Entscheidungsstichwort (Thema)
Vermögensverfall und Gefährdung der Mandanteninteressen
Leitsatz (NV)
1. Es entspricht dem klaren Wortlaut des Gesetzes und der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats, dass bei Vermögensverfall des Steuerberaters grundsätzlich die Interessen seiner Auftraggeber gefährdet sind und nur in Ausnahmefällen (“es sei denn”) ein Absehen von dem gebotenen Widerruf der Bestellung gestattet ist, so dass die Rechtslage hier geklärt ist. Aus dem Regel-Ausnahme-Verhältnis des § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG folgt zugleich, dass die Darlegungs- und Feststellungslast für den gesetzlichen Ausnahmetatbestand, dass trotz Vermögensverfalls eine Gefährdung der Mandanteninteressen nicht vorliegt, dem betroffenen Steuerberater obliegt.
2. Wenn das FG im Streitfall diesen Entlastungsbeweis vor dem Hintergrund, dass der Kläger über längere Zeiträume die fälligen Sozialversicherungsbeiträge sowie die anfallende Umsatz- und Lohnsteuer nicht entrichtete, als nicht erbracht angesehen hat, so ist dies weder zu beanstanden noch ergeben sich daraus klärungsbedürftige Rechtsfragen.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, § 116 Abs. 3 S. 3; StBerG § 46 Abs. 2 Nr. 4, § 3 Nr. 4
Verfahrensgang
FG Düsseldorf (Urteil vom 21.06.2006; Aktenzeichen 2 K 4470/05 StB) |
Tatbestand
I. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) gegen den Widerruf seiner Bestellung als Steuerberater wegen Vermögensverfalls (§ 46 Abs. 2 Nr. 4 des Steuerberatungsgesetzes --StBerG--) durch den Bescheid der Beklagten und Beschwerdegegnerin (Steuerberaterkammer) vom 26. September 2005 als unbegründet abgewiesen. Es hat die Voraussetzungen für den Widerruf der Bestellung als Steuerberater als verwirklicht angesehen, weil der Kläger in das Schuldnerverzeichnis eingetragen und zu einem späteren Zeitpunkt das Insolvenzverfahren über sein Vermögen eröffnet worden sei, er jedoch nicht die daraus folgende Vermutung des Vermögensverfalls habe widerlegen können. Es habe sich auch nicht feststellen lassen, dass eine Gefährdung der Interessen der Auftraggeber durch den Vermögensverfall des Klägers ausgeschlossen sei. Dass einige Mandanten des Klägers diesem auch weiterhin das Vertrauen ausgesprochen hätten, der Kläger sich einer Konkurrenzklausel unterworfen habe und in Zukunft beabsichtige, die Bearbeitung nur noch weniger Mandate zu übernehmen, reiche vor dem Hintergrund, dass er über längere Zeiträume die fälligen Sozialversicherungsbeiträge sowie die anfallende Umsatz- und Lohnsteuer nicht entrichtet habe, nicht für die Annahme aus, dass die Gefährdung von Auftraggeberinteressen ausgeschlossen sei.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil richtet sich die vom Kläger erhobene Beschwerde.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg, weil die geltend gemachten Revisionszulassungsgründe z.T. nicht schlüssig dargelegt sind, wie es § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) fordert, jedenfalls aber nicht vorliegen.
1. Soweit der Kläger sinngemäß formuliert, es sei fraglich, ob sich das Gericht bei Prüfung der Gefährdung der Auftraggeberinteressen aufgrund des vermuteten Vermögensverfalls grundsätzlich an dem in der Vergangenheit gezeigten Verhalten des Steuerberaters zu orientieren habe oder ob das Fehlverhalten in der Vergangenheit bei der Beurteilung außer Betracht zu bleiben habe, ergibt sich daraus keine klärungsbedürftige Rechtsfrage i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO. Gleiches gilt auch für die vom Kläger in diesem Zusammenhang sinngemäß formulierte Frage, ob die in § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG gesetzlich normierte "Gefährdungsfiktion bezüglich der Auftraggeberinteressen die konkreten Tatsachen des Einzelfalls immer überlagere".
Der Zulassungsgrund des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO setzt voraus, dass die Rechtsfrage im angestrebten Revisionsverfahren geklärt werden kann und auch klärungsbedürftig ist (Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 12. Dezember 2001 III B 103/01, BFH/NV 2002, 652). An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es, wenn die Rechtslage gesetzlich klar geregelt ist oder auf den Sachverhalt durch die Rechtsprechung geklärte Rechtsgrundsätze anzuwenden und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute höchstrichterliche Prüfung und Entscheidung der Frage geboten erscheinen lassen (Senatsbeschluss vom 22. Oktober 2002 VII B 306/01, BFH/NV 2003, 208). Dies ist vorliegend der Fall.
Es entspricht dem klaren Wortlaut des Gesetzes und der ständigen Rechtsprechung des beschließenden Senats, dass bei Vermögensverfall des Steuerberaters grundsätzlich die Interessen seiner Auftraggeber gefährdet sind und nur in Ausnahmefällen ("es sei denn") ein Absehen von dem gebotenen Widerruf der Bestellung gestattet ist. Aus diesem Regel-Ausnahme-Verhältnis folgt zugleich, dass die Darlegungs- und Feststellungslast für diesen gesetzlichen Ausnahmetatbestand dem betroffenen Steuerberater obliegt (Senatsurteil vom 22. September 1992 VII R 43/92, BFHE 169, 286, BStBl II 1993, 203; Senatsbeschluss vom 8. Februar 2000 VII B 245/99, BFH/NV 2000, 992).
Wenn das FG im Streitfall diesen Entlastungsbeweis vor dem Hintergrund, dass der Kläger über längere Zeiträume die fälligen Sozialversicherungsbeiträge sowie die anfallende Umsatz- und Lohnsteuer nicht entrichtete, als nicht erbracht angesehen hat, so ist dies weder zu beanstanden noch ergeben sich daraus klärungsbedürftige Rechtsfragen. Vielmehr entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Senats, dass die Gefährdung der Mandanteninteressen bei Nichtabführung von Lohn- oder Umsatzsteuer konkret anzunehmen ist, weil der Steuerberater damit Gelder, die ihm wirtschaftlich nicht zustehen, für eigene Zwecke verbraucht hat (Beschluss vom 12. Juli 2002 VII B 257/01, BFH/NV 2002, 1498).
Anders als die Beschwerde meint, hat damit das FG bei der von ihm vorzunehmenden Gesamtwürdigung auf die konkrete Gefährdungssituation im Streitfall abgestellt und hat nicht etwa Voraussetzungen aufgestellt, die es praktisch unmöglich machen, den Entlastungsbeweis zu erbringen.
2. Soweit die Beschwerde geltend macht, es sei "noch völlig ungeklärt, wie der mögliche Konflikt zwischen den Vorschriften des § 46 Abs. 2 StBerG und § 3 Nr. 4 StBerG unter europarechtlichen Gleichbehandlungsgesichtspunkten zu lösen ist", wird eine konkrete klärungsbedürftige Rechtsfrage nicht einmal ansatzweise dargelegt. Die Behauptung, jeder Bürger, der in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen berechtigt sei, dürfe auch in Deutschland entsprechend tätig werden, trifft nicht zu.
3. Auch der angebliche Verfahrensmangel ist nicht schlüssig dargelegt. Soweit die Beschwerde bemängelt, dass das FG den Widerrufsgrund des § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG unzulässig erweitert habe, rügt sie eine falsche Rechtsanwendung durch das FG, legt aber keinen Verfahrensfehler dar.
Fundstellen
Haufe-Index 1758417 |
BFH/NV 2007, 1361 |