Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die Revisionsbegründung
Leitsatz (NV)
Die Revision ist unzulässig, wenn sich das FA in seiner Revisionsbegründung nicht mit den Gründen der Vorentscheidung auseinandersetzt und nur auf die Einspruchsentscheidung Bezug nimmt.
Normenkette
FGO § 120 Abs. 2 S. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der Kläger ist Landwirt. Er verkaufte im Januar 1980 ein rd. 30 000 qm großes, landwirtschaftlich genutztes Grundstück für rd. 800 000 DM an die B-GmbH. Das Grundstück sollte nach einem Beschluß der Gemeinde zusammen mit anderen Grundstücken als Wohnbaugebiet erschlossen werden. Die B-GmbH - ein Organ der staatlichen Wohnungspolitik - sollte die Erschließung vornehmen und die Grundstücke dann wieder veräußern. Im Kaufvertrag verpflichtete sich die B-GmbH, dem Kläger erschlossene Bauplätze zum Erwerb anzubieten, sobald das Erschließungsgelände bebauungsreif sei und Bauplätze vermessen seien. Der Rückkaufpreis sollte dem Verkaufspreis zuzüglich Nebenkosten entsprechen; gleichzeitig sollte der anteilige Erschließungsaufwand zu entrichten sein.
Im Juli 1971 schloß der Kläger mit der B-GmbH einen Kaufvertrag über den Rückerwerb eines baureifen Grundstücks für rd. 600 000 DM. Dieses Grundstück - eine Teilfläche aus dem an die B-GmbH verkauften Grundstück - verkaufte er im Juni 1972 für rd. 800 000 DM.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) erfaßte bei der Einkommensteuerveranlagung für das Streitjahr 1972 den sich aus dem Rück- und Weiterverkauf des Grundstücks ergebenden Unterschiedsbetrag von rd. 200 000 DM als Spekulationsgewinn nach § 23 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Der Einspruch blieb erfolglos. Das FA wies in der Einspruchsentscheidung darauf hin, der Kaufvertrag vom Januar 1970 beruhe auf der freien Entscheidung des Klägers; ein Enteignungsverfahren habe nicht unmittelbar gedroht. Das zurückerworbene Grundstück sei auch kein Ersatzgrundstück, weil es im Gegensatz zu dem an die B-GmbH verkauften Grundstück erschlossenes Bauland gewesen sei.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage, mit der die Kläger geltend gemacht hatten, sie seien zum Verkauf des landwirtschaftlich genutzten Grundstücks gezwungen gewesen, um die förmliche Umlegung zu vermeiden, statt. Das FG führte aus: § 23 Abs. 1 EStG sei nicht anwendbar, wenn die Anschaffung und Veräußerung eines Wirtschaftsguts unter Zwang erfolgt seien und das Bild einer Einheit im Wesen einer der freien Entschließung des Steuerpflichtigen entzogenen Auswechslung von Wirtschaftsgütern ergebe. Habe ein Steuerpflichtiger ein Grundstück in ein Umlegungsverfahren eingebracht und werde ihm dafür ein anderes Grundstück zugeteilt, so sei die Zuteilung des Ersatzgrundstücks nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 16. Januar 1973 VIII R 96/70 (BFHE 108, 502, BStBl II 1973, 445) keine Anschaffung i.S. des § 23 EStG. Im Streitfall sei zwar kein förmliches Umlegungsverfahren durchgeführt worden. Dieses Verfahren sei vielmehr durch die Veräußerung der Grundstücke im Wohngebiet an die B-GmbH vermieden worden. Die Grundstückseigentümer hätten sich jedoch dieser Rechtsgestaltung nicht verschließen können. Ohne den Verkauf an die B-GmbH hätte ein förmliches Umlegungsverfahren nach dem BBauG durchgeführt werden müssen. Daher könne der Zwischenerwerb der Grundstücke durch die B-GmbH nicht anders beurteilt werden als die Einbringung und Zuteilung von Grundstücksflächen im Rahmen eines förmlichen Umlegungsverfahrens. Demgegenüber komme es auf die vom FA zur Anschaffung eines Ersatzgrundstücks angestellten Erwägungen, anders als in dem Urteil in BFHE 108, 502, BStBl II 1973, 445 nicht an.
Mit der Revision trägt das FA vor, das FG habe in seiner Urteilsbegründung zu Unrecht die Rechtsgrundsätze des Urteils in BFHE 108, 502, BStBl II 1973, 445 bezüglich Ersatzwirtschaftsgut und wesentlicher Besserstellung außer acht gelassen und sei somit zu einer falschen rechtlichen Beurteilung gelangt. Es werde ausdrücklich darauf hingewiesen, daß der Kläger offensichtlich aus wirtschaftlichen Gründen den Verkauf der erschlossenen Baulandgrundstücke gegenüber den landwirtschaftlichen Ersatzgrundstücken vorgezogen habe. Im übrigen werde vollinhaltlich auf die Ausführungen der Einspruchsentscheidung verwiesen.Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben.
Die Kläger beantragen, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unzulässig. Sie entspricht nicht den an eine Revisionsbegründung nach § 120 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zu stellenden Mindestanforderungen und ist daher wegen dieses Mangels durch Beschluß als unzulässig (§ 124 Satz 2 FGO) zu verwerfen (§ 126 Abs. 1 FGO).
Nach § 120 Abs. 2 Satz 2 FGO muß die Revisionsbegründung die verletzte Rechtsnorm ergeben. Daraus wird in ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, der sich der erkennende Senat angeschlossen hat, gefolgert, die Revisionsbegründung müsse erkennen lassen, daß sich der Revisionskläger zumindest kurz und unter Überprüfung seines eigenen Rechtsstandpunkts mit der Begründung des angefochtenen Urteils auseinandergesetzt hat (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. z.B. Beschluß vom 6. Oktober 1982 I R 71/72, BFHE 136, 521, BStBl II 1983, 48; Beschlüsse des erkennenden Senats vom 16. Oktober 1984 IX R 177/83, BFHE 143, 196, BStBl II 1985, 470; vom 9. Juli 1985 IX R 69/82, BFH/NV 1985, 93, und vom 31. März 1987 IX R 97/83, BFH/NV 1987, 724). Die bloße Bezugnahme auf die Einspruchsentscheidung oder auf Schriftsätze, die vor der angefochtenen Entscheidung verfaßt sind, reicht grundsätzlich nicht aus (vgl. BFH-Beschluß vom 13. August 1970 V R 58/67, BFHE 100, 177, BStBl II 1970, 849 für die Bezugnahme auf eine Einspruchsbegründung; Beschluß in BFH/NV 1985, 93 für die Bezugnahme auf Schriftsätze im Klageverfahren).
Diesen Anforderungen genügt der Hinweis des FA, die Entscheidung der Vorinstanz lasse die Grundsätze des Urteils in BFHE 108, 502, BStBl II 1973, 445 außer acht, nicht. Denn darin liegt keine Auseinandersetzung mit der angefochtenen Entscheidung, in der das FG ausführt, es komme im Streitfall auf die Erwägungen des FA - anders als in dem vom BFH entschiedenen Fall - nicht an. Aus der Revisionsbegründung läßt sich nicht entnehmen, ob sich das FA mit den Gründen des Urteils der Vorinstanz, insbesondere mit der Gleichstellung zwischen einem Grundstückstausch im förmlichen und im freiwilligen Umlegungsverfahren, auseinandergesetzt und vor allem seinen schon im Einspruchsverfahren vertretenen Rechtsstandpunkt überprüft hat. Die Bezugnahme auf die Einspruchsentscheidung legt im Gegenteil den Schluß nahe, daß es lediglich ohne erneute Überprüfung an seiner im Einspruchsverfahren vertretenen Rechtsansicht festhält. Im übrigen enthält die Revisionsbegründung nur eine Vermutung über die Gründe, die für den Rückerwerb durch den Kläger maßgebend gewesen sein könnten.
Fundstellen
Haufe-Index 415582 |
BFH/NV 1988, 582 |