Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirksamkeit eines mittels Scheinbeurkundung verdeckten Rechtsgeschäfts. Funktion des Fremdvergleichs bei Verträgen
Leitsatz (redaktionell)
Ist ein unrichtiger Kaufpreis beurkundet, heilt die formwirksame Abtretung eines GmbH-Geschäftsanteils die formlose Vereinbarung über den richtigen (vgl. BGH-Urteil vom 23.11.1988 VIII ZR 262/87).
Bei Verträgen zwischen nahen Angehörigen hat der Fremdvergleich vor allem die Funktion, bei Vermögensverschiebungen zwischen diesen Personen den Anwendungsbereich des § 4 Abs. 4 EStG im Hinblick auf die Abzugsverbote des § 12 Nr. 1 und 2 EStG sachgerecht einzugrenzen. Es ist hingegen nicht Aufgabe des Fremdvergleichs, Steuerpflichtige vor den Folgen zwar formunwirksam abgeschlossener, aber von Rechtswegen geheilter und wie vereinbart durchgeführter (Veräußerungs-) Verträge zu bewahren.
Normenkette
BGB § 117; GmbHG § 15 Abs. 3-4; EStG § 4 Abs. 4, § 12 Nrn. 1-2; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 S. 3
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Bei der Entscheidung konnte das Vorbringen in dem –nach Ablauf der Beschwerdefrist eingegangenen– Schriftsatz vom 28. Oktober 1997 nur insoweit berücksichtigt werden, als es die rechtzeitig geltend gemachten Zulassungsgründe erläutert und vervollständigt (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 31. März 1995 XI B 151/94, BFH/NV 1995, 1071).
2. Soweit die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) die Beschwerde auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) stützen, fehlt es an einer gemäß § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO ordnungsmäßigen Darlegung der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung. Dafür reicht die bloße Behauptung, die Streitsache habe grundsätzliche Bedeutung, nicht aus. Vielmehr muß der Beschwerdeführer konkret auf die Rechtsfrage und ihre Bedeutung für die Allgemeinheit eingehen (vgl. z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl. 1997, § 115 Rdnr. 61, m.w.N. aus der Rechtsprechung des BFH). Dies ist hier nicht geschehen.
Im übrigen besteht auch kein Klärungsbedarf. Die Kläger wollen eine höchstrichterliche Entscheidung zu der Frage herbeiführen, „inwieweit bei solchen Verträgen ein nichtiges Scheingeschäft, entgegen einer wirksamen notariellen Urkunde, Grundlage der Besteuerung sein kann”. Indes hat das Finanzgericht, ohne daß dies mit Verfahrensrügen angegriffen wäre, festgestellt, daß im notariellen Vertrag vom 19. Dezember 1989 der Kaufpreis für die Gesellschaftsanteile nur zum Schein mit 120.000 DM beurkundet worden ist, daß der Kaufpreis tatsächlich mit dem doppelten Betrag vereinbart war und daß dieses wirklich gewollte Geschäft durch das Scheingeschäft verdeckt worden ist. Auf der Grundlage dieser Feststellungen ist der Sachverhalt dahin zu würdigen, daß die formwirksame Abtretung der Anteile das gemäß § 117 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) rechtsunwirksame Verpflichtungsgeschäft geheilt hat (§ 117 Abs. 2 BGB i.V.m. § 15 Abs. 3, Abs. 4 Satz 2 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung –GmbHG–): Ist wie hier ein unrichtiger Kaufpreis beurkundet, heilt die formgerechte Abtretung die formlose Vereinbarung über den richtigen Kaufpreis; dadurch haben sowohl die beurkundeten als auch die nicht beurkundeten Teile des schuldrechtlichen Geschäfts Gültigkeit erlangt (vgl. Bundesgerichtshof –BGH–, Urteile vom 23. Februar 1983 IVa ZR 187/81, Neue Juristische Wochenschrift 1983, 1843; vom 23. November 1988 VIII ZR 262/87, GmbH-Rundschau 1989, 194; Scholz/Winter, Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, 8. Aufl. 1993, § 15 Rdnr. 74; Baumbach/Hueck, Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, 16. Aufl. 1996, § 15 Rdnr. 35).
3. Eine Abweichung von der Rechtsprechung des BFH, die sich mit der Anwendung des sog. Fremdvergleichs bei Verträgen zwischen nahen Angehörigen befaßt, liegt nicht vor. Diese Rechtsprechung –auch die von den Klägern angeführten BFH-Urteile vom 18. Dezember 1990 VIII R 290/82 (BFHE 163, 423, BStBl II 1991, 391) und vom 22. Januar 1991 VIII R 321/83 (BFH/NV 1991, 667)– betrifft den Abzug von Betriebsausgaben oder die Verlagerung von Einkunftsquellen, deren steuermindernder Effekt nur dann rechtlich anerkannt wird, wenn eine Vereinbarung in der gesetzlich vorgeschriebenen Form zustande gekommen ist und sowohl die Gestaltung als auch die Durchführung des Vereinbarten –abgesehen von ihrem möglicherweise zwischen Fremden nicht üblichen Entstehungsgrund– dem zwischen Fremden Üblichen entspricht. Der Drittvergleich hat mithin vor allem die Funktion, bei Vermögensverschiebungen zwischen nahen Angehörigen den Anwendungsbereich des § 4 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) im Hinblick auf die Abzugsverbote des § 12 Nr. 1 und 2 EStG sachgerecht einzugrenzen (Beschluß des Großen Senats des BFH vom 27. November 1989 GrS 1/88, BFHE 158, 563, BStBl II 1990, 160; s. auch Bundesverfassungsgericht, Beschluß vom 7. November 1995 2 BvR 802/90, BStBl II 1996, 34). Es ist hingegen nicht Aufgabe des Fremdvergleichs, Steuerpflichtige vor den steuerrechtlichen Folgen zwar formunwirksam abgeschlossener, aber von Rechts wegen geheilter und wie vereinbart durchgeführter Verträge zu bewahren.
4. Im übrigen ergeht der Beschluß gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne Begründung.
Fundstellen