Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulassung der Revision wegen Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung

 

Leitsatz (NV)

1. Die Revision ist im Interesse einer einheitlichen Rechtsentwicklung nicht zur Klärung der Frage zuzulassen, ob der während des finanzgerichtlichen Verfahrens nicht vertretene Kläger die Ausschlußfrist zur Bezeichnung des Streitgegenstands versäumt und ob sich das FG wegen der begrenzten steuerrechtlichen Kenntnisse des Klägers mit der Sache hätte befassen müssen.

2. Auf die nach Ablauf der Beschwerdefrist von einem neu bestellten Prozeßbevollmächtigten geltend gemachten weiteren Zulassungsgründe ist sachlich nicht Stellung zu nehmen.

 

Normenkette

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 S. 3

 

Tatbestand

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage gegen die Umsatzsteuerbescheide für 1982 bis 1986 (V B 58/94) und die Klagen gegen die Umsatzsteuerfestsetzungen für 1987 (V B 59/94) und für 1988 (V B 60/94) mit im wesentlichen gleicher Begründung durch Urteile vom 4. Mai 1994 -- als unzulässig -- ab, weil der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) innerhalb der ihm mit ausschließender Wirkung gesetzten Frist den Gegenstand seines Klagebegehrens nicht ausreichend bezeichnet hatte. Die Klage gegen den Bescheid betreffend Zinsen für hinterzogene Umsatzsteuer für 1987 (V B 61/94) wies das FG ebenfalls durch Urteil vom 4. Mai 1994 -- als unbegründet -- ab.

Mit den Beschwerden begehrt der Kläger die Zulassung der Revision gegen die bezeichneten Urteile wegen grundsätzlicher Bedeutung. Durch seinen früheren Bevollmächtigten hat er dazu in allen bezeichneten Verfahren die gleichen vier Rechtsfragen formuliert, denen er rechtsgrundsätzliche Bedeutung beimißt.

 

Entscheidungsgründe

Der Senat hält es für zweckmäßig, die Verfahren V B 58--61/94 zur einheitlichen Entscheidung zu verbinden (§ 73 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).

Die Beschwerden haben keinen Erfolg.

Sie sind nicht zulässig, weil der Kläger nicht dargelegt hat, weshalb die von ihm für bedeutsam erachteten Rechtsfragen grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Satz 3 FGO) haben.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) hat eine Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, wenn eine für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das (abstrakte) Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (BFH-Beschlüsse vom 31. August 1994 II B 68/94, BFH/NV 1995, 240; vom 27. Juni 1985 I B 27/85, BFHE 144, 137, BStBl II 1985, 625). Die grundsätzliche Bedeutung muß nach § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt werden. Dies erfordert ein substantiiertes Eingehen auf die Rechtsfrage. In der Beschwerdebegründung muß konkret ausgeführt werden, inwieweit die Rechtsfrage im allgemeinen Interesse des Rechts klärungsbedürftig und in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Rechtsfrage umstritten ist (vgl. BFH-Beschluß vom 21. August 1986 V B 46/86, BFH/NV 1987, 171). Die bloße Behauptung, die Streitsache habe grundsätzliche Bedeutung, reicht nicht aus.

Diesen Anforderungen genügen die Ausführungen des Klägers in den Beschwerden nicht. Sie enthalten nur den Hinweis, daß die in den Beschwerdeschriften gestellten Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung seien. Das von § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO geforderte Eingehen auf die Bedeutung der hervorgehobenen Rechtsfragen als Beitrag zu ihrer Klärung im allgemeinen Interesse hätte ergeben, daß die Fragen 1, 2 und 4 lediglich auf eine Prüfung der Richtigkeit der Vorentscheidung gerichtet sind. Sie gehen auf die Besonderheiten des jeweiligen Streitfalles ein, wenn danach geprüft werden soll, ob wegen der begrenzten steuerrechtlichen Kenntnisse des Klägers eine unzulässige Klage vorliege (Frage 1), ob sich das FG unter diesen Umständen gleichwohl mit der Sache habe befassen dürfen (Frage 2) und ob es dem Kläger einen Notanwalt hätte beiordnen müssen (Frage 4). Ohne die Darlegung, weshalb dies zur Rechtsfortbildung beitragen könnte, ist auch die außerdem gestellte Frage 3, ob die Rechtsprechung zur Sachentscheidung im Widerspruchsverfahren auf die vorliegenden Fälle übertragbar sei, nicht in der von § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO verlangten Form dargelegt worden. Welche Bedeutung die aufgeworfenen Rechtsfragen für eine etwaige Revisionsentscheidung für die als unbegründet abgewiesene Klage gegen den Zinsbescheid in dem Verfahren V B 61/94 haben könnten, ist weder dargelegt noch erkennbar.

Auf die nach Ablauf der Beschwerdefrist von einem anderen Prozeßbevollmächtigten des Klägers für alle Verfahren wortgleich geltend gemachten weiteren Zulassungsgründe ist nicht einzugehen, weil sie verspätet vorgebracht worden sind (ständige Rechtsprechung des BFH, z. B. Beschlüsse vom 11. August 1994 VIII B 25/94, BFH/NV 1995, 237; vom 2. Oktober 1968 I B 21/68, BFHE 93, 410, BStBl II 1968, 824). Die Zulassung der Revision muß innerhalb eines Monats nach Zustellung der Vorentscheidung eingelegt und begründet werden (§ 115 Abs. 3 Satz 1 FGO). Wiedereinsetzung (§ 56 Abs. 1, 2 FGO) ist nicht beantragt worden. Gründe dafür sind nicht erkennbar. Außerdem genügen die verspätet vorgetragenen Rechtsfragen aus den vorbezeichneten Gründen nicht den Anforderungen.

4. Im übrigen ergeht die Entscheidung ohne Bekanntgabe einer weiteren Begründung gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs.

 

Fundstellen

Haufe-Index 420668

BFH/NV 1995, 999

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