Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung trotz Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters
Leitsatz (NV)
1. Trotz der Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters mit Zustimmungsvorbehalt verbleibt die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis beim Schuldner. Deshalb werden die steuerlichen Pflichten eines allein vertretungsberechtigten Vorstandes einer AG durch die Bestellung eines solchen Insolvenzverwalters nicht berührt.
2. Durch die Vereinbarung eines verlängerten Eigentumsvorbehalts können die steuerlichen Pflichten des Vorstandes einer AG weder objektiv noch subjektiv begrenzt oder eingeschränkt werden.
3. Bei der Ermittlung der Haftungsquote können Umbuchungen bzw. Verrechnungen, die vom FA außerhalb des Haftungszeitraumes vorgenommen werden, keine Berücksichtigung finden.
Normenkette
FGO § 69 Abs. 3; AO 1977 §§ 69, 34 Abs. 1; AktG § 78 Abs. 1; InsO § 22 Abs. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) war allein vertretungsberechtigter Vorstand der X-Computer AG (AG), über deren Vermögen inzwischen das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Nachdem die Hauptgeschäftsbank der AG (H-Bank) keine Verfügungen über den Kontokorrentrahmen der AG mehr zugelassen hatte, beantragte der Antragsteller die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens. Zur Sicherung der Insolvenzmasse bestellte das Amtsgericht mit Beschluss vom 2. August 2001 einen vorläufigen Insolvenzverwalter und ordnete u.a. an, dass Verfügungen des Schuldners über dessen Vermögensgegenstände nur noch mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sein sollten. Dieser wurde ermächtigt, mit rechtlicher Wirkung für den Schuldner zu handeln, soweit dies zur Erfüllung der Aufgabe schon vor der Verfahrenseröffnung dringend erforderlich sein sollte, und Bankguthaben und sonstige Forderungen des Schuldners einzuziehen sowie eingehende Gelder entgegenzunehmen.
Für die Voranmeldungszeiträume bis August 2001 hatte die AG noch Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben, die Zahlungsverpflichtungen jedoch nur noch teilweise erfüllt, so dass ein Abgabenrückstand von zunächst 53 793,88 € zuzüglich Säumniszuschlägen in Höhe von 3 907,29 € verblieb. Am 1. Oktober 2001 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der AG eröffnet. Nachdem die Umsatzsteuerrückstände von der AG nicht mehr beglichen wurden, nahm der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) den Antragsteller nach §§ 34 und 69 der Abgabenordnung (AO 1977) als Haftungsschuldner für Umsatzsteuer Juli 2001 in Anspruch. Dabei legte das FA einen Haftungszeitraum vom 31. Mai bis zum 30. September 2001 zugrunde und ermittelte eine durchschnittliche Tilgungsquote von 55,47 %. Ausdrücklich wies das FA darauf hin, dass im Haftungszeitraum auf die Umsatzsteuerrückstände keine Zahlungen erfolgt seien. Am 16. August 2002 teilte das FA dem Steuerberater des Antragstellers mit, dass Körperschaftsteuerguthaben aus den Veranlagungen 1999 und 2000 auf näher bezeichnete Umsatzsteuerschulden für die Monate Mai bis Juli 2001 verrechnet worden seien. Nachdem das FA den Haftungsbescheid gemäß § 130 Abs. 1 AO 1977 teilweise zurückgenommen und den Umsatzsteuerhaftungsanspruch unter Berücksichtigung einer korrigierten Umbuchung auf 39 477,40 € sowie die verwirkten Säumniszuschläge auf 268,95 € herabgesetzt hatte, setzte es in der Einspruchsentscheidung vom 6. Februar 2003 die Haftungssumme nunmehr auf 39 746,35 € fest und wies den Einspruch im Übrigen als unbegründet zurück.
Nachdem das FA einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) des Haftungsbescheides abgelehnt hatte, erhob der Antragsteller Klage und suchte beim Finanzgericht (FG) um AdV nach. Zur Begründung führte er an, dass die Umsatzsteuer für den Monat Juli 2001 aufgrund der vom FA gewährten Dauerfristverlängerung erst zum 10. September 2001 fällig gewesen sei. Zu diesem Zeitpunkt habe er jedoch aufgrund der Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters keine Verfügungsbefugnis mehr gehabt. Soweit die AG innerhalb des vom FA festgelegten Haftungszeitraumes Zahlungen an Gläubiger geleistet habe, seien damit fast ausschließlich Forderungen für unter verlängertem Eigentumsvorbehalt erfolgte Warenlieferungen getilgt worden. Aufgrund des Eigentumsvorbehalts dürften diese Forderungen nicht in die Tilgungsquote mit einbezogen werden. Auch habe das FA bestehende Körperschaftsteuerguthaben für die Veranlagungsjahre 1999 und 2000 erst im Januar 2002 und damit außerhalb des Haftungszeitraumes abgerechnet. Die mit den Steuerguthaben bewirkte Tilgung von Umsatzsteuerrückständen müsse auch im Rahmen der Festlegung der Haftungssumme Berücksichtigung finden. Darüber hinaus habe die H-Bank ab dem 30. Juni 2001 aufgrund einer Globalzession sämtliche von Drittschuldnern der AG geleisteten Zahlungen einbehalten und mit dem bestehenden Saldo verrechnet. Dadurch seien der AG von diesem Zeitpunkt an sämtliche Mittel entzogen worden, so dass die Steuerrückstände nicht mehr hätten beglichen werden können.
Das FG hat den Aussetzungsantrag abgelehnt und ausgeführt, es bestünden keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Haftungsbescheides. Als gesetzlicher Vertreter der AG hafte der Antragsteller für die angemeldeten, jedoch nicht an das FA abgeführten Umsatzsteuerbeträge. Den Haftungszeitraum habe das FA zutreffend ermittelt. Das Insolvenzgericht habe lediglich einen "schwachen" vorläufigen Insolvenzverwalter ohne Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis bestellt. Daher hätte der Insolvenzverwalter den Antragsteller nicht aus der Geschäftsführung verdrängen können. Dieser sei nach wie vor für die Erfüllung der steuerlichen Pflichten verantwortlich gewesen. Infolgedessen reiche der Haftungszeitraum auch über den Zeitpunkt der Einsetzung des vorläufigen Insolvenzverwalters hinaus.
Auch die Berechnung der Tilgungsquote sei nicht zu beanstanden, denn nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) habe das FA die Berechnung zeitraumbezogen durchzuführen. Daher hätten die nach Ablauf des Haftungszeitraumes erfolgten Umbuchungen bzw. Verrechnungen außer Betracht bleiben müssen. Im Streitfall sei zu berücksichtigen, dass die Steuererklärung 2000, die zu dem Verlustrücktrag und zu einem Körperschaftsteuerguthaben für die Jahre 1999 und 2000 geführt hätte, erst am 23. November 2001 beim FA abgegeben worden sei. Schließlich habe der BFH entschieden, dass sich der steuerpflichtige Unternehmer durch eine Globalzession zugunsten einer Bank nicht seiner finanziellen Mittel und damit seiner Möglichkeit zur Tilgung von Steuerschulden begeben könne. Dieser Grundsatz müsse auch im Falle der Vorausabtretung von Kundenforderungen aufgrund eines verlängerten Eigentumsvorbehalts gelten. Denn es könne keinen Unterschied machen, ob der Unternehmer die Kundenforderungen gebündelt an ein einziges Kreditinstitut oder einzeln an verschiedene Gläubiger im Voraus abtrete.
Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner vom FG zugelassenen Beschwerde, mit der er die bereits im Einspruchsverfahren vorgetragenen Einwände geltend macht. Insbesondere rügt er die seiner Ansicht nach rechtsfehlerhafte Ermittlung der Haftungsquote. Das FA hätte die Bezahlung von vorrangigen Lieferantenforderungen hinsichtlich der mit einem verlängerten Eigentumsvorbehalt abgesicherten Warenlieferungen nicht berücksichtigen dürfen. Darüber hinaus habe das FA die im Januar 2002 umgebuchten Körperschaftsteuerguthaben, die zu einer Verminderung der Umsatzsteuerschulden der AG geführt hätten, auch auf die Haftungsquote anrechnen müssen. Die Festlegung eines bestimmten Haftungszeitraumes könne nicht dazu führen, dass eine nachträglich durch Umbuchung erfolgte Tilgung von Steuerschulden außer Betracht zu bleiben habe.
Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten. Es ist der Ansicht, dass eine vom gesetzlichen Vertreter vorgenommene Vorausabtretung von Forderungen --sei es im Einzelfall durch Vereinbarung eines verlängerten Eigentumsvorbehalts, sei es im Rahmen einer Globalzession-- die Pflicht zur Abführung der geschuldeten Umsatzsteuer nicht einschränken könne. Bei der Festlegung des Haftungszeitraumes und der Berechnung der Tilgungsquote habe sich das FA an die von der Rechtsprechung des BFH entwickelten Grundsätze gehalten. Die aufgrund der Umbuchungen erfolgte Tilgung der Rückstände sei dadurch berücksichtigt worden, dass die ermittelte Quote lediglich auf die nach der Verrechnung verbleibenden Rückstände angewandt worden sei.
Entscheidungsgründe
Die nach § 128 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zulässige Beschwerde ist unbegründet.
1. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 FGO kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestehen. Im Streitfall bestehen nach der im Aussetzungsverfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheides und insbesondere an der zutreffenden Ermittlung der Haftungsquote und Haftungssumme.
a) Zutreffend ist das FG davon ausgegangen, dass der Antragsteller die ihm als gesetzlichem Vertreter der AG nach § 34 Abs. 1 AO 1977 i.V.m. § 78 Abs. 1 des Aktiengesetzes (AktG) obliegenden steuerlichen Pflichten infolge der Nichtentrichtung der von der AG geschuldeten Umsatzsteuerbeträge zumindest grob fahrlässig nicht erfüllt hat und infolgedessen vom FA zu Recht gemäß § 69 AO 1977 als Haftungsschuldner in Anspruch genommen worden ist. Seiner haftungsrechtlichen Inanspruchnahme steht die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters mit Zustimmungsvorbehalt nicht entgegen. Denn im Falle der Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters ohne Anordnung eines allgemeinen Verfügungsverbots (vgl. § 22 Abs. 1 Satz 1 der Insolvenzordnung --InsO--) verbleibt die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis wie auch die Prozessführungsbefugnis beim Schuldner (Haarmeyer in Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, Band 1, § 22 Rdnr. 133, 184). Daran vermag auch der Zustimmungsvorbehalt nichts zu ändern. Denn der vorläufige Insolvenzverwalter mit allgemeinem Zustimmungsvorbehalt kann nicht als Vermögensverwalter i.S. von § 34 Abs. 1 AO 1977 angesehen werden. Deshalb wird der Schuldner auch nicht aus seiner Pflichtenstellung verdrängt, so dass die ihm obliegenden steuerlichen Pflichten nunmehr ausschließlich vom Insolvenzverwalter zu erfüllen wären (vgl. Maus in Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 12. Aufl., § 22 Rdnr. 188, m.w.N.). Im Streitfall kann ein Entzug der allgemeinen Verfügungsbefugnis auch nicht der Ermächtigung an den vorläufigen Insolvenzverwalter entnommen werden, in dringenden Fällen mit rechtlicher Wirkung für den Schuldner zu handeln. Denn diese Ermächtigung bezieht sich nicht auf die Übernahme des Geschäftsbetriebs schlechthin, sondern lediglich auf einzelne, zur Erfüllung des Sequestrationszwecks unabweisbar erforderliche Rechtsgeschäfte. Im Übrigen bestehen zumindest ernstliche Zweifel an der Zulässigkeit einer solchen pauschalen Ermächtigung (vgl. hierzu Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 18. Juli 2002 IX ZR 195/01, BGHZ 151, 353). Der Antragsteller wäre folglich an einer Entrichtung der Umsatzsteuer --wenn auch nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters-- nicht grundsätzlich gehindert gewesen. Seinem Vorbringen ist nicht zu entnehmen, dass er um eine solche Zustimmung nachgesucht oder andere Schritte zur Begleichung der Umsatzsteuerschuld unternommen hat.
b) Bei summarischer Prüfung bestehen keine Bedenken gegen den Ansatz des FA, bei der Bestimmung der Haftungsquote auch Zahlungen einzubeziehen, die auf Forderungen für Warenlieferungen geleistet worden sind, denen die Vereinbarung eines verlängerten Eigentumsvorbehalts zugrunde lag. Wie der beschließende Senat wiederholt entschieden hat, können sich gesetzliche Vertreter (§ 34 AO 1977) oder Verfügungsbefugte (§ 35 AO 1977) nicht auf das Fehlen von Mitteln zur Tilgung von Steuerrückständen berufen, wenn dieses Unvermögen seine Ursache in der Vorausabtretung von Forderungen an andere Gläubiger hat. Dieser Grundsatz gilt jedenfalls nach der Rechtsprechung des BFH unabhängig davon, ob die Vorausabtretungen im Ganzen im Rahmen einer Globalzession (vgl. BFH-Urteil vom 26. April 1984 V R 128/79, BFHE 141, 443, BStBl II 1984, 776) oder aufgrund eines verlängerten Eigentumsvorbehalts bezogen auf bestimmte Verkäufe (vgl. Senatsentscheidung vom 14. Juli 1987 VII R 188/82, BFHE 150, 312, BStBl II 1988, 172) erfolgt sind. Jedenfalls können durch derartige Zessionen die steuerlichen Pflichten des gesetzlichen Vertreters bzw. des Verfügungsberechtigten weder objektiv noch subjektiv begrenzt oder eingeschränkt werden (Senatsurteil vom 13. September 1988 VII R 35/85, BFH/NV 1989, 139).
Der Streitfall gibt keinen Anlass, von diesen Grundwertungen abzuweichen. Denn auch durch die Vereinbarung eines nahezu auf den gesamten Warenbestand bezogenen verlängerten Eigentumsvorbehalts, bei dem der Unternehmer dem Warenlieferanten im Voraus die Forderung aus dem Weiterverkauf der unter Eigentumsvorbehalt gelieferten Ware abtritt, begibt sich der Steuerpflichtige der Möglichkeit, die Steuerschulden aus den erzielten Erlösen zu begleichen und sich "ungebundene" Mittel zur Tilgung der Steuerrückstände zu verschaffen. Bei dieser Betrachtungsweise ist es unerheblich, wie die abgetretenen Forderungen im Falle der Insolvenz des Unternehmers zu behandeln sind und ob der Lieferant etwaige Ansprüche auf Ersatzaussonderung nach § 48 InsO geltend machen könnte. Auch die vom Antragsteller angeführte Vorrangigkeit solcher Lieferantenforderungen kann im Rahmen der Ermittlung der Haftungsquote keine Berücksichtigung finden. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats muss eine vermeintliche Tilgungsvordringlichkeit bestimmter Zahlungsverpflichtungen bei der Ermittlung der Haftungsquote deshalb außer Betracht bleiben, weil die anzustellende Vergleichsrechnung nicht mit unübersehbaren Ausnahmen und Komplikationen belastet werden soll und sich die Frage nach einer gebotenen Tilgungsreihenfolge im Nachhinein nur schwer beantworten lässt (vgl. Senatsurteil in BFHE 150, 312, 318, BStBl II 1988, 172, und BFH-Beschluss vom 4. Mai 2004 VII B 318/03, BFH/NV 2004, 1363, sowie Prugger, Die "anteilige" Umsatzsteuer im Haftungsfall, Betriebs-Berater --BB-- 1987, 1989, 1991).
c) Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheides ergeben sich auch nicht aufgrund des Umstandes, dass das FA die vom Antragsteller angeführten Umbuchungen bei der Berechnung der Haftungsquote unberücksichtigt gelassen hat. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass das FA aufgrund der am 23. November 2001 abgegebenen Steuererklärung 2000 am 25. Januar 2002 eine nachträgliche Verrechnung des auf einen Verlustvortrag zurückzuführenden Körperschaftsteuerguthabens mit für die Monate Mai, Juni und Juli 2001 geschuldeter Umsatzsteuer vorgenommen hat. Bei der Ermittlung der Haftungsquote wurde die Verrechnung dieses Guthabens allerdings unberücksichtigt gelassen.
Die Rechtsauffassung, dass Umbuchungen bzw. Verrechnungen, die außerhalb des Haftungszeitraumes vorgenommen werden, bei der Ermittlung der Haftungsquote keine Berücksichtigung finden können, ist nach Auffassung des beschließenden Senats nicht zu beanstanden. Denn eine nachträglich bzw. rückwirkend vorzunehmende Minderung der Steuerschuld durch Verrechnung mit nachträglich festgesetzten Erstattungsansprüchen vermag den Haftungsschuldner nicht vom Vorwurf der Verletzung seiner steuerlichen Pflichten während des Haftungszeitraumes zu entlasten. Auch kann der Haftungsschuldner nicht darauf vertrauen, dass er Steuerrückstände mit erwarteten Steuerguthaben werde ausgleichen können. Eine Ausnahme ist allenfalls dann anzuerkennen, wenn im Haftungszeitraum tatsächlich Steuerguthaben bestanden haben, ein entsprechender Verrechnungsantrag gestellt worden ist und das FA in der Vergangenheit solche Verrechnungen auch vorgenommen hat (vgl. Senatsurteil vom 13. Juni 1997 VII R 96/96, BFH/NV 1998, 4).
Im Streitfall ist davon auszugehen, dass das FA das Körperschaftsteuerguthaben bei der Berechnung des Haftungsbetrages auch berücksichtigt hat. Es hat in der Stellungnahme zur Beschwerdeschrift ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die aufgrund der Umbuchungen erfolgte Tilgung der Rückstände dergestalt Berücksichtigung gefunden habe, dass die ermittelte Haftungsquote lediglich auf die nach der Verrechnung verbleibenden Rückstände angewandt worden sei. Bei dieser Handhabung verstößt der Haftungsbescheid auch nicht gegen den im Rahmen der haftungsrechtlichen Inanspruchnahme zu beachtenden Grundsatz der Akzessorietät, der verlangt, dass die Steuerschuld für die gehaftet werden soll (Primärschuld), im Zeitpunkt des Erlasses des Haftungsbescheides bereits entstanden ist und noch besteht (vgl. Senatsurteil vom 15. Oktober 1996 VII R 46/96, BFHE 181, 392, BStBl II 1997, 171, sowie Boeker in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 191 AO 1977 Rdnr. 19), so dass eine Inanspruchnahme des Haftenden nicht mehr in Betracht kommt, wenn die Steuerschuld im Zeitpunkt des Erlasses des Haftungsbescheides ganz oder teilweise getilgt war (vgl. Senatsbeschluss vom 6. Juni 1994 VII B 2/94, BFH/NV 1995, 281, m.w.N.).
Fundstellen
Haufe-Index 1329095 |
BFH/NV 2005, 665 |