Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert bei Antrag auf vierteljährliche statt monatliche Umsatzsteuervoranmeldung
Leitsatz (NV)
1. Bei Streitigkeiten, in denen es lediglich um Verschiebung einer (dem Grund und der Höhe nach anerkannten) Steuerschuld von einem Besteuerungszeitraum auf einen späteren Besteuerungszeitraum geht, ist der Streitwert geringer anzusetzen als dieser Steuerbetrag.
2. Es ist nicht zu beanstanden, wenn der Streitwert in einem solchen Fall gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG nach dem finanziellen Vorteil bei einer späteren Zahlung nach dem Grundsatz der Verzinsung der Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ermittelt wird (entsprechend § 238 AO 1977 mit 0,5 v. H. je Monat).
Normenkette
GKG § 13
Tatbestand
Die Kostenschuldnerin und Erinnerungsführerin (Erinnerungsführerin) hatte vor dem Finanzgericht (FG) erfolglos gegen eine Anordnung des Finanzamts (FA) geklagt, ab Januar 1989 wieder monatliche Umsatzsteuervoranmeldungen abzugeben, nachdem das FA mit Wirkung ab September 1988 auf monatliche Abgabe verzichtet hatte. Die Aufforderung beruht darauf, daß die Erinnerungsführerin im Januar 1989 Grundstücke bzw. Grundstücksteile um (brutto) . . . DM veräußert hatte. Das FA setzte daraus Umsatzsteuer in Höhe von . . . DM mit Vorauszahlungsbescheid vom 9. März 1989 für Januar 1989 fest. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Erinnerungsführerin wies der Bundesfinanzhof (BFH) als unbegründet zurück.
Die Kostenstelle des BFH forderte mit Kostenrechnung vom 12. Juli 1990 für dieses Beschwerdeverfahren einen Gebührenbetrag von . . . DM aus einem Streitwert von . . . DM. Die Kostenstelle übernahm dabei die Streitwertermittlung des FA, auf die sie Bezug nahm (Schreiben des FA vom 5. Juli 1990). In diesem Schreiben vertrat das FA die Auffassung, durch die Rechtsprechung sei noch nicht eindeutig geklärt, wie der Streitwert zu berechnen sei, wenn die Steuer bei Vorauszahlungen dem Grunde und der Höhe nach anerkannt werde, der Steuerpflichtige aber einen späteren Besteuerungszeitraum erreichen wolle. Das FA ging dabei von dem Zinsvorteil als Streitwert aus, der dem Steuerpflichtigen bei der Verschiebung der Fälligkeit entstanden wäre. Nach dem Antrag der Erinnerungsführerin, auf die Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen zu verzichten, wäre die Zahllast erst in der Umsatzsteuer-Jahreserklärung, die gemäß § 149 der Abgabenordnung (AO 1977) bis zum 31. Mai 1990 abzugeben gewesen wäre, erfaßt worden. Für eine Zeitspanne von 15 Monaten (Fälligkeit der Umsatzsteuer-Vorauszahlung Januar 1989 am 20. März 1989 bis zur Fälligkeit der Jahressteuer am 30. Juni 1990) errechnete das FA entsprechend § 238 AO 1977 unter Anwendung eines Zinssatzes von 0,5 v. H. auf die Umsatzsteuer in Höhe von . . . DM den Streitwert mit . . . DM.
Dieser Streitwertermittlung tritt die Erinnerungsführerin entgegen mit der Begründung, Gegenstand ihres Antrags sei es nicht gewesen, daß das FA auf die Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen verzichte, sondern daß für sie das Kalendervierteljahr als gesetzlich vorgesehener Voranmeldungszeitraum gelte. Es sollte festgestellt werden, ob das FA berechtigt gewesen sei, zur Sicherung des Steueranspruchs anzuordnen, daß anstelle des Kalendervierteljahres der Kalendermonat Voranmeldungszeitraum sei.
Folge man der Auffassung, der Zinsvorteil sei als Streitwert anzusehen, dürfe nur die Zeit zwischen Fälligkeit der Umsatzsteuervoranmeldung Januar 1989 am 20. März 1989 bis zur Fälligkeit der Vorauszahlung für das erste Vierteljahr 1989 am 10. April 1989 angesetzt werden. Der Zinsvorteil betrage somit nur 0,5 v. H. für einen Monat, also . . . DM.
Ergänzend werde darauf hingewiesen, daß das FG zu diesem Verfahren den Streitwert auf . . . DM angesetzt habe.
Das FA hält dem entgegen, es habe gegenüber der Erinnerungsführerin mit dem Schreiben vom 29. August 1988 mitgeteilt, auf die Aufgabe monatlicher Voranmeldungen werde verzichtet und sämtliche Umsätze seien in der Umsatzsteuer-Jahreserklärung zu erfassen. Das habe einen Verzicht des FA auf die Abgabe vierteljährlicher Voranmeldungen bedeutet.
Entscheidungsgründe
Die Erinnerung ist begründet.
Die Gebühr für das Beschwerdeverfahren vor dem BFH wird antragsgemäß herabgesetzt.
Bei Streitigkeiten, in denen es lediglich um die Verschiebung einer (dem Grund und der Höhe nach anerkannten) Steuerschuld von einem Besteuerungszeitraum auf einen späteren Besteuerungszeitraum geht, ist nach der Rechtsprechung des BFH der Streitwert geringer festzusetzen als der (dem Grunde nach anerkannte) Steuerbetrag, dessen Festsetzungsverschiebung begehrt wird. Im Beschluß vom 14. Dezember 1970 IV B 87/70 (BFHE 101, 41, BStBl II 1971, 206 letzter Absatz), hat der BFH (außerhalb der die Entscheidung tragenden Gründe) ausgeführt, in einem solchen Fall könnte das finanzielle Interesse nach dem finanziellen Vorteil zu bemessen sein, der darin bestehe, später zahlen zu müssen. Unter Berufung auf diesen Beschluß hat der Senat mit einem nicht veröffentlichten Beschluß vom 11. Dezember 1975 V B 46/74 eine Streitwertbemessung in Höhe von 10 v. H. aus der festgesetzten Steuer für angemessen erachtet.
Diese zu § 140 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) a. F. ergangene Rechtsprechung ist auch zur Auslegung des jetzt maßgeblichen § 13 des Gerichtskostengesetzes (GKG) heranzuziehen.
Nach Absatz 1 dieser Vorschrift ist in Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit und der Finanzgerichtsbarkeit der Streitwert (,,vorbehaltlich der folgenden Vorschriften") nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der bisherige Sach- und Streitgegenstand hierfür keine genügenden Anhaltspunkte, so ist ein Streitwert von 6 000 DM anzunehmen.
Absatz 2 der Vorschrift lautet: Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt, so ist deren Höhe maßgebend.
Nach den wiedergegebenen Rechtsprechungsgrundsätzen ist es nicht zu beanstanden, daß FA und Kostenstelle nicht gemäß § 13 Abs. 2 GKG den Steuerbetrag und auch nicht gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG einen Streitwert von 6 000 DM für einschlägig gehalten haben, sondern den Streitwert gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG nach dem finanziellen Vorteil bei einer späteren Zahlung nach dem Grundsatz der Verzinsung der Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (entsprechend § 238 AO 1977 mit 0,5 v. H. je Monat) ermittelt haben.
Die in der Kostenrechnung angesetzte Gebühr war jedoch herabzusetzen, weil das finanzielle Interesse der Erinnerungsführerin an der Verschiebung der Steuerzahlung, wie es sich nach dem FG-Urteil für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde vor dem BFH ergibt, nach einem kürzeren Zeitraum als angenommen zu bemessen ist, nämlich dem von der Erinnerungsführerin angegebenen.
In der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde führte die Erinnerungsführerin aus, nach dem Urteil des FG stehe fest, daß sie 1989 grundsätzlich gemäß § 18 Abs. 2 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1980 verpflichtet gewesen sei, ihre Umsatzsteuervoranmeldungen vierteljährlich abzugeben. Das FG habe zutreffend ausgeführt, daß das FA befugt gewesen sei, zur Sicherung des Steueranspruchs anzuordnen, daß anstelle des Kalendervierteljahres der Kalendermonat Voranmeldungszeitraum sei (§ 18 Abs. 2 Satz 2 UStG 1980). Die Beschwerdebegründung ergibt, daß die Erinnerungsführerin Zulassung der Revision nur in bezug auf die Frage, ob das FA das ihm nach § 18 Abs. 2 Satz 2 UStG 1980 eingeräumte Ermessen zur Verkürzung des Voranmeldungszeitraums vom Vierteljahr auf den Kalendermonat ausgeübt hatte. Inwieweit die Erinnerungsführerin in den Verfahren vor dem FA und dem FG ein anderes Interesse gehabt haben könnte, braucht hier für die Nichtzulassungsbeschwerde nicht geprüft zu werden.
Antragsgemäß war somit von einem Zinsvorteil von . . . DM auszugehen. Daraus ergibt sich eine Gebühr von . . . DM.
Fundstellen