Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde; nachträgliche Anschaffungskosten eines wesentlich Beteiligten wegen Inanspruchnahme aus Bürgschaft; Refinanzierungszinsen als nachträgliche Werbungskosten nach Aufgabe der Beteiligung
Leitsatz (NV)
1. Die Inanspruchnahme eines wesentlich Beteiligten aus einer für die Beteiligungsgesellschaft eingegangenen Bürgschaft kann nicht als nachträgliche Betriebsausgaben, sondern allenfalls als nachträgliche Anschaffungskosten berücksichtigt werden.
2. Zinsen für einen Refinanzierungskredit zum Erwerb einer im Privatvermögen gehaltenen wesentlichen Beteiligung für die Zeit nach ihrer Aufgabe können nicht als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abgezogen werden.
3. Die unterschiedliche Ermittlung der Einkünfte im Bereich der Überschußeinkünfte einerseits und der Gewinneinkünfte andererseits erfordert und rechtfertigt eine entsprechende unterschiedliche Behandlung nachträglicher Werbungskosten und Betriebsausgaben.
4. Wird eine grundsätzliche Bedeutung dieser in ständiger Rechtsprechung entschiedenen Rechtsfragen geltend gemacht, muß die Beschwerde eingehend darlegen, welche neuen gewichtigen, vom BFH noch nicht bedachten rechtlichen Gesichtspunkte zu diesen Rechtsfragen vorgetragen werden und sich mit den von dieser Rechtsprechung abweichenden finanzgerichtlichen Entscheidungen, den im Schrifttum vertretenen Meinungen und auch der veröffentlichten Verwaltungsauffassung inhaltlich auseinandersetzen.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4, § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 1, § 17 Abs. 1-2, § 20 Abs. 1 Nr. 1; FGO § 76 Abs. 1 S. 1, § 115 Abs. 2 Nrn. 1, 3, Abs. 3 S. 3; GG Art. 3 Abs. 1
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig und war deshalb durch Beschluß zu verwerfen.
Die Beschwerde legt keine Zulassungsgründe nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) in der nach § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO erforderlichen Weise dar.
1. Die Beschwerde bezeichnet keinen Verfahrensfehler mangelhafter Sachaufklärung nach § 76 Abs. 1 Satz 2 FGO, sondern rügt eine angeblich fehlerhafte Rechtsanwendung des Finanzgerichts (FG).
a) Zur schlüssigen Darlegung eines Verfahrensfehlers hätte die Beschwerde die Tatsachen bezeichnen müssen, die den Mangel ergeben. Die Rüge mangelnder Sachaufklärung muß nicht nur die ermittlungsbedürftigen Punkte angeben, sondern darüber hinaus darlegen, weshalb sich dem FG auf der Grundlage seines insoweit maßgebenden materiell-rechtlichen Standpunktes die Notwendigkeit einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts hätte aufdrängen müssen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 23. August 1992 V R 47/88, BFHE 169, 250, BStBl II 1992, 1046, 1047).
Daran fehlt es. Aus der rechtlichen Sicht des FG, wonach der Abzug der Zinsen als Sonderbetriebsausgaben nicht unmittelbar im Rahmen der vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) angefochtenen Einkommensteuerfestsetzungen, sondern allenfalls im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung für die X-GbR in Betracht kam, war diese Rechtsfrage wegen der Vorgreiflichkeit und Bindungswirkung derartiger gesonderter Feststellungen (vgl. § 182 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung -- AO 1977 --) nicht entscheidungserheblich.
b) Hätte das FG insoweit, was die Beschwerde im Kern behauptet, eine unzutreffende rechtliche Würdigung vorgenommen, so läge ein materiell-rechtlicher Verstoß vor (vgl. dazu Tipke/Kruse, Abgabenordnung- Finanzgerichtsordnung, 15. Aufl., § 115 FGO Rz. 67), der jedoch nicht mit einer Verfahrensrüge angegriffen werden kann.
2. Die Beschwerde legt ebensowenig eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache hinreichend dar (§ 115 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Satz 3 FGO).
a) Eine Rechtsfrage hat grundsätzliche Bedeutung i. S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn eine Frage zu entscheiden ist, an deren Beantwortung ein allgemeines Interesse besteht, weil ihre Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der Fortentwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Es muß sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage handeln. Eine durch den BFH geklärte Rechtsfrage ist regelmäßig nicht mehr klärungsbedürftig und kann somit keine grundsätzliche Bedeutung mehr haben. Eine Ausnahme von dieser Regel gilt dann, wenn gewichtige neue rechtliche Gesichtspunkte in der Rechtsprechung oder in der Literatur vorgetragen worden sind, die der BFH noch nicht geprüft hat. In diesem Fall hat die Beschwerde allerdings in der Begründung substantiiert darzulegen, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung dieser (schon entschiedenen) Rechtsfrage umstritten und inwiefern sie im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig geblieben oder erneut geworden ist. Dazu ist es erforderlich, daß der Kläger ausgehend von der Entscheidung des BFH im einzelnen in der Beschwerdeschrift konkret darlegt, welche neuen gewichtigen rechtlichen Gesichtspunkte zu der aufgezeigten Rechtsfrage in welcher Entscheidung der FG und/oder der Literatur vorgetragen werden, die der BFH bisher noch nicht geprüft hat (vgl. BFH-Beschluß vom 23. Januar 1992 II B 64/91, BFH/NV 1992, 676, m. w. N., ständige Rechtsprechung).
Der bloße Hinweis in der Beschwerde darauf, daß die BFH-Rechtsprechung auf Kritik gestoßen sei, genügt auch dann nicht als Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache, wenn dazu eine Literaturstelle angegeben wird, aus welcher sich der Inhalt der Kritik ergeben soll. Ebensowenig reicht es aus, daß es dem BFH möglich wäre, die Gegenstimmen und die Aussagen der Kritik selbst herauszufinden. Dies ist mit dem in § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO normierten Begründungszwang nicht vereinbar (vgl. BFH/NV 1992, 676 m. w. N.).
b) Der erkennende Senat hat in ständiger Rechtsprechung entschieden, daß Aufwendungen eines wesentlich beteiligten GmbH-Gesellschafters im Zusammenhang mit einer durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßten Übernahme einer Bürgschaft nicht als nachträgliche Betriebsausgaben, sondern als (nachträgliche) Anschaffungskosten der Beteiligung i. S. von § 17 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu berücksichtigen sind und daß dies auch für Aufwendungen nach Abschluß der Liquidation der Gesellschaft nach § 17 Abs. 2 EStG gilt. Derartige Aufwendungen können nur im Rahmen der Ermittlung des Gewinns/Verlusts gemäß § 17 Abs. 2 EStG auf den Zeitpunkt der Auflösung berücksichtigt werden (vgl. Urteile des erkennenden Senats vom 27. Oktober 1992 VIII R 87/89, BFHE 170, 53, BStBl II 1993, 340, 341; vom 8. Dezember 1992 VIII R 99/90, BFH/NV 1993, 654, 655 m. w. N.). Wird die Eröffnung des Konkursverfahrens mangels Masse abgelehnt, so ist die GmbH aufgelöst und ein möglicher Auflösungsverlust entstanden (vgl. Urteile des erkennenden Senats vom 3. Juni 1993 VIII R 23/92, BFH/NV 1994, 459; VIII R 81/91, BFHE 172, 407, BStBl II 1994, 162).
c) Der BFH hat die Finanzierungskosten einer im Privatvermögen gehaltenen GmbH-Beteiligung nicht den Anschaffungskosten zugerechnet, sondern sie als laufende Werbungskosten im Rahmen des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1, § 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG behandelt (vgl. Urteil des erkennenden Senats in BFH/NV 1993, 654, 656, m. w. N.). Er hat jedoch den Abzug von Zinsen aus Refinanzierungsdarlehen für die Anschaffung einer im Privatvermögen gehaltenen wesentlichen Beteiligung nach Veräußerung der Beteiligung oder Auflösung der Gesellschaft als sog. nachträgliche Werbungskosen bei den Einkünften aus Kapitalvermögen, soweit sie nicht auf die Zeit vor der Veräußerung oder der Auflösung entfallen, grundsätzlich aus rechtssystematischen Gründen abgelehnt (vgl. BFH-Urteile vom 19. Januar 1993 VIII R 74/91, BFH/NV 1993, 714, 715, m. umf. N.; BFH/NV 1993 654, 656). Schuldzinsen sind als Werbungskosten nur solange abzugsfähig, wie sie im jeweiligen Zeitpunkt ihrer Entstehung mit einer bestimmten Einkunftsart in einem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Mit dem Wegfall der Einkünfteerzielung entfällt auch der erforderliche wirtschaftliche Zusammenhang der Schuldzinsen mit der Einkunftsart (vgl. BFH-Urteil vom 10. November 1992 VIII R 98/90, BFH/NV 1993, 468, 469). Die unterschiedliche Ermittlung der Einkünfte im Bereich der sog. Überschußeinkünfte (§ 2 Abs. 1 Nr. 4 bis 7 EStG) einerseits und der Gewinneinkünfte (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 EStG) andererseits erfordert und rechtfertigt eine entsprechende unterschiedliche Behandlung nachträglicher Werbungskosten und Betriebsausgaben (vgl. Urteile des erkennenden Senats vom 21. Dezember 1982 VIII R 48/82, BFHE 138, 47, BStBl II 1983, 373, 374 zu Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes -- GG --; vom 31. Juli 1991 VIII R 67/88, BFH/NV 1992, 33; vom 12. November 1991 IX R 15/90, BFHE 166, 219, BStBl II 1992, 289, ebenfalls zu Art. 3 Abs. 1 GG, ständige Rechtsprechung).
Der Besteuerungstatbestand in § 17 EStG und die dort geregelte besondere -- stichtagsbezogene -- Gewinnermittlung führen nicht dazu, daß der Inhaber einer wesentlichen Beteiligung Betriebsvermögen besäße und Schulden als negatives Betriebsvermögen unter bestimmten Voraussetzungen den weiteren Abzug von Schuldzinsen als nachträgliche Betriebsausgaben rechtfertigen (vgl. im einzelnen BFH/NV 1993, 714, 715).
Die Beschwerde setzt sich mit den tragenden Gründen dieser jahrzehntelangen Rechtsprechung, insbesondere auch mit den von der Rechtsprechung als tragfähig angesehenen Differenzierungskriterien i. S. des Art. 3 Abs. 1 GG nicht auseinander.
Einer weiteren Begründung bedarf es nach Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs nicht.
Fundstellen
Haufe-Index 421142 |
BFH/NV 1996, 406 |