Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozeßkostenhilfe; Aufteilung von Steuern gemäß §§ 268 ff. AO 1977
Leitsatz (NV)
Einer auf die §§ 268 ff. AO 1977 gestützten Klage, mit der lediglich die - von einer (bestandskräftigen) Veranlagung abweichende - Festsetzung der Steuer angestrebt wird, fehlt die für die Gewährung von Prozeßkostenhilfe notwendige hinreichende Erfolgsaussicht.
Normenkette
FGO § 142 Abs. 1; ZPO § 114; AO 1977 § 268ff
Tatbestand
Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin) wurde für das Streitjahr 1985 mit ihrem - seit Juni 1985 von ihr dauernd getrennt lebenden - Ehemann wegen Nichtabgabe einer Steuererklärung gemäß § 162 der Abgabenordnung (AO 1977) anhand geschätzter Besteuerungsgrundlagen zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Einkommensteuerbescheid 1985 vom 2. März 1987 wurde bestandskräftig. Nach Anrechnung von Lohnsteuerabzugsbeträgen ergab sich eine Abschlußzahlung von 8 313,50 DM.
Mit Schreiben vom 21. August 1987 beantragte die Antragstellerin beim Antragsgegner und Beschwerdegegner (Finanzamt - FA -) die Einkommensteuer 1985 aufzuteilen.
Das FA erließ daraufhin am 28. Oktober 1987 einen auf § 279 AO 1977 gestützten Aufteilungsbescheid zur Einkommensteuer 1985. Die aus der bestandskräftigen Veranlagung auf die Antragstellerin entfallenden Steuerschulden berechnete es mit 29,61 v. H. und die von ihr - nach Abzug der einbehaltenen Lohnsteuer - noch zu zahlende Einkommensteuer mit 1 523,50 DM; hinzu kamen anteilige Verspätungs- und Säumniszuschläge (83 DM bzw. 199 DM).
Hiergegen erhob die Antragstellerin nach erfolglosem Einspruchsverfahren beim Finanzgericht (FG) Klage, die unter dem Aktenzeichen . . . anhängig ist. Gleichzeitig beantragte sie die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe (PKH) für diese Klage. Das FG wies den Antrag als unbegründet zurück. Die Klage biete keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Nach § 270 Satz 2 AO 1977 seien für die Aufteilung von Steuern die der Steuerfestsetzung bei der Zusammenveranlagung zugrunde gelegten tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen maßgebend; es komme nicht darauf an, ob diese auch zuträfen. Für in der Aufteilung selbst enthaltene Berechnungsfehler bestünden keine Anhaltspunkte.
Mit der Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Begehren auf Bewilligung der PKH weiter. Sie macht geltend, daß das FA bei der Aufteilung der Einkommensteuer 1985 von unzutreffenden, weil geschätzten Einkünften ausgegangen sei; bei Ansatz ihres im Veranlagungszeitraum 1985 tatsächlich bezogenen Arbeitslohns ergebe sich eine Steuerschuld von null DM.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist nicht begründet.
Nach § 142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i. V. m. §§ 114 f. der Zivilprozeßordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter PKH, wenn er nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann und wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Die Rechtsverfolgung verspricht dann hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn hierfür bei summarischer Prüfung eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht. Das ist anzunehmen, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Antragstellers aufgrund seiner Sachdarstellung und der vorhandenen Unterlagen zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (z. B. Beschluß des Bundesfinanzhofs vom 25. August 1989 VI B 173/88, BFH/NV 1990, 187).
Der erkennende Senat teilt die Auffassung der Vorinstanz, daß im Streitfall bei summarischer Prüfung nicht davon ausgegangen werden kann, die Klage der Antragstellerin verspreche hinreichende Aussicht auf Erfolg. Die gemäß §§ 268 ff. AO 1977 mögliche Aufteilung der Einkommensteuer erfolgt durch eine fiktive Veranlagung, bei der die Besteuerungsgrundlagen aus dem Zusammenveranlagungsbescheid unverändert zu übernehmen sind (vgl. § 270 Satz 2 AO 1977). Sie führt damit nicht - wie die Antragstellerin offenbar meint - zu einer Neuberechnung der Steuer. Die Summe der Teilschulden nach der Aufteilung muß vielmehr die Gesamtschuld der ursprünglichen Veranlagung ergeben (vgl. z. B. Schwarz in Hübschmann / Hepp / Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., § 270 AO 1977 Anm. 3; Tipke / Kruse, Abgabenordnung - Finanzgerichtsordnung, 13. Aufl., § 270 AO 1977 Tz. 3; Klein / Orlopp, Abgabenordnung, 4. Aufl., Erl. zu § 270 AO 1977; Kühn / Kutter / Hofmann, Abgabenordnung - Finanzgerichtsordnung, 15. Aufl., § 270 AO 1977 Anm. 2). Mit ihrem Einwand, die Einkommensteuer sei im Rahmen der bestandskräftig durchgeführten Veranlagung zu hoch angesetzt worden, kann die Antragstellerin deshalb im Aufteilungsverfahren nicht gehört werden.
Daß die Aufteilung selbst Berechnungsfehler aufweise, ist weder von der Antragstellerin geltend gemacht worden noch sonst ersichtlich.
Fundstellen
Haufe-Index 417317 |
BFH/NV 1991, 214 |