Organschaft bei GmbH & Co. KG
Hintergrund: Geschäftsführungsleistungen der GmbH an die KG
Z ist Alleingesellschafter und einziger Geschäftsführer der Z-GmbH. Z schloss mit der GmbH einen Geschäftsführervertrag zu einem festen Monatsgehalt.
Unternehmensgegenstand der GmbH war die Übernahme der Haftung und Geschäftsführung der A-KG, deren einzige Komplementärin die GmbH war. Die GmbH war am Gesellschaftsvermögen der KG nicht beteiligt und nahm auch nicht am Gewinn und Verlust der KG teil. Einziger Kommanditist der KG war Z. Unternehmensgegenstand der KG war die Finanz- und Versicherungsmaklertätigkeit.
Die GmbH hatte gegenüber der KG Anspruch auf Ersatz aller ihr durch die Geschäftsführung erwachsenden Aufwendungen. Aufgrund eines zum Jahresanfang 2014 abgeschlossenen Dienstleistungsvertrages stand der GmbH gegenüber der KG ein monatlicher Vergütungsanspruch zu.
Die Geschäftsräume vermieteten Z und seine Ehefrau an die KG. Der Mietgegenstand gehörte den Eheleuten je zur Hälfte.
Im Laufe des Jahres 2014 übernahm die GmbH die zuvor von der KG erbrachten umsatzsteuerpflichtigen Beratungsleistungen an Dritte als eigenen Geschäftsbetrieb. Mehrere Fahrzeuge wurden nicht mehr von der KG, sondern von der GmbH geleast.
Das FA ging davon aus, die GmbH habe steuerpflichtige Geschäftsführungsleistungen an die KG erbracht, und erließ für 2013 bis 2015 entsprechende USt-Bescheide.
Die GmbH wandte ein, zwischen Z, der KG und der GmbH liege eine Organschaft vor. Die GmbH sei als Komplementär-GmbH der KG Teil des Organkreises.
Dem widersprach das FG und gab der Klage nur in geringem Umfang statt.
Entscheidung: Keine organschaftliche Eingliederung
Der BFH wies die Revision als unbegründet zurück. Die Leistungen der GmbH an die KG sind mangels Organschaft steuerbar und steuerpflichtig. Es bestand keine Organschaft zwischen der GmbH und Z als Organträger. Ebenso liegt keine Organschaft zwischen der GmbH und der KG als Schwestergesellschaften vor.
Keine unmittelbare wirtschaftliche Eingliederung der GmbH in Z
Es besteht keine unmittelbare wirtschaftliche Eingliederung der GmbH in Z als Organträger. Diese wird nicht durch die Geschäftsführertätigkeit des Z bei der GmbH begründet, da Z insoweit nichtselbständig und damit nicht als Unternehmer tätig war. Auch die Vermietung der Büroräume begründet keine unmittelbare wirtschaftliche Eingliederung, da Z an die KG, nicht aber an die GmbH vermietet hat.
Keine mittelbare wirtschaftliche Eingliederung
Es liegt auch keine mittelbare wirtschaftliche Eingliederung der GmbH in das Unternehmen des Z aufgrund einer Verflechtung mit dem Unternehmensbereich der KG vor. Die wirtschaftliche Eingliederung kann zwar auch (mittelbar) auf der Verflechtung zwischen den Unternehmensbereichen zweier Organgesellschaften beruhen (BFH v. 20.8.2009, V R 30/06, BStBl 2010 II S. 863, Rz 49), wie es sich im Streitfall aus den entgeltlichen Geschäftsführungsleistungen der GmbH an die KG ergeben kann. Dies setzt indes voraus, dass die KG in das Unternehmen des Z eingegliedert ist.
Das liegt im Streitfall für das Erfordernis der wirtschaftlichen Eingliederung nicht vor. Bei einer deutlichen Ausprägung der finanziellen und organisatorischen Eingliederung - wie im Streitfall – ist für die wirtschaftliche Eingliederung zumindest erforderlich, dass die Tätigkeiten aufeinander abgestimmt sind und sich dabei fördern und ergänzen (BFH, Urteil v. 3.4.2003, V R 63/01, BStBl 2004 II S. 434). Es müssen mehr als nur unerhebliche Beziehungen zwischen den Unternehmensbereichen bestehen (BFH, Urteil v. 29.10.2008, XI R 74/07, BStBl 2009 II S. 256).
Das trifft auf die im Streitfall vorliegende Vermietung von nicht eigens für die Unternehmenstätigkeit in besonderer Weise ausgestatteten und daher ohne weiteres austauschbaren Büroräumen nicht zu, da ihr eine nur geringe Bedeutung zukommt (BFH v. 29.1.2009, V R 67/07, BStBl 2009 II S. 1029). Das genügt ebenso wie die bloße Übernahme von Verwaltungsaufgaben in den Bereichen Buchführung und laufende Personalverwaltung (BFH v. BFH/NV 1998 S. 1534, unter II.2.c) nicht.
Keine Organschaft zwischen der GmbH und der KG als Schwestergesellschaft
Für die finanzielle Eingliederung einer GmbH in eine Personengesellschaft reicht es nicht aus, dass die Personengesellschaft nicht selbst, sondern nur ihr Gesellschafter mit Stimmenmehrheit an der GmbH beteiligt ist (BFH, Urteil v. 1.12.2010, XI R 43/08, BStBl II 2011 S. 600). Hierfür spricht bereits, dass nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG im Verhältnis zwischen zwei Schwestergesellschaften nicht bestimmt werden kann, welche Schwestergesellschaft Organträger und welche Organgesellschaft ist.
Hinweis: Unionsrecht
Für die wirtschaftliche Eingliederung müssen nach Auffassung des BFH die Unternehmensbereiche miteinander verflochten sein (BFH, Urteil v. 7.7.2011, V R 53/10, BStBl 2013 II S. 218, Rz 21, BFH v. 20.8.2009, V R 30/06, BStBl 2010 II S. 863). Für den Organträger beruht dies darauf, dass die Organschaft die Eingliederung in sein Unternehmen und damit seine Unternehmereigenschaft voraussetzt. Ob das als unionsrechtskonform anzusehen ist (Art. 11 MwStSystRL), wird vom BFH offen gelassen. Denn wegen des eindeutigen Wortlauts des nationalen Rechts kommt eine hiervon abweichende richtlinienkonforme Auslegung nicht in Betracht (BFH, Urteil v. 12.10.2016, XI R 30/14, BStBl 2017 II S. 597, Rz 41). Dasselbe gilt für die Organgesellschaft im Hinblick darauf, dass es sich bei § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG um eine Vorschrift zur Unselbständigkeit einer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit der Organgesellschaft handelt.
BFH Urteil vom 01.02.2022 - V R 23/21 (veröffentlicht am 22.09.2022)
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