Entscheidungsstichwort (Thema)
Liebhaberei bei Vermietung einer Segelyacht; Rüge des Verstoßes gegen den klaren Inhalt der Akten
Leitsatz (NV)
- Die Vermietung einer Segelyacht an wechselnde Charterer geht in der Regel nicht über den Rahmen der privaten Vermögensverwaltung hinaus.
- Für die Feststellung einer Überschusserzielungsabsicht ist insbesondere von Bedeutung, ob der (Vermietungs-) Betrieb nach seiner Art, der Gestaltung der Betriebsführung und den gegebenen Ertragsaussichten einen "Totalüberschuss" erwarten lässt.
- Zum Begriff "Anlaufverlust".
- Die Nichtberücksichtigung von Umständen, die richtigerweise in die Beweiswürdigung hätten einfließen müssen, kann verfahrensfehlerhaft sein, wenn das FG seiner Aufklärungspflicht nicht nachkommt oder Teile des Gesamtergebnisses des Verfahrens unberücksichtigt lässt, insbesondere wenn es bei der Überzeugungsbildung eine nach Aktenlage feststehende Tatsache unberücksichtigt lässt bzw. vom Nichtvorliegen einer solchen Tatsache ausgeht (sog. Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten). Kein Verfahrensfehler ist dagegen die fehlerhafte Würdigung des Beteiligtenvorbringens oder eines erhobenen Beweises durch das FG, es sei denn, es hätte falsche Beweisregeln angewendet (BFH-Beschluss vom 12. September 1996 X B 76/96, BFH/NV 1997, 246).
Normenkette
EStG § 21; AO 1977 § 162 Abs. 1; FGO § 76 Abs. 1, § 96 Abs. 1 S. 1, § 115 Abs. 2 Nr. 2; EStG § 15 Abs. 1 Nr. 1; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3 S. 3; EStG § 2 Abs. 1
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Teils sind die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht in der erforderlichen Weise dargelegt worden (§ 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―), teils liegen die Zulassungsgründe nicht vor.
1. Im Rahmen von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ist die Überschusserzielungsabsicht zu verneinen, wenn das Gesamtergebnis der voraussichtlichen Vermögensnutzung durch den Nutzenden negativ ist, wobei steuerfreie Veräußerungsgewinne außer Betracht bleiben. Bei der Vercharterung einer im Schiffsregister eingetragenen Yacht ist daher vorrangig zu prüfen, ob Einkünfte aus § 21 des Einkommensteuergesetzes (EStG) oder solche aus Gewerbebetrieb (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG) in Betracht kommen (Urteile des Bundesfinanzhof ―BFH― vom 5. Mai 1988 III R 41/85, BFHE 153, 374, BStBl II 1988, 778; vom 31. März 1992 IX R 11/87, BFH/NV 1993, 8). Nach der neueren Rechtsprechung des BFH geht die Vermietung einzelner beweglicher Gegenstände wie z.B. einer Segelyacht in der Regel nicht über den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung hinaus. Allein der häufige und kurzfristige Mieterwechsel vermag einer Vermietung noch keinen gewerblichen Charakter zu verleihen. Dies gilt auch dann, wenn eine einzelne in einem üblichen Yachthafen stationierte Segelyacht mit Hilfe eines gewerblichen Vermittlungsunternehmens verchartert wird, das weitere Yachten anderer Eigner vermittelt und zusätzliche, eigene Leistungen erbringt (BFH-Urteile vom 18. Mai 1999 III R 65/97, BFHE 188, 490, BStBl II 1999, 619; vom 29. April 1999 III R 38/97, BFH/NV 1999, 1510).
Bei der Ermittlung des "Totalüberschusses" aus Vermietung und Verpachtung ist von den Ergebnissen auszugehen, die sich nach den einkommensteuerrechtlichen Vorschriften voraussichtlich ergeben werden. Letzterer Grundsatz entspricht der langjährigen Rechtsprechung des BFH (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, unter C. IV. 2. und 3.; Urteile in BFHE 153, 374, BStBl II 1988, 778, und BFH/NV 1993, 8). Inwiefern es erforderlich sein könnte, den Totalgewinn "nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen" zu ermitteln, ist nicht dargelegt. Ein als Betriebseinnahme zu behandelnder "Eigenverbrauch" kann nicht angesetzt werden. Selbst bei Einkünften aus Gewerbebetrieb könnte es nur darum gehen, die durch eine private (Mit-)Nutzung des Wirtschaftsguts verursachten Kosten zwecks anteiliger Kürzung gebuchten betrieblichen Aufwands mittels sog. Nutzungsentnahme zu neutralisieren (vgl. Senatsurteil vom 14. Januar 1998 X R 57/93, BFHE 185, 230, unter II. 1.).
Bei den hier in Betracht kommenden Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ist offenkundig und bedarf keiner höchstrichterlichen Entscheidung, dass ―ebenso wie bei der Nutzung von Ferienwohnungen im Geltungsbereich der Konsumgutlösung― von vornherein eine Trennung der durch die Einkünfteerzielung und der privat veranlassten Aufwendung erforderlich ist. Des Weiteren kommt es auf die materiell-rechtlichen Fragen und die verfahrensrechtlichen Rügen, die sich auf die Ermittlung eines Gesamtgewinns einschließlich eines ―etwaigen― Gewinns aus der Veräußerung von Anlagevermögen beziehen, aus Rechtsgründen nicht an.
2. Die Absicht der Gewinnerzielung zeigt sich in dem Bestreben, während des Bestehens des Betriebs, d.h. von seiner Gründung bis zu seiner Veräußerung, Aufgabe oder Liquidation aufs Ganze gesehen einen Gewinn zu erzielen (ständige Rechtsprechung, zuletzt BFH-Urteil vom 21. Januar 1999 IV R 27/97, BFHE 188, 27, BStBl II 1999, 638). Ob der Steuerpflichtige eine derartige Absicht hatte, lässt sich als innere Tatsache nicht anhand seiner Erklärungen, sondern nur aufgrund äußerer Umstände feststellen. Hierfür ist insbesondere von Bedeutung, ob der Vermietungsbetrieb bei objektiver Betrachtung nach seiner Art, der Gestaltung der Betriebsführung und den gegebenen Ertragsaussichten einen "Totalüberschuss" in dem beschriebenen Umfang erwarten lässt. Ist danach bei objektiver Betrachtung ein positives Ergebnis nicht zu erwarten, kann der Steuerpflichtige gleichwohl nachweisen, dass er die objektiven Gegebenheiten verkannt und erwartet habe, dass zunächst angefallene Verluste im Laufe der weiteren Entwicklung des Betriebs durch Gewinne ausgeglichen würden und insgesamt ein positives Gesamtergebnis erzielt werden könne (Urteil in BFHE 188, 27, BStBl II 1999, 638). Nach ständiger Rechtsprechung des BFH setzt sich das für die Prüfung der Gewinnerzielungsabsicht maßgebliche erzielbare Totalergebnis aus den in der Vergangenheit erzielten und künftig zu erwartenden laufenden Gewinnen/Verlusten und dem sich bei Betriebsbeendigung voraussichtlich ergebenden Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn/-verlust zusammen (vgl. ―zu Gewinneinkünften― BFH-Urteil vom 17. Juni 1998 XI R 64/97, BFHE 186, 347, BStBl II 1998, 727). "Totalgewinn" ist der Gewinn von der Gründung bis zur Veräußerung, Aufgabe oder Liquidation (BFH-Beschluss in BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, 766). Entsprechendes gilt für die Überschusseinkünfte, wobei allerdings steuerfreie Veräußerungsgewinne nicht in diese Betrachtung einzubeziehen sind (Beschluss in BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, 766).
Dies vorausgesetzt ist die von den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) als rechtsgrundsätzlich bezeichnete Rechtsfrage, ob ein "unerwartet hoher Anlaufverlust in der Anlaufzeit" in den Folgejahren ausgeglichen werden muss, nicht klärungsfähig. "Anlaufverluste" hat die bisherige Rechtsprechung berücksichtigt (vgl. BFH-Beschluss vom 15. Mai 1997 IV B 74/96, BFH/NV 1997, 668). Die Vermutung, dass ein Gewerbebetrieb mit Gewinnerzielungsabsicht geführt wird, wird durch Verluste in der Anlaufphase nicht entkräftet, wenn der Steuerpflichtige auf die Verluste reagiert und den Betrieb umstrukturiert oder einstellt (BFH-Urteil vom 24. Februar 1999 X R 106/95, BFH/NV 1999, 1081, m.w.N. der Rechtsprechung). Indes geht es im Streitfall nicht um typische Anlaufverluste. Die Kläger selbst tragen vor, bereits im Erstjahr 1986 hätten sich die Nettoeinnahmen (19 541 DM) im Rahmen dessen bewegt, was "erwartbar" gewesen sei (25 000 DM bis 30 000 DM). Selbst wenn man unterstellt, die Einnahmen aller Jahre hätten zwischen 19 541 DM (1986) und 24 800 DM (1988) gelegen, ist nichts dafür ersichtlich, dass in den Jahren 1986, 1988 und 1989 "Anlaufverluste" erzielt worden sind und dass eine von den Klägern beanspruchte (Beschwerdeschrift S. 19) Gesamtprognose realistischerweise von auf die Dauer von 15 Jahren erzielbaren Einnahmen in Höhe von jährlich 27 500 DM ausgehen konnte (hierzu nachstehend unter 5.).
3. Die Rechtsprechung des IX. Senats zur Einkünfteerzielungsabsicht bei "langfristiger" Vermietung von Immobilien (BFH-Urteil vom 30. September 1997 IX R 80/94, BFHE 184, 406, BStBl II 1998, 771) hebt ab auf "die soziale und wohnungspolitische Zielsetzung" des § 21 Abs. 1 Satz 1 EStG sowie auf den spezifisch wohnungswirtschaftlichen Umstand, dass mit Immobilien, wenn Wertsteigerungen und Steuervorteile außer Betracht bleiben, je nach Umfang der Fremdfinanzierung allenfalls erst nach sehr langen Zeiträumen eine Rendite zu erwirtschaften ist.
Allerdings können besondere Arten der Nutzung der Immobilie ―insbesondere als Ferienwohnung― ausnahmsweise schon für sich allein Beweisanzeichen für eine private, nicht mit der Erzielung von Einkünften zusammenhängende Veranlassung sein (Urteile vom 13. August 1996 IX R 48/94, BFHE 181, 83, BStBl II 1997, 42; in BFHE 184, 406, BStBl II 1998, 771; vom 23. Juni 1999 X R 113/96, BFHE 189, 37, BStBl II 1999, 668). Es ist offenkundig und bedarf keiner höchstrichterlichen Revisionsentscheidung, dass die Vercharterung einer teilweise eigengenutzten
Segelyacht der Vermietung einer zum Teil selbstgenutzten Ferienwohnung rechtlich und wirtschaftlich gleichzustellen ist.
4. Die gerügte Divergenz vom BFH-Urteil in BFHE 153, 374, BStBl II 1988, 778 liegt schon deswegen nicht vor, weil jene Entscheidung zur Anwendung der Nutzungswertbesteuerung (§ 21 Abs. 2 EStG a.F.) ergangen ist, durch welche insbesondere das Wohnen im eigenen Haus als Steuertatbestand erfasst war.
5. Die Rüge von Verfahrensmängeln, das Finanzgericht (FG) habe insbesondere gegen den klaren Inhalt der Akten verstoßen, ist unbegründet.
Mit Einwendungen gegen die Richtigkeit des angefochtenen Urteils und gegen die Beweiswürdigung des FG können die Kläger im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde nicht gehört werden, weil derartige Angriffe revisionsrechtlich dem materiellen Recht zuzuordnen sind (ständige Rechtsprechung, z.B. Senatsbeschlüsse vom 6. November 1997 X B 46/97, BFH/NV 1998, 602; vom 22. März 1999 X B 142/98, BFH/NV 1999, 1236). Die Nichtberücksichtigung von Umständen, die richtigerweise in die Beweiswürdigung hätten einfließen müssen, kann verfahrensfehlerhaft sein, wenn das FG seiner Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) nicht nachkommt oder Teile des Gesamtergebnisses des Verfahrens unberücksichtigt lässt (Senatsbeschluss in BFH/NV 1998, 602, unter 3.), insbesondere wenn es bei seiner Überzeugungsbildung eine nach Aktenlage feststehende Tatsache unberücksichtigt lässt bzw. bei seiner Entscheidung vom Nichtvorliegen einer solchen Tatsache ausgeht (sog. Verstoss gegen den klaren Inhalt der Akten). Kein Verfahrensfehler ist dagegen die fehlerhafte Würdigung des Beteiligtenvorbringens oder eines erhobenen Beweises durch das FG, es sei denn, es hätte falsche Beweisregeln angewendet (Senatsbeschlüsse vom 12. September 1996 X B 76/96, BFH/NV 1997, 246; in BFH/NV 1999, 1236).
Bei der "Gesamtprognose" war das FG notwendigerweise auf Schätzungen angewiesen (§ 162 Abs. 1 der Abgabenordnung ―AO 1977― i.V.m. § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO). Bei der Prognose der Instandhaltungsaufwendungen hat es zwar einen Durchschnittswert der Jahre 1988 bis 1991 unter Einbeziehung der atypisch hohen Ausgaben des Jahres 1990 gebildet. Es hat indes ausgeführt, mit dem sich danach ergebenden Durchschnittswert sei "zugleich die mit zunehmender Nutzungsdauer zu erwartende Erhöhung der jährlichen Reparaturkosten abgegolten."
Das FG hat die ab dem Jahre 1991 zu erwartenden Einnahmen aus Vermietung "in betraglicher Nähe zur Prognose der Kläger" (Urteilsabdruck S. 10 unten) mit jährlich 24 800 DM angesetzt und festgestellt, dass es gleichwohl bei einem voraussichtlichen Totalverlust in Höhe von 100 000 DM verbleibe. Das FG hat den diesbezüglichen Vortrag der Kläger nicht als wahr unterstellt. Diese hatten im Schriftsatz vom 28. April 1999 selbst dargelegt, die im Jahre 1986 erzielte Einnahme habe sich im Rahmen dessen bewegt, was bei einer jährlichen Auslastung von "ca. 18 bis 21 Wochen bei einem wöchentlichen Charterpreis von 3 600 DM (Hauptsaison) und 2 400 DM (Nebensaison) "zu erwarten" gewesen sei. Es kann auch nicht die Rede davon sein, dass das FG unstreitige Tatsachen nicht zur Kenntnis genommen hätte. Das FG musste der Prognoseschätzung der Kläger nicht folgen, zumal es in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BFH (BFH-Beschluss in BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, 767) davon ausgegangen ist, dass bei der notwendigerweise in die Zukunft gerichteten langfristigen Beurteilung die Verhältnisse der Vergangenheit "wichtige Anhaltspunkte" bieten können und "nicht von den günstigsten Prognosen" und damit von einer völligen Auslastung der Yacht während der Saison auszugehen ist (Urteilsabdruck S. 10, unter Bezugnahme auf das BFH-Urteil vom 11. April 1990 I R 22/88, BFH/NV 1990, 768).
Auf der Grundlage der von ihm vertretenen Rechtsauffassung brauchte das FG den von den Klägern beantragten Sachverständigenbeweis "über die Richtigkeit ihrer Prognoseberechnung" nicht zu erheben. Es konnte aufgrund eigener Schätzungsbefugnis den von den Klägern unter Beweis gestellten Betrag der erzielbaren ―in den Vorjahren tatsächlich nicht erzielten― Einnahmen korrigieren.
6. Im Übrigen ergeht der Beschluß gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne Begründung.
Fundstellen
Haufe-Index 426165 |
BFH/NV 2000, 1186 |