Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerstrafverfahren, Pfändungsverfügungen und Finanzrechtsweg; außerordentliche Beschwerde
Leitsatz (NV)
- Zu diversen Gründen für die Nichtstatthaftigkeit einer Beschwerde sowohl als reguläre Beschwerde nach der FGO als auch als außerordentliche Beschwerde.
- Sind während eines laufenden Steuerstrafverfahrens durch die Steufa des FA zunächst Steuerbescheide von der sachlich zuständigen Veranlagungsstelle des FA und dann Pfändungsverfügungen von der Vollstreckungsstelle (Kassen- und Vollstreckungs-FA) erlassen worden, sind die Pfändungsverfügungen im Vollstreckungsverfahren nach der AO - und nicht im Steuerstrafverfahren - ergangen mit der Folge, dass sie vor dem FG anzufechten sind.
Normenkette
FGO § 33 Abs. 3, § 69 Abs. 3, § 70 S. 2, § 128 Abs. 1-4; GVG § 17a Abs. 3 S. 2
Tatbestand
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Finanzgericht (FG) nach Abtrennung eines anderen Verfahrens des Antragstellers und Beschwerdeführers (Antragsteller) aufgrund dessen Rüge den Finanzrechtsweg für zulässig erklärt und dessen Antrag auf Aufhebung der Vollziehung der beiden Pfändungsverfügungen vom 18. Mai und vom 31. Mai 1999, mit welcher der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt ―FA―) wegen Steuerschulden der Mutter des Antragstellers
a) das von diesem und seiner Mutter bei der A-Bank als Mitkontoinhaber unterhaltene Konto … in Beschlag genommen und in der Folge das auf dem Konto befindliche Guthaben in Höhe von … DM eingezogen hatte
b) sowie die Honoraransprüche der Mutter des Antragstellers gegen die … gepfändet und in der Folge daraus Beträge in Höhe von … DM und … DM eingezogen hatte,
kostenpflichtig abgelehnt und hiergegen die Beschwerde nicht zugelassen. Gleichzeitig hat das FG den Streitwert für das Verfahren auf … DM festgesetzt.
Das FG hielt den Finanzrechtsweg für gegeben, weil die Finanzverwaltung im Besteuerungsverfahren und damit in Abgabenangelegenheiten tätig geworden sei. Die den Pfändungen zugrunde liegenden Steuerbescheide seien nicht, wie vorgetragen, nichtig, da sie von der sachlich zuständigen Behörde, nämlich dem FA X als der für die Mutter des Antragstellers zuständigen Veranlagungsstelle, erlassen worden seien. Dieses FA habe nicht in seiner Eigenschaft als Steuerfahndungsstelle gehandelt, sondern als Veranlagungsbehörde lediglich die durch die Steuerfahndungsstelle dieser Behörde ermittelten Ergebnisse verwertet. Dies sei zulässig. Damit sei auch der Finanzrechtsweg eröffnet. Der Antrag auf Aufhebung der Vollziehung sei zwar statthaft, aber nicht zulässig, weil der Antragsteller nicht schlüssig dargelegt habe, dass das FA durch das Ausbringen der beiden gegen die Mutter des Antragstellers gerichteten Pfändungsverfügungen gegen Vollstreckungsnormen verstoßen habe, die auch dem Schutz des Antragstellers dienten.
Gegen diesen Beschluss des FG hat der Antragsteller außerordentliche Beschwerde eingelegt. Er ist der Ansicht, der angefochtene Beschluss beruhe auf einer Gesetzesauslegung, die offensichtlich dem Wortlaut und dem Zweck des Gesetzes widerspreche und die eine Gesetzesanwendung zur Folge habe, die durch das Gesetz ersichtlich ausgeschlossen werde. Er sieht den Fall im Steuerstrafverfahren angesiedelt, in dem nach § 33 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) weder die Zuständigkeit des FG mangels Zulässigkeit des Finanzrechtswegs noch die Befugnis der Finanzbehörden, Verwaltungsakte in Abgabenangelegenheiten sowie Pfändungsverfügungen zu erlassen, gegeben seien. Er begehrt die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und die Feststellung, dass das FG im Steuerstrafverfahren nicht zuständig sei.
Entscheidungsgründe
Das Rechtsmittel ist nicht statthaft und daher als unzulässig zu verwerfen.
1. Als im finanzgerichtlichen Verfahren eröffnete reguläre Beschwerde gemäß § 128 Abs. 1 FGO ist das eingelegte Rechtsmittel unter keinem Gesichtspunkt statthaft.
a) Die Beschwerde gegen die Verfahrensabtrennung ist nach § 128 Abs. 2 FGO ausgeschlossen.
b) Die Beschwerde gegen die vorab durch das FG ausgesprochene Feststellung, dass der beschrittene Rechtsweg zulässig sei (§ 155 FGO i.V.m. § 17a Abs. 3 Satz 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes), ist durch § 70 Satz 2 FGO ausgeschlossen.
c) Nach § 128 Abs. 3 Satz 1 FGO steht den Beteiligten die Beschwerde gegen die Entscheidung des FG über die Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung nach § 69 Abs. 3 FGO nur zu, wenn sie in der Entscheidung zugelassen worden ist. Das FG hat die Beschwerde in der angefochtenen Entscheidung nicht zugelassen und in den Gründen seines Beschlusses zum Ausdruck gebracht, dass die Voraussetzungen für eine Zulassung seiner Auffassung nach nicht vorliegen. Darüber hinaus hat es in der beigefügten Rechtsmittelbelehrung seine Entscheidung ausdrücklich für unanfechtbar erklärt. Eine Zulassung der Beschwerde durch den Bundesfinanzhof findet in einem solchen Fall nicht statt (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa Senatsbeschluss vom 14. März 1996 VII B 4/96, BFH/NV 1996, 629).
d) Ferner findet auch keine Beschwerde gegen die Kostenentscheidung als solche (§ 128 Abs. 4 Satz 1 FGO) sowie gegen die Streitwertfestsetzung statt. Letzteres ergibt sich aus § 25 Abs. 3 Satz 1 zweiter Halbsatz i.V.m. § 5 Abs. 2 Satz 3 des Gerichtskostengesetzes.
2. Die Beschwerde ist im Streitfall auch nicht als außerordentliche Beschwerde wegen greifbarer Gesetzeswidrigkeit statthaft.
a) Eine solche Beschwerde ist zwar in der FGO nicht vorgesehen, wird ausnahmsweise aber in Fällen, in denen ein Beschluss kraft Gesetzes unanfechtbar wird, dann für zulässig erachtet, wenn der Beschluss unter schwerwiegender Verletzung von Verfahrensvorschriften zustande gekommen ist oder auf einer Gesetzesauslegung beruht, die offensichtlich dem Wortlaut und dem Zweck des Gesetzes widerspricht und die eine Gesetzesanwendung zur Folge hat, die durch das Gesetz ersichtlich ausgeschlossen werden sollte (vgl. Senatsbeschluss vom 22. November 1994 VII B 144/94, BFH/NV 1995, 791, m.w.N.).
b) Der Senat kann im Streitfall dahingestellt sein lassen, ob eine solche "außerordentliche" Beschwerde auch für Fälle in Betracht kommt, in denen die Beschwerde nach § 128 Abs. 3 FGO oder in den anderen hier in Betracht kommenden Ausschlussfällen nicht statthaft ist. Denn die Voraussetzungen, unter denen eine solche Beschwerde ausnahmsweise zulässig sein könnte, sind im Streitfall nicht schlüssig dargelegt.
Der Antragsteller irrt, wenn er meint, die gegen seine Mutter ausgebrachten Pfändungsverfügungen seien unzulässigerweise im Steuerstrafverfahren ergangen. Wie der Senat bereits in seinem Beschluss vom 7. Januar 2000 VII B 292/99 in dem von der Mutter des Antragstellers betriebenen parallelen Beschwerdeverfahren hinsichtlich einer der beiden im Streit befindlichen Pfändungsverfügungen ausgeführt hat, kommt § 33 Abs. 3 FGO im Streitfall nicht zum Zuge, weil, wie das FG festgestellt und auch im vorliegenden Verfahren erneut bestätigt hat, die den Pfändungsverfügungen zugrunde liegenden Steuerbescheide von der sachlich zuständigen Veranlagungsstelle beim FA X und nicht etwa von der Steuerfahndungsstelle im Steuerstrafverfahren erlassen worden sind. Entsprechend sind die angefochtenen Pfändungsverfügungen zutreffend im Vollstreckungsverfahren nach der Abgabenordnung (AO 1977) durch das FA (Kassen- und Vollstreckungs-FA Y) erlassen worden. Daraus folgt die Zulässigkeit des Finanzrechtswegs und die Entscheidungszuständigkeit des FG. Die vom Antragsteller als Ausfluss seiner irrigen Rechtsansicht behauptete schwerwiegende Verletzung von Verfahrensvorschriften liegt damit nicht vor.
Fundstellen
Haufe-Index 425024 |
BFH/NV 2000, 868 |