Entscheidungsstichwort (Thema)
Ende der Organschaft bei Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters
Leitsatz (NV)
Die Organschaft bleibt regelmäßig bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens erhalten, wenn der Organträger Geschäftsführer einer von der Insolvenz bedrohten Organgesellschaft ist und diesem nach Beantragung des Insolvenzverfahrens kein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt wird, also nur ein sog. "schwacher" vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt wird.
Normenkette
InsO § 21 Abs. 2, § 22 Abs. 2; FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1-2; UStG § 2 Abs. 2 Nr. 2
Verfahrensgang
FG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 04.09.2007; Aktenzeichen 6 K 1863/06) |
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Organschaft endet, wenn für die Organgesellschaft ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt wird, ist durch das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 1. April 2004 V R 24/03 (BFHE 204, 520, BStBl II 2004, 905) geklärt (vgl. BFH-Beschlüsse vom 15. November 2006 V B 115/06, BFH/NV 2007, 787; vom 13. Juni 2007 V B 47/06, BFH/NV 2007, 1936). Danach bleibt die Organschaft regelmäßig bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens erhalten, wenn der Organträger Geschäftsführer einer von der Insolvenz bedrohten Organgesellschaft ist und diesem nach Beantragung des Insolvenzverfahrens kein allgemeines Verfügungsverbot gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 1. Alternative der Insolvenzordnung (InsO) auferlegt wird, also nur ein so genannter "schwacher" vorläufiger Insolvenzverwalter (§ 22 Abs. 2 Satz 1 InsO) bestellt wird.
Ein weiterer Klärungsbedarf ergibt sich nicht daraus, dass nach dem BFH-Urteil in BFHE 204, 520, BStBl II 2004, 905 die Möglichkeit einer anderen Beurteilung in atypischen Fällen offengelassen wurde und eine Tendenz der Insolvenzgerichte festzustellen ist, "schwache" vorläufige Insolvenzverwalter zu bestellen und durch zusätzliche Anordnungen derart zu stärken, dass sie eine vergleichbare Rechtsstellung wie ein "starker" Insolvenzverwalter erlangen. Das Abstellen auf die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis ist grundsätzlich auch in diesen Fällen ein geeignetes Kriterium zur Beurteilung der Frage, ob eine organisatorische Eingliederung im Rahmen einer Organschaft noch besteht.
Soweit das Finanzgericht (FG) unter Anwendung dieser Rechtsprechung die Auffassung vertreten hat, dass die zusätzliche Übertragung der Kassenführung auf den vorläufigen Insolvenzverwalter keine andere Beurteilung rechtfertigt, stellt dies keinen Grund für die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung dar.
2. Eine Divergenz i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO ist bis zum Ablauf der Begründungsfrist nicht gemäß § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt worden. Die Zulassung der Revision wegen dieses Erfordernisses ist insbesondere dann geboten, wenn das angefochtene Urteil des FG in seinen tragenden Gründen von einer Entscheidung des BFH oder eines anderen Gerichts abweicht (vgl. BFH-Beschluss vom 10. Dezember 2007 XI B 162/06, BFH/NV 2008, 384). Zur schlüssigen Darlegung einer solchen Abweichung muss der Beschwerdeführer tragende und abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen FG-Urteil einerseits und aus der mutmaßlichen Divergenzentscheidung andererseits herausarbeiten und einander gegenüberstellen, um so eine Abweichung zu verdeutlichen (vgl. BFH-Beschluss vom 11. Mai 2007 V B 49/06, BFH/NV 2007, 1683).
Daran fehlt es im Streitfall. Im Übrigen ist dem angefochtenen Urteil auch nicht der Rechtssatz zu entnehmen, dass es im Falle einer Organschaft und Insolvenz der Organgesellschaft keine zu berücksichtigenden atypischen Sachverhalte i.S. des BFH-Urteils in BFHE 204, 520, BStBl II 2004, 905 gebe.
Fundstellen