Entscheidungsstichwort (Thema)
Darlegungsanforderungen bei Angriffen gegen Solidaritätszuschlag; keine Familienkomponenten bei Wohnsitz in der Schweiz
Leitsatz (NV)
1. Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Frage, ob das Solidaritätszuschlagsgesetz mit dem Grundgesetz vereinbar ist, bedarf es einer Auseinandersetzung mit der einschlägigen Rechtsprechung des BFH.
2. Bei der Besteuerung eines nur in der Schweiz wohnhaften Rechtsanwalts, dessen Kanzlei sich in Deutschland befindet, sind die im deutschen Recht vorgesehenen Familienkomponenten nicht zu berücksichtigen.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2, § 116 Abs. 3 S. 3; GG Art. 105 Abs. 2, Art. 106 Abs. 1 Nr. 6; SolZG 1995 §§ 1-2; DBA CHE Art. 25 Abs. 2-3
Verfahrensgang
FG Baden-Württemberg (Urteil vom 30.07.2008; Aktenzeichen 3 K 955/08) |
Tatbestand
I. Die Beteiligten streiten über die Festsetzung eines Solidaritätszuschlags.
Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist deutscher Staatsangehöriger und wohnte im Streitjahr (2004) in der Schweiz. Er hatte zwei schulpflichtige Kinder und war in Deutschland als Rechtsanwalt selbständig tätig. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) setzte ihm gegenüber für das Streitjahr eine Einkommensteuer in Höhe von 30 836 € und einen Solidaritätszuschlag in Höhe von 1 695,98 € fest. Die dagegen gerichtete Klage hat das Finanzgericht (FG) abgewiesen, ohne die Revision gegen sein Urteil zuzulassen.
Mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kläger geltend, dass die Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zuzulassen sei.
Das FA ist der Nichtzulassungsbeschwerde entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Der Kläger hat einen Grund für die Zulassung der Revision nicht in der gebotenen Weise dargelegt.
1. Nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO ist die Revision gegen ein finanzgerichtliches Urteil zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Wird hierauf eine Nichtzulassungsbeschwerde gestützt, so muss die grundsätzliche Bedeutung in der Beschwerdebegründung dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Fehlt es daran, so ist die Nichtzulassungsbeschwerde unzulässig.
2. Der Kläger leitet eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache daraus ab, dass klärungsbedürftig sei, ob das im Streitfall einschlägige Solidaritätszuschlagsgesetz 1995 (SolZG 1995) mit dem Grundgesetz vereinbar sei. Diese Frage sei hinsichtlich der Anwendung des SolZG 1995 auf das Streitjahr zu verneinen. Im Veranlagungszeitraum 2004 habe sich die deutsche Wiedervereinigung zum 15. Mal gejährt, weshalb der Solidaritätszuschlag nicht mehr als kurzzeitige Ergänzungsabgabe angesehen werden könne, sondern in den Einkommensteuertarif hätte eingearbeitet werden müssen.
Dazu hat der Bundesfinanzhof (BFH) jedoch bereits entschieden, dass unter diesem Gesichtspunkt kein Zweifel an der Rechtmäßigkeit des SolZG in der für den Veranlagungszeitraum 2002 geltenden Fassung bestehe (BFH-Beschluss vom 28. Juni 2006 VII B 324/05, BFHE 213, 573, BStBl II 2006, 692). Er hat in diesem Zusammenhang insbesondere für geklärt erachtet, dass eine Ergänzungsabgabe i.S. des Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 des Grundgesetzes nicht nur befristet erhoben werden dürfe und dass die Erhebung des Solidaritätszuschlags unter diesem Gesichtspunkt nicht zu beanstanden sei. Er ist mithin davon ausgegangen, dass die zeitliche Komponente für die verfassungsrechtliche Beurteilung des Solidaritätszuschlags keine Bedeutung hat. Auf diese Überlegung geht der Kläger im Rahmen seiner Nichtzulassungsbeschwerde nicht ein. Damit fehlt es insoweit an einer Auseinandersetzung mit der einschlägigen höchstrichterlichen Rechtsprechung, die zur Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO erforderlich ist (BFH-Beschlüsse vom 22. Januar 2008 X B 185/07, BFH/NV 2008, 603; vom 31. Januar 2008 VIII B 253/05, BFH/NV 2008, 740).
3. Mit seinem Hinweis auf Art. 25 Abs. 3 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (DBA-Schweiz) zeigt der Kläger ebenfalls keine grundsätzlich bedeutsame Rechtsfrage auf. Jene Vorschrift greift im Streitfall schon deshalb nicht ein, weil der Kläger in der Schweiz ansässig (Art. 4 Abs. 1 DBA-Schweiz) und seine in Deutschland befindliche Kanzlei abkommensrechtlich Bestandteil eines Schweizer Unternehmens ist (Senatsurteil vom 26. Februar 1992 I R 85/91, BFHE 168, 52, 56, BStBl II 1992, 937, 939; Buciek in Flick/Wassermeyer/Kempermann, Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland-Schweiz, Art. 7 Rz 125, m.w.N.). Es handelt sich mithin nicht um ein Unternehmen eines Vertragsstaats, das einer im anderen Vertragsstaat ansässigen Person gehört; nur für solche Unternehmen gilt indessen Art. 25 Abs. 3 DBA-Schweiz. Im Streitfall ist allenfalls Art. 25 Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz einschlägig, nach dem die Bundesrepublik nicht verpflichtet ist, bei der Besteuerung der durch eine Betriebsstätte erzielten Einkünfte die vom Kläger geltend gemachten Familienkomponenten zu berücksichtigen. Die Ausführungen des Klägers lassen nicht erkennen, inwieweit diese klare Abkommenslage eine klärungsbedürftige Rechtsfrage aufwerfen könnte.
Fundstellen