Entscheidungsstichwort (Thema)
Sachaufklärungsrüge; Rüge unzureichender Beiziehung von Akten; Rüge ungerechtfertigter Ablehnung eines Vertagungsantrags; Divergenzrüge
Leitsatz (NV)
1. Auch wenn geltend gemacht wird, es habe noch Aufklärungsbedarf bestanden, weil der zuletzt eingereichte Schriftsatz nicht mehr Gegenstand der mündlichen Verhandlung geworden sei, ist darzulegen, welche Umstände das FG noch hätte aufklären sollen und was der Kläger diesbezüglich noch hätte vorbringen können bzw. welche Anträge er zur weiteren Sachaufklärung hätte stellen wollen, wenn das Gericht die Sache vertagt hätte und dass das Gericht möglicherweise anders entschieden hätte.
2. Wird geltend gemacht, es seien nicht alle Akten, deren Zuziehung beantragt war, zugezogen worden, so ist konkret darzulegen, um welche Akten es sich hierbei handelt und warum diese für die Entscheidung neben den bereits vorliegenden erheblich gewesen sein sollten.
3. Die Rüge, das FG habe einen Vertagungsantrag ungerechtfertigt abgelehnt und das Recht auf rechtliches Gehör verletzt, entspricht den gesetzlichen Anforderungen, wenn schlüssig dargelegt wird, dass ein erheblicher Grund für die Vertagung bestanden hat.
4. Die schlüssige Darlegung einer Abweichung erfordert u.a., dass in der Beschwerdebegründung abstrakte (tragende) Rechtssätze des angefochtenen Urteils und der Divergenz-Entscheidung des BFH gegenübergestellt und so genau bezeichnet werden, dass eine Abweichung erkennbar wird.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 2-3, § 116 Abs. 3 S. 3, §§ 119, 155; GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 227
Verfahrensgang
Nachgehend
Tatbestand
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) beantragt die Zulassung der Revision, weil die Klageabweisung auf Verfahrensfehlern des Finanzgerichts (FG) beruhe, das FG Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH) nicht beachtet habe und die Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden sei, ob angebliche Versäumnisse des Klägers bei seiner Vorbereitung auf die mündliche Verhandlung eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes durch das Gericht rechtfertigen könnten.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist unzulässig.
Nach § 116 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) müssen die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des Urteils dargelegt werden.
1. Wird die Nichtzulassungsbeschwerde auf Verfahrensmängel gestützt (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO), so bedarf es nach ständiger Rechtsprechung hierfür des Vortrags der Tatsachen, die den gerügten Verfahrensmangel schlüssig ergeben (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., 2002, § 116 Rz. 48 ff., m.w.N.). Außerdem muss dargelegt werden, dass die angefochtene Entscheidung --vom materiell-rechtlichen Standpunkt des FG ausgehend-- auf dem geltend gemachten Verfahrensmangel beruhen kann (BFH-Beschluss vom 9. Oktober 2003 V B 12/02, BFH/NV 2004, 97). Diesen Voraussetzungen entspricht die Beschwerdebegründung nicht.
a) Soweit der Kläger vorträgt, es habe insbesondere hinsichtlich seines Schriftsatzes vom 10. Dezember 2001 --dessen Inhalt nicht mehr Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 12. Dezember 2001 gewesen sei-- noch Aufklärungsbedarf bestanden, fehlt es schon an der Bezeichnung derjenigen Umstände, die das FG noch hätte aufklären sollen (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 4. Juni 1998 VII B 67/98, BFH/NV 1999, 54). Der Kläger hat auch nicht dargetan, was er diesbezüglich noch hätte vorbringen können bzw. welche Anträge zur weiteren Sachaufklärung er hätte stellen wollen, wenn das Gericht die Sache vertagt hätte und, dass das Gericht dann möglicherweise anders entschieden hätte.
b) Der Kläger rügt ferner, es seien nicht alle Akten, deren Zuziehung beantragt war, zugezogen worden, und über seinen Antrag auf Akteneinsicht sei weder entschieden worden, noch sei ihm diese gewährt worden. In der Beschwerde wird indes weder dargelegt, um welche Akten es sich dabei konkret gehandelt hat bzw. warum diese für die Entscheidung --die nicht die Einkommensteuer selbst, sondern Aussetzungszinsen betraf-- neben den bereits vorliegenden erheblich gewesen sein sollten, noch, wann der angeblich übergangene Antrag auf Akteneinsicht zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung gestellt worden ist. Letzteres wäre umso notwendiger gewesen, als das FG den (erst) in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag auf Akteneinsicht in den Urteilsgründen beschieden hat und sich die Beschwerde des Klägers offensichtlich auf einen angeblich bereits zuvor gestellten Antrag auf Akteneinsicht beziehen soll.
c) Auch eine Verletzung des Anspruchs auf Gewährung des rechtlichen Gehörs durch ungerechtfertigte Ablehnung eines Vertagungsantrags (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 119 Rz. 16, m.w.N.) wird nicht schlüssig dargelegt.
Die Rüge, das FG habe einen Vertagungsantrag ungerechtfertigt abgelehnt, entspricht nur dann den gesetzlichen Anforderungen, wenn schlüssig dargelegt wird, dass ein erheblicher Grund für die Vertagung bestanden hat. Dazu muss bezeichnet werden, dass der Beschwerdeführer oder sein Bevollmächtigter ohne Verschulden an einer sachdienlichen Vorbereitung der mündlichen Verhandlung gehindert war (BFH-Beschluss vom 13. August 1996 V B 7/96, BFH/NV 1997, 188). Das FG hat ausführlich begründet, dass und warum der Kläger die von ihm angeführte mangelnde Vorbereitungsmöglichkeit selbst verschuldet habe (vgl. § 155 FGO i.V.m. § 227 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 der Zivilprozessordnung --ZPO--). Aus dem Vortrag des Klägers ergibt sich nichts dafür, dass das FG im Streitfall zu einer Aufhebung oder Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung verpflichtet gewesen wäre (vgl. BFH-Beschluss vom 3. Februar 2003 VII B 13/02, BFH/NV 2003, 797).
d) Soweit der Kläger rügt, der Antrag auf Aussetzung des Verfahrens sei sachlich unbegründet zurückgewiesen worden, fehlt es an der Darlegung, inwiefern für die Entscheidung des Streitverfahrens ein anderes Verfahren vorgreiflich gewesen sein könnte.
2. Das FG hat ausweislich der Urteilsbegründung nicht wegen angeblicher Versäumnisse des Klägers bei der Vorbereitung der mündlichen Verhandlung von einer etwaig gebotenen weiteren Sachaufklärung abgesehen; die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung stellt sich damit im Streitfall nicht und wäre nicht klärungsfähig. Die Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung kommt nur wegen einer klärungsbedürftigen und im Revisionsverfahren klärbaren Frage in Betracht. Das FG hat vielmehr die im Urteil angeführten Versäumnisse des Klägers als Begründung dafür angeführt, die mangelnde Vorbereitung sei von ihm nicht genügend entschuldigt (vgl. o. 1.c).
Unzutreffend sind ferner die Ausführungen des Klägers, das FG habe entgegen § 276 Abs. 4 der Abgabenordnung (AO 1977) und dem BFH-Urteil vom 30. November 1994 XI R 19/94 (BFHE 177, 1, BStBl II 1995, 487) zu Unrecht behauptet, eine Aufteilung der Hauptschuld habe keinen Einfluss auf die Zinsfestsetzung gegen den Kläger. Das FG hat vielmehr, wie auch der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) vorträgt, darauf abgestellt, dass die Ehefrau des Klägers nach der Aufteilung keine Einkommensteuer geschuldet habe und deshalb ihr gegenüber keine Aussetzungszinsen festzusetzen waren. Im Übrigen vermag die Rüge fehlerhafter Rechtsanwendung die Zulassung der Revision nicht zu begründen (BFH-Beschlüsse vom 18. August 2003 X S 5/03 (PKH), BFH/NV 2004, 66; vom 17. Januar 2002 V B 88/01, BFH/NV 2002, 748, und vom 10. Juli 2001 XI B 73/99, BFH/NV 2002, 17).
3. Soweit der Kläger schließlich geltend macht, die Revision sei deshalb zuzulassen, weil das FG die Rechtsprechung des BFH nicht beachtet habe, fehlt es bereits an der notwendigen Bezeichnung einer Abweichung. Die schlüssige Darlegung einer Abweichung erfordert u.a., dass in der Beschwerdebegründung abstrakte (tragende) Rechtssätze des angefochtenen Urteils und der Divergenzentscheidung des BFH gegenüber gestellt und so genau bezeichnet werden, dass eine Abweichung erkennbar wird (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz. 40 ff.).
Von einer weiteren Begründung des Beschlusses wird abgesehen gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO.
Fundstellen