Entscheidungsstichwort (Thema)
Zwischenvermietung einer Eigentumswohnung
Leitsatz (NV)
1. In einem Rechtsstreit über die Rechtmäßigkeit der Steuerfestsetzung gegen einen Vermieter, der seine Eigentumswohnung an einen gewerblichen Zwischenmieter vermietet hat, ist nicht über die Zulässigkeit der Kumulation von Verkehrsteuern zu entscheiden.
2. Zur Frage von Grundrechtsverletzungen durch die BFH-Rechtsprechung zur Zwischenvermietung.
Normenkette
UStG 1980 § 4 Nr. 12a, §§ 9, 15 Abs. 2 Nr. 1; AO 1977 § 42
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) vermietete seine Eigentumswohnung vor Fertigstellung für fünf Jahre an einen gewerblichen Zwischenmieter, verzichtete auf die Steuerfreiheit der Mietumsätze und machte aus Rechnungen über die Anschaffung bzw. Herstellung der Wohnung von Bauhandwerkern berechnete Umsatzsteuer als Vorsteuer in der Umsatzsteuererklärung für 1984 geltend. Er hatte mit dem Zwischenmieter vereinbart, daß die Zahlung der monatlichen Miete erst drei Monate nach dem Beginn des Mietverhältnisses beginnen sollte. Außerdem hatte der Kläger eine Maklercourtage von 1,6 Monaten und eine Vermietungsgarantiegebühr von 2,3 Monatsmieten entrichtet.
Die Klage gegen den Umsatzsteueränderungsbescheid für 1984 vom 28. Oktober 1987, in dem der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) die Umsatzsteuer für 1984 auf 0 DM festgesetzt, das Zwischenmietverhältnis als Mißbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts gewürdigt und die Mietumsätze als steuerfrei beurteilt hatte, wies das Finanzgericht (FG) ab. Unter Heranziehung der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) kam das FG zu der Schlußfolgerung, im Streitfall seien wirtschaftliche oder sonst beachtliche Gründe, die den Kläger zur Einschaltung eines gewerblichen Zwischenmieters hätten bewegen können, nicht erkennbar. Die Eingehung des Zwischenmietverhältnisses erfülle, so führte das FG weiter aus, den Mißbrauchstatbestand i. S. von § 42 der Abgabenordnung (AO 1977). Es sei als Geschäftsbesorgung und die Vermietung durch den Kläger sei als steuerfreie Vermietung an den Wohnungsmieter zu beurteilen.
Entscheidungsgründe
II. Die dagegen von dem Kläger erhobene Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision ist unbegründet.
1. Die als Zulassungsgründe geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) ist nicht gegeben. Die aus etwaigen dargelegten Grundrechtsverletzungen abgeleiteten Rechtsfragen rechtfertigen die Zulassung nicht, weil sie in dem angestrebten Revisionsverfahren entweder nicht klärbar oder nicht klärungsbedürftig sind; denn sie stellen sich für die Revisionsentscheidung im Streitfall nicht oder sind bereits geklärt.
a) So ist im vorliegenden Rechtsstreit nicht zu entscheiden, ob und in welchem Umfang eine gegen § 4 Nr. 9 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1980 verstoßende Kumulation von Verkehrsteuern vorliegt, über die der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) als gesetzlicher Richter i. S. von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes (GG) durch Vorabentscheidung gemäß Art. 177 Abs. 3 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWGV) entscheiden müßte. Im Streifall ist nicht über die Umsatzsteuer für eine Grundstückslieferung (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 i. V. m. § 3 Abs. 1 und § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG 1980) an den Kläger, sondern über die Umsatzsteuer aus der Vermietung einer angeschafften oder hergestellten Wohnung und über den Vorsteuerabzug aus damit zusammenhängenden Lieferungen und sonstigen Leistungen an den Kläger zu entscheiden (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 4 Nr. 12 Buchst. a Satz 1, § 9 Satz 1 UStG 1980). Daß die von dem Kläger behaupteten Grundrechtsverletzungen nicht vorliegen, hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) bereits in dem Beschluß vom 11. Januar 1988 1 BvR 391/87 (Steuerrechtsprechung in Karteiform - StRK -, Grunderwerbsteuergesetz 1983, Allg. Rechtsspruch 6) entschieden.
b) In einer Revision über den unter I. dargestellten Streitfall wäre auch nicht darüber zu entscheiden, ob in einen Vorsteuerabzugsanspruch nur auf Grund eines (nach Ansicht des Klägers nicht vorhandenen) Gesetzes eingegriffen werden darf. Eine Enteignung nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG ist im Streitfall nicht gegeben, weil der Kläger einen Vorsteuerabzugsanspruch, in den hätte eingegriffen werden können, nicht erlangt hat. Er erfüllt die Voraussetzung für den Vorsteuerabzug im Streitfall nicht.
c) Eine grundsätzliche Bedeutung erlangt der Streitfall auch nicht auf Grund von Art. 2 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3 GG. Die Rechtsprechung des Senats zur Zwischenvermietung beruht auf einer gesetzlichen Grundlage (§ 15 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 4 Nr. 12 Buchst. a Satz 1, § 9 Satz 1 UStG 1980, § 42 Sätze 1 und 2 AO 1977). Die dabei notwendige Auslegung von gesetzlichen Tatbestandsmerkmalen überschreitet nicht das Normanwendungsgebot für die Rechtsprechung. Die Rechtsprechung des BFH zur Zwischenvermietung ist seit den Entscheidungen vom 15. Dezember 1983 (z. B. Urteil V R 169/75, BFHE 140, 354, BStBl II 1984, 388) folgerichtig fortgeführt worden. Dabei hat der Senat stets klargestellt, unter welchen Voraussetzungen die Einschaltung eines gewerblichen Zwischenmieters in die nach der gesetzlichen Ausgangslage umsatzsteuerfreie, den Vorsteuerabzug ausschließende Wohnungsvermietung als Mißbrauch von Gestaltungen des Rechts gemäß § 42 AO 1977 zu beurteilen ist (vgl. dazu die von der Vorinstanz herangezogenen Beschlüsse des BFH vom 4. August 1987 V B 16/87, BFHE 150, 478, BStBl II 1987, 756; vom 29. Oktober 1987 V B 109/86, BFHE 151, 247, BStBl II 1988, 96, jeweils m. w. N.). Klärungsbedarf hinsichtlich der Tatbestandsbestimmtheit und hinsichtlich eines Vertrauensschutzes im Steuerfestsetzungsverfahren ist nicht gegeben.
d) Dies gilt ebenso für die von dem Kläger weiter gerügte Unverhältnismäßigkeit der Zwischenvermietungsrechtsprechung, weil der Ausgangspunkt des Klägers unzutreffend ist - wie mehrfach entschieden worden ist (vgl. BFH-Urteile vom 29. Oktober 1987 V R 154/83, BFHE 152, 161, BStBl II 1988, 508; vom 17. Mai 1984 V R 118/82, BFHE 141, 339, BStBl II 1984, 678) -, wonach diese Rechtsprechung die Entscheidung des Gesetzgebers hinsichtlich der bis 1985 möglichen Mehrwertsteueroptionen nachträglich korrigiere.
e) Schließlich hat der Kläger mehrere als klärungsbedürftig bezeichnete Rechtsfragen zur Auslegung der bei der Entscheidung in Zwischenvermietungsfällen heranzuziehendes Vorschriften (§ 42 AO 1977, § 9 Satz 1 UStG 1980) formuliert (S. 29 der Beschwerdebegründung). Dabei hat er jedoch nur seinen von der Rechtsprechung des BFH zu den bezeichneten Vorschriften abweichenden Rechtsstandpunkt dargelegt. Rechtsfragen, die nicht bereits - jedoch abweichend von der Ansicht des Klägers - in der Rechtsprechung des Senats geklärt worden wären, hat er dabei nicht dargelegt.
2. Sofern der Kläger mit der Rüge der Verletzung des rechtliche Gehörs die Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensfehlers begehrt haben sollte (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO), entspricht sein Vorbringen dazu nicht den gesetzlichen Anforderungen (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO). Der Hinweis, daß das FG auf die ihm zur Kenntnis gebrachten verfassungsrechtlichen Erwägungen des Klägers nicht eingegangen sei und verarbeitet habe, ergibt keinen Anhalt für einen Verfahrensfehler. Das FG brauchte Rechtsausführungen, die es zur Kenntnis genommen hat, aber nicht für entscheidungserheblich hielt, nicht ausdrücklich schriftlich zu bescheiden.
3. Vielmehr richtet sich das Vorbringen des Klägers in seinem Kern gegen die sachliche Richtigkeit der Vorentscheidung und gegen allgemeine Grundsätze zur Zwischenvermietungsrechtsprechung des BFH. Dies allein rechtfertigt jedoch nicht die Zulassung der Revision.
4. Im übrigen ergeht die Entscheidung ohne weitere Begründung gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs.
Fundstellen