Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozeßkostenhilfe - Aufbringen der Prozeßkosten aus dem Einkommen in Raten

 

Leitsatz (NV)

Die Höhe der aus dem Einkommen aufzubringenden Raten ergibt sich aus der als Anl. 1 der ZPO beigefügten Tabelle. Sind die Kosten der Prozeßführung niedriger als die danach ermittelten 4 Monatsraten, kann PKH nicht gewährt werden.

 

Normenkette

FGO § 142; ZPO §§ 114, 115 Abs. 6

 

Tatbestand

Der Revisionskläger und Antragsteller (Antragsteller) führte im Streitjahr im Auftrag des Veterinäramtes in A. als selbständig tätiger Tierarzt Untersuchungen durch und bezog hieraus Einnahmen in Höhe von 14 452 DM. Zur Ausübung dieser Tätigkeit benutzte er einen im Jahre 1976 angeschafften PKW, den er Ende Dezember 1983 veräußert hat. In seiner Einkommensteuererklärung machte der Antragsteller u. a. die gesamten ihm für den PKW im Streitjahr entstandenen Aufwendungen in Höhe von 3 345 DM geltend.

Der Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) erkannte diese Aufwendungen nur zum Teil an. Dabei ging er davon aus, daß der Antragsteller seine freiberufliche Tätigkeit Ende Juni 1983 eingestellt habe und den PKW im übrigen auch zum Teil (zu 20 v. H.) privat genutzt habe. Auf dieser Grundlage erkannte er Aufwendungen lediglich in Höhe von 1 924 DM als Betriebsausgaben an.

Dem Gewinn aus der freiberuflichen Tätigkeit des Antragstellers rechnete das FA außerdem einen Entnahmegewinn von 1 190 DM als Folge der Überführung des PKW ins Privatvermögen wegen der Betriebseinstellung hinzu. Für die Berechnung des Steuersatzes (sog. Progressionsvorbehalt, § 32b Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes - EStG - 1982) berücksichtigte das FA bei der Einkommensteuerveranlagung auch das vom Antragsteller im Streitjahr bezogene Arbeitslosengeld in Höhe von 18 195 DM. Mit seiner Klage wandte sich der Antragsteller gegen die Kürzung der von ihm erklärten Aufwendungen für den PKW und den Ansatz des Entnahmewerts. Außerdem - so machte er geltend - dürfe der Progressionsvorbehalt des § 32b EStG auf Nebenverdienste nicht angewendet werden. Schließlich habe er ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, weil dieser auf rechtsfremden Erwägungen beruhe.

Mit Ladung vom 17. Dezember 1987 wurde der Antragsteller zur mündlichen Verhandlung am 27. Januar 1988 geladen. Mit Schreiben vom 22. Januar 1988, das beim Finanzgericht (FG) am 25. Januar 1988 einging, teilte der Antragsteller mit, daß er zur mündlichen Verhandlung nicht erscheinen könne, weil er im Auftrag des Veterinäramtes in A. dringende Untersuchungen durchführe, die bis zu einem bestimmten Termin unbedingt beendet werden müßten. Aus diesem Grunde - so führte er aus - bitte er darum, entweder die mündliche Verhandlung auf einen späteren Termin zu verlegen oder, ,,wenn dies nicht möglich" sei, ohne seine ,,mündliche Anhörung" über die Klage zu entscheiden. Das FG führte die mündliche Verhandlung in Abwesenheit des Antragstellers durch.

Die Klage hatte teilweise Erfolg. Zur Begründung führte das FG aus, der Inhalt der Steuerakten ergebe, daß der Antragsteller bis Ende September 1983 in Rufbereitschaft gestanden und erst danach wegen des tragischen Todes seines Sohnes seine freiberufliche Tätigkeit aufgegeben habe. Es gehe - dem Vermerk über die persönliche Rücksprache des Antragstellers beim FA vom 29. Mai 1985 folgend - davon aus, daß der Antragsteller den PKW in geringem Umfang, nämlich zu 20 v. H., privat genutzt habe. Auf dieser Grundlage errechnete das FG die abziehbaren Aufwendungen für den PKW mit 2 898 DM. Der den betrieblichen Einnahmen zugerechnete Entnahmegewinn von 1 190 DM bleibe im Hinblick auf § 18 Abs. 3 Satz 2 i. V. m. § 16 Abs. 2 bis 4 EStG außer Ansatz. Die - in der Literatur teilweise angegriffene - Regelung des § 32b Abs. 1 Nr. 1 EStG (Progressionsvorbehalt) sei verfassungsgemäß.

Da § 32b Abs. 1 Nr. 1 EStG auch keine Einschränkung für Nebentätigkeiten enthalte, habe das FA das Arbeitslosengeld zu Recht zur Ermittlung des anzuwendenden Steuersatzes herangezogen. Eine besondere Feststellung der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides komme bei - wie hier - nur anfechtbaren Steuerbescheiden nicht in Betracht.

Das FG ließ die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (Verfassungsmäßigkeit des § 32b Abs. 1 Nr. 1 EStG) zu.

Zur Durchführung des Revisionsverfahrens bittet der Antragsteller um die Gewährung von Prozeßkostenhilfe (PKH).

 

Entscheidungsgründe

Der Antrag auf PKH ist nicht begründet. Er wird abgelehnt.

PKH ist nach § 142 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i. V. m. § 114 der Zivilprozeßordnung (ZPO) zu bewilligen, wenn eine Partei nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann und wenn ferner die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Nach § 115 Abs. 1 ZPO ergibt sich die Höhe der aus dem Einkommen aufzubringenden Raten aus der als Anlage 1 der ZPO beigefügten Tabelle. PKH ist nicht zu gewähren, wenn die Kosten der Prozeßführung vier Monatsraten nicht übersteigen (§ 115 Abs. 6 ZPO).

Im vorliegenden Verfahren sind die Kosten der Prozeßführung geringer als vier Monatsraten, die sich nach der Tabelle zu § 114 ZPO aufgrund des maßgebenden Einkommens des Antragstellers ergeben. Als Streitwert kann - auch zugunsten des Antragstellers - höchstens der ursprünglich vom FA festgesetzte Steuerbetrag in Höhe von 1 388 DM in Betracht kommen. Bei diesem Streitwert ergibt sich für das Revisionsverfahren ein voraussichtliches Prozeßkostenrisiko von 550 DM (vgl. Eberl, Prozeßkostenrisiko, Betriebs-Berater, Beilage 4/1987 zu Heft 9/1987). Der Antragsteller hat in der Erklärung vom 15. April 1988 über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse seine monatlichen Einkünfte mit insgesamt 2 400 DM angegeben. Nach Abzug der angesetzten Steuer von 50 DM stehen dem Antragsteller danach monatlich 2 350 DM zur Verfügung. Unter Berücksichtigung der Unterhaltsleistungen an seine Ehefrau ergibt sich nach der Tabelle in Anlage 1 zu § 114 ZPO eine Monatsrate von 370 DM. Das Vierfache dieser Rate übersteigt die Kosten des Revisionsverfahrens bei weitem.

Eine Kostenentscheidung war nicht zu treffen. Gerichtsgebühren entstehen nicht (§ 142 FGO i. V. m. § 118 Abs. 1 Sätze 4 und 5 ZPO, § 1 Abs. 1 Buchst. c und § 11 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes).

 

Fundstellen

Haufe-Index 416558

BFH/NV 1990, 186

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Steuer Office Excellence enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge