Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit einer Gegenvorstellung
Leitsatz (NV)
Eine Gegenvorstellung kann ausnahmsweise zu einer Änderung formell rechtskräftiger gerichtlicher Entscheidungen führen, nämlich wenn die Entscheidung auf einer Verletzung des rechtlichen Gehörs beruht oder unter Verstoß gegen das Gebot des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) ergangen ist (vgl. BFH-Beschluss vom 22. Oktober 1986 II B 144/86, BFH/NV 1987, 378).
Normenkette
GG Art. 101 Abs. 1 S. 2, Art. 103 Abs. 1
Tatbestand
I. Durch Beschluss vom 30. Juni 2003 hat der erkennende Senat die Beschwerde des Antragstellers wegen der Nichtzulassung der Revision als unzulässig verworfen, da die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde nicht den Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) entsprach. Zur Begründung hat der Senat auf den Beschluss des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 27. März 1992 III B 547/90 (BFHE 168, 17, BStBl II 1992, 842) hingewiesen. Im Übrigen erging die Entscheidung gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ohne Begründung.
Mit Schriftsatz vom 5. August 2003 erhob der Antragsteller gegen den Beschluss Gegenvorstellung. Er rügt, dass eine Auseinandersetzung mit dem Inhalt der Beschwerde nicht stattgefunden habe. Es dränge sich der Verdacht auf, der BFH habe den Inhalt der Beschwerde nicht zur Kenntnis genommen. Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sei in der Nichtzulassungsbeschwerde ausreichend dargelegt worden. Es liege ein Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) sowie eine Verletzung seines Rechts auf Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) vor.
Entscheidungsgründe
II. Das Rechtsmittel der Gegenvorstellung ist unzulässig.
Gegen den Beschluss des BFH vom 30. Juni 2003 gibt es kein Rechtsmittel (vgl. BFH-Beschluss vom 22. Januar 1990 VIII S 4/90, BFH/NV 1991, 393). Die FGO sieht ―wie auch die anderen Verfahrensgesetze― den Rechtsbehelf der Gegenvorstellung nicht vor.
In Rechtsprechung und Literatur ist allerdings anerkannt, dass eine Gegenvorstellung in bestimmten Ausnahmefällen zu einer Änderung formell rechtskräftiger gerichtlicher Entscheidungen führen kann, wenn die Entscheidung auf einer Verletzung des rechtlichen Gehörs beruht oder unter Verstoß gegen das Gebot des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) ergangen ist (vgl. BFH-Beschluss vom 22. Oktober 1986 II B 144/86, BFH/NV 1987, 378).
Im Streitfall hat der Antragsteller keinen Verfahrensfehler des Gerichts (BFH) vorgetragen, der als grobes prozessuales Unrecht gewertet werden und zu einer Aufhebung des Beschlusses vom 30. Juni 2003 führen könnte.
Die Voraussetzungen, unter denen nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Änderung einer rechtskräftigen Entscheidung in den Fällen für zulässig gehalten wird, in denen die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts auf Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) oder einem Verstoß gegen das Gebot des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) beruht (vgl. BFH-Beschluss vom 30. Mai 1996 VII B 171/95, BFH/NV 1996, 912), wurden nicht dargelegt. Insbesondere ist kein Verstoß des BFH gegen das Recht des Antragstellers auf Gehör erkennbar. Ist ein Rechtsmittel ―wie hier die Nichtzulassungsbeschwerde des Antragstellers― unzulässig, weil sie den vom Gesetz geforderten formellen Voraussetzungen nicht entspricht, bedarf es keiner weiteren inhaltlichen Auseinandersetzung mit der materiellen Rechtslage.
Für dieses Verfahren fallen keine besonderen Kosten an.
Fundstellen
Haufe-Index 1083294 |
BFH/NV 2004, 210 |