Entscheidungsstichwort (Thema)
Antragsfrist für die Wiedereinsetzung
Leitsatz (NV)
Die Frist für den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Versäumung der Klagefrist beginnt mit dem Zugang der Eingangsmitteilung des FG über die Klage beim Prozeßbevollmächtigten zu laufen. Das gilt auch dann, wenn in dem Schreiben des FG auf die Versäumung der Klagefrist nicht hingewiesen worden ist und dieses zugleich eine Aufforderung zur Begründung der Klage enthält.
Normenkette
FGO § 56 Abs. 1-2, § 115 Abs. 2 Nr. 3
Tatbestand
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) wegen Versäumung der Klagefrist, die am 8. November 1996 abgelaufen war, als unzulässig abgewiesen. Die mit Schriftsatz vom 6. März 1997 beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hat das FG nicht gewährt, weil der Wiedereinsetzungsantrag nicht binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses gestellt worden war (§56 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --). Denn dem Prozeßbevollmächtigten der Klägerin war bereits mit Verfügung des Senatsvorsitzenden des FG vom 14. November 1996 -- zugegangen am 19. November 1996 -- mitgeteilt worden, daß die Klage am 11. November 1996 bei Gericht eingegangen war.
Mit der auf Verfahrensmangel (§115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) gestützten Nichtzulassungsbeschwerde macht die Klägerin geltend, ihrem Wiedereinsetzungsantrag hätte entsprochen werden müssen, obwohl ihr Prozeßbevollmächtigter aufgrund der erhaltenen Eingangsmitteilung die Einhaltung der Klagefrist nicht überprüft und deshalb die Frist gemäß §56 Abs. 2 FGO versäumt habe. Denn in dem Schreiben des FG sei nicht ausdrücklich darauf hingewiesen worden, daß die Klagefrist nicht eingehalten worden sei. Das Schreiben über die Eingangsmitteilung habe zugleich eine Aufforderung zur Klagebegründung enthalten. Später seien die Frist zur Begründung der Klage noch antragsgemäß verlängert worden und gerichtliche Verfügungen zur Bezeichnung des Gegenstandes des Klagebegehrens und zur Angabe der Tatsachen, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung sie sich beschwert fühle, ergangen. Da somit auch dem Gericht offenbar nicht aufgefallen sei, daß die Klagefrist nicht eingehalten sei, könnten an ihren Prozeßbevollmächtigten keine höheren Sorgfaltsmaßstäbe angelegt werden. Dieser sei aufgrund des Verhaltens des Gerichts davon ausgegangen, daß hinsichtlich der Klagefrist alles in Ordnung gewesen sei, da er anderenfalls keine Aufforderung erhalten hätte, die Klage zu begründen bzw. den Klageantrag näher zu spezifizieren.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist unbegründet.
Die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf einem Verfahrensmangel (§115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Das FG hat zu Recht keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Klagefrist gewährt, weil die Klägerin bzw. ihr Prozeßbevollmächtigter nicht innerhalb der Frist von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses den Wiedereinsetzungsantrag gestellt und die Tatsachen zur Begründung des Antrags vorgetragen haben (§56 Abs. 2 FGO). Wie das FG zutreffend ausgeführt hat, begann die Antragsfrist gemäß §56 Abs. 2 FGO mit dem Zugang der Eingangsmitteilung des FG (hier: am 19. November 1996), da der Prozeßbevollmächtigte aus der Mitteilung über das Eingangsdatum der Klage erkennen konnte, daß die Klagefrist nicht eingehalten worden war. Einer ausdrücklichen gerichtlichen Mitteilung, daß die Klagefrist versäumt ist, bedarf es nicht. Unterläßt der Prozeßbevollmächtigte die Prüfung der rechtzeitigen Klageerhebung anhand der ihm zugegangenen Eingangsmitteilung des Gerichts, so handelt er schuldhaft. Sein Verschulden ist der Klägerin zuzurechnen (§155 FGO i. V. m. §85 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung). Eine Wiedereinsetzung wegen Versäumung (auch) der Antragsfrist kommt deshalb nicht in Betracht.
Die Ablehnung des Wiedereinsetzungsantrags wegen Versäumung der Antragsfrist wurde nicht dadurch ausgeschlossen, daß im Streitfall auch der Senatsvorsitzende und später auch die Berichterstatterin des FG die Versäumung der Klagefrist zunächst offensichtlich nicht bemerkt haben, wie die gleichzeitig mit der Eingangsmitteilung erfolgte Aufforderung zur Klagebegründung und die späteren gerichtlichen Verfügungen gemäß §65 Abs. 2 und §79b Abs. 1 FGO zeigen. Denn die Sorge um die Einhaltung der Klagefrist und die rechtzeitige Stellung eines gegebenenfalls gebotenen Wiedereinsetzungsantrags obliegt nicht dem Gericht, sondern allein dem Kläger und seinem Prozeßbevollmächtigten. Das Gericht ist deshalb vor seiner abschließenden Entscheidung im Laufe des Klageverfahrens nicht gehalten, die Wahrung der Klagefrist zu überprüfen und den Kläger bzw. seinen Bevollmächtigten auf die Fristversäumnis ausdrücklich hinzuweisen. Der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin durfte somit die ihm vom FG übersandte Eingangsmitteilung nicht unberücksichtigt lassen und allein aus dem sonstigen Prozeßverhalten des Gerichts den Schluß ziehen, die Klagefrist sei gewahrt. Das FG hat zutreffend ausgeführt, daß in der Aufforderung, die Klage zu begründen, und in den nachfolgenden gerichtlichen Verfügungen keine stillschweigende Wiedereinsetzung in den vorigen Stand liegt; insoweit wird auf die Begründung der Vorentscheidung Bezug genommen.
Eine Zulassung der Revision wegen Verfahrensmangels kommt somit nicht in Betracht; andere Zulassungsgründe sind nicht vorgetragen worden.
Fundstellen
Haufe-Index 66547 |
BFH/NV 1998, 64 |