Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Darlegung von Verfahrensmängeln nach neuem Zulassungsrecht; Verletzung rechtlichen Gehörs und der Amtsermittlungspflicht
Leitsatz (NV)
An den Begründungsanforderungen hinsichtlich von Verfahrensmängeln im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde hat sich durch das 2. FGOÄndG nichts geändert. Die Darlegung eines Verfahrensmangels erfordert danach, dass die Tatsachen schlüssig bezeichnet werden, die den gerügten Verfahrensmangel ergeben sollen und weshalb das angefochtene Urteil auf dem Verfahrensmangel beruhen kann.
Normenkette
FGO § 76 Abs. 1 Sätze 1, 4, § 96 Abs. 2, § 115 Abs. 2 Nr. 3, § 116 Abs. 3 S. 3; 2. FGOÄndG
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig und durch Beschluss zu verwerfen (§ 132 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―).
Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist dem Prozessvertreter der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) am 3. Juli 2001 zugestellt worden. Die Zulässigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde richtet sich gemäß Art. 4 und 6 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2.FGOÄndG) vom 19. Dezember 2000 (BGBl I 2000, 1757) nach der seit dem 1. Januar 2001 geltenden FGO.
1. a) Die Darlegung eines Verfahrensmangels erfordert, die Tatsachen schlüssig zu bezeichnen, die den gerügten Verfahrensmangel ergeben sollen. Dazu müssen die entsprechenden Prozessvorgänge genau umschrieben werden (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 12. November 1993 III B 234/92, BFHE 173, 196, BStBl II 1994, 401, 402, m.w.N.). Schlüssig ist das Vorbringen, wenn die vorgetragenen Tatsachen ―ihre Richtigkeit unterstellt― ausgehend von der insoweit maßgebenden materiell-rechtlichen Auffassung des Gerichtes den behaupteten Verfahrensmangel ergeben. Ferner ist grundsätzlich im Beschwerdeverfahren darzutun, weshalb das angefochtene Urteil i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO auf dem Verfahrensmangel beruhen kann (vgl. BFH-Beschluss vom 29. November 2000 I B 8/00, BFH/NV 2001, 624).
b) An diesen in ständiger Rechtsprechung vom BFH gestellten Begründungsanforderungen hat § 115 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO n.F. nichts geändert (vgl. Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 115 FGO Rz. 220, 228, 229; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 116 FGO Tz. 58 und 59; Dürr, Die Information über Steuer und Wirtschaft 2001, 65, 68; Beermann, Deutsche Steuer-Zeitung ―DStZ― 2001, 312, 318).
2. Ausgehend von diesen Maßstäben sind die gerügten Verfahrensmängel nicht hinreichend substantiiert dargetan worden.
a) Die Kläger behaupten, das angefochtene Urteil stelle eine unfaire Überraschungsentscheidung dar und sei unter Verletzung der gerichtlichen Hinweispflicht zustande gekommen. Damit wird sinngemäß eine Verletzung des Anspruchs der Kläger auf Gewährung rechtlichen Gehörs (vgl. Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes ―GG―; § 96 Abs. 2 FGO) gerügt. Eine schlüssige Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs erfordert indes insbesondere eine substantiierte Darlegung, was die Kläger bei einer ausreichenden Gewährung rechtlichen Gehörs noch vorgetragen hätten und inwiefern dieses Vorbringen möglicherweise zu einer anderen Entscheidung des Gerichts hätte führen können (BFH-Beschluss vom 20. Januar 2000 III B 57/99, BFH/NV 2000, 861, m.w.N.). Bereits an einem derartigen Vortrag fehlt es.
b) Die schlüssige Rüge, das Gericht sei seiner Amtsermittlungspflicht nach § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO nicht nachgekommen, erfordert u.a. Angaben dazu, wieso sich dem FG eine weitere Sachverhaltsermittlung von Amts wegen hätte aufdrängen müssen (vgl. BFH-Beschluss vom 13. März 1995 XI B 160/94, BFH/NV 1995, 817, ständige Rechtsprechung). Vor allem aber muss das vermutliche Beweisergebnis und dessen Einfluss auf den Ausgang des Verfahrens dargelegt werden (vgl. BFH-Beschluss vom 26. September 1996 V B 39/96, BFH/NV 1997, 352, m.w.N.).
Es kann dahingestellt bleiben, welche Rückwirkungen sich auf die auch ohne konkretes Beweisangebot von den Klägern verlangte Sachaufklärung durch das Gericht in Fällen ―wie hier― ergeben, wenn die eine Steuervergünstigung nach § 33a Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) mit Auslandsbezug geltend machenden Kläger eine gesteigerte Mitwirkungspflicht nach § 76 Abs. 1 Satz 4 FGO i.V.m. § 90 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) trifft (vgl. auch BFH-Beschluss vom 15. Juni 1999 III B 10/99, BFH/NV 1999, 1595, unter Ziff. 3. der Gründe, m.w.N.). Die Kläger haben nämlich lediglich ausgeführt, es werde mit der Revision zu rügen sein, dass das anzufechtende Urteil auf Verfahrensfehlern beruhe. Indes haben sie weder dargestellt, welche konkreten Beweismittel das FG von sich aus hätte heranziehen müssen, welche Erkenntnisse es aus der Beweiserhebung vermutlich hätte gewinnen können und wie im Sinne der vom FG zutreffend zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. dazu BFH-Urteil vom 9. August 1991 III R 63/89, BFH/NV 1992, 101, ständige Rechtsprechung) zugunsten der Kläger dadurch ausnahmsweise auch eine Einmalzahlung an die im Ausland lebenden Eltern des Klägers am Jahresende als Unterhaltszahlung i.S. von § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG über den Monat Dezember 1998 hinaus anzuerkennen gewesen wäre.
3. Einer weiteren Begründung bedarf die Entscheidung nach § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO nicht.
Fundstellen
Haufe-Index 671020 |
BFH/NV 2002, 526 |