Entscheidungsstichwort (Thema)
Inhaltliche Anforderungen an ein Wiedereinsetzungsgesuch
Leitsatz (NV)
Zur Begründung eines Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand genügt es nicht, darzulegen, daß der verspätet beim Finanzgericht eingegangene Revisionsschriftsatz von dem Steuerberater des Revisionsklägers rechtzeitig diktiert und zur Post gebracht worden sei; vielmehr muß darüber hinaus auch noch dargetan werden, daß in dem Büro des Steuerberaters eine Ausgangskontrolle eingerichtet war.
Normenkette
FGO § 56 Abs. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) wendet sich gegen die Gewinnfeststellungen 1979 und 1980. Ihre Klage wurde vom Finanzgericht (FG) abgewiesen. Das FG hat die Revision durch gesonderten Beschluß vom 3. März 1987 zugelassen; der Beschluß wurde dem Prozeßbevollmächtigten der Klägerin am 12. März 1987 zugestellt. Die Revision trägt den Eingangsstempel des FG vom 21. April 1987, die Revisionsschrift das Datum vom 10. April 1987; sie ist nach dem Poststempel am 17. April 1987 (Karfreitag) in D, dem Wohnort des Prozeßbevollmächtigten, aufgegeben worden.
Auf die Versäumung der Revisionsfrist hingewiesen, bat der Prozeßbevollmächtigte um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Er beruft sich darauf, daß er die Revision am 10. April 1987 nach Büroschluß seiner Mutter diktiert habe, die seit 40 Jahren in der Praxis tätig sei; seine Mutter habe den Brief postfertig gemacht und am selben Abend zur Post gebracht. Überdies sei zu bezweifeln, ob durch den Zulassungsbeschluß des FG die Frist zur Revisionseinlegung in Gang gesetzt worden sei. Dieser Beschluß sei nämlich nicht begründet worden; außerdem verweise er auf die nicht existierende Vorschrift des § 114 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unzulässig. Sie hätte nach § 120 Abs. 1 Satz 1 FGO innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Revision eingelegt werden müssen; dies ist nicht geschehen. Gegen die Wirksamkeit des Zulassungsbeschlusses bestehen keine Bedenken. Aus ihm ergibt sich, daß die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der entschiedenen Rechtsfrage zugelassen worden ist. Die Bezugnahme auf § 114 Abs. 2 Nr. 1 FGO ist, für den Prozeßbevollmächtigten erkennbar, offenbar unrichtig; gemeint ist § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO. Wäre der Zulassungsbeschluß, wie der Prozeßbevollmächtigte meint, unwirksam, wäre seine Revision zudem nicht statthaft.
Gegen die Versäumung der Revisionsfrist kann gemäß § 56 Abs. 1 FGO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden, wenn der Kläger ohne Verschulden verhindert war, die Frist einzuhalten; ein Verschulden des Prozeßbevollmächtigten ist dem Kläger als eigenes Verschulden zuzurechnen. Die Wiedereinsetzung wird von bestimmten Voraussetzungen abhängig gemacht. So muß der Antrag binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses gestellt werden. Außerdem müssen die Tatsachen zur Begründung des Antrags bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft gemacht werden (§ 56 Abs. 2 Satz 1 und 2 FGO). Der Prozeßbevollmächtigte des Klägers hätte deshalb schon innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist vortragen müssen, warum ihn kein Verschulden am verspäteten Zugang der Revisionsschrift trifft. Hierfür genügt nicht der Hinweis, er habe seiner Mutter die Revisionsschrift nach Dienstschluß diktiert und diese habe den Brief mitgenommen, um ihn bei der Post aufzugeben. Im Büro eines Prozeßbevollmächtigten müssen auch Vorkehrungen getroffen werden, daß zu wahrende Fristen zuverlässig eingehalten werden. Zu diesen Vorkehrungen gehört auch die Einrichtung einer Ausgangskontrolle (Beschluß des Bundesfinanzhofs vom 18. Januar 1984 I R 196/83, BFHE 140, 146, BStBl II 1984, 441 mit weiteren Nachweisen). Daß eine solche Einrichtung in seinem Büro vorhanden war, hat der Prozeßbevollmächtigte nicht vorgetragen. Außerdem hat er seine Darstellung über den Abgang der Revisionsschrift nicht glaubhaft gemacht.
Fundstellen
Haufe-Index 415289 |
BFH/NV 1988, 377 |