Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Bedeutung von Übergangsregelungen; Übergang von Regelbesteuerung zur Durchnittssatzbesteuerung
Leitsatz (NV)
Nach der Rechtsprechung des BFH ist bei der Auslegung von Übergangsregelungen der Verwaltung lediglich zu prüfen, ob sich das FA an diese Regelung gehalten hat oder nicht.
Normenkette
UStG §§ 15a, 24; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2
Verfahrensgang
Niedersächsisches FG (Urteil vom 03.05.2007; Aktenzeichen 5 K 28/07) |
Tatbestand
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) pachtete aufgrund eines Vertrages vom 10. Juni 1988 den landwirtschaftlichen Betrieb seines Vaters und versteuerte seine Umsätze nach § 24 des Umsatzsteuergesetzes 1993 (UStG). Nach einem Brand errichtete der Vater am 15. Juli 1995 einen neuen Stall, den er ebenfalls an seinen Sohn verpachtete. Hierbei verzichtete er gemäß § 24 Abs. 4 UStG auf die Durchschnittssatzbesteuerung und nahm den Vorsteuerabzug aus den Herstellungskosten vor. Im Jahre 1996 verstarb der Vater des Klägers.
Im Anschluss an eine Betriebsprüfung erließ der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) für die Streitjahre 1996 und 1997 Änderungsbescheide, in denen er Berichtigungsbeträge nach § 15a UStG festsetzte, weil mit der Gesamtrechtsnachfolge des Klägers ein Wechsel von der steuerpflichtigen Verwendung des Stalles zur Pauschalierung nach § 24 UStG eingetreten sei.
Der Kläger machte im Einspruchsverfahren erfolglos geltend, von der Anwendung des § 15a UStG sei im Hinblick auf die im Anschluss an das sog. Mähdrescherurteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- (Urteil vom 16. Dezember 1993 V R 79/91, BFHE 173, 265, BStBl II 1994, 339) ergangenen Übergangsregelungen des Bundesministeriums der Finanzen --BMF-- (BMF-Schreiben vom 29. Dezember 1995 IV C3 -S 7361- 31/95, BStBl I 1995, 831; und vom 22. Februar 1996 IV C3 -S 7316- 4/96, BStBl I 1996, 150) abzusehen.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit der Begründung ab, die Voraussetzungen des § 15a UStG lägen vor, weil eine Änderung der Verhältnisse eingetreten sei, nachdem der Vater den Stall zunächst für steuerpflichtige Verpachtungsumsätze verwendet habe und dieser beim Kläger aufgrund des Erbfalles der einen weiteren Vorsteuerabzug ausschließenden Durchschnittssatzbesteuerung unterliege (Hinweis auf das BFH-Urteil vom 6. Dezember 2001 V R 6/01, BFHE 197, 338, BStBl II 2002, 555). Eine abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen (§ 163 der Abgabenordnung --AO--) nach dem BMF-Erlass in BStBl I 1995, 831 komme nicht in Betracht, denn nach dem Verständnis der Verwaltung sei die Übergangsregelung lediglich bei einem freiwilligen Übergang von der Regelbesteuerung zur Durchschnittssatzbesteuerung anwendbar, nicht jedoch, wenn der Übergang durch eine Gesamtrechtsnachfolge unabhängig vom Willen des Klägers ausgelöst worden sei.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit der auf Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) gestützten Nichtzulassungsbeschwerde. Das FG sei von der Rechtsprechung des BFH abgewichen, weil es den Rechtssatz aufgestellt habe, dass "durch die Gesamtrechtsnachfolge ein unter das Umsatzsteuerrecht fallender Tatbestand verwirklicht" werde. Nach der --im Einzelnen wiedergegebenen-- Rechtsprechung des BFH liege bei der Gesamtrechtsnachfolge kein Leistungsaustausch vor. Folglich sei die Anwendung des BMF-Schreibens in BStBl I 1995, 831 nicht ausgeschlossen. Weiterhin sei das FG von der Rechtsprechung des BFH abgewichen, weil es den Rechtsgrundsatz aufgestellt habe, der Kläger habe "aufgrund des Erbfalls einen regelbesteuernden Betrieb und einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb" geführt.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Das FG ist nicht von der Rechtsprechung des BFH abgewichen (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO). Denn es hat einen Rechtssatz, wonach bei dem Übergang eines verpachteten Gebäudes auf den Gesamtrechtsnachfolger (Kläger) ein umsatzsteuerrechtlicher Tatbestand (Leistungsaustausch) anzunehmen sei, nicht aufgestellt. Der Kläger hat vielmehr die Begründung des FG missverstanden. Das FG hat unter Bezug auf das Senatsurteil vom 24. November 2005 V R 37/04 (BFHE 211, 411, BStBl II 2006, 466) ausgeführt, dass eine abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen (§ 163 AO) unter Bezug auf das Schreiben des BMF in BStBl I 1995, 831 nicht in Betracht komme, weil die Gerichte bei der Überprüfung von Übergangsregelungen der Verwaltung lediglich zu beachten hätten, ob sich die Behörde an die Richtlinie --so wie sie die Behörde verstanden haben will-- gehalten hat oder nicht. Demgemäß hat das FG ausgeführt, dass die Verwaltung eine Übergangsregelung lediglich für den Fall regeln wollte, dass die zur Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG führende Änderung der Verhältnisse ausschließlich auf den willentlichen Wechsel der Besteuerungsform (hier: Übergang von der regelbesteuerten Verpachtung zur Pauschalierung nach § 24 UStG) zurückzuführen sei. Dies hat es verneint, weil vorliegend der Wegfall der Verpachtung des Gebäudes "unabhängig von der Willensentscheidung des Klägers" auf die Gesamtrechtsnachfolge des Klägers zurückzuführen sei. Ob bei der Erbfolge ein steuerbarer Leistungsaustausch anzunehmen ist oder nicht, war für das FG rechtlich unerheblich. Eine Abweichung von der Rechtsprechung des BFH liegt daher nicht vor.
Eine Divergenz liegt auch nicht vor, weil das FG ausgeführt hat, der Kläger habe "durch den Erbfall im Wege der Gesamtrechtsnachfolge (für einen kurzen Augenblick) einen regelbesteuernden Betrieb und einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb geführt". Diese Behauptung trifft nicht zu. Das FG hat vielmehr --zutreffend-- ausgeführt: "Denn mit Eintritt des Erbfalls ist das Wirtschaftsgebäude, um dessen Vorsteuerabzug es geht, auf den Kläger als Gesamtrechtsnachfolger seines Vaters übergegangen."
Fundstellen