Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsätzliche Bedeutung; Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung; Verletzung der Amtsermittlungspflicht; Zuordnung von Objekten zum Betriebsvermögen eines gewerblichen Grundstückshandels
Leitsatz (NV)
1. Für die Zuordnung von Objekten zu einem gewerblichen Grundstückshandel ist auf dieselben Beweisanzeichen zurückzugreifen, wie sie für die Annahme eines Grundstückshandels von der Rechtsprechung entwickelt worden sind.
2. Auch ein gewerblicher Grundstückshändler kann nachweisen, dass er ein oder mehrere Grundstücke in seinem Privatvermögen hält. Geschäftsvorfälle sind entsprechend ihrer jeweiligen Veranlassung dem betrieblichen oder dem außerbetrieblichen Bereich zuzuordnen. Sogar geschäftstypische Vorgänge können in den privaten Bereich ausgesondert werden, sofern eine entsprechende Veranlassung gegeben und die abweichende Zuordnung klar und eindeutig vorgenommen worden ist.
3. Die bloße unrichtige Würdigung des Sachverhalts und eine unzutreffende Anwendung höchstrichterlicher Rechtsprechung macht allein noch keine Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung notwendig, es sei denn es handelt sich um einen schwerwiegenden Rechtsanwendungsfehler.
4. Zur ordnungsgemäßen Rüge der Verletzung der Amtsermittlungspflicht bedarf es der Darlegung, welche Fragen tatsächlicher Art aufklärungsbedürftig waren, welche Beweismittel zu welchem Beweisthema das FG ungenutzt gelassen hat, warum der Beschwerdeführer nicht von sich aus einen entsprechenden Beweisantrag gestellt hat, warum sich die Notwendigkeit der Beweiserhebung auf der Grundlage der insoweit maßgebenden materiell-rechtlichen Auffassung dem FG gleichwohl hätte aufdrängen müssen und inwieweit die als unterlassen gerügte Beweiserhebung zu einer anderen Entscheidung hätte führen können. Schließlich ist auch vorzutragen, dass die Voraussetzungen für die Annahme eines Rügeverzichts nicht vorliegen.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4, § 15 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2; FGO § 76 Abs. 1 S. 1, § 115 Abs. 2 Nrn. 1-3, § 116 Abs. 3 S. 3; GG Art. 3 Abs. 1; ZPO § 295
Verfahrensgang
Niedersächsisches FG (Urteil vom 29.06.2004; Aktenzeichen 15 K 925/99) |
Gründe
Von der Darstellung des Tatbestandes sieht der Senat nach § 116 Abs. 5 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ab.
Die Beschwerde ist unzulässig und durch Beschluss zu verwerfen (§ 132 FGO).
Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) haben innerhalb der Begründungsfrist nach § 116 Abs. 3 Satz 1 FGO keine Zulassungsgründe i.S. von § 115 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 FGO entsprechend den gesetzlichen Anforderungen gemäß § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargetan.
1. a) Die Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) verlangt substantiierte Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit einer hinreichend bestimmten Rechtsfrage, die im konkreten Streitfall voraussichtlich auch klärbar ist und deren Beurteilung von der Beantwortung einer zweifelhaften oder umstrittenen Rechtsfrage abhängig ist. Hierzu muss sich der Beschwerdeführer insbesondere mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), den Äußerungen im Schrifttum sowie mit ggf. veröffentlichten Verwaltungsmeinungen auseinander setzen.
Ist über die Rechtsfrage bereits entschieden worden, so ist zusätzlich darzulegen, weshalb eine erneute Entscheidung für erforderlich gehalten wird. Eine weitere bzw. erneute Klärung der Rechtsfrage kann z.B. geboten sein, wenn gegen die bisherige Rechtsprechung gewichtige Einwendungen erhoben worden sind, mit denen sich der BFH bislang noch nicht auseinander gesetzt hat.
Ferner ist auf die Bedeutung der Klärung der konkreten Rechtsfrage für die Allgemeinheit einzugehen (BFH-Beschluss vom 17. August 2004 III B 121/03, BFH/NV 2005, 46, m.w.N.).
Mit der Behauptung, das angefochtene Urteil sei sachlich unrichtig, wird überdies keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargetan (BFH-Beschluss vom 4. Juli 2002 IX B 169/01, BFH/NV 2002, 1476).
b) Es ist bereits zweifelhaft, ob die Kläger innerhalb der Begründungsfrist überhaupt eine bestimmte klärungsbedürftige Rechtsfrage hinreichend substantiiert bezeichnet haben. Jedenfalls fehlen notwendige Ausführungen zum Klärungsbedarf.
In dem auch von den Klägern angeführten Beschluss des Großen Senats des BFH vom 10. Dezember 2001 GrS 1/98 (BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291) wird ausgeführt, die Drei-Objekt-Grenze stelle keine Freigrenze dar. Vielmehr könne auch bei der Veräußerung von weniger als vier Objekten aufgrund besonderer Umstände auf eine gewerbliche Betätigung geschlossen werden. Lediglich beispielhaft erwähnt der Große Senat unter Hinweis auf das BFH-Urteil vom 11. Juni 1997 XI R 71/96 (BFH/NV 1997, 839) als einen für eine gewerbliche Betätigung sprechenden Umstand, dass das Bauunternehmen für den das Grundstück bebauenden Steuerpflichtigen erhebliche Leistungen erbracht habe, die nicht wie unter Fremden abgerechnet worden seien (Anschluss im BFH-Urteil vom 18. September 2002 X R 5/00, BFHE 200, 512, BStBl II 2003, 286 zum Grundstückshandel bei nur zwei Objekten).
Insgesamt handelt es sich um Indizienbeweise, bei denen zwar die Zahl der Objekte und der zeitliche Abstand der maßgebenden Tätigkeiten (Anschaffung, Bebauung, Verkauf) für die Beurteilung, ob eine gewerbliche Betätigung gegeben ist, gewichtige Beweisanzeichen darstellen, aber ebenso weitere Umstände dafür oder dagegen sprechen können (vgl. auch BFH-Urteil vom 12. Dezember 2002 III R 20/01, BFHE 200, 388, BStBl II 2003, 297, m.w.N.).
Für die Zuordnung von Objekten zu einem gewerblichen Grundstückshandel bzw. zu einem Gewerbebetrieb wird in ständiger Rechtsprechung ebenfalls auf diese Beweisanzeichen zurückgegriffen. Die Motive für die Veräußerung sind hingegen in der Regel unbeachtlich (vgl. BFH-Urteil in BFHE 200, 388, BStBl II 2003, 297).
Ob Tatsachen vorhanden sind, die das für gewerblichen Grundstückshandel sprechende Indiz der zeitnahen Veräußerung widerlegen können, hat das Finanzgericht (FG) im Einzelfall zu prüfen. Welche Tatsachen für eine Widerlegung geeignet sind und welches Gewicht ihnen für die Entscheidung des Streitfalls beizumessen ist, ist somit Gegenstand der Tatsachen- und Beweiswürdigung des FG (BFH-Urteil in BFHE 200, 388, BStBl II 2003, 297, m.w.N.).
Der Senat hat in dieser Entscheidung insbesondere eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes nach Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verneint, weil auch ein gewerblicher Grundstückshändler nachweisen kann, dass er ein oder mehrere Grundstücke in seinem Privatvermögen hält. Geschäftsvorfälle sind entsprechend ihrer jeweiligen Veranlassung dem betrieblichen oder dem außerbetrieblichen Bereich zuzuordnen. Sogar sog. geschäftstypische Vorgänge können in den privaten Bereich ausgesondert werden, sofern eine entsprechende Veranlassung gegeben und eine abweichende Zuordnung klar und eindeutig vorgenommen worden ist (BFH-Urteil in BFH/NV 1997, 839). In dieser Entscheidung hat der BFH überdies klargestellt, dass es an einer Unterscheidung zwischen der Klägerin als privater Bauherrin und Verkäuferin einerseits und als Bauunternehmerin andererseits gefehlt habe und sie auch keine Zahlungen an ihre Firma für die Errichtung des Bürogebäudes geleistet habe.
Im Beschluss vom 17. Dezember 2002 X B 189/01 (BFH/NV 2003, 634) hat der BFH gleichfalls ausgeführt, dass dann, wenn ein Steuerpflichtiger ein grundstücksbezogenes Gewerbe betreibe, nach den allgemeinen Grundsätzen zu prüfen sei, ob aufgrund der einen Gewerbebetrieb kennzeichnenden Merkmale ein sachlicher Zusammenhang mit dem Gewerbebetrieb bestehe.
Die Kläger haben auf der Grundlage der vorhandenen höchstrichterlichen Rechtsprechung keinen weiteren --abstrakten-- Klärungsbedarf einer bestimmten Rechtsfrage dargetan, sondern sich im Kern lediglich in der Art einer Revisionsbegründung gegen die Richtigkeit der Rechtsanwendung durch das FG gewendet.
2. Ebenso wenig haben die Kläger den Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO dargetan. Die Kläger behaupten, die angefochtene Entscheidung des FG stehe im Widerspruch zu bereits ergangenen Entscheidungen des BFH.
a) Für eine zulässige Rüge der Divergenz im engeren Sinne fehlt es indes bereits an einer Gegenüberstellung tragender, sich widersprechender abstrakter Rechtssätze im angefochtenen Urteil des FG einerseits und in den angeblichen Divergenzentscheidungen des BFH andererseits (zu diesem Erfordernis BFH-Beschluss vom 26. März 2003 III B 92/02, BFH/NV 2003, 939, 940).
Das FG hat überdies die Maßstäbe des Großen Senats des BFH und des dort in Bezug genommenen weiteren Urteils des BFH ausdrücklich dem angefochtenen Urteil zugrunde gelegt. Im Urteil des BFH in BFH/NV 1997, 839 war die Klägerin ebenfalls Inhaberin eines Baugeschäftes und einer Tischlerei und hatte ein von ihr erworbenes Grundstück mit einem Bürohaus bebaut. Selbst wenn das FG die in den vorgenannten BFH-Entscheidungen entwickelten Grundsätze im Streitfall fehlerhaft angewandt hätte, so hat es jedenfalls keinen abweichenden abstrakten tragenden Rechtssatz gebildet. Im Übrigen handelt es sich lediglich um ein Indiz, das im Streitfall im Zusammenhang mit weiteren Umständen vom FG gewürdigt worden ist.
b) Soweit die Kläger eine unrichtige Würdigung des Sachverhalts und eine unzutreffende Anwendung der höchstrichterlichen Rechtsprechung rügen, wird damit gleichfalls nicht die Notwendigkeit einer Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dargetan. Eine derartige Rüge betrifft materiell-rechtliche Fehler, die nicht zur Zulassung der Revision führen, es sei denn, es handelt sich um offensichtliche Rechtsanwendungsfehler von erheblichem Gewicht im Sinne einer willkürlichen oder greifbar gesetzwidrigen Entscheidung. Für einen derartig schwerwiegenden, qualifizierten Rechtsanwendungsfehler haben die Kläger indes nichts vorgetragen (vgl. BFH-Beschluss vom 28. Juli 2003 III B 125/02, BFH/NV 2003, 1445, m.w.N.).
3. Die Kläger beanstanden schließlich, das FG sei seiner Aufklärungspflicht gemäß § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO nicht hinreichend nachgekommen.
a) Die Kläger meinen, das FG hätte weitere Beweise erheben müssen, wenn es die Aussage des Klägers, nur mit Rücksicht auf den Gesundheitszustand der Klägerin sei der Entschluss zum Erwerb des Grundstücks in X gefasst worden, nicht für glaubhaft angesehen habe.
Zur ordnungsgemäßen Rüge der Verletzung der Amtsermittlungspflicht bedarf es der Darlegung, welche Fragen tatsächlicher Art aufklärungsbedürftig waren, welche Beweismittel zu welchem Beweisthema das FG ungenutzt ließ, warum der Beschwerdeführer nicht von sich aus einen entsprechenden Beweisantrag gestellt hat, warum sich die Notwendigkeit der Beweiserhebung gleichwohl dem FG auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung hätte aufdrängen müssen und inwieweit die als unterlassen gerügte Beweiserhebung zu einer anderen Entscheidung hätte führen können. Des Weiteren muss dargelegt werden, dass der Beschwerdeführer die nach seiner Ansicht unzulängliche Sachaufklärung vor dem FG gerügt hat oder ihm eine solche Rüge nicht möglich gewesen sei. Ausführungen dieser Art sind für die Rüge mangelnder Sachaufklärung erforderlich, weil die Verletzung einer das Verfahren betreffenden Vorschrift nicht mehr im Rechtsmittelverfahren gerügt werden kann, wenn der Beteiligte sie vor dem Tatsachengericht nicht beanstandet hat, obwohl er dazu Gelegenheit hatte und ihm der behauptete Mangel bekannt war oder hätte bekannt sein müssen (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung; BFH-Beschluss vom 29. Januar 2003 XI B 186/01, BFH/NV 2003, 794).
Im Schriftsatz vom 25. Juni 2004 an das FG hatten die Kläger angekündigt, zum Termin die umfangreiche Krankenakte der Ehefrau zu präsentieren, aus welcher sich ersehen lasse, dass die seinerzeit von den Klägern getroffenen Dispositionen aus unabwendbaren Gründen hätten geändert werden müssen.
Die in der mündlichen Verhandlung am 29. Juni 2004 durch die Prozessvertreter vertretenen Kläger haben ausweislich der Sitzungsniederschrift von der Vorlage dieser Unterlagen abgesehen. Die Kläger haben nicht vorgetragen, warum ihr Prozessvertreter entgegen seiner Ankündigung auf die Vorlage dieser Unterlagen verzichtet hat, obwohl der Kläger in der mündlichen Verhandlung persönlich den diesbezüglichen Sachverhalt vorgetragen hat.
Die Kläger haben auch nicht vorgetragen, welche weiteren Beweismittel überhaupt noch in Betracht gekommen wären, welches Ergebnis eine eventuelle Beweisaufnahme gehabt hätte und inwieweit die angefochtene Entscheidung auf der unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann.
b) Das FG hat den Hinweis der Kläger auf die anlässlich der Besichtigung des Rohbaus gewonnene Erkenntnis, dass die bauliche Gestaltung der Doppelhaushälften (Aufteilung der Wohnfläche auf drei Ebenen) nicht den Wohnbedürfnissen der wegen einer fortschreitenden Rückenerkrankung stark gehbehinderten Ehefrau entsprechen werde, entgegen der klägerischen Behauptung inhaltlich korrekt wiedergegeben, jedoch aufgrund weiterer Umstände nicht als glaubhaft gewertet.
Eine als unzutreffend angesehene Beweiswürdigung stellt indes allenfalls einen materiell-rechtlichen Fehler des angefochtenen Urteils dar, der nicht mit einer Verfahrensrüge zur Zulassung der Revision führen kann (BFH-Beschluss vom 29. April 2003 X B 62/02, BFH/NV 2003, 1087).
c) Soweit die Kläger weiterhin beanstanden, das FG habe den Veräußerungs- bzw. Entnahmegewinn nicht zutreffend ermittelt, wenden sie sich ebenfalls gegen die sachliche Richtigkeit des Urteils, was indes nicht zur Zulassung der Revision führt, sondern allenfalls im Rahmen einer zugelassenen Revision überprüft werden könnte.
Es bedarf keiner weiteren Prüfung, ob die Kläger ihrerseits ihren Mitwirkungspflichten hinreichend nachgekommen sind, nachdem sie trotz einer vom Berichterstatter gemäß § 79b Abs. 2 FGO erlassenen Verfügung vom 27. Mai 2004, die im Rahmen der Außenprüfung vom Kläger beigebrachte Aufstellung über die Höhe und die Zusammensetzung der Herstellungskosten für beide Doppelhaushälften (dazu auch Einspruchsentscheidung vom 25. Oktober 1999) vorzulegen, nicht entsprochen haben.
Fundstellen
Haufe-Index 1351800 |
BFH/NV 2005, 1086 |