Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Divergenz bei unterschiedlichem Sachverhalt; Berichtigung nach § 129 AO 1977
Leitsatz (NV)
1. Eine Divergenz ist nicht ordnungsmäßig gerügt, wenn der Beschwerdeführer lediglich geltend macht, daß das vom FG zur Begründung herangezogene BFH-Urteil dessen Auffassung nicht decke.
2. Eine Berichtigung nach § 129 AO 1977 ist auch dann möglich, wenn mehrere Mitarbeiter der Finanzbehörde mechanische Fehler begehen.
Normenkette
AO 1977 § 129; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2
Verfahrensgang
Gründe
Wird mit der Nichtzulassungsbeschwerde die Abweichung von einer Entscheidung des Revisionsgerichts gerügt, so muß der Beschwerdeführer nach der übereinstimmenden Rechtsprechung der obersten Bundesgerichte dartun, daß das vorinstanzliche Gericht seiner Entscheidung einen abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der mit der näher angeführten Rechtsprechung des Revisionsgerichts nicht übereinstimmt. In der Beschwerdebegründung müssen abstrakte Rechtssätze des vorinstanzlichen Urteils und der Divergenzentscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) so genau bezeichnet werden, daß eine Abweichung erkennbar wird (ständige Rechtsprechung seit dem BFH-Beschluß vom 30. März 1983 I B 9/83, BFHE 138, 152, BStBl II 1983, 479; Tipke/Kruse, Abgabenordnung -- Finanzgerichtsordnung, § 115 FGO Tz. 89: Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, § 115 Rdnr. 63). Zu diesem Zweck müssen die nach Auffassung des Beschwerdeführers voneinander abweichenden Rechtssätze einander gegenübergestellt werden (BFH-Beschluß vom 22. Januar 1993 III B 311/90, BFH/NV 1994, 713).
Dies ist im Streitfall nicht geschehen. Allerdings weisen die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) darauf hin, daß dem Beschluß des Großen Senats vom 21. Oktober 1985 GrS 2/84 (BFHE 145, 147, BStBl II 1986, 207) ein Sachverhalt zugrunde lag, in dem der Steuerpflichtige -- anders als im Streitfall -- einen Antrag auf Lohnsteuer- Jahresausgleich abgegeben hatte. Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, der Große Senat habe -- und sei es auch nur stillschweigend -- den Rechtssatz aufgestellt, der Erlaß eines Einkommensteuerbescheids nach Durchführung eines Lohnsteuer-Jahresausgleichs sei nicht mehr möglich, wenn der Steuerpflichtige statt eines Antrags auf Lohnsteuer-Jahresausgleich eine Einkommensteuererklärung abgegeben habe.
Allenfalls ließe sich aus der Unterschiedlichkeit der den beiden Entscheidungen zugrundeliegenden Sachverhalte folgern, daß der Beschluß des Großen Senats in BFHE 145, 147, BStBl II 1986, 207 die vom Finanzgericht vertretene Rechtsauffassung nicht decke. Hierin liegt jedoch keine Divergenz i. S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO -- (vgl. Tipke/Kruse, a.a.O., § 115 Tz. 59).
Die unzureichende Rüge der Divergenz führt auch nicht unter dem Gesichtspunkt der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zur Zulassung der Revision.
Bei der Entscheidung des Streitfalls kann offenbleiben, ob der Erlaß eines Einkommensteuerbescheids nach den vom Großen Senat in BFHE 145, 147, BStBl II 1986, 207 aufgestellten Grundsätzen in Betracht kam. Jedenfalls konnte der Bescheid über Lohnsteuer-Jahresausgleich jederzeit nach § 129 der Abgabenordnung (AO 1977) berichtigt werden. Entgegen der Darstellung der Kläger ist bis zur Abzeichnung der bearbeiteten Steuererklärung durch die Sachbearbeiterin und den Sachgebietsleiter noch kein Fehler unterlaufen. Die Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit, aus Kapitalvermögen und aus Vermietung und Verpachtung waren im Eingabewertbogen zutreffend erfaßt. Allerdings waren die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und aus Kapitalvermögen negativ, was in Verbindung mit den bei der Datenerfassung um eine Stelle zu niedrig abgelesenen Einkünften aus selbständiger Arbeit die Rechenanlage zum Ausdruck eines Bescheides über Lohnsteuer-Jahresausgleich veranlaßte. Eine falsche rechtliche Würdigung scheidet somit aus. Entgegen der Auffassung der Kläger scheitert eine Berichtigung nach § 129 AO 1977 auch nicht daran, daß im Anschluß an die erste Bearbeitung der Einkommensteuererklärung durch die Veranlagungsstelle mehrere Personen "mechanische" Fehler begingen. Ebensowenig ist es von Bedeutung, daß diese Fehler möglicherweise auf grober Fahrlässigkeit beruhten. § 129 AO 1977 stellt hierauf nicht ab (BFH-Urteil vom 26. Juli 1979 V R 108/76, BFHE 128, 334, BStBl II 1980, 18, 20 a. E.).
Von einer weiteren Begründung wird gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs abgesehen.
Fundstellen
Haufe-Index 420778 |
BFH/NV 1995, 955 |