgültig sei, weil die Gesellschaft die erzielten --und mit
Gewerbesteuer belasteten-- Gewinne ausschütte (vgl. Ritter, BB 1993,
297, 302; zur rechnerischen Darstellung s. Herzig/ Kessler, DStR 1994,
219 ff., 261 ff.). Auch diese Einkünfte seien ebenso wie die
begünstigten Einkünfte mit Gewerbesteuer belastet. Zwar ließe sich
eine Ungleichbehandlung unter dem Aspekt rechtfertigen, daß nur
thesaurierte, nicht aber ausgeschüttete Gewinne begünstigt sein
sollten. Indessen würden beim Einzelunternehmer und bei der
Personengesellschaft auch die nicht thesaurierten Gewinne von der
Tarifbegünstigung erfaßt (M. Wendt in Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O.,
§ 32c EStG Anm. 7).
b) Zwar seien auch im Steuerrecht Lenkungsnormen grundsätzlich zulässig (BVerfG-Beschluß vom 8. Oktober 1991 1 BvL 50/86, BVerfGE 84, 348, 363). § 32c EStG sei indes nicht geeignet, die vom Gesetzgeber verfolgten Zwecke --verstärkte Investitionstätigkeit und damit einhergehend Schaffung von Arbeitsplätzen-- zu erreichen (M. Wendt in Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., § 32c EStG Anm. 7). Selbst wenn man solches annehmen könnte, sei nicht ersichtlich, warum dies nur im Bereich der gewerblichen Einkünfte und nicht auch für Unternehmer mit anderen Gewinneinkünften gelten solle. Es fehlten Perspektiven hinsichtlich der ökonomischen Wirkungsweise der Vorschrift, die angesichts eines solchen Eingriffs in tragende Besteuerungsgrundsätze, solle sie verfassungsgemäß sein, erforderlich seien. Mangels Begrenzung auf nicht entnommene Gewinne ziele § 32c EStG tatbestandlich auf keinerlei Lenkungserfolg ab, was indes aus verfassungsrechtlichen Gründen notwendig wäre (Schmidt/Glanegger, a.a.O., § 32c Rz. 3). Der investitionsfördernde Lenkungszweck sei im Gesetzestatbestand nicht festgeschrieben (Osterloh in Sachs, a.a.O., Art. 3 Rdnr. 167) und daher nicht berechenbar und kontrollierbar; die Vorschrift sei daher auf Mitnahmeeffekte angelegt und dadurch gleichheitswidrig (Tipke, StuW 1993, 8, 13 f.; Blümich/Gosch, a.a.O., § 32c EStG Rz. 14). Der Gesichtspunkt der Gewinnverwendungsfreiheit (so Ritter, BB 1994, 77) überzeuge in diesem Zusammenhang nicht (Schmidt/Glanegger, a.a.O., § 32c Rz. 3). Bei Personengesellschaften müsse ein Anreiz ohnehin bezweifelt werden (Schmidt/Glanegger, a.a.O., § 32c Rz. 3). Nach Auffassung von Osterloh (a.a.O., Rdnr. 167) rechtfertigen die gesamtwirtschaftlichen Aspekte der internationalen Konkurrenzfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Deutschland "allenfalls eine vorübergehende Privilegierung hinreichend kapitalkräftiger und deshalb international beweglicher Steuerpflichtiger gegenüber anderen personenbezogenen Einkunftsarten".
Auch sei nicht ersichtlich, warum der Investitionsanreiz bei gewerblichen Einkünften unterhalb des Grenzbetrags von 100 278 DM und bei freiberuflichen Einkünften anders beurteilt werden müsse (Schmidt/Glanegger, a.a.O., § 32c Rz. 3; Blümich/ Gosch, a.a.O., § 32c EStG Rz. 15).
Soweit der Gesetzgeber einen erhöhten Konsum der Bezieher gewerblicher Einkünfte im Auge gehabt haben sollte --die Tarifbegünstigung erfaßt auch den entnommenen Gewinn-- sei die Einkunftsart für den Erfolg der Lenkungsmaßnahme vollkommen irrelevant (M. Wendt in Herrmann/Heuer/Raupach, § 32c EStG Anm. 7).
Es wird schließlich gerügt, daß das gesetzgeberische Vorhaben entgegen seiner Begründung nicht befristet sei (Schmidt/ Glanegger, a.a.O., § 32c Rz. 3).
c) Die Verfassungsmäßigkeit des § 32c EStG bejahen Gattermann (StbJb 1992/93, 24 - "Verrenkung"), Faltlhauser (a.a.O., S. 511, 513 ff.), Zeitler (DStZ 1993, 354 ff.), Ritter (BB 1993, 297, 302) und Groh (FR 1998, 1122) u.a. mit dem Hinweis auf § 35 EStG, der einer Kumulation von Einkommen- und Erbschaftsteuer abhilft. Nach Auffassung von Rendels (DStR 1993, 1053, 1056) schafft § 32c EStG keine verfassungswidrige Schedulenbesteuerung i.S. einer "Abspaltung des Besteuerungssystems für gewerbliche Einkünfte vom Einkommensteuersystem für die übrigen Einkünfte". Die Vorschriften über die Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte, des Einkommens und des zu versteuernden Einkommens blieben ebenso unverändert wie der Tarif des § 32a EStG. § 32c EStG führe "lediglich einen Rechen-Algorithmus zur Ermittlung eines Entlastungsbetrags für hochbesteuerte gewerbliche Einkünfte ein", der von der tariflichen Einkommensteuer abzuziehen sei.
IV. Perspektiven der Steuerreform
Der Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (BTDrucks 14/265, S. 183, zu Nr. 31 Buchst. c) sieht ab dem Jahr 1999 eine weitere Spreizung des Tarifs vor. Die Herabsetzung der DM-Beträge in § 32c Abs. 1 und Abs. 4 Satz 2 EStG ist eine Folgeänderung zur Änderung des Einkommensteuertarifs für den Veranlagungszeitraum 1999. Dies wird wie folgt erläutert:
"Die Absenkung des Spitzensteuersatzes für gewerbliche Einkünfte von 47 vom Hundert auf 45 vom Hundert (1. Stufe) ist ein wichtiger Bestandteil der Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit der mittelständischen Wirtschaft im internationalen Standortwettbewerb. Bis zu einer grundlegenden Reform der Unternehmensbesteuerung stellt die Tarifbegrenzung bei gewerblichen Einkünften nach § 32c EStG das geeignete Instrumentarium dar, der wirtschaftlichen Belastung vor allem der mittelständischen Betriebe durch die Gewerbesteuer hinreichend Rechnung zu tragen und so den Wirtschaftsstandort Deutschland insgesamt zu stärken. Die Tarifspreizung zugunsten der gewerblichen Einkünfte wird verfassungsrechtlich als unbedenklich angesehen.
Zur weiteren Senkung des Spitzensteuersatzes für gewerbliche Einkünfte vgl. die Begründung zu § 52 Abs. 23b".
In der Erläuterung zu § 52 Abs. 23 b des Entwurfs, der eine weitere Absenkung des Spitzensteuersatzes für gewerbliche Einkünfte von 45 v.H. (1. Stufe der geplanten Steuerreform) auf 43 v.H. (2. und 3. Stufe) vorsieht, wird der vorstehend zitierte Text wiederholt (a.a.O., S. 189).
Der Entschließungsantrag vom 3. Dezember 1998 der Abgeordneten Braun u.a. und der Fraktion der F.D.P. (BTDrucks 14/140) weist darauf hin, daß durch die derzeitige Regelung, die irrtümlich als eine mittelstandspolitische Entlastungsmaßnahme angesehen werde, für über 80 v.H. aller Unternehmer der normale Einkommensteuertarif gelte; von der Tarifbegrenzung profitierten in der Regel Inhaber/Teilhaber gewinnstarker Großunternehmen. Um negativen Wachstum- und Beschäftigungsimpulsen entgegenzuwirken, bedürfe es eines zielgenaueren Instrumentariums als der Tarifbegrenzungsregelung.
V. Rechtsauffassung des erkennenden Senats zur Verfassungsfrage
- Grundsätze
1. Mit dem vorstehend unter B. I. 2. dargelegten Inhalt verstößt § 32c EStG nach Überzeugung des erkennenden Senats in dreifacher Hinsicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die sich bei Anwendung des § 32c Abs. 2 Satz 2 EStG i.V.m. § 9 Nr. 2 a GewStG ergebende ungemilderte Tarifbelastung von Gewinnen, die von einer Kapitalgesellschaft an den Anteilseigner ausgeschüttet werden, ist aus den folgenden drei Gründen mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar.
- Die Begünstigung gewerblicher Gewinne verletzt das Gebot einer
grundsätzlich gleichen und folgerichtigen Belastung der in § 2, §§ 13
ff. EStG näher bestimmten Einkunftsarten, ohne daß dies durch
sachliche Gründe gerechtfertigt wäre (unten VI.). Die Belastung der
gewerblichen Einkünfte mit Gewerbesteuer ist kein solcher Grund.
- (Kapital-)Einkünfte des an einer Körperschaft Beteiligten werden im
Verhältnis zu durch § 32c EStG begünstigten gewerblichen Einkünften
des Einzel- oder Mitunternehmers gleichheitswidrig benachteiligt, weil
ohne hinreichenden Grund unberücksichtigt bleibt, daß diese Gewinne
bereits bei der ausschüttenden Körperschaft der Gewerbesteuer
unterlegen haben (unten VII.).
- Der Senat sieht einen weiteren Verstoß gegen den Gleichheitssatz darin,
daß gewerbliche Einkünfte nur insoweit tarifentlastet werden, als ihr
Anteil am zu versteuernden Einkommen mindestens 100 278 DM beträgt
(unten VIII.).
2. Verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab ist Art. 3 Abs. 1 GG.
a) Nach der neueren ständigen Rechtsprechung des BVerfG ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot aufgrund der bis 1980 geltenden "Willkürformel" bis zu einer --gegebenenfalls ergänzenden-- strengen Bindung an das Erfordernis der Verhältnismäßigkeit reichen (BVerfG-Beschlüsse vom 7. Oktober 1980 1 BvL 50, 89/79, 1 BvR 240/79, BVerfGE 55, 72, 88 ff.; vom 17. Juli 1995 1 BvR 892/89, BStBl II 1995, 810, unter II.; K. Hesse, Der allgemeine Gleichheitssatz in der neueren Rechtsprechung des BVerfG zur Rechtsetzungsgleichheit, in Festschrift für P. Lerche, 1993, S. 121; Osterloh in Sachs, a.a.O., Art. 3 Rdnr. 8 ff., 25 ff.; Birk/Barth in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, § 4 AO 1977 Rz. 439 ff.). Bei Normen, die Personengruppen unterschiedlich behandeln oder die sich auf die Wahrnehmung von Grundrechten nachteilig auswirken, prüft das BVerfG im einzelnen nach, ob für die vorgesehene Differenzierung Gründe von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie die ungleichen Rechtsfolgen rechtfertigen können (BVerfG-Urteil vom 17. November 1992 1 BvL 8/87, BVerfGE 87, 234, 255). Vorliegend geht es nicht um eine lediglich "verhaltensbezogene Unterscheidung", bei der das Maß der Bindung des Gesetzgebers an den Gleichheitssatz davon abhängen würde, inwieweit die Betroffenen in der Lage sind, durch ihr Verhalten die Verwirklichung der Unterscheidungsmerkmale zu beeinflussen (vgl. hierzu BVerfG-Beschluß vom 8. Juni 1993 1 BvL 20/85, BVerfGE 89, 15, BStBl II 1994, 59, unter B. I., m.w.N.). Dem Gesetzgeber sind um so engere Grenzen gesetzt, "je stärker sich die Ungleichbehandlung von Personen oder Sachverhalten auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten auswirken kann" (BVerfG-Beschluß vom 14. Dezember 1994 1 BvR 720/90, BVerfGE 91, 346, 363): Geschützte Freiheitsrechte können insbesondere auch durch Normen des Steuerrechts beeinträchtigt werden (Osterloh in Sachs, a.a.O., Art. 3 Rdnr. 93, 150).
b) Die Frage, ob und in welchem Ausmaß der Gleichheitssatz bei der Ordnung von Sachfragen Differenzierungen erlaubt, ist wesentlich nach der Eigenart des jeweiligen Sachbereichs --"bereichsspezifisch"-- zu beurteilen (BVerfG-Beschluß vom 22. Juni 1995 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121, 134, BStBl II 1995, 655 - Vermögensteuer; Osterloh, a.a.O., Art. 3 Rdnr. 37). Aus Art. 3 GG folgt für den Sachbereich des Steuerrechts, daß jeder Steuerpflichtige nach seiner finanziellen Leistungsfähigkeit gleichmäßig zur Finanzierung der allgemeinen Staatsaufgaben herangezogen wird. Art. 3 Abs. 1 GG fordert die steuerliche Lastengleichheit in ihren Komponenten der Gleichheit der normativen Steuerpflicht und der Gleichheit bei der Durchsetzung in der Steuererhebung. Bezugspunkt der Gleichheitsprüfung ist die Fähigkeit, Steuern zu zahlen. Soweit das Einkommensteuerrecht mehrere Einkunftsarten unterscheidet und daran auch unterschiedliche Rechtsfolgen knüpft, müssen letztere auf --wenn auch in typisierender und generalisierender Weise-- sachlichen Gründen beruhen. Die systematische Unterscheidung von Einkunftsarten durch den Gesetzgeber kann für sich allein die Ungleichbehandlung nicht rechtfertigen (BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 84, 348, 363 f.; vom 10. April 1997 2 BvL 77/92, BVerfGE 96, 1, 6; vom 30. September 1998 2 BvR 1818/91, FR 1998, 1028 - Verfassungswidrigkeit des § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG a.F.).
c) Der erkennende Senat sieht in dem Grundsatz der Gleichbehandlung der Einkunftsarten eine bereichsspezifische Ausprägung des verfassungsrechtlichen Gebots der Folgerichtigkeit. Zwar hat der Gesetzgeber bei der Auswahl des Steuergegenstandes und bei der Bestimmung des Steuersatzes einen weitreichenden Entscheidungsspielraum. Nach Regelung dieses Ausgangstatbestandes --hier: mittels "Findung" von sieben Einkunftsarten-- hat der Gesetzgeber aber "die einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne einer Belastungsgleichheit umzusetzen" (BVerfG-Entscheidungen in FR 1998, 1028; vom 27. Juni 1991 2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, 239, BStBl II 1991, 654, unter C. I. 1. c; vom 22. Juni 1995 2 BvR 552/91, BVerfGE 93, 165, BStBl II 1995, 671; in BVerfGE 93, 121, BStBl II 1995, 655, unter C. II. 1. d; zu System- und Sachgerechtigkeit sowie Folgerichtigkeit Osterloh, a.a.O., Art. 3 Rdnr. 98 ff., 142). Eine unterschiedliche steuerliche Belastung bei gleicher wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit, auf welche der "zählbar gemachte Belastungsgrund" abzielt, durchbricht eine vom Gesetz selbst statuierte Sachgesetzlichkeit. Aus dem Gebot der Folgerichtigkeit ergibt sich, daß für Abweichungen erhöhte Begründungsanforderungen gelten (vgl. Osterloh, a.a.O., Art. 3 Rdnr. 98 ff.; Klaus Vogel, Deutsche steuerjuristische Gesellschaft --DStJG-- 12 (1988), S. 123, 126 ff., 138 ff.). Das Gewicht der für die Abweichung sprechenden Gründe muß der Intensität der getroffenen Ausnahmeregelung entsprechen (vgl. --zur Indizwirkung der "Sachgesetzlichkeit"-- BVerfG-Beschlüsse vom 7. November 1972 1 BvR 338/68, BVerfGE 34, 103, 115; vom 19. Oktober 1982 1 BvL 39/80, BVerfGE 61, 138, 148).
d) Zur Zulässigkeit einer Unterscheidung nach den Einkunftsarten hat das BVerfG (in BVerfGE 84, 239, BStBl II 1991, 654, unter C. II. 4.) im Zusammenhang mit der Besteuerung von Kapitaleinkünften ausgeführt: Der Gesetzgeber ist nicht gehindert, diese Besteuerung "auf die gesamtwirtschaftlichen Anforderungen an das Kapitalvermögen und die Kapitalerträge auszurichten und entsprechend zu differenzieren". Er darf im Rahmen seines Entscheidungsspielraums Gemeinwohlanliegen verfolgen und diese im Vergleich zu anderen Zielen gewichten. Unter bestimmten Voraussetzungen kann er den Besonderheiten der Einkunftsart "Einkünfte aus Kapitalvermögen" --insbesondere deren gesteigerter Inflationsanfälligkeit-- Rechnung tragen. Das BVerfG hat den Grundsatz in seiner Entscheidung in BVerfGE 96, 1, 5 f. bestätigt.
In seinem Beschluß vom 30. September 1998 2 BvR 1818/91 (FR 1998, 1028) führt das BVerfG unter Bezugnahme auf seine Entscheidungen in BVerfGE 84, 348, 363 f. und BVerfGE 96, 1, 6, aus: Die Einkommensteuer erfaßt diejenigen Einkünfte, die der Steuerpflichtige "aus einer bestimmten Erwerbsgrundlage erzielt" (§ 2 Abs. 1 EStG). Das Einkommensteuergesetz belaste die in den § 2, §§ 13 ff. EStG näher bestimmten Einkunftsarten grundsätzlich gleich. Soweit mehrere Einkunftsarten unterschieden und daran auch unterschiedliche Rechtsfolgen geknüpft werden, müssen diese ihre Rechtfertigung in besonderen sachlichen Gründen finden. Nach diesem Maßstab verstößt der völlige Ausschluß der Verlustverrechnung bei laufenden Einkünften aus der Vermietung beweglicher Gegenstände durch § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG a.F. gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG. Weiterhin heißt es wörtlich:
"Die Einkünfte aus Leistungen gemäß § 22 Nr. 3 EStG nehmen (den) einkommensteuerlichen Belastungsgrund auf und fügen sich in das Belastungsprinzip des Einkommensteuergesetzes ein. Der Tatbestand der Einkünfte aus Leistungen steht gleichrangig neben den übrigen Einkunftsarten des Einkommensteuergesetzes".
Für die Ungleichbehandlung durch den völligen Ausschluß der Verlustverrechnung sind, so das BVerfG, keine rechtfertigenden Gründe ersichtlich. Als solche prüft und verwirft es die Eindämmung unerwünschter Steuergestaltungen, die geschichtliche Entwicklung der Vorschrift und eine etwaige Nähe --zur steuerrechtlich nicht relevanten-- Liebhaberei.
Zur gemeinwohlbezogenen Rechtfertigung von steuerrechtlichen Fördertatbeständen bemerkt das BVerfG (im Beschluß in BVerfGE 93, 121, BStBl II 1995, 655 Bemessungsgrundlage der Vermögensteuer, unter C. III. 2. c; bestätigt in BVerfGE 96, 1, 6): Führt ein Steuergesetz zu einer steuerlichen Verschonung, die dem Gebot einer gleichmäßigen Belastung der jeweiligen Steuergegenstände innerhalb einer Steuerart widerspricht, so kann eine solche Steuerentlastung dennoch vor dem Gleichheitssatz gerechtfertigt sein, "wenn der Gesetzgeber dadurch das wirtschaftliche oder sonstige Verhalten des Steuerpflichten aus Gründen des Gemeinwohls fördern oder lenken will. ... Eine solche Intervention, die das Steuerrecht in den Dienst außerfiskalischer Ziele stellt, setzt eine erkennbare Entscheidung des Gesetzgebers voraus, mit dem Instrument der Steuer auch andere als bloße Ertragswirkungen erzielen zu wollen." Verfolgt ein Steuergesetz zulässigerweise auch Lenkungsziele, so muß der Lenkungszweck "mit hinreichender Bestimmtheit tatbestandlich vorgezeichnet und gleichheitsgerecht ausgestaltet sein". Der Fördertatbestand und die korrespondierende Benachteiligung der Nichtbegünstigten bedürfen einer gemeinwohlbezogenen Rechtfertigung.
VI. Zur Durchbrechung des Grundsatzes der "synthetischen
Einkommensteuer"
§ 32c EStG benachteiligt ohne sachlich zureichenden Grund gewerbliche Beteiligungseinkünfte gegenüber solchen gewerblichen Einkünften, die unmittelbar beim Bezieher der Gewerbesteuer unterlegen haben. Die durch die Abweichung vom Ordnungsprinzip der synthetischen Einkommensteuer indizierte Ungleichbehandlung verstößt gegen das Gleichheitsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG, weil eine Belastung mit Gewerbesteuer bereits durch deren Abzug als Betriebsausgabe berücksichtigt wird.
1. Die für die Besteuerung vorausgesetzte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wird nach näherer Maßgabe des durch § 2 EStG vorgegebenen Grundschemas quantifiziert. Mit der Bildung der "Summe der Einkünfte" (§ 2 Abs. 3 EStG) trifft das EStG eine grundsätzliche Entscheidung gegen eine nach Einkunftsarten differenzierende sog. "Schedulensteuer". Denn bei einem einheitlichen Steuersatz muß die Gleichheit der dem einzelnen Steuerpflichtigen zugeteilten Belastung bereits durch die gleichheitsgerechte Ausgestaltung der Bemessungsgrundlage gesichert werden. In der Umschreibung der Einkunftsquellen durch § 2 Abs. 1 EStG und der Summenbildung nach § 2 Abs. 3 EStG als Ausgangsgröße für das zu versteuernde Einkommen, das die Bemessungsgrundlage für die tarifliche (§ 32a EStG) Einkommensteuer bildet (§ 2 Abs. 5 Satz 1 EStG), liegt die Wertung des Gesetzgebers, daß grundsätzlich alle Wertzuflüsse qualitativ und quantitativ gleichwertig sind und nach gleichen Maßstäben zu belasten sind (vgl. Kirchhof in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 2 Rdnr. A 672 ff.; Stoll, Verluste und Verlustquellen im Steuerrecht, 1989, S. 136 ff.; Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. II, S. 593 ff.). Auch der einheitliche Tarif (§ 2 Abs. 6 EStG) setzt sachgesetzlich voraus, daß die Quantifizierung der einzelnen Einkunftsarten --bezogen auf die individuelle Zahlungsfähigkeit-- zu jeweils gleichen steuerlichen Belastungen führt. Indem das Einkommensteuergesetz die Einkünfte zu einer Summe --"synthetisch"-- zusammenfügt (§ 2 Abs. 1 und 2 EStG), hat es eine grundlegende steuerliche Sachgesetzlichkeit statuiert. Diese wird durchbrochen, wenn einzelne Faktoren der so ausgedrückten Fähigkeit, Steuern zu zahlen, unterschiedlich gewichtet werden. Die grundsätzlich gleiche steuerliche Belastbarkeit kann nur dann durch einen Rückgriff auf einzelne Summanden in Frage gestellt werden, wenn sich hierfür besondere sachliche Gründe finden lassen, die entweder eine andere "Belastbarkeit" indizieren oder lenkungsrechtlicher Art sind bzw. das Allgemeinwohl berühren. Nach Auffassung des Senats liegen keine Gründe vor, welche die Tarifbegünstigung des § 32c EStG und korrespondierend die Benachteiligung des Klägers rechtfertigen könnten.
2. Die Differenzierung des § 32c EStG ist insofern "tatbestandlich vorgezeichnet", als die Einkünfte aus Gewerbebetrieb zugleich nach näherer Maßgabe des § 7 GewStG der steuerbare Gewerbeertrag sind. § 32c EStG soll die "Sonderbelastung" gewerblicher Unternehmen mit der Gewerbesteuer ausgleichen. Dieses Ziel wird indes nicht erreicht.
a) Die Gewerbesteuer folgt im wesentlichen dem Objektsteuerprinzip, das besagt: Das Steuerobjekt selbst --hier: der Gewerbebetrieb-- soll mit der ihm eigenen Ertragskraft ohne Rücksicht auf die persönlichen Merkmale des Steuersubjekts und seiner persönlichen Beziehung zum Steuerobjekt erfaßt werden. Insofern stellt die Objektsteuer nicht auf die persönliche Leistungsfähigkeit ab (BVerfG-Beschluß vom 25. Oktober 1977 1 BvR 15/75, BVerfGE 46, 224, unter B. I. 3.; Senatsurteil vom 24. Oktober 1990 X R 64/89, BFHE 163, 42, BStBl II 1991, 358, m.w.N.). Dies kann dazu führen, daß das ertraglose Unternehmen infolge der Hinzurechnung nach § 8 GewStG mit Gewerbesteuer belastet ist, die sich --vorbehaltlich einer Verlustverrechnung oder des Verlustvortrags und Verlustrücktrags-- einkommensteuerrechtlich nicht auswirkt. Andererseits kann ein ertragstarkes Unternehmen infolge von Kürzungen nach § 9 GewStG von der Gewerbesteuer entlastet sein. Der in dieser Hinsicht inkongruente Entlastungsmechanismus des § 32c EStG wirkt mithin nicht sachgerecht. Dieser Unabgestimmtheit könnte zur Vermeidung eines Gleichheitsverstoßes allenfalls dadurch begegnet werden, daß die Gewerbesteuer anstelle des Betriebsausgabenabzugs auf die Einkommensteuer angerechnet wird (M. Wendt in Herrmann/Heuer/ Raupach, a.a.O., § 32c EStG Anm. 7).
b) Der Senat hält es im Anschluß an die ständige Rechtsprechung des BVerfG für verfassungsrechtlich zulässig, den Gewerbeertrag neben der Einkommensteuer zusätzlich mit Gewerbesteuer zu belasten (zuletzt BVerfG-Beschluß vom 17. November 1998 1 BvL 10/98, DStR 1999, 109), weil es sich um jeweils verschiedene Steuergegenstände handelt und deshalb keine Doppelerfassung vorliegt. Dann ist es systemwidrig und ein Fehlgebrauch von Gestaltungsmöglichkeiten, diese Belastungsentscheidung in einem anderen Steuergesetz wieder --wie dargelegt inkongruent und auch nur gruppenbezogen für Bezieher höherer gewerblicher Gewinne (hierzu unten VIII.)-- rückgängig zu machen.
Nach dem das Einkommensteuerrecht prägenden objektiven Nettoprinzip wird der Belastung mit Gewerbesteuer bereits durch deren Abzug als Betriebsausgabe Rechnung getragen. Dadurch bleibt zwar --nicht anders als etwa bei der Zahlung von Löhnen oder dem Einkauf von Waren-- in Abhängigkeit vom individuellen Steuersatz eine "Mehrbelastung". Diese Belastung ist jedoch --ebenso wie jeder andere erwerbssichernde Aufwand-- im Binnensystem des Einkommensteuerrechts in vollem Umfang berücksichtigt. Eine darüber hinausgehende "Anrechnung" einer --wie dargelegt oft tatsächlich nicht geschuldeten-- Gewerbesteuer hat letztlich die Funktion einer kompensierenden Steuererstattung und steht außerhalb der Sachgesetzlichkeit des objektiven Nettoprinzips.
Unter dem Gesichtspunkt des objektiven Nettoprinzips gibt es auch keinen vertretbaren Grund, die Bezieher geringer gewerblicher Einkünfte nicht von der "Sonderbelastung durch Gewerbesteuer" zu entlasten (s. unten VIII.).
3. Auch die im Gesetzgebungsverfahren angestellten Gemeinwohlüberlegungen sind daraufhin zu prüfen, ob sie eine Unterscheidung --hier: nach Einkunftsarten-- zu rechtfertigen vermögen. Diese Prüfung führt zu dem Ergebnis, daß die ungleiche Besteuerung der (hohen) gewerblichen Gewinne und der anderen (Gewinn-)Einkünfte sich auch nicht mit wirtschaftspolitischen Zielsetzungen rechtfertigen läßt.
Der Gesetzgeber will durch "eine Verbesserung der Bedingungen für Investitionen und Arbeitsplätze inländische Wachstumskräfte stärken". Zwar können wirtschaftspolitische Zwecke eine unterschiedliche Behandlung verschiedener Einkunftsarten als verfassungsrechtlich "salviert erscheinen" lassen (BVerfG-Beschluß in BVerfGE 84, 348, 363 f.), wenn die steuerliche Maßnahme geeignet ist, das angestrebte Ziel zu erreichen. Dies ist hier nicht der Fall.
Ohnehin sind Aussagen über ein steuerlich motiviertes Investitionsverhalten von Unternehmern weitgehend spekulativ. Generelle Prognosen darüber, ob durch Steuersenkungen gemehrtes Eigenkapital inländisches Wachstum bewirkt oder zum "global play" verwendet wird, dürften wenig verläßlich sein. Der Investitionsanreiz als steuerlicher Lenkungszweck ist nicht berechenbar und kontrollierbar (vgl. Blümich/Gosch, a.a.O., § 32c EStG Rz. 14; Tipke, StuW 1993, 8; R. Wendt, FR 1993, 1, 6; Pasch, DB 1993, 2293, 2296). Der Gesetzgeber mag typisierend unterstellen können, daß durch die Senkung des Körperschaftsteuersatzes für thesaurierte Gewinne bei den hierdurch begünstigten Körperschaften Investitionshemmnisse abgebaut und Anreize zur Schaffung und zum Erhalt produktiver Arbeitsplätze gegeben werden und nicht beispielsweise lediglich der Erwerb risikofreier und/oder "geographisch nicht gebundener" (BVerfG in BVerfGE 84, 239, 282, BStBl II 1991, 654, unter C. II. 4. b) Finanzanlagen erleichtert wird. Mit diesem Vorbehalt mag es daher --vor allem mit Blick auf den nichtanrechnungsberechtigten Anteilseigner-- investitionspolitisch sinnvoll sein, thesaurierte Gewinne zu privilegieren, ausgeschüttete Gewinne höher zu besteuern (vgl. zur mobilitätshemmenden Wirkung des "locked-in-effects" Seer, StuW 1993, 114, 137). Dies wird indes bei Einzelunternehmen und Mitunternehmerschaften durch den Tatbestand des § 32c EStG nicht angestrebt; vielmehr soll hier ausweislich des Entwurfs eines StandOG (oben II.) den Grundsätzen der Gewinnverwendungsneutralität und der "Mobilität des Kapitals" Rechnung getragen werden. Gewerbliche Einzel- und Mitunternehmer profitieren von der Tarifbegrenzung des § 32c EStG unabhängig davon, ob sie Gewinne entnehmen und konsumieren oder für Investitionen und/oder die Schaffung von Arbeitsplätzen verwenden. Die unterschiedslose Privilegierung von entnommenen wie thesaurierten gewerblichen Gewinnen kann nicht als quantitativ unerheblich vernachlässigt werden. Damit findet der am Gemeinwohl orientierte Zweck, wie er in der Begründung zum Regierungsentwurf in Anspruch genommen wird, im gesetzlichen Tatbestand keinen Niederschlag. Eine solche unterschiedslose Privilegierung entspricht nicht den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 GG (vgl. in anderem Zusammenhang BVerfG-Beschluß vom 11. Mai 1970 1 BvL 17/67, BVerfGE 28, 227, 241 f.).
Unabhängig davon ist die Förderung von zu beliebigen Zwecken --auch zum Konsum-- entnommenen Gewinnen abgesehen vom beschäftigungspolitisch vagen Gesichtspunkt einer (globalen) Mobilisierung von Kapital kein Spezifikum der gewerblich erwirtschafteten Einkünfte (vgl. R. Wendt, FR 1997, 298, 300; J. Lang, StbJb 1993/94, S. 9, 19). Der Gesetzgeber dürfte kaum darauf abgehoben haben, daß die begünstigten Gewerbetreibenden mit ihrem Konsum das Wirtschaftswachstum stärken. Vor allem gälte diese Überlegung --Stärkung der (Binnen-)Nachfrage durch Senkung des Steuersatzes-- für alle Einkunftsarten; eine auf eine einzige Einkunftsart begrenzte Entlastung wäre nicht gerechtfertigt.
Nicht bedacht ist ferner, daß gewerbliche Betriebe u.U. gerade deswegen betragsmäßig unterhalb der Begünstigungsgrenze des § 32c Abs. 4 EStG liegende Gewinne erwirtschaften, weil sie Arbeitsplätze geschaffen haben. Die Herausnahme dieser niedrigen Gewinne aus der Begünstigung erscheint schon deswegen nicht sachgerecht, weil das Gesetz den Mittelstand fördern will (s. auch unten VIII.).
4. Selbst wenn man einen positiven investitions- und arbeitsmarktpolitischen Effekt der Tarifspreizung unterstellt, ist tatbestandlich nicht berücksichtigt, daß auch Freiberufler und Landwirte Arbeitsplätze schaffen; auch der Entwurf eines StandOG (BTDrucks 12/4158, S. 25) geht davon aus, daß (nur) 70 v.H. aller privaten Arbeitsplätze von gewerblichen Unternehmen gehalten werden. Die Bewertung des Entwurfs, daß deshalb arbeitsplatzschaffende Investitionen von Gewerbebetrieben eine "Schlüsselstellung für die Beschäftigungsentwicklung in Deutschland" einnehmen, ist selbst für eine grob typisierende steuerrechtliche Unterscheidung nicht tragfähig. Es gibt keinen Grund anzunehmen, daß etwaige wachstums- und beschäftigungspolitische Ziele einer allgemeinen Tarifbegrenzung nicht ebenso durch eine Begünstigung von land- und forstwirtschaftlichen und freiberuflichen Einkünften erreicht werden könnten. Grundsätzlich eigennützig erwirtschaftete gewerbliche Einkünfte sind nicht in größerem Umfang gemeinwohldienlich als andere Einkünfte.
5. Die Versagung einer Tarifbegünstigung für ertragschwache Gewerbetreibende (wie auch allgemein für die Bezieher anderer Einkünfte) läßt sich auch nicht mit dem Gedanken einer Sonderbelastung zugunsten des "Aufbaus Ost" rechtfertigen (statt vieler M. Wendt in Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., § 32c EStG Anm. 7). Insoweit enthält das Gesetz über die Erhebung eines Solidaritätszuschlags eine abschließende und alle Steuerpflichtigen gleichmäßig belastende Sonderregelung.
6. Unter investitions- und arbeitsmarktpolitischen Gesichtspunkten konsequent wäre eine gesetzliche Regelung, die auch anderweitig --außerhalb des Gewerbebetriebes-- erzielte und in Unternehmen investierte Einkünfte begünstigen würde.
VII. Zur Gleichstellung von Einzel-/Mitunternehmern und Beteiligten an
Kapitalgesellschaften (Belastung ausgeschütteter Gewinne mit
Gewerbesteuer)
§ 32c Abs. 2 Satz 2 EStG i.V.m. § 9 Nr. 2 a GewStG benachteiligt allgemein Beteiligungseinkünfte gegenüber solchen gewerblichen Einkünften, die unmittelbar beim Bezieher der Gewerbesteuer unterlegen haben. Im Hinblick auf die Grundentscheidung des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) 1977, ausgeschüttete Gewinne einer Körperschaft nur einmal --und zwar beim Anteilseigner-- zu besteuern, verstößt es gegen das Gleichheitsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG, die Belastung dieser Gewinne mit Gewerbesteuer auf der Ebene der Körperschaft außer Betracht zu lassen.
1. § 32c EStG soll ausweislich der Gesetzesmaterialien steuerliche Wettbewerbsverzerrungen zwischen Körperschaften und Personenunternehmen beseitigen (BTDrucks 12/4158, S. 24). Diese Gleichstellung, die bei der Körperschaft die thesaurierten Gewinne im Blick hat, ist insofern nicht gelungen, als gleichheitswidrig zum Nachteil des Anteilseigners unberücksichtigt bleibt, daß die ausgeschütteten Gewinne mit Gewerbesteuer belastet sind. Eine Verletzung des Gleichheitssatzes ist darin zu sehen, daß § 32c EStG bei der Ausschüttung von Gewinnen einer Körperschaft --anders als bei einzel- und mitunternehmerischen Einkünften-- die Belastung der zugerechneten Einkünfte mit Gewerbesteuer nicht berücksichtigt, obwohl das ab 1977 geltende körperschaftsteuerliche System der Vollanrechnung den Grundsatz der Einmalbesteuerung von Beteiligungserträgen nach dem individuellen Steuersatz des Anteilseigners als Sachgesetzlichkeit statuiert hat.
2. § 32c Abs. 2 Satz 2 EStG trägt durch die Bezugnahme auf § 9 Nr. 2 a GewStG dem Umstand Rechnung, daß die Gewerbeerträge aus einer Schachtelbeteiligung beim Besitzunternehmen von der Gewerbesteuer entlastet sind und insofern die entsprechenden Einkünfte aus Gewerbebetrieb keiner Tarifentlastung bedürfen. § 9 Nr. 2 a GewStG bewirkt jedoch nur, daß die zweifache Belastung des nämlichen erwirtschafteten Gewerbeertrags --beim Besitz- und beim Betriebsunternehmen als jeweils gewerbesteuerrechtlich selbständigen Rechtsträgern-- beseitigt wird. In dieser Hinsicht wird durch § 32c Abs. 2 Satz 2 EStG eine steuerrechtliche Situation hergestellt wie bei den Beziehern der von einer Körperschaft erzielten, nach näherer Maßgabe des § 8 Abs. 2 KStG gewerblichen und sodann ausgeschütteten Gewinne. Auch bei dieser Konstellation bleibt unberücksichtigt, daß die ausgeschütteten, grundsätzlich nach § 20 EStG, im Falle der Betriebsaufspaltung nach § 15 EStG steuerbaren Einkünfte bereits bei der (Betriebs-)Kapitalgesellschaft der Gewerbesteuer unterlegen haben.
Der Gesetzgeber hat mit dem System der körperschaftsteuerlichen Vollanrechnung eine Belastungsentscheidung getroffen, die ungeachtet einer Abschirmung thesaurierter Gewinne durch die juristische Person auf eine einkommensteuerrechtliche Gleichstellung der ausgeschütteten Gewinne mit den einzel- und den mitunternehmerischen Einkünften ausgerichtet ist. Eine folgerichtige Umsetzung dieser Belastungsentscheidung erfordert aus gleichheitsrechtlichen Gründen, auch in Fällen wie dem vorliegenden, die Belastung der nunmehr ausgeschütteten Gewinne mit der Gewerbesteuer zu berücksichtigen. Dies gilt ungeachtet des rechtsformbedingten Unterschieds, daß --ebenso wie beim Bezug mitunternehmerischer Einkünfte-- die Gewerbesteuer von dem --vom Bezieher der Einkünfte personenverschiedenen-- Gewinnerzielungssubjekt erhoben worden ist.
3. Das KStG erfaßt das Einkommen der --im Regelfall zivilrechtlich rechtsfähigen (§ 1 Abs. 1 KStG)-- Körperschaft, die Zurechnungssubjekt steuerrechtlicher Rechtsfolgen ist (arg. § 3 Abs. 1 KStG), wenn und solange sie ihre Gewinne thesauriert. Dies ist anders bei der mitunternehmerischen Personengesellschaft, die zwar Gewinnermittlungs- und Gewinnerzielungssubjekt ist, während die Gewinnanteile unmittelbar dem Mitunternehmer zugerechnet werden (§ 2 Abs. 1 i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG). Hierbei unterscheidet sich der Mitunternehmer vom Einzelunternehmer (lediglich) dadurch, daß er seine unternehmerische Tätigkeit nicht allein, sondern zusammen mit anderen (Mit-)Unternehmern in gesellschaftlicher Verbundenheit ausübt. Weil die Gesellschafter die Mitunternehmer des Betriebs sind, der Betrieb auf ihre Rechnung und auf ihre Gefahr geführt wird, werden ihnen die Ergebnisse, Gewinn und Verlust der gemeinschaftlichen Tätigkeit anteilig als originäre eigene Einkünfte zugerechnet (BFH-Beschluß vom 3. Mai 1993 GrS 3/92, BFHE 171, 246, BStBl II 1993, 616, unter B. III. 6.). Die Eigenschaft der Personengesellschaften und Gemeinschaften als Steuerrechtssubjekt läßt die Grundentscheidung der §§ 1 und 2 EStG unberührt, daß Subjekt der Einkommensteuer allein der einzelne Gesellschafter ist. Mitunternehmergemeinschaften sind als solche weder einkommen- noch körperschaftsteuerpflichtig. Die Gewinnanteile (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG) werden dem Gesellschafter für Zwecke der eigenen Besteuerung im Jahr des Entstehens unabhängig von Entnahmen zugerechnet. Die unmittelbare Zurechnung des Gesellschaftsgewinns an den Mitunternehmer hat die Funktion, eine Rechtsformneutralität im Verhältnis zu Einzelunternehmen und Kapitalgesellschaften zu bewirken, die ihre Gewinne unmittelbar im Jahr der Entstehung versteuern müssen (grundlegend Schön, StuW 1988, 253; ders., DStR 1993, 185, 191; Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl. 1993, § 9 I). In dieser Hinsicht sind Einzel- und Mitunternehmer einerseits und die Gewinne thesaurierende Kapitalgesellschaft andererseits einander gleichgestellt. Nur insofern trifft zu, daß § 32c EStG zu einer rechtsformvereinheitlichenden Steuersenkung für Unternehmensgewinne führt (Schmidt/ Glanegger, a.a.O., § 32c Rz. 3).
4. Hinsichtlich der subjektiven Zurechnung eines Unternehmensgewinns wird die prinzipielle Gleichstellung von Einzel- und Mitunternehmer einerseits und dem an einer Körperschaft (vor allem einer Kapitalgesellschaft) Beteiligten andererseits bestimmungsgemäß durch das körperschaftsteuerliche Anrechnungsverfahren erreicht. Mit Einführung dieses Verfahrens hat sich der Gesetzgeber ungeachtet der zivil- und steuerrechtlichen Unterschiede zwischen der Kapital- und der Personengesellschaft dafür entschieden, in die Besteuerung des Anteilseigners die Besteuerung der Körperschaft rechtstechnisch einzubeziehen.
a) Die Körperschaftsteuer wird nach Art. 106 Abs. 3 GG selbständig neben der Einkommensteuer erhoben. Sie ist die notwendige Konsequenz aus der Verselbständigung der juristischen Person, deren nicht ausgeschüttete Gewinne sonst überhaupt steuerfrei bleiben würden (BVerfG-Urteil vom 24. Januar 1962 1 BvR 845/58, BVerfGE 13, 331, 352, BStBl I 1962, 500, 506). Die Körperschaftsteuer knüpft an die Zivilrechtslage an; Steuersubjekt ist das im Wettbewerb tätige, als Rechtssubjekt verselbständigte Unternehmen (vgl. BTDrucks 7/1470, S. 326; BFH-Urteil vom 12. Dezember 1990 I R 43/89, BFHE 163, 162, BStBl II 1991, 427).
b) Auf dem Gebiet der Ertragsteuern sind Körperschaften und natürliche Personen grundsätzlich nicht wesensgleich. Wegen der "Andersartigkeit der Besteuerung" (BVerfG-Urteil in BVerfGE 13, 331, 353, BStBl I 1962, 500, 506) sind Körperschaftsteuer und Einkommensteuer "schwer vergleichbar". Diese Einschätzung trifft insbesondere im Hinblick darauf zu, daß die Körperschaftsteuer nach festen Steuersätzen erhoben wird, während die Einkommensteuer der individuellen Leistungsfähigkeit im größeren Umfang --z.B. durch Freibeträge und progressive Tarifgestaltung-- Rechnung trägt (vgl. BVerfG-Urteil in BVerfGE 13, 331, 352, BStBl I 1962, 500, 506; BVerfG-Beschluß vom 21. März 1977 1 BvR 2/77, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1977, 256; BFH-Urteil in BFHE 163, 162, BStBl II 1991, 427). Zur Sachgesetzlichkeit des Körperschaftsteuerrechts gehört --auch nach der Körperschaftsteuerreform 1977-- die verfahrensmäßige Trennung zwischen der Besteuerung der ausschüttenden Kapitalgesellschaft einerseits und derjenigen des Anteilseigners andererseits. Die Kapitalgesellschaft begleicht mit der Zahlung der Körperschaftsteuer in Höhe der Ausschüttungsbelastung eine eigene Steuerschuld und --anders als bei der Kapitalertragsteuer-- keine Vorauszahlung auf die Steuerschuld der Gesellschafter (BFH-Urteil in BFHE 163, 162, BStBl II 1991, 427, m.w.N.).
c) Wegen der "unmittelbaren Versteuerung des Einkommens" (vgl. § 3 Abs. 1 KStG) der Körperschaft muß bei dieser zwischen der Besteuerung der thesaurierten und der ausgeschütteten Gewinne unterschieden werden. Soweit es um letztere geht, bewirkt § 32c EStG eine Annäherung der Steuersätze der thesaurierten Gewinne von Körperschaften und --vorbehaltlich des § 32c Abs. 2 Satz 2 EStG-- der Ausschüttungen nur unter der Voraussetzung, daß sie zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehören (§ 20 Abs. 3 i.V.m. § 15 EStG; Hörger in Littmann/Bitz/Hellwig, Das Einkommensteuerrecht, § 32c EStG Rdnr. 1; s. aber R. Wendt, Spreizung von Körperschaftsteuersatz und Einkommensteuerspitzensatz als Verfassungsproblem, Festschrift für Karl Heinrich Friauf, 1996, S. 859 ff.). Hingegen werden unter Verstoß gegen den Gleichheitssatz gegenüber einzel- und mitunternehmerischen Einkünften benachteiligt sowohl die Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG) als auch --im Streitfall einschlägig-- die gewerblichen Gewinne, die diesen durch § 32c Abs. 2 Satz 2 EStG i.V.m. § 9 Nr. 2 a GewStG gleichgestellt werden.
d) Das körperschaftsteuerliche Anrechnungsverfahren geht wirtschaftlich gesehen von dem Grundsatz der Einmalbesteuerung von Beteiligungserträgen nach dem individuellen Steuersatz des Anteilseigners aus (BFH-Urteil vom 23. Oktober 1996 I R 55/95, BFHE 181, 490). Zur rechtstechnischen Umsetzung dieses Grundsatzes wird die Körperschaftsteuer angerechnet, wenn die Einnahmen, auf die anrechenbare Körperschaftsteuer entfällt, beim Anteilseigner in die Bemessungsgrundlage einbezogen werden. Durch die Anrechnung soll die doppelte steuerliche Belastung der ausgeschütteten Gewinne beseitigt werden. Diese Entlastung ist rechtstechnisch so ausgestaltet, daß die Steuergutschrift wirtschaftlich wie eine Vorauszahlung auf die Steuerschuld des Anteilseigners wirkt und damit zugleich dessen Einkünfte erhöht (§ 49 Abs. 1 KStG 1977 i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 3 EStG; vgl. Beschluß des Großen Senats des BFH vom 26. Oktober 1987 GrS 2/86, BFHE 151, 523, 543, BStBl II 1988, 348, 357, zu C. II. 2. e; BFH-Urteil in BFHE 163, 162, BStBl II 1991, 427, m.w.N. der Rechtsprechung). Nach einer weitergehenden Ansicht hat die Körperschaftsteuer sogar materiell den Charakter einer Quellensteuer auf die Kapitaleinkünfte des Anteilseigners (Tipke/Lang, a.a.O., § 11 Rdnr. 4). Die im Rahmen des zweistufigen Anrechnungsverfahrens vorgesehene Entlastung wird durch die Identität der Bemessungsgrundlagen auf der Stufe der ausschüttenden Körperschaft und derjenigen des Ausschüttungsempfängers sichergestellt (BFH-Urteil vom 15. November 1994 VIII R 74/93, BFHE 176, 373, BStBl II 1995, 315).
Die Körperschaftsteuer belastet im Ergebnis nur den nicht ausgeschütteten (thesaurierten) Gewinn. Diese Belastung und der Ausgleich einer doppelten Erfassung der von der Körperschaft erzielten Gewinne durch das Anrechnungsverfahren ist letztlich ein rechtstechnisch anders gestaltetes Äquivalent für eine durch die zivilrechtliche Rechtssubjektivität durchgreifende Teilhabersteuer; gegen diese hat sich der Gesetzgeber nicht aus Gründen der rechtssystematischen Notwendigkeit, sondern der Praktikabilität und Zweckmäßigkeit entschieden. Es wäre eine vertretbare Alternative gewesen, die Körperschaft im Ergebnis wie eine Personengesellschaft zu behandeln und (auch) nicht ausgeschüttete Gewinne unmittelbar den Anteilseignern zuzurechnen (vgl. Entwurf eines Dritten Steuerreformgesetzes, BTDrucks 7/1470, S. 325 f., 328 f., unter Bezugnahme auf die Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats beim BMF "Reform der direkten Steuern", 1967, und der Steuerreformkommission 1971, BMF-Schriftenreihe Heft 17, S. 316 ff., 330 ff., 338 f.; ferner Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. II, 1993, S. 738 ff.; Pezzer, Rechtfertigung der Körperschaftsteuer und ihre Entwicklung zu einer allgemeinen Unternehmensteuer, Festschrift für Tipke, 1995, S. 419 ff., 422 f.). Hinsichtlich der ausgeschütteten Gewinne werden die Anteilseigner der Kapitalgesellschaft auch nach geltendem Recht im wirtschaftlichen Ergebnis wie Mitunternehmer behandelt: "In der Sache geht das Anrechnungsverfahren für die Besteuerung über die rechtliche Selbständigkeit der Kapitalgesellschaft hinweg, der Durchgriff durch die Kapitalgesellschaft auf die Gesellschafter ist in diesem Bereich erfolgt" (Knobbe-Keuk, a.a.O., § 14 II).
5. § 32c Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 EStG benachteiligt die ausgeschütteten Gewinne; hierfür gibt es keine hinreichende Rechtfertigung.
a) Im Hinblick auf den vorstehend erläuterten steuerrechtlichen "Durchgriff durch die Kapitalgesellschaft" ist die grundsätzliche zivilrechtliche "Undurchlässigkeit" der juristischen Person (BVerfG-Urteil in BVerfGE 13, 331, 354, BStBl I 1962, 500) kein sachlich zureichender Rechtfertigungsgrund für eine unterschiedliche Behandlung von gewerblichen Einkünften und den hier in Frage stehenden Beteiligungseinkünften. Der erkennende Senat folgt jedenfalls in dieser Hinsicht nicht der zu Unrecht verallgemeinernden Auffassung, Einzelunternehmen (ebenso wie Personengesellschaften) und Kapitalgesellschaften seien aufgrund ihrer Rechtsform und den sich daraus ergebenden rechtlichen Unterschieden nicht vergleichbar (so BFH-Urteil vom 14. Dezember 1994 XI R 37/94, BFHE 176, 403, BStBl II 1995, 329). Insbesondere läßt sich aus dem Urteil des BVerfG in BVerfGE 13, 331, 352, BStBl I 1962, 500, 506 --bezogen auf den Streitfall-- kein "Verbot" eines Durchgriffs durch die Kapitalgesellschaft als deduktionsfähiger "allgemeiner Rechtsgrundsatz" herleiten, wie dies möglicherweise den Entscheidungen des BFH vom 22. Oktober 1986 I R 180/82 (BFHE 148, 272, BStBl II 1987, 117) und vom 26. März 1993 III S 42/92 (BFHE 171, 164, BStBl II 1993, 723) entnommen werden könnte. Zwar haben die Argumente des BVerfG in BVerfGE 13, 331, 354, BStBl I 1962, 500 hinsichtlich der Besteuerung der thesaurierten Gewinne auch nach der Einführung der Vollanrechnung der Körperschaftsteuer auf die Einkommensteuer der Anteilseigner ihre Berechtigung behalten. Für die Behandlung der ausgeschütteten Gewinne sind die Ausführungen des BVerfG in BVerfGE 13, 331, 352, BStBl I 1962, 500, das von einer Doppelbelastung ausgeschütteter Gewinne mit Körperschaftsteuer und Einkommensteuer ausgeht, jedoch nicht einschlägig (im Ergebnis ebenso R. Wendt, in Festschrift für Friauf, a.a.O., S. 859, 874 ff.).
b) Zwar spricht die Entscheidung des BVerfG in BVerfGE 13, 331, 342, BStBl I 1962, 500 davon, daß steuerliche Belastungen gleichheitsrechtlich durch "korrespondierende Steuerersparnisse" ausgeglichen werden könnten: Es gebe rechtsformabhängige Steuerfolgen in ausreichender Zahl, durch welche die Körperschaft begünstigt werde. Zu nennen sei insbesondere das Trennungsprinzip, das zu einer Anerkennung der zwischen der Körperschaft und ihren Anteilseignern geschlossenen fremdüblichen Leistungs- und Nutzungsverträge führe, während der Unternehmerlohn des Einzelunternehmers und die Sondervergütungen des Mitunternehmers (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG) die Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer nicht minderten. Dem könne wiederum entgegengehalten werden, daß Verluste der Körperschaft nicht an den Anteilseigner unmittelbar zurechnend "durchgereicht" würden.
Nach Auffassung des erkennenden Senats sind diese rechtsformabhängigen Unterschiede in der Besteuerung herkömmliche und zudem mittels Rechtsformwahl gestaltbare zwingende Konsequenzen der zivil- wie steuerrechtlichen Rechtssubjektivität der Körperschaft. Wird die Bemessungsgrundlage der Körperschaftsteuer aufgrund von Leistungsbeziehungen mit Anteilseignern gemindert, führt ein entsprechender Zufluß bei diesen im Regelfall zu steuerbaren --je nach Sachlage auch gewerbesteuerbaren-- Einkünften. Indes können rechtsformabhängige Steuerfolgen am Maßstab des Gleichheitssatzes überprüft werden, wenn das Gesetz selbst den Gegensatz von Körperschaft und natürlicher Person aufhebt. Aus dem Gebot einer rechtsformneutralen Besteuerung (vgl. hierzu Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. I, S. 478 ff., Bd. II. S. 1030 f. - zur Herleitung aus dem Leistungsfähigkeitsprinzip; Pezzer in Festschrift für Tipke, a.a.O., S. 419 ff., 428; Montag in Tipke/Lang, a.a.O., § 17 Rdnr. 2; R. Wendt, StuW 1992, 66, 75) folgt dann, daß aufgrund einer Beurteilung des "durch die Gesamtregelung hergestellten Belastungserfolgs" (BVerfG in BVerfGE 96, 1, 8) gleiche wirtschaftliche, wenn auch rechtstechnisch verschieden ausgestaltete Vorgänge --hier: die Zurechnung von mit Gewerbesteuer belasteten Erträgen auf die Anteilseigner-- gleichzubehandeln sind.
Rechtsformabhängige Unterschiede in der Besteuerung können nur dann als "Verrechnungspotential" in eine Beurteilung der Gesamtregelung einbezogen werden, wenn sie in einem inneren Sachzusammenhang zueinander stehen (ähnlich R. Wendt in Festschrift für Friauf, a.a.O., S. 859, 885 f.) und eine "kohärente Besteuerung sicherstellen". Dies ist nach Auffassung des Senats der Fall, wenn ein (zwingender) unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem Steuervorteil einerseits und der Besteuerung andererseits besteht (vgl. in anderem Zusammenhang Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften --EuGH-- Urteil vom 28. Januar 1992 Rs. C-204/90 - Bachmann, EuGHE I 1992, 276). Ein solcher unmittelbarer Zusammenhang liegt jedenfalls dann nicht vor, wenn der Steuervorteil bei dem einen Steuerpflichtigen, der korrespondierende Steuernachteil jedoch bei einem anderen Steuerpflichtigen eintritt; die Besteuerungszusammenhänge sind unter solchen Umständen lediglich mittelbarer Art. Auch das BVerfG hat bislang einen "Ausgleich" rechtsformabhängiger Begünstigungen/Benachteiligungen nur innerhalb einer Steuerart für zulässig erachtet (vgl. zur Gewerbesteuer BVerfG-Beschluß vom 18. Juni 1975 1 BvR 528/72, BVerfGE 40, 109, 117). Ein in diesem Sinne "kohärentes" Rechtsfolgensystem sind die hier einschlägigen Regelungen über die Zurechnung der Gewinne von Einzelunternehmern, Personen- und Kapitalgesellschaften, die hinsichtlich ihrer endgültigen Belastung beim Anteilseigner unmittelbar miteinander vergleichbar sind. Mangels "Kohärenz" nicht tragfähig ist hingegen die im Gesetzgebungsverfahren vorgetragene Erwägung (BTDrucks 12/4487, S. 67), die steuerlichen Maßnahmen des StandOG seien "auch innerhalb des Unternehmenssektors ausgewogen", weil für kleine und mittlere Unternehmen deutliche Entlastungen durch eine investitionserleichternde Ansparabschreibung und steuersparende Verbesserungen bei der Erbschaftsteuer vorgesehen seien.
VIII. Die Begünstigung lediglich hoher gewerblicher Einkünfte durch § 32c EStG
ist gleichheitswidrig
Eine Verletzung des Gleichheitssatzes ist schließlich darin zu sehen, daß gewerbliche Einkünfte unterhalb des Grenzbetrages des § 32c Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 und 5 EStG von der Tarifbegünstigung ausgeschlossen sind.
1. Die Doppelbelastung mit Einkommen- und Gewerbesteuer wirkt sich auch bei dem Großteil der Steuerpflichtigen aus, deren gewerbliche Einkünfte unterhalb des genannten Grenzbetrages liegen. Zur Rechtfertigung dieser ungemilderten Besteuerung kann nicht mit Erfolg angeführt werden, die betreffende Gruppe von Steuerpflichtigen sei bereits gewerbesteuerrechtlich durch die Tarifgestaltung und durch einen Freibetrag begünstigt. Denn auch Einzelunternehmern und Personengesellschaften mit über der Höchstgrenze des § 32c Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 EStG liegenden Gewerbeerträgen stehen der gewerbesteuerrechtliche Freibetrag (§ 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG) und der Staffeltarif (§ 11 Abs. 2 GewStG) zu. Gerade für gewinnschwache Unternehmen, die zusätzlich von der Verschlechterung der Abschreibungsmöglichkeiten als Maßnahme der Gegenfinanzierung betroffen sind, bleibt die Sonderbelastung mit Gewerbesteuer ungemildert erhalten. Daß das StandOG diesen Gewerbetreibenden die Ansparabschreibung (§ 7g Abs. 3 bis 5 EStG) gewährt, vermag wegen der anders gearteten und daher "nicht kohärenten" Entlastungswirkung die Sonderbelastung mit Gewerbesteuer verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen (vgl. oben VII. 5. b; ebenso R. Wendt, FR 1993, 1, 7; ders. in Festschrift für Friauf, a.a.O., S. 859, 885).
2. Die dem § 32c Abs. 4 und 5 EStG offenbar zugrundeliegende Auffassung, Bezieher von hohen Einkommen bedürften in besonderem Maße einer steuerlichen Entlastung, widerspricht der systemprägenden Grundentscheidung des EStG für einen progressiv gestalteten Tarif. Zwar lassen sich aus dem Gleichheitssatz keine Aussagen über den konkreten Tarifverlauf und die Höhe des Steuertarifs ableiten (vgl. Birk/Barth in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, a.a.O., § 4 AO 1977 Rdnr. 460). Indes hat der Gesetzgeber mit der Einführung eines progressiven Einkommensteuertarifs die Grundentscheidung getroffen, "daß im Sinne der verhältnismäßigen Gleichheit der wirtschaftlich Leistungsfähigere einen höheren Prozentsatz seines Einkommens als Steuer zu zahlen hat als der wirtschaftlich Schwächere" (BVerfG-Urteil vom 24. Juni 1958 2 BvF 1/57, BVerfGE 8, 51, 68 f.; vgl. auch BVerfG-Beschluß vom 9. Februar 1972 1 BvL 16/69, BVerfGE 32, 333, 339). In seinem Beschluß vom 25. September 1992 2 BvL 5, 8, 14/91 (BVerfGE 87, 153, 170, BStBl II 1993, 413 - Existenzminimum, unter C. I. 2.) spricht das BVerfG das Gebot der "vertikalen Gleichheit im Verhältnis geringerer zu höheren Einkommen" an. Im Beschluß zum Existenzminimum der Familie heißt es: "In vertikaler Richtung muß die Besteuerung höherer Einkommen im Vergleich mit der Steuerbelastung niedrigerer Einkommen dem Gerechtigkeitsgebot genügen" (BVerfG-Beschluß vom 29. Mai 1990 1 BvL 20, 26, 84 und 4/86, BVerfGE 82, 60, 89 f.). Dies erfordert es grundsätzlich, daß Entlastungen, sollen sie gleichheitsgerecht sein, sich für alle Steuerpflichtigen in direkter Abhängigkeit vom progressiven Verlauf des Tarifs auswirken. Zwar ist die Herstellung vertikaler Steuergleichheit und damit einer Verteilungsgerechtigkeit zuvörderst Aufgabe des Parlaments, das nach politischen Wertungsgesichtspunkten, nicht nach rechtlichen Kriterien entscheidet (F. K. Mann, Die Gerechtigkeit in der Besteuerung, Festschrift für Georg von Schanz, Bd. II S. 112 ff., 139 ff.; Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. II, S. 711 f.). Ist aber mit der Festlegung des progressiven Tarifverlaufs "vertikal" eine gleichheitskonkretisierende Entscheidung getroffen, verwehrt die Sachgesetzlichkeit des Tarifs den Hinweis darauf, daß der Bezieher eines niedrigen Einkommens mit "seiner" tariflichen Steuer weniger stark belastet sei als der dem Grenzsteuersatz unterliegende Spitzenverdiener und deswegen an einer Entlastung nicht teilhaben müsse. Mit der Annahme, nur der Bezieher eines hohen Einkommens werde durch die Verfassung --insbesondere durch Art. 14 GG-- vor einer steuerlichen Überlast geschützt, würden die gleichheitsrechtlichen Prämissen der progressiven Zuteilung steuerlicher Lasten als einem steuerethisch gestütztem Rechtsprinzip verkannt (zu letzterem K. Vogel, DStZ 1975, 409, 411).
3. Ein sonstiger Grund dafür, niedrige gewerbliche Einkünfte nicht zu entlasten, ist nicht ersichtlich. Auch die mittelständische Wirtschaft tätigt Investitionen und schafft Arbeitsplätze.
C. Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage
Der Senat hat das Verfahren auszusetzen und eine Entscheidung des BVerfG zu den Vorlagefragen einzuholen, da es für die Entscheidung des Streitfalles auf die Gültigkeit des § 32c EStG ankommt (Art. 100 Abs. 1 GG; § 80 Abs. 1 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht --BVerfGG--). Die Vorlagefragen sind für den anhängigen Streitfall entscheidungserheblich.
I. Der Kläger ist durch den gleichheitswidrigen Ausschluß seiner Beteiligungseinkünfte aus der GmbH von der Tarifbegünstigung unmittelbar von § 32c EStG betroffen (Vorlagefragen 1. und 2.). Seine sonstigen gewerblichen Einkünfte werden wegen der Kappungsgrenze des § 32c Abs. 1 EStG in Höhe von 100 278 DM ohne den Entlastungsbetrag des § 32c Abs. 4 EStG der Einkommensteuer unterworfen; insoweit ist er auch zur Gewerbesteuer herangezogen worden.
II. Die Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefragen kann auch nicht unter dem Gesichtspunkt verneint werden, daß der Kläger im vorliegenden Verfahren eine Begünstigung der hier fraglichen Einkünfte für das Streitjahr nicht erreichen könnte.
1. Bereits nach der bisherigen Rechtsprechung des BVerfG sind die Vorlagefragen entscheidungserheblich.
a) Nach der bisherigen Rechtsprechung des BVerfG ist die Verfassungswidrigkeit einer Norm nur dann entscheidungserheblich, wenn diese mit dem GG in dem Sinne unvereinbar wäre, daß dem Gesetzgeber eine Heilung des Gleichheitsverstoßes durch Einbeziehung des Klägers in die Begünstigung möglich wäre. Auf die Gültigkeit der beanstandeten Norm kommt es dann nicht an, wenn diese Bestimmung nichtig in dem Sinne wäre, daß allein ihr ersatzloser Wegfall verfassungskonform und mithin ausschließlich eine Nichtigerklärung gemäß § 78 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG die Folge wäre. Denn dann könnte der Kläger sein Klageziel unter keinen Umständen erreichen; die Klage wäre auf jeden Fall abzuweisen (BVerfG-Urteil vom 27. Juni 1991 2 BvL 3/89, BVerfGE 84, 233, BStBl II 1991, 652, 653 f. - Steueramnestie). Kommt hingegen als eine der möglichen Entscheidungsalternativen eine Neuregelung durch den Gesetzgeber in Betracht, die den für das Ausgangsverfahren einschlägigen Maßstab der vorgelegten Norm verändert, so hat das Gericht das Verfahren auszusetzen, bis der Gesetzgeber ein neues Gesetz erlassen hat. Für die Entscheidungserheblichkeit genügt es, daß eine Beanstandung der zur Prüfung gestellten Norm dem Kläger des Ausgangsverfahrens die Chance offenhält, an einer Erweiterung der begünstigenden Regelung teilzuhaben (BVerfG-Beschlüsse vom 19. Oktober 1982 1 BvL 39/80, BVerfGE 61, 138, 146; vom 31. Januar 1996 2 BvL 39, 40/93, BVerfGE 93, 386, 395; vgl. BFH-Beschluß vom 19. Februar 1993 VI R 74/91, BFHE 170, 410, BStBl II 1993, 551). Ein gleichheitswidriger Entzug eines Vorteils durch ein Gesetz ist dann nicht i.S. von Art. 100 GG entscheidungserheblich, wenn die Einbeziehung des Klägers in den nach der betroffenen Vorschrift begünstigten Personenkreis "schlechthin ausgeschlossen" erscheint (BVerfG-Beschluß vom 11. Oktober 1983 1 BvL 73/78, BVerfGE 65, 160, 169, BStBl II 1984, 20; vgl. auch BFH-Urteil vom 20. Juni 1989 VIII R 82/86, BFHE 156, 543, BStBl II 1989, 836). Möglicherweise gilt gleiches, wenn eine solche generelle und rückbezogene Neuregelung nur "schwer vorstellbar" ist. Der BFH hat es abgelehnt, in die Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit einer steuerrechtlichen Vorschrift einzutreten, wenn lediglich die "entfernte Möglichkeit" bestehe, daß der (nichtbegünstigte) Kläger bei einer rückwirkenden Neuregelung in die Begünstigungsnorm einbezogen werden könnte (BFH-Urteil vom 15. März 1981 III R 97/89, BFHE 164, 65; BStBl II 1991, 578).
Im Zusammenhang mit der Zulässigkeit der Vorlage ist unerheblich, ob in Fällen einer Unwirksamkeit der fraglichen Norm zu erwarten ist, daß das BVerfG die weitere Anwendung der verfassungswidrigen Norm für einen Übergangszeitraum anordnen wird (BVerfG-Beschlüsse vom 26. Februar 1986 1 BvL 12/85, BVerfGE 72, 51, 62; in BVerfGE 87, 153, 180, BStBl II 1993, 413, unter C. III. 3. d; in BVerfGE 93, 121, 131, BStBl II 1995, 655, unter B. I.).
b) Hieraus folgt für den Streitfall: Es geht nicht lediglich darum, daß § 32c EStG Dritte begünstigen würde, sondern um eine Benachteiligung des Klägers im Verhältnis zu diesen Dritten.
c) Die Fragen des Tarifverlaufs und der Grenzbelastung sind nicht nur ein Problem der Belastung des einzelnen Steuerpflichtigen, sondern auch der gleichheitsgerechten Verteilung. Insofern muß es dem nichtprivilegierten Steuerpflichtigen möglich sein, einen gleichheitswidrigen Steuereingriff abzuwehren, solange vergleichbare Personengruppen nicht in gleicher Weise belastet werden (Wernsmann, FR 1999, 242, 245 ff.). Die Privilegierung bestimmter gewerblicher Einkünfte geht notwendigerweise einher mit einer Belastung der anderen Einkünfte. Eine dem Gleichheitssatz entsprechende Aufhebung der Tarifspreizung würde eine andere Verteilung der Steuerlast ermöglichen, die mit großer Wahrscheinlichkeit auch dem Kläger zugute käme. Denkbar ist zumindest eine Neuregelung, durch die dem Begehren des Klägers im Rahmen des budgetmäßigen Gestaltungsspielraums durch eine Ausweitung des Begünstigungstatbestandes zumindest teilweise Rechnung getragen wird (ebenso M. Wendt in Herrmann/ Heuer/Raupach, a.a.O., § 32c EStG Anm. 7). Finanzpolitisch möglich ist sogar, daß eine Gleichstellung auf der Ebene des gemilderten Tarifs, wie sie dem Klageantrag entspricht, anderweitig --insbesondere durch die Verbreiterung der Bemessungsgrundlage durch die Erhöhung einer anderen Steuer-- gegenfinanziert wird.
d) Auch bei ersatzloser Streichung des § 32c EStG liegt es nahe, daß das Begehren des Klägers zumindest teilweise Erfolg haben könnte. Denn die Entlastung gewerblicher Einkünfte ist ausdrücklich (BTDrucks 12/4158, S. 25 f.) mit der Einschränkung der steuerrechtlichen Abschreibungsbedingungen, u.a. der Absenkung der AfA-Sätze bei der degressiven Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter, verknüpft worden.
2. Für den Fall, daß sich die Vorlage insbesondere aus letztgenanntem Grund auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des BVerfG zur Zulässigkeit von Richtervorlagen als unzulässig erweisen sollte, hält der Senat die vom VI. Senat des BFH in dessen Vorlagebeschluß vom 21. Oktober 1994 VI R 15/94 (BFHE 175, 368, BStBl II 1995, 142, unter VI.) geäußerten Bedenken für zutreffend (vgl. ferner Völlmeke, Neue Juristische Wochenschrift 1992, 1345; Wernsmann, FR 1999, 242, 244 ff.): Die gleichheitswidrige Privilegierung einer Gruppe stellt sich als Benachteiligung der übrigen Steuerzahler dar. Solange eine Vorschrift, die eine verfassungswidrige steuerliche Privilegierung einer bestimmten Gruppe bewirkt, weiterhin anzuwenden ist, verwirklicht sich die zwangsläufig aus der gleichheitswidrigen Begünstigung resultierende Benachteiligung des ausgeschlossenen Personenkreises jedes Jahr bei jeder Veranlagung erneut. Diese regelmäßig in großer Zahl wiederkehrende Benachteiligung rechtfertigt für den Fall des gleichheitswidrigen Begünstigungsausschlusses durch eine Norm des Steuerrechts eine Auslegung des Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG dahingehend, daß es ausnahmsweise nicht nur auf den Tenor der Entscheidung des vorlegenden Gerichts, sondern auch auf die Begründung der Entscheidung ankommt.
3. Der erkennende Senat neigt im übrigen zu der Ansicht, daß das BVerfG mit dem Beschluß vom 10. November 1998 2 BvR 1057/91, 2 BvR 1226/91, 2 BvR 980/91 (FR 1999, 150, unter D. II. und III.) seine bisherige Rechtsprechung zur Entscheidungserheblichkeit aufgegeben hat. Das BVerfG hat in jenem Beschluß die den angegriffenen Entscheidungen zugrundeliegenden --restriktiven-- Regelungen des Abzugs von Kinderbetreuungskosten wegen Erwerbstätigkeit (§ 33c Abs. 1 bis 4 EStG) und des Haushaltsfreibetrags (§ 32 Abs. 3 und 4 EStG) für mit dem GG unvereinbar erklärt, jedoch gleichzeitig bestimmt, daß diese Regelungen bis zum 31. Dezember 1999 bzw. 2001 weiterhin anzuwenden sind. Die Ausgangsverfahren der Verfassungsbeschwerden hat das BVerfG an den BFH zurückverwiesen mit dem Bemerken, die Beschwerdeführer hätten einen Anspruch darauf, "daß der Erfolg ihrer Verfassungsbeschwerden sich für sie auch für die jeweils anhängigen Veranlagungszeiträume in einer den verfassungsrechtlichen Vorgaben entsprechenden einkommensteuerlichen Entlastung auswirkt". Auf den vorliegenden Streitfall angewendet könnte dies bedeuten, daß das BVerfG den Gesetzgeber verpflichtet, die hier einschlägigen Einkunftsarten steuerrechtlich gleichzustellen, und gleichzeitig der Verwaltung oder dem Gesetzgeber aufgibt, dem Kläger die in § 32c EStG vorgesehene Tarifentlastung --ggf. im Wege einer Billigkeitsmaßnahme (BVerfG-Beschlüsse vom 10. November 1998 2 BvL 42/93, FR 1999, 139, unter C. III., und 2 BvR 1220/93, FR 1999, 145, unter B. II.)-- zukommen zu lassen.
Fundstellen
Haufe-Index 55685 |
BFH/NV 1999, 1012 |
BStBl II 1999, 450 |
BFHE 188, 69 |
BFHE 1999, 69 |
BB 1999, 985 |
DB 1999, 987 |
DB 1999, 997 |
DStR 1999, 752 |
DStRE 1999, 375 |
DStRE 1999, 375-388 (Leitsatz und Gründe) |
DStZ 1999, 538 |
HFR 1999, 639 |
StE 1999, 274 |