Entscheidungsstichwort (Thema)
Verbrauchsteuern
Leitsatz (amtlich)
Die Bundesmonopolverwaltung (das Bundesmonopolamt) ist berechtigt, Brennereien auch ohne die Zustimmung des Betriebsinhabers zu prüfen, um die Selbstkosten, die bei der Erzeugung von Branntwein entstehen, als Grundlage für die Festsetzung der Branntweinübernahmepreise zu ermitteln.
Aufsichtsbehörden im Sinne des § 48 BranntwMonGes. sind das Monopolamt und die Zollbehörden.
Oberbeamte des Aufsichtsdienstes im Sinne des § 49 Abs. 2 BranntwMonGes. sind Oberbeamte des Monopolamts und der Zollbehörden.
Normenkette
BrMonG § 8/1; BrMonG § 17; BrMonG § 19; BrMonG § 43; BrMonG § 48; BrMonG § 49; BrMonG § 63; BrMonG § 64
Tatbestand
Der Bundesminister der Finanzen hat mit Schreiben III C - V 7142 - 86/54 vom 28. Oktober 1954 den Bundesfinanzhof nach § 63 der Reichsabgabenordnung in Verbindung mit § 2 des Gesetzes über den Bundesfinanzhof vom 29. Juni 1950 um ein Rechtsgutachten über die folgende Frage gebeten:
Ist die Bundesmonopolverwaltung berechtigt, Brennereien auch ohne die Zustimmung des Betriebsinhabers zu prüfen, um die Selbstkosten, die bei der Erzeugung von Branntwein entstehen, als Grundlage für die Festsetzung der Branntweinübernahmepreise zu ermitteln?
Entscheidungsgründe
I. Der übernahmepreis für den ablieferungspflichtigen Branntwein aus den Eigenbrennereien (§ 63 des Branntweinmonopolgesetzes - BranntwMonGes. -) ist gleich dem Grundpreis (§ 65 BranntwMonGes.) einschließlich der Abzüge und Zuschläge (§§ 66 bis 74 BranntwMonGes.). Die Monopolverwaltung setzt den Branntweingrundpreis des § 65 BranntwMonGes. und die Betriebsabzüge und Zuschläge der §§ 72 bis 74 BranntwMonGes. fest und veröffentlicht sie im Bundesanzeiger und im Bundeszollblatt (vgl. § 64 Satz 1 und Satz 5 BranntwMonGes. und § 214 Abs. 1 der Brennereiordnung). Der Branntweingrundpreis muß nach § 65 Abs. 1 BranntwMonGes. so festgesetzt werden, daß die durchschnittlichen Herstellungskosten eines Hektoliters Weingeist in gut geleiteten landwirtschaftlichen Kartoffelbrennereien mittleren Umfanges gedeckt werden, wobei die Schlempe bei angemessener Verwertung der Kartoffeln den Brennereibesitzern kostenfrei zur Verfügung bleiben muß.
Die Brennereibesitzer haben die für die Festsetzung des Grundpreises, der Abzüge und der Zuschläge "notwendigen Angaben" auf Verlangen des Monopolamts zu machen (§ 216 der Brennereiordnung). Solche Angaben können nach § 216 der Brennereiordnung insbesondere verlangt werden über die Wirtschaftsführung, die Kartoffelanbaufläche, die mutmaßlichen und tatsächlichen Erträge der Kartoffelernte, den voraussichtlichen Umfang der Branntweinherstellung und über die Mengen und Preise der außer dem Branntwein gewonnenen Nebenerzeugnisse und Abfallstoffe. Diese Angaben der Brennereibesitzer dienen der Monopolverwaltung als Material für die Festsetzung des Grundpreises und für die von ihr festzusetzenden Abzüge und Zuschläge.
II. Der Bundesminister der Finanzen vertritt die Auffassung, daß die Monopolverwaltung bei der Preisfestsetzung nicht nur auf diese ungeprüften Angaben der Brennereibesitzer angewiesen sein dürfe. Ihrer Pflicht zur richtigen und gerechten Festsetzung der übernahmepreise müsse das Recht zur Seite stehen, sich die notwendigen Unterlagen durch Nachprüfung der Angaben der Brennereibesitzer und durch Einsicht in deren Geschäftsbücher und sonstige Aufzeichnungen zu beschaffen. Auch in der Begründung zu dem Entwurf eines Gesetzes über die Monopolbewirtschaftung des Branntweins vom 3. Dezember 1952 (Deutscher Bundestag 1. Wahlperiode Drucksache Nr. 3922 Begründung zur Nr. 7) ist diese Ansicht vertreten. Sie ist zutreffend.
III. Die Rechtslage ist nach den Vorschriften des BranntwMonGes. und der Ausführungsvorschriften zu diesem Gesetz folgende:
Eigenbrennereien unterliegen nach § 43 BranntwMonGes. der amtlichen Aufsicht. Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 BranntwMonGes. sind die Aufsichtsbehörden u. a. befugt, in Betrieben, die der amtlichen Aufsicht unterliegen, also in allen Eigenbrennereien, Nachschau zu halten. Die Nachschau gehört zur amtlichen Aufsicht. In Ergänzung der Vorschriften des § 48 bestimmt § 49 Abs. 2 BranntwMonGes., daß den Oberbeamten des Aufsichtsdienstes die Geschäftsbücher und die Schriftstücke über Beschaffung der Rohstoffe, über Herstellung, Bezug und Absatz von Erzeugnissen, die den Gegenstand des BranntwMonGes. bilden, sowie über den Wirtschaftsbetrieb der Brennereien auf Erfordern zur Einsicht vorzulegen sind. § 49 Abs. 1 a. a. O. ordnet außerdem an, daß allen Aufsichtsbeamten jede für die amtliche Aufsicht oder zu statistischen Zwecken erforderliche Auskunft über den Betrieb zu erteilen ist.
Aufsichtsbehörden im Sinne von § 48 BranntwMonGes. sind die Behörden der Monopolverwaltung und der Zollverwaltung, nämlich das Monopolamt und die Zollbehörden. Denn nach § 17 BranntwMonGes. Abs. 1 liegt die Durchführung des BranntwMonGes. den Zollbehörden ob, soweit sie nicht der Monopolverwaltung übertragen ist. Die Aufsichtstätigkeit der Monopolverwaltung und der Zollbehörden ist auf Grund von § 17 Abs. 2 BranntwMonGes. im § 12 der Grundbestimmungen zwischen beiden verteilt. Die Monopolverwaltung hat nach § 12 Abs. 1 der Grundbestimmungen die Aufsicht über alle Monopolbetriebe (z. B. die Monopolbrennereien, Monopolreinigungsanstalten, Monopolläger usw.), unbeschadet der Mitwirkung der Zollbehörden. Dagegen haben nach § 12 Abs. 2 der Grundbestimmungen die Zollbehörden die Aufsicht in den Nichtmonopolbetrieben, z. B. in den Eigenbrennereien, Reinigungsanstalten, Lagern usw. Die Monopolverwaltung ist aber nach § 12 Abs. 2 Satz 2 der Grundbestimmungen befugt, auch diese Betriebe durch eigene Beamte oder Angestellte beaufsichtigen zu lassen. Zu dieser Aufsichtsbefugnis der Monopolverwaltung gehören die in den §§ 48 und 49 BranntwMonGes. vorgesehenen Aufsichtsmaßnahmen (Nachschau usw.), die aber nach der Fassung der Vorschriften nur durch Beamte durchgeführt werden können. Unter Monopolverwaltung im Sinne des § 12 der Grundbestimmungen ist das Monopolamt zu verstehen; denn nur das Monopolamt ist Behörde (§ 8 Abs. 1 BranntwMonGes.). Die Vorschriften des BranntwMonGes. über die amtliche Aufsicht entsprechen im wesentlichen den Vorschriften der Reichsabgabenordnung über die Steueraufsicht, denen sie nachgebildet sind (vgl. die Begründung zu den §§ 43 bis 51 des Entwurfs eines Gesetzes über das Branntweinmonopol vom 22. Juni 1921, Reichstagsdrucksache Nr. 2281, Reichstag 1. Wahlperiode 1921 S. 38). Bereits auf Grund der Nachschaubestimmungen des § 48 BranntwMonGes. sind die Beamten des Monopolamts berechtigt, sich alle zu ihrer Prüfung erforderlich erscheinenden Unterlagen vorlegen zu lassen, soweit sie dem Brennereibesitzer zur Verfügung stehen und seinen Zwecken dienen (vgl. dazu die entsprechende Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs zu § 193 der Reichsabgabenordnung: Urteile des Reichsfinanzhofs II A 174/32 vom 5. Juli 1933, Slg. Bd. 33 S. 324, und IV A 109/34 vom 18. Juli 1934, Reichssteuerblatt 1934 S. 978). § 49 Abs. 2 BranntwMonGes. stellt ausdrücklich klar, daß bei der Nachschau von dem Brennereibesitzer die Vorlage der Geschäftsbücher und aller Schriftstücke über die Beschaffung der Rohstoffe, über Herstellung, Bezug und Absatz von Erzeugnissen, die den Gegenstand des BranntwMonGes. bilden, sowie über den Wirtschaftsbetrieb der Brennereien zur Einsicht verlangt werden kann, gibt diese Befugnis aber nur den Oberbeamten des Aufsichtsdienstes. Ihnen wird durch diese Vorschrift ermöglicht, die Angaben des Brennereibesitzers über seine Wirtschaftsführung usw., die er nach § 216 der Brennereiordnung auf Verlangen zu machen hat, nachzuprüfen. Oberbeamte des Aufsichtsdienstes im Sinne des § 49 BranntwMonGes. sind nicht nur Zollbeamte (§ 14 der Grundbestimmungen), sondern auch Monopolbeamte. Denn das Monopolamt ist, wie bereits ausgeführt, Aufsichtsbehörde und führt die Aufsicht durch seine Beamten, auch durch seine Oberbeamten durch. Die Monopolverwaltung, d. h. das Monopolamt, kann also auch ohne Zustimmung des Betriebsinhabers die Brennereien durch seine Beamten (Oberbeamte) zur Ermittlung der Selbstkosten des Brennereibesitzers bei der Branntweinerzeugung prüfen lassen. Für die Richtigkeit dieser Auffassung spricht auch, daß nach § 30 der Grundbestimmungen, der auf § 48 Satz 3 BranntwMonGes. beruht, auch die Beamten der Monopolverwaltung die Betriebe zu bestimmten Zeiten betreten dürfen und sofort eingelassen werden müssen, und daß die Zeitbeschränkung fortfällt, wenn das Monopol- oder Steueraufkommen gefährdet erscheint (vgl. auch § 15 Abs. 2 der Grundbestimmungen und § 19 BranntwMonGes.).
Die Monopolverwaltung braucht die Selbstkosten, die bei der Erzeugung von Branntwein entstehen, nicht durch eigene Beamte ermitteln zu lassen. Sie kann nach § 8 Abs. 2 der Grundbestimmungen die Behörden und Beamten der Zollverwaltung darüber um Auskunft ersuchen.
IV. Zusammenfassend kommt der Senat zu folgendem Ergebnis:
Die Monopolverwaltung (das Monopolamt) ist berechtigt:
ohne Zustimmung des Brennereibesitzers in den Eigenbrennereien durch Monopolbeamte (Oberbeamte) Selbstkostenprüfungen vornehmen zu lassen;
Die Zollabteilungen der Oberfinanzdirektionen um amtliche Auskunft über die in den einzelnen Brennereien bei der Erzeugung des Branntweins entstehenden Selbstkosten zu ersuchen, die alsdann durch die Oberbeamten des Aufsichtsdienstes der Oberfinanzdirektionen (vgl. § 14 der Grundbestimmungen) zu ermitteln sind;
mit Einverständnis der Oberfinanzdirektion bestimmte Zolloberbeamte um diese Auskunft zu ersuchen (Hinweis auf § 14 der Grundbestimmungen).
Fundstellen
Haufe-Index 408100 |
BStBl III 1955, 61 |
BFHE 1955, 158 |
BFHE 60, 158 |