Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuersatz für Annoncenzeitung
Leitsatz (NV)
Der BFH hat in ständiger Rechtsprechung zu § 12 UStG die Auffassung vertreten, dass Annoncenzeitungen und dergleichen Druckschriften auch dann überwiegend "Werbezwecken dienen" oder "Werbung enthalten", wenn sie überwiegend Kleinanzeigen durch nichtgewerblich tätige Privatleute enthalten, mittels derer Interessenten für bestimmte Sachen oder Dienstleistungen gesucht werden. Der Umstand, dass sich die Nichtbegünstigung dieser Zeitungen seit 1988 unmittelbar aus dem Umsatzsteuergesetz ergibt, zuvor aber aus der Verweisung auf Nr. 94.02 des Zolltarifs ergab, macht keine Neudefinition der Begriffe "überwiegend" und "Werbung" notwendig.
Normenkette
UStG 1980 § 12 Abs. 2 Nr. 1 Anl. 1 Nr. 49; GZT Tarifnr. 49.02; FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1-2
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist Herausgeberin der Zeitung X, die im Streitjahr 1988 dreimal wöchentlich erschien und über den Einzelhandel zum Verkaufspreis von Y DM vertrieben wurde.
Nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) werden in der Zeitung im Wesentlichen Kleinanzeigen von Privatpersonen (etwa 80 bis 90 v.H.) veröffentlicht, wovon wiederum ein kleiner Teil auf Suchanzeigen entfällt. Ebenfalls von untergeordneter Bedeutung sind Geschäftsanzeigen von Gewerbetreibenden sowie Eigenwerbung der Klägerin, so dass im Ergebnis die Angebotsanzeigen von nicht gewerblich tätigen Privatleuten überwiegen. Die Anzeigen von Privatpersonen werden kostenlos abgedruckt, während für die gewerblichen Anzeigen ein Entgelt zu entrichten ist.
In ihrer Umsatzsteuererklärung für das Jahr 1988 erklärte die Klägerin ihre Umsätze aus dem Zeitungsverkauf mit dem ermäßigten Steuersatz; hierzu berief sie sich auf § 12 Abs. 2 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) i.V.m. Nr. 49 der Anlage in der im Streitjahr geltenden Fassung. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) unterwarf die Umsätze aber dem Regelsteuersatz, da die Zeitung überwiegend Werbung enthalte.
Einspruch und Klage gegen den Steuerbescheid hatten keinen Erfolg. Das FG war mit dem FA der Auffassung, dass auch Angebotsanzeigen von Privatleuten der Werbung dienen.
Das FG ließ die Revision gegen sein Urteil nicht zu.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der vorliegenden Beschwerde, mit der sie die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) begehrt.
Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Nach § 115 Abs. 2 FGO ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordert (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Die Nichtzulassung kann mit der Beschwerde angefochten werden (§ 116 Abs. 1 FGO). Die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 FGO kommt grundsätzlich nur wegen einer Rechtsfrage in Betracht, die klärungsbedürftig ist und im Revisionsverfahren geklärt werden kann. In der Beschwerdebegründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).
2. Nach § 12 Abs. 1 UStG in der im Streitjahr 1988 geltenden Fassung beträgt die Steuer für jeden steuerpflichtigen Umsatz 14 v.H. Für die Lieferung der in der Anlage (zum UStG) bezeichneten Gegenstände ermäßigt sich die Steuer auf 7 v.H. Zu diesen Gegenständen zählen nach Nr. 49 Buchst. b der Anlage "Zeitungen und andere periodische Druckschriften, auch mit Bildern oder Werbung enthaltend, ausgenommen Anzeigenblätter, Annoncen-Zeitungen und dergleichen, die überwiegend Werbung enthalten".
3. Die Klägerin meint, folgende Rechtsfrage sei von grundsätzlicher Bedeutung: "Verstößt der Gesetzestext in Art. 49b der Anlage zu § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG aufgrund Abgrenzungsschwierigkeiten gegen Art. 3 GG?"
Diese Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig.
Art. 3 des Grundgesetzes (GG) lautet:
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
Aus der Beschwerdeschrift ergibt sich nicht, inwiefern Nr. 49 Buchst. b der Anlage gegen Art. 3 GG verstoßen soll.
Es mag zwar sein, dass die Tatbestandsmerkmale "überwiegend" und "Werbung" in Nr. 49 Buchst. b der Anlage unbestimmte Rechtsbegriffe sind. Es ist aber allgemein anerkannt, dass sich der Gesetzgeber --insbesondere im Steuerrecht-- bei gesetzlichen Regelungen unbestimmter Rechtsbegriffe bedienen kann; er darf insbesondere bei Ordnung von Massenerscheinungen generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen; allerdings hat er dabei die Grundsätze der Normenklarheit und Justitiabilität zu beachten (vgl. z.B. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 31. Mai 1988 1 BvR 520/83, BVerfGE 78, 214). Der Senat sieht nicht, dass Nr. 49 Buchst. b der Anlage diesen Anforderungen nicht genügen könnte.
4. Die Revision ist auch nicht entsprechend dem Beschwerdebegehren der Klägerin zur Fortbildung des Rechts zuzulassen. Eine Zulassung der Revision zur Rechtsfortbildung kommt regelmäßig nicht in Betracht, wenn die aufgeworfene Frage bereits höchstrichterlich entschieden ist.
Der BFH hat in ständiger Rechtsprechung zu § 12 UStG die Auffassung vertreten, dass Annoncenzeitungen und dergleichen Druckschriften auch dann überwiegend "Werbezwecken dienen" oder "Werbung enthalten", wenn sie überwiegend Kleinanzeigen durch nichtgewerblich tätige Privatleute enthalten, mittels derer Interessenten für bestimmte Sachen oder Dienstleistungen gesucht werden (BFH-Urteile vom 20. Februar 1990 VII R 121/86, BFHE 160, 79, 81, BStBl II 1990, 761, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1990, 441; vom 26. Februar 1991 VII R 127/89, BFH/NV 1991, 779; vom 17. August 1993 VII R 34/93, BFH/NV 1994, 433; vom 2. April 1996 VII R 119/94, BFHE 180, 231, Umsatzsteuer-Rundschau 1996, 338; Beschluss vom 20. März 1998 V B 138/97, BFH/NV 1998, 1380).
Der Umstand, dass sich die Nichtbegünstigung dieser Zeitungen seit 1988 unmittelbar aus dem UStG ergibt, zuvor aber aus der Verweisung auf Nr. 49.02 des Zolltarifs ergab (vgl. die Urteilsanmerkung in HFR 1990, 442), macht keine Neudefinition der Begriffe "überwiegend" und "Werbung" notwendig (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 1998, 1380). Es gilt vielmehr grundsätzlich die alte Rechtsprechung weiter.
Soweit die Klägerin meint, es müsse bei den "Angebotsanzeigen" der Privatleute weiter differenziert werden (z.B. zwischen a) Verkaufsanzeigen, b) zu verschenken, c) Diverse), fehlt es bereits an der Darlegung, welche dieser Anzeigen nach Ansicht der Klägerin keine Werbung enthalten, und dass bei Zugrundelegung dieser Ansicht im Streitfall die Werbeanzeigen nicht überwögen.
Fundstellen