Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozeßvollmacht mittels Telefax reicht nicht aus

 

Leitsatz (NV)

  1. Seit der Neufassung des § 62 Abs. 3 FGO durch das FGO-ÄndG vom 21. Dezember 1992 (BGBl I 1992, 2109) und der damit erfolgten Angleichung an § 80 Abs. 1 ZPO ist auch im finanzgerichtlichen Verfahren für den Nachweis der Bevollmächtigung die Vorlage der schriftlichen Vollmacht im Original zu verlangen (vgl. BFH-Urteile vom 28. November 1995 VII R 63/95, BFHE 179, 5, BStBl II 1996, 105; vom 14. März 1996 IV R 44/95, BFHE 179, 569, BStBl II 1996, 319).
  2. Das hiervon nicht abweichende BFH-Urteil in BFHE 179, 569, BStBl II 1996, 319 hat Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Hinblick darauf gewährt, daß die Originalvollmacht innerhalb der Zweiwochenfrist des § 56 Abs. 2 Satz 1 FGO vorgelegt wurde und weil das fehlende Verschulden im Hinblick auf die kurz zuvor vollzogene Änderung der Rechtsprechung des BGH und des BFH offenkundig war.
 

Normenkette

FGO §§ 56, 62 Abs. 3, § 115 Abs. 2 Nr. 2; ZPO § 80 Abs. 1

 

Gründe

Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) rügen eine Abweichung vom Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 19. Januar 1989 IV R 21-23/87 (BFHE 156, 350, BStBl II 1989, 567), das sich mit der Übermittlung einer Vollmacht mittels Telebrief befaßt hat. Diese Rüge vermag jedoch keine Divergenz zu begründen, weil sich der IV. Senat des BFH (Urteil vom 14. März 1996 IV R 44/95, BFHE 179, 569, BStBl II 1996, 319) unter Aufgabe der vorgenannten Entscheidung ausdrücklich der Auffassung des VII. Senats des BFH in dessen Urteil vom 28. November 1995 VII R 63/95 (BFHE 179, 5, BStBl II 1996, 105) angeschlossen hat, daß es seit der Neufassung des § 62 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) durch das FGO-Änderungsgesetz vom 21. Dezember 1992 (BGBl I 1992, 2109) und der damit erfolgten Angleichung an § 80 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung für den Nachweis der schriftlichen Vollmacht nicht mehr ausreicht, daß der Prozeßbevollmächtigte die ihm erteilte schriftliche Vollmacht dem Gericht durch Telefax übermittelt; vielmehr ist im Hinblick auf das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 23. Juni 1994 I ZR 106/92 (BGHZ 126, 266) auch im finanzgerichtlichen Verfahren für den Nachweis der Bevollmächtigung die Vorlage der schriftlichen Vollmacht im Original zu verlangen. Eine Abweichung von der neueren Rechtsprechung des BFH ist nicht dargelegt.

Der BFH hat im Urteil in BFHE 179, 569, BStBl II 1996, 319 die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Hinblick darauf gewährt, daß der Kläger jenes Verfahrens die Vollmachtsurkunde einen Tag nach Ablauf der gesetzten Ausschlußfrist und damit innerhalb der Zweiwochenfrist des § 56 Abs. 2 Satz 1 FGO vorgelegt hat, und weil --im Hinblick auf die kurz zuvor (Ende des Jahres 1995) vollzogene Änderung der Rechtsprechung des BFH und des BGH-- das fehlende Verschulden offenkundig war. Denn jene Kläger durften darauf vertrauen, daß die zu der alten Fassung des § 62 Abs. 3 Satz 1 FGO ergangene Rechtsprechung des BFH (Urteile in BFHE 156, 350, BStBl II 1989, 567; vom 15. Juni 1994 II R 49/91, BFHE 174, 394, BStBl II 1994, 763; vom 2. August 1994 IX R 102/91, BFH/NV 1995, 534) fortgalt. Diese Rechtsprechung ist überholt (s. auch BFH-Urteil vom 9. August 1996 VI R 30/96, BFH/NV 1997, 135).

Im übrigen ergeht der Beschluß gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne Begründung.

 

Fundstellen

Haufe-Index 302703

BFH/NV 2000, 69

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