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BFH Beschluss vom 29.07.1992 - IV B 7/91 (NV)

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Entscheidungsstichwort (Thema)

Notwendige Beiladung anderer Gesellschafter bei Streit über Sonderbetriebsgewinn?

 

Leitsatz (NV)

1. Ist lediglich streitig, ob ein Gewinn aus der Entnahme von Wirtschaftsgütern des Sonderbetriebsvermögens eines Mitunternehmers einer Personengesellschaft entstanden ist, so bedarf es nicht der Beiladung der anderen Gesellschafter, deren Anteil am Gewinn durch die Entscheidung über die Entnahmefrage nicht berührt wird.

2. Wir die Nichtzulassungsbeschwerde auf einen Verfahrensmangel gestützt, so ist der Mangel nur dann ausreichend bezeichnet, wenn innerhalb der Beschwerdefrist die Tatsachen genau angegeben werden, die den Mangel begründen, und die Möglichkeit dargetan wird, daß das FG ohne den Verfahrensmangel anders entschieden hätte.

 

Normenkette

FGO § 48 Abs. 1, § 115 Abs. 2 Nr. 3

 

Verfahrensgang

FG München

 

Tatbestand

Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist eine KG. Bei ihrer Gründung im Jahre 1965 war vereinbart worden, daß die Komplementärin ihren Betrieb, die Kommanditistin (Beschwerdeführerin zu 3) verschiedene Grundstücke einbringen sollte. Zu einer Übertragung der zum Betrieb gehörenden, wie der der Beschwerdeführerin zu 3 gehörenden Grundstücke in das Gesellschaftsvermögen der Klägerin kam es in der Folge jedoch nicht.

Mit dem Tode der Komplementärin im Jahre 1973 ging das Eigentum an den zum Nachlaß gehörenden Grundstücken auf die Beschwerdeführerin zu 3 und ihren Ehemann, den Beschwerdeführer zu 2, mit dem die Beschwerdeführerin zu 3 im Güterstand der Gütergemeinschaft lebte und der 1966 als weiterer Kommanditist in die KG eingetreten war, über. Im Jahre 1973 traten als weitere Kommanditisten die drei Kinder der Beschwerdeführer zu 2 und 3 in die KG ein. Komplementärin war ab 1. April 1976 eine GmbH.

Am 22. Dezember 1976 bzw. am 24. Mai 1977 veräußerten die Beschwerdeführer zu 2 und 3 die Grundstücke A und B. Diese Grundstücke waren seit dem 21. Juni 1948 als Betriebsvermögen bilanziert worden. Die Einnahmen aus der Verpachtung der Grundstücke waren seitdem bei der Gewinnermittlung als Betriebseinnahmen erfaßt worden. Die Gewinne aus der Veräußerung der Grundstücke wurden hingegen bei der Gewinnermittlung des Wirtschaftsjahres 1976/77 (1. Oktober 1976 bis 30. September 1977) nicht berücksichtigt.

Nach einer Betriebsprüfung bei der Klägerin folgte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) dem mit der Begründung, die Grundstücke A und B seien gewillkürtes Sonderbetriebsvermögen der Beschwerdeführer zu 2 und 3 gewesen, nicht und erhöhte den Gesamtgewinn der Klägerin um die Veräußerungsgewinne von zusammen . . . DM. Diese Gewinne rechnete das FA den Beschwerdeführern zu 2 und 3 je zur Hälfte zu und erließ einen entsprechend geänderten Feststellungsbescheid 1977 vom 13. August 1980. Der Einspruch dagegen blieb ohne Erfolg.

Mit der Klage wurde geltend gemacht, die Grundstücke seien nicht gewillkürtes Sonderbetriebsvermögen der Beschwerdeführer zu 2 und 3 gewesen, weil sie nie für die Gesellschaft genutzt worden seien, auch für die Beteiligung der Beschwerdeführer zu 2 und 3 an der Klägerin keine Vorteile gebracht hätten und auch nicht wirtschaftlich der Klägerin gehört hätten. Hinsichtlich eines weiteren Grundstücksgeschäfts (Grundstück C), das in das Wirtschaftsjahr 1975/76 fiel, wurde geltend gemacht, das Grundstück sei bereits vor dem Streitjahr entnommen worden. Demzufolge wurde beantragt, die Feststellungsbescheide 1976 und 1977 vom 13. August 1980 in der Weise zu ändern, daß der Verkauf der Grundstücke A, B und C nicht als betriebliche Vorgänge behandelt wird.

Die Klage hatte hinsichtlich des Grundstücks C Erfolg; im übrigen wurde sie als unbegründet abgewiesen.

Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung des klageabweisenden Teils seines Urteils im wesentlichen aus, die Grundstücke A und B seien dem Wert nach (dominium quoad sortem), mindestens aber zur Nutzung (quoad usum) in die KG eingebracht worden. In beiden Fällen habe es sich beim Verkauf um betriebliche Vorgänge gehandelt und hätten die Veräußerungsgewinne den Gesamtgewinn erhöht. Die Gewinnverteilung, die eigener Regelungsstand eines Feststellungsbescheides sei, werde nicht angegriffen, so daß ihre Rechtmäßigkeit nicht überprüft zu werden brauche.

Das FG hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen und der Beschwerde dagegen nicht abgeholfen.

Mit der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision wird geltend gemacht, das FG-Urteil beruhe auf einem Verfahrensmangel ( 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Da das FG davon ausgegangen sei, die veräußerten Grundstücke wären dem Werte nach in die KG eingebracht worden, hätte der Gewinn anteilig auf alle Gesellschafter, auch die vom FG nicht beigeladenen Gesellschafter, verteilt werden müssen und hätten deshalb auch die bisher nicht beteiligten Gesellschafter notwendig beigeladen werden müssen. Außerdem wird vorgetragen, einer der 1973 eingetretenen weiteren Kommanditisten sei 1986 ausgeschieden und hätte auch aus diesem Grunde beigeladen werden müssen.

Das FA bestreitet die Notwendigkeit von Beiladungen.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unbegründet und muß deshalb zurückgewiesen werden.

Das FG hat Beiladungserfordernisse nicht verletzt.

Sind an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt, daß die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, so sind sie beizuladen. Dies gilt nicht für Mitberechtigte, die nach § 48 FGO nicht klagebefugt sind (§ 60 Abs. 3 FGO).

1. Im Klageverfahren war streitig, ob der durch die Grundstücksveräußerungen entstandene Gewinn in den betrieblichen Bereich der Klägerin unter Berücksichtigung auch des Sonderbetriebsbereichs der Beigeladenen fiel oder ob es sich um Vorgänge im Bereich des Privatvermögens der Beigeladenen handelte. Klagebefugt waren danach die Klägerin selbst, vertreten durch die zur Geschäftsführung berufenen Gesellschafter (§ 48 Abs. 1 Nr. 3 FGO), und die Beigeladenen, zu deren Sonderbetriebsvermögen die Grundstücke nach dem angefochtenen Bescheid gehören sollten (§ 48 Abs. 1 Nr. 2 FGO). Hingegen waren die übrigen Gesellschafter der Klägerin nicht klagebefugt. Die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO waren insoweit nicht erfüllt. Denn die Verteilung des Gewinns auf die Gesellschafter war nicht streitig. Ist nur die Höhe des Gesamtgewinns streitig, so ist nur dieser, nicht hingegen (auch) die Gewinnverteilung Streitgegenstand des Klageverfahrens (Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 18. Dezember 1970 VI R 313/68, BFHE 102, 202, BStBl II 1971, 591, 593; vom 20. Januar 1977 IV R 3/75, BFHE 122, 2, BStBl II 1977, 509, 510; vom 10. Februar 1988 VIII R 352/82, BFHE 152, 414, BStBl II 1988, 544). Nach dem durch den Klageantrag bestimmten Streitgegenstand richtet sich auch, welche Personen gemäß § 60 Abs. 3 FGO notwendig beizuladen sind (Urteil in BFHE 122, 2, BStBl II 1977, 509).

2. Die Beiladung der übrigen Gesellschafter der Klägerin war auch nicht deshalb erforderlich, weil das FG offengelassen hat, ob die Grundstücke A und B dem Werte nach in das Vermögen der Klägerin eingebracht oder der Klägerin lediglich zur Nutzung überlassen worden waren. Selbst wenn eine Einbringung dem Werte nach zur Folge hätte, daß an den Veräußerungsgewinnen nicht nur die Beigeladenen, sondern auch die anderen Gesellschafter der Klägerin beteiligt waren, so ändert das doch nichts daran, daß die Gewinnverteilung nicht Gegenstand des Klageverfahrens war. Das FG brauchte bei der gegebenen Lage den Klageantrag auch nicht in dem Sinne auszulegen, daß hilfsweise eine anderweitige Verteilung der Veräußerungsgewinne begehrt war. Denn die Beigeladenen haben tatsächlich die gesamten Veräußerungsgewinne erzielt und auch für sich in Anspruch genommen. Deshalb kann mangels gegenteiliger prozessualer Erklärungen nicht unterstellt werden, ihr Klagebegehren laufe hilfsweise auf eine Verteilung der streitigen Gewinne auf alle Gesellschafter hinaus.

3. Auch die Rüge, ein Gesellschafter sei im Jahre 1986 ausgeschieden, führt nicht zur Zulassung der Revision. Gemäß § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO muß der Verfahrensmangel in der Beschwerdeschrift bezeichnet werden. Der Verfahrensmangel ist nur dann ausreichend bezeichnet, wenn innerhalb der Beschwerdefrist die Tatsachen genau angegeben werden, die den Mangel begründen, und die Möglichkeit dargetan wird, daß das FG ohne den Mangel anders entschieden hätte (Tipke/Kruse, Abgabenordnung - Finanzgerichtsordnung, § 115 FGO Tz. 90; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 115 FGO Tz. 65). Das gilt nach § 115 Abs. 3 FGO auch für Verfahrensmängel, die, wie eine unterlassene notwendige Beiladung, im Revisionsverfahren auch ohne entsprechende Verfahrensrüge zu beachten sind (vgl. Tipke/Kruse und Gräber/Ruban, a.a.O., m.w.N.).

Die Beschwerdeführer haben erst nach Ablauf der Beschwerdefrist (17. Dezember 1990), nämlich mit Schriftsatz vom 16. Mai 1991, vorgetragen, ein Verfahrensmangel liege (auch) deshalb vor, weil ein Gesellschafter im Laufe des Klageverfahrens ausgeschieden sei und danach nicht beigeladen worden sei. Die den behaupteten Mangel begründenden Tatsachen sind danach verspätet vorgetragen worden; ein Nachschieben von Zulassungsgründen nach Ablauf der Beschwerdefrist ist unzulässig (vgl. Tipke/Kruse, a.a.O., Tz. 87, m.w.N., Tz. 93).

 

Fundstellen

Haufe-Index 418648

BFH/NV 1993, 43

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