Entscheidungsstichwort (Thema)
PKH; unvollständig ausgefüllter Vordruck
Leitsatz (NV)
Das FG darf den PKH-Antrag nicht ohne weiteres wegen unvollständiger Ausfüllung des Vordrucks (§ 117 Abs. 4 ZPO) als unzulässig ablehnen, wenn die fehlende Angabe für die wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers offensichtlich bedeutungslos ist.
Normenkette
FGO § 142 Abs. 1; ZPO § 117 Abs. 4
Tatbestand
Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) begehrt mit seiner Klage die Zahlung von Kindergeld für die Zeit von Juli bis September 1998 für seine Tochter. Das Finanzgericht (FG) lehnte den Antrag auf Prozeßkostenhilfe (PKH) für das Klageverfahren mit dem angefochtenen Beschluß vom 16. Februar 1999 ab, weil der Antragsteller die Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht ordnungsgemäß abgegeben habe. Das amtliche Formular dafür sei unvollständig ausgefüllt. Der Antragsteller hat die fehlenden Angaben durch seinen Prozeßbevollmächtigten schriftlich und später mit einem entsprechend ergänzten Vordruck, der am 4. März 1999 beim FG einging, nachgeholt.
Mit Beschluß vom 26. April 1999 hat das FG den PKH-Antrag erneut abgelehnt, diesmal mit der Begründung, die beabsichtigte Rechtsverfolgung biete keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Da die Tochter weder im Haushalt des Antragstellers noch im Haushalt der Mutter aufgenommen gewesen sei und auch keine Unterhaltsrente erhalten habe, hätte nach § 64 Abs. 3 Satz 4 i.V.m. Abs. 2 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes das Vormundschaftsgericht bestimmen müssen, welcher Elternteil kindergeldberechtigt sei. Die übereinstimmende Bestimmung der Kindergeldberechtigung durch die Eltern genüge nicht. Das Vormundschaftsgericht habe bisher keine Bestimmung über die Kindergeldberechtigung getroffen.
Mit Beschluß vom 18. Juni 1999 hat das Amtsgericht den Antragsteller als Kindergeldanspruchsberechtigten bestimmt. Der Antragsteller hat diesen Beschluß dem Bundesfinanzhof (BFH) übersandt und erneut beantragt, ihm PKH zu gewähren.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde gegen die erste Ablehnung des PKH-Antrags ist begründet. Nach § 142 der Finanzgerichtsordnung i.V.m. § 114 der Zivilprozeßordnung (ZPO) ist einer Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht aufbringen kann, auf Antrag PKH zu gewähren, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Nach § 117 Abs. 2 ZPO hat der Antragsteller dem Antrag auf PKH eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beizufügen und sich nach § 117 Abs. 4 ZPO der Vordrucke für die Erklärung zu bedienen, soweit Vordrucke eingeführt sind. Diese Voraussetzungen sind erfüllt.
Der Antragsteller hat den vollständig ausgefüllten Vordruck mit der Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zwar erst verspätet, nämlich nach Absendung des angefochtenen Beschlusses, vorgelegt. Wird die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse erst im Beschwerdeverfahren vorgelegt, kann sie in diesem Verfahren nicht mehr berücksichtigt werden (vgl. BFH-Beschluß vom 11. August 1998 VII B 3/98, BFH/NV 1999, 207). Der Prozeßbevollmächtigte des Antragstellers hatte jedoch schon mit Schreiben vom 3. Dezember 1998 --und damit rechtzeitig-- darauf hingewiesen, daß es sich bei dem in dem Vordruck ursprünglich nicht aufgeführten Vermögensgegenstand, nämlich dem PKW ..., um ein gebrauchtes Fahrzeug im Wert von 200 DM gehandelt habe. Das FG hätte daraus entnehmen können und müssen, daß es sich bei den in dem ursprünglich vorgelegten Vordruck fehlenden Angaben zum Vermögen des Antragstellers um einen für die Entscheidung über den PKH-Antrag unwesentlichen Punkt handelte und hätte deshalb jedenfalls den PKH-Antrag nicht ohne weiteres als unzulässig abweisen dürfen.
Die Klage des Antragstellers hat auch Aussicht auf Erfolg, nachdem das Amtsgericht ihn durch Beschluß vom 18. Juni 1999 zum Kindergeldanspruchsberechtigten bestimmt hat.
Der Beschwerde ist der Erfolg auch nicht deshalb zu versagen, weil das FG zwischenzeitlich durch Beschluß vom 26. April 1999 den PKH-Antrag erneut, diesmal als unbegründet, abgewiesen hat. Gerichtliche Entscheidungen im PKH-Verfahren erwachsen nicht in Rechtskraft (vgl. BFH-Beschlüsse vom 20. Oktober 1995 IX S 4/95, BFH/NV 1996, 256, und vom 26. März 1998 XI K 5/97, XI S 32/97, BFH/NV 1998, 1252). Durch den Beschluß des Amtsgerichts vom 18. Juni 1999 ist zudem eine Änderung der Sach- und Rechtslage eingetreten.
Der angefochtene Beschluß war danach aufzuheben. Die Sache geht zur erneuten Entscheidung an das FG zurück. Dieses erhält damit Gelegenheit, erstmals zu prüfen, ob der Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen in der Lage ist, die Kosten der Prozeßführung aufzubringen.
Fundstellen