Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Gegenvorstellung gegen einen BFH-Beschluss
Leitsatz (NV)
- Der III. Senat lässt weiterhin offen, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen er einen Rechtsbehelf Gegenvorstellung anerkennen würde.
- Es fehlt bereits am schlüssigen Vortrag einer (offenkundigen) Verletzung des rechtlichen Gehörs durch das erkennende Gericht - hier den BFH -, wenn geltend gemacht wird, das FG - und nicht der BFH - habe das Recht auf Gehör verletzt.
- Auf Zweifel an der Richtigkeit der rechtlichen Würdigung in der angegriffenen Entscheidung kann eine Gegenvorstellung zulässigerweise nicht gestützt werden.
Normenkette
GG Art. 103 Abs. 1
Tatbestand
I. Das Finanzgericht (FG) hatte die Klage der Kläger, Beschwerdeführer und Antragsteller (Antragsteller) als unzulässig abgewiesen. Das Urteil war am 11. Dezember 1996 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 13. Januar 1997, beim FG am selben Tage mittels Fax um 18.40 Uhr eingegangen, hatten die Kläger Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt.
Der erkennende Senat hat diese Beschwerde mit Beschluss vom 19. März 1997 III B 8/97 (BFH/NV 1997, 696) als unzulässig verworfen, weil das Rechtsmittel entgegen Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) von der A Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft mbH (A), einer juristischen Person, eingelegt worden sei. Dies sei aus der Verwendung des Briefbogens der A, der Abfassung der Beschwerdeschrift in der "Wir-Form" sowie aus der Erteilung der Prozessvollmachten für die Gesellschaft zu schließen gewesen.
Hiergegen haben die ―nunmehr durch einen Steuerberater und Rechtsanwalt vertretenen― Antragsteller Gegenvorstellung erhoben. Zu deren Begründung haben sie ―soweit für die hier zu treffende Entscheidung überhaupt von Bedeutung― die Verletzung rechtlichen Gehörs gerügt und dazu im Wesentlichen ausgeführt:
Gehe man mit dem Bundesfinanzhof (BFH) davon aus, dass der Vertretungszwang bereits bei Einlegung einer Beschwerde zu beachten sei, dann hätte das FG nach Eingang des Rechtsmittels darauf hinweisen müssen, dass im Briefkopf der Firmenname der A aufgeführt sei. Mag dies von der Geschäftsstelle noch übersehen worden sein, so hätte es doch der betreffende Senatsvorsitzende oder der Berichterstatter bemerken müssen; es wäre dann Pflicht des Gerichts gewesen, insoweit weiter aufzuklären.
Da dies nicht geschehen sei, hätten die Antragsteller davon ausgehen können, die Postulationsfähigkeit sei gegeben gewesen. Sollte hingegen das Verhalten des FG nicht in diesem Sinne interpretiert werden können, so würde es schon überraschen, dass das FG in der Zeit von der Einlegung der Beschwerde am 13. Januar 1997 bis zu deren Abgabe an den BFH am 22. Januar 1997 keine Möglichkeit gesehen habe, wenigstens telefonisch auf die fehlende Postulationsfähigkeit hinzuweisen. Bei einem entsprechenden Hinweis wäre es noch vor Fristablauf möglich gewesen, den (angeblichen; wird näher begründet) Vertretungsmangel zu heilen.
Hätte also das FG das Recht auf Gehör (Art.103 Abs.1 des Grundgesetzes) gewahrt, wäre die Verwerfung der Beschwerde durch den BFH als unzulässig vermieden worden.
Entscheidungsgründe
II. Die Gegenvorstellung ist nicht statthaft.
Dabei kann der Senat (weiterhin) offen lassen, ob und unter welchen Voraussetzungen er einen derartigen Rechtsbehelf überhaupt anerkennen würde (siehe insoweit aus jüngerer Zeit z.B. den Beschluss vom 11. September 1996 III B 173/93, BFH/NV 1997, 242). Denn auch bei Annahme der ausnahmsweisen Zulässigkeit der Selbstkorrektur einer rechtskräftigen Entscheidung durch das erkennende Gericht (siehe hierzu z.B. den BFH-Beschluss vom 27. Juli 1999 VII B 300/98, BFH/NV 2000, 67) liegen die dafür erforderlichen Voraussetzungen im Streitfall eindeutig nicht vor.
Ausgehend von den von den Antragstellern angeführten Gründen käme hier als Aufhebungsgrund allenfalls eine offenkundige Verletzung des rechtlichen Gehörs durch das erkennende Gericht in Betracht (siehe insoweit z.B. die BFH-Beschlüsse vom 4. Mai 1998 I B 128/97, BFH/NV 1998, 1368, und in BFH/NV 2000, 67).
Insoweit fehlt es aber schon an einem schlüssigen Vortrag der Antragsteller. Sie machen geltend, das FG (und nicht der erkennende Senat) habe ihr Recht auf Gehör verletzt. Aber selbst wenn sie der Auffassung sein sollten, die behauptete Gehörsverletzung sei auch dem erkennenden Senat zuzurechnen, ist ihr Vortrag unsubstantiiert. Sie übersehen, dass die auf dem Briefbogen der A verfasste Beschwerdeschrift am letzten Tag der Rechtsmittelfrist des § 115 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ―per Fax― erst nach Dienstschluss beim FG eingegangen ist. Wie angesichts dieses Umstandes noch ein richterlicher oder auch Geschäftsstellen-Hinweis zu einer (fristgemäßen) Heilung der fehlenden Postulationsfähigkeit hätte führen können, haben die Antragsteller nicht ausgeführt und ist auch für den Senat nicht ersichtlich.
Die übrigen Ausführungen der Antragsteller betreffen die Richtigkeit der rechtlichen Würdigung des Senats in seinem angegriffenen Beschluss vom 19. März 1997. Darauf kann aber eine Gegenvorstellung zulässigerweise nicht gestützt werden. Eine willkürliche oder jeder gesetzlichen Grundlage entbehrende Entscheidung (siehe hierzu ebenfalls den BFH-Beschluss in BFH/NV 2000, 67) werfen die Antragsteller damit dem Senat selbst nicht vor.
Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen (BFH-Beschluss vom 27. Dezember 1994 X B 124/93, BFH/NV 1995, 534).
Fundstellen
Haufe-Index 425115 |
BFH/NV 2000, 867 |