Leitsatz (amtlich)
1. Für den Antrag auf Bestimmung des Streitwerts durch das Prozeßgericht besteht auch dann ein Rechtsschutzbedürfnis, wenn der Kostenbeamte vorher beim Kostenansatz (§ 4 Abs. 1 GKG) den Streitwert festgesetzt hatte.
2. Die erstmalige Festsetzung des Streitwerts durch das Prozeßgericht ist auch nach Ablauf der in § 25 Abs. 1 Satz 4 GKG vorgesehenen Frist von sechs Monaten zulässig.
2. Der Streitwert bei Anträgen auf Zulassung zum Seminar gemäß § 157 StBerG beträgt 8 000 DM.
Normenkette
GKG §§ 4-5, 13, 25; FGO § 149; StBerG § 157
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten bestand Streit darüber, ob der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) gemäß § 157 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) zum Seminar zuzulassen sei. Das Finanzgericht (FG) stellte eine dahin gehende Verpflichtung der Beklagten und Revisionsklägerin (Steuerberaterkammer - Kammer -) fest. Der Senat wies mit Urteil vom 10. Mai 1977 die dagegen eingelegte Revision der Kammer zurück und erlegte dieser die Kosten des Revisionsverfahrens auf. In seiner an die Kammer gerichteten Kostenrechnung vom 10. Oktober 1977 legte der Kostenbeamte der Berechnung der Gerichtskosten einen Streitwert von 8 000 DM zugrunde.
Mit Schriftsatz vom 30. Juni 1978 beantragte der Kläger, den Streitwert für das Vorverfahren und für die Verfahren vor dem FG und dem Bundesfinanzhof (BFH) auf 100 000 DM festzusetzen.
Entscheidungsgründe
Dem Antrag des Klägers, den Streitwert auch für das Vorverfahren und für das Verfahren vor dem FG festzusetzen, kann nicht entsprochen werden. Nach § 25 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) n. F. ist der BFH als Prozeßgericht nur für die Festsetzung des Streitwerts des Revisionsverfahrens zuständig (vgl. BFH-Beschluß vom 9. November 1976 VII R 22/76, BFHE 120, 164, BStBl II 1977, 42).
Dagegen war dem Antrag auf Festsetzung des Streitwerts für das Revisionsverfahren - allerdings nicht in der vom Kläger beantragten Höhe - zu entsprechen.
Nach ständiger Rechtsprechung des BFH zu § 146 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) a. F. ist Voraussetzung für die Festsetzung des Streitwerts, daß dafür ein Rechtsschutzbedürfnis besteht. Dieses kann grundsätzlich nicht schon deshalb verneint werden, weil auch der Urkundsbeamte des Gerichts den Streitwert im Rahmen der Kostenfestsetzung (§ 149 FGO) festsetzen konnte (vgl. BFH-Beschlüsse vom 10. März 1972 III B 28/70, BFHE 105, 89, BStBl II 1972, 492, und vom 11. Dezember 1974 I B 46/74, BFHE 115, 1, BStBl II 1975, 385). Das ist im Beschluß III B 28/70 damit begründet worden, daß die Auslegung nach dem Wortlaut, aber auch nach dem Sinn und Zweck des § 146 FGO a. F. über die Streitwertfestsetzung und der §§ 147, 149 FGO a. F. eine solche Annahme verbiete, weil der Rechtsmittelzug für Einwendungen gegen den Kostenansatz und die Festsetzung der zu erstattenden Aufwendungen, auch soweit sich diese gegen den vom Kostenbeamten festgesetzten Streitwert richten, ein anderer war (gemäß §§ 148 Abs. 1 und 149 Satz 2 FGO a. F. war die Erinnerung gegeben) als der für die Anfechtung einer richterlichen Streitwertfestsetzung (dagegen war die Beschwerde gegeben, vgl. § 146 Abs. 3 FGO a. F.). An diesem unterschiedlichen Rechtsmittelzug hat sich auch nach dem Inkrafttreten des Zweiten Kostenänderungsgesetzes vom 20. August 1975 (BGBl I, 2189) und dem damit verbundenen Fortfall der §§ 146 bis 148 FGO a. F. nichts geändert (vgl. zum Kostenansatz § 5 Abs. 1 GKG und zur Kostenfestsetzung § 149 FGO einerseits und zur Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren § 25 Abs. 2 GKG andererseits). An den Grundsätzen der obengenannten Rechtsprechung zur Frage des Rechtsschutzbedürfnisses zu § 146 Abs. 1 FGO a. F. ist danach auch hinsichtlich § 25 GKG festzuhalten. Der Zulässigkeit des Antrags steht deshalb nicht entgegen, daß der Kostenbeamte beim Kostenansatz (§ 4 GKG) bereits einen bestimmten Streitwert zugrunde gelegt hat.
Der Antrag auf Wertfestsetzung kann nicht deshalb als unzulässig angesehen werden, weil er erst mehr als ein Jahr nach rechtskräftigem Abschluß des Rechtsstreits gestellt worden ist. Nach § 25 Abs. 1 Satz 2 GKG besteht für den Antrag keine Befristung. Die erstmalige Festsetzung des Streitwerts durch das Prozeßgericht ist auch nach Ablauf der in § 25 Abs. 1 Satz 4 GKG vorgesehenen Frist von sechs Monaten zulässig (Lappe, Gerichtskostengesetz, 1975, § 25 Rdnr. 20). Diese Frist ist nur dann von Bedeutung, wenn die Festsetzung von dem Gericht, das sie getroffen hat, und vom Rechtsmittelgericht als Gericht der Hauptsache oder als Rechtsmittelinstanz nach Anfechtung der Streitwertfestsetzung, des Kostenansatzes oder der Kostenfestsetzung geändert werden soll.
Für die Festsetzung des Streitwerts besteht für den Kläger ein Rechtsschutzbedürfnis. Das Begehren des Klägers war darauf gerichtet, zum Seminar gemäß § 157 StBerG zugelassen zu werden. Der dieses Begehren betreffende Streitwert kann nicht beziffert werden. Es gibt zu dieser Frage auch noch keine Rechtsprechung des erkennenden Senats.
Für die Festsetzung des Streitwerts ist § 13 GKG in dessen Neufassung vom 15. Dezember 1975 (BGBl I, 3047) maßgebend. Der Streitwert ist grundsätzlich nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Wenn der bisherige Sach- und Streitstand hierfür keine genügenden Anhaltspunkte bietet, so ist ein Streitwert von 4 000 DM anzunehmen. Der erkennende Senat hat zu § 140 Abs. 3 FGO a. F. (unter dessen Geltung der Streitwert ebenfalls unter Berücksichtigung der Sachanträge der Beteiligten nach freiem Ermessen zu bestimmen war) sich bei Streitigkeiten um die Zulassung zur Steuerbevollmächtigten- bzw. Steuerberaterprüfung an einem der allgemeinen Bedeutung einer solchen Streitigkeit Rechnung tragenden Geldbetrag orientiert (vgl. Beschluß vom 3. Februar 1976 VII B 54/75, BFHE 118, 145, BStBl II 1976, 383; Urteil vom 23. März 1976 VII R 106/73, BFHE 18, 503, BStBl II 1976, 459) und einen Streitwert in Höhe von 8 000 DM für angemessen erachtet. Die für diese Festsetzung maßgebenden Überlegungen, an denen der Senat festhält, sind auch bei der Festsetzung des Streitwerts gemäß § 13 Abs. 1 GKG maßgebend. Insbesondere besteht kein Anlaß, den Wert des Streitgegenstandes bei der Zulassung von Steuerbevollmächtigten zum Seminar gemäß § 157 StBerG anders zu bewerten als bei der Zulassung zur Prüfung als Steuerberater. Die Zulassung zu einer berufsfördernden Prüfung ist immer von erheblicher Bedeutung für den Antragsteller, so daß eine Festsetzung des Streitwerts gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG auf nur 4 000 DM nicht in Betracht kommen kann.
Andererseits erscheint ein höherer Wert als 8 000 DM dem Senat nicht angemessen. Der Kläger weist zur Begründung des von ihm für angemessen gehaltenen Streitwerts von 100 000 DM darauf hin, daß er nach der Bestellung zum Steuerberater das Wirtschaftsprüferexamen 14 Monate früher habe einplanen können. Bei Stellung des Antrages ist aber in keinem Fall abzusehen, ob die Prüfung bestanden und wie sich die berufliche Entwicklung im einzelnen gestalten wird, so daß diese Umstände bei der Feststellung der Bedeutung des Antrages für den Kläger nicht berücksichtigt werden können.
Fundstellen
Haufe-Index 413369 |
BStBl II 1978, 599 |
BFHE 1979, 353 |